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Sämtliche Gedichte. Carmina PDF

203 Pages·1925·2.717 MB·German
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TUSCULUM BÜCHER * C A T U L L US CARMINA LATEINISCH UND DEUTSCH BEI ERNST HEIMERAN MÜNCHEN 1925 GATULLI VERONENSIS LIBER N E U N T ER B A ND D ER T U S C UL UM - B Ü C H ER DAS BUCH CATULLS AUS VERONA NACH THEOD. HEYSE UND ANDEREN BEARBEITET VON WILHELM SCHÖNE · LEIPZIG C Α Τ U L L 1 Cui dono lepidum novum libellum arida modo pumice expolitum ? Cornell, tibi : namque tu solebas meas esse aliquid putare nugas, iam tum cum ausus es unus Italorum omne aevum tribus explicare chartis, doctis, Iuppiter, et laboriosis ! quare habe tibi quidquid hoc libelli qualecumque: quod, o patrona virgo, plus uno maneat perenne saeclo. 2 Passer, deliciae meae puellae, quicum ludere, quem in sinu tenere, cui primum digitum dare adpetenti et acris solet incitare morsus, cum desiderio meo nitenti carum nescio quid libet iocari et solaciolum sui doloris, credo, ut tum gravis adquiescat ardor, tecum ludere sicut ipsa possem et tristis animi levare curas ! tarn gratum est mihi quam ferunt puellae pernici aureolum fuisse malum, quod zonam soluit diu negatam. 3 Lugete, o Veneres Cupidinesque et quantum est hominum venustiorum ! passer mortuus est meae puellae, passer, deliciae meae puellae, quem plus illa oculis suis amabat ; A Τ U L L U S WIDMUNG Und wem schenk' ich das hübsche neue Büchlein, Kaum vom trockenen Bimsstein ausgeglättet ? Dir, Cornelius : denn du glaubtest immer, Meine Sächelchen seien doch nicht ohne, Da schon, wie du als allereinz'ger wagtest In drei Bände den Zeitenlauf zu bannen, Inhaltschwere, bei Gott, und mühevolle! Darum nimm es denn, wie's nun ist, das Büchlein, Ob auch wenig, und mög' es, Jungfrau Muse, Ein Jahrhundert hinaus und länger leben. AUF LESBIAS VÖGLEIN Sperling, meiner Geliebten kleiner Liebling, Den im Schöße sie hegt, mit dem sie tändelt, Dem sie, naht er sich, ihre Fingerspitze Zeigt, zu heftigem Picken ihn zu reizen, Wenn mein einzig Verlangen, meine Schönste, Dann und wann sich ersieht ein liebes Spielzeug, Das ihr einige Lindrung wohl der Sorgen Und ein Tröstlein in ihrem Kummer bringe: Ach, daß ich wie die Herrin mit dir spielen Und die Sorgen des Herzens lindern dürfte ! Auch mir war' es so lieb wie jenem raschen Mägdlein, sagen sie, einst der goldne Apfel, Der den lange geschlossnen Gürtel löste. TOTENKLAGE UM LESBIAS VÖGLEIN Weint, Göttinnen der Lieb' und Liebesgötter, Und was Liebliches lebt auf Erden, weine ! Ach, tot ist er, der Sperling meines Mädchens, Jener Sperling, die Freude meines Mädchens, Den sie zärtlicher liebt' als ihre Augen. * C A T U L LU nam mellitus erat, suamque norat ipsam tarn bene quam puella matrem, nec sese a gremio íllius movebat, sed circumsiliens modo hue modo illuc ad solam dominam usque pipiabat. qui nunc it per iter tenebricosum illuc, unde negant redire quemquam. at vobis male sit, malae tenebrae Orci, quae omnia bella devoratis; tarn bellum mihi passerem abstulistis. o factum male! o miselle passer! tua nunc opera meae puellae flendo turgiduli rubent ocelli. 4 Phasellus ille, quem videtis, hospites, ait fuisse navium celerrimus, neque ullius natantis impetum trabis nequisse praetenre, sive palmulis opus foret volare sive linteo. et hoc negat minacis Adriatici negare litus insulasve Cycladas Rhodumque nobilem horridamque Thraciam Propontida trucemve Ponticum sinum, ubi iste post phasellus antea fuit cornata silva: nam Cytorio in iugo loquente saepe sibilum edidit coma. Amastri Pontica et Cytore buxifer, tibi haec fuisse et esse cognitissima ait phasellus ; ultima ex origine tuo stetisse dicit in cacumine, tuo imbuisse palmulas in aequore, et inde tot per impotentia fréta erum tulisse, laeva sive dextera vocaret aura, sive utrumque Iuppiter C A T U L L US * 2 War so herzig und war so süß und kannte Sie so gut wie ein Kindchen seine Mutter. Denn nie wollt* er von ihrem Schöße weichen, Sondern hüpfend im Kreise, hier- und dorthin, Immer sah er die Herrin an und piepte. Und nun wandert er jenen grabesdunklen Weg, den, sagen sie, keiner noch zurückkam. Doch verflucht sollst du sein, du leidig finstrer Orcus, der du verschlingst, was liebenswert ist : Solch ein liebliches Vöglein umzubringen ! 0 des Frevels ! du armes, armes Spätzlein ! Um dich weinet sich jetzt das liebe Mädel Rot die Äugelein, die von Tränen schwellen. DIE GALEOTTE Die Galeotte, die ihr schauet, liebe Herrn, Sagt, daß sie von den Schiffen das behendeste Gewesen sei. Kein Kiel, so vogelschnell er schoß, Sei ihr zuvorgekommen, ob sie fortgeschnellt Von Ruderschlägen, ob sie unterm Segel flog. Und dieses, sagt sie, leugne weder Adrias Bedrohlich Ufer, weder der Cycladen Kranz, Das edle Rhodus, noch die rauhe thracische Propontis oder Pontus' schreckenvolle Bucht, Wo sie, die heut ein Schifflein, ehemals noch war Belaubter Wald, der auf Cytorus' Höhen oft Sein muntres Laub im Winde plaudernd säuseln ließ. Amastris, Pontushafen, und Cytorus, du Von Buchs umgrünter, wußtest dies und weißt es, mein Die Galeotte, weil vom ersten Anbeginn Sie deinen Gipfel, sagt sie, überschattet hat, In deinem Golf gewagt den ersten Schritt ins Meer, Von wo sie weiter schweifend über wilde Flut Den Herrn getragen, mochten linkshin oder rechts Die Winde wehen, oder günstig beiderseits * C A T U L LU simul secundus incidisset in pedem ; neque ulla vota litoralibus diis sibi esse facta, cum veniret a mari novissime hune ad usque limpidum lacum. sed haec prius fuere: nunc recondita senet quiete seque dedicat tibi, Gemelle Castor et gemelle Castoris. 5 Vivamus, mea Lesbia, atque amemus, rumoresque senum severiorum omnes unius aestimemus assis, soles occidere et redire possunt : nobis, cum semel occidit brevis lux, nox est perpetua una dormienda. da mi basia mille, deinde centum, dein mille altera, dein secunda centum, deinde usque altera mille, deinde centum, dein, cum milia multa fecerimus, conturbabimus illa, ne sciamus, aut ne quis malus invidere possit, cum tantum sciat esse basiorum. 6 Flavi, delicias tuas Catullo, ni sint illepidae atque inelegantes, velles dicere, nec tacere posses, verum nescio quid febriculosi scorti diligisi hoc pudet fateri. nam te non viduas iacere noctes nequiquam taciturn cubile clamat sertis ac Syrio fragrane olivo, pulvinusque peraeque et hic et illic attritus, tremulique quassa lecti argutatio inambulatioque. C A T U L L US ·3 Ins aufgebauschte Segel blasen Juppiter. Auch habe nie ein Notgelübde sie gezollt Den Ufergöttern auf der langen Fahrt, bis hier Zum klaren See zuletzt sie kam aus fernem Meer. Doch das ist nun vorüber ! Heute liegt sie still Im Ruhehafen altersmüd und weihet sich Dir, Castors Zwillingsbrüderlein, und, Castor, dir. LIEBESGLÜCK Leben wollen wir, Lesbia, und uns lieben. Und der alten Philister Kritteleien Solln uns allzumal keinen Heller wert sein. Sonnen können sinken und wiederkehren ; Doch wenn unser geringes Lichtlein einmal Sinkt, dann schlafen wir ewig eine Nacht durch. Komm, gib Küsse mir, tausend und noch hundert, Darnach wiederum tausend und noch hundert, Und so immer erst tausend und dann hundert ! Sind viel tausend zuletzt beisammen, Liebste, So verwischen wir schnell die Rechnung, daß wir Selbst die Summe nicht kennen, noch ein Neider Unsre sämtlichen Küsse zählen möge ! AUFFORDERUNG ZUR LIEBESBEICHTE Gerne sprächst du von deinen Liebesfreuden, Könntest nicht sie verhehlen dem Catullus, Wären, Flavius, fein sie nur und passend. Ein heißblütiges Dirnchen, scheint's, bestrickt dich, Und dergleichen geniert man sich zu beichten. Denn nicht einsam verschläfst du deine Nächte; Laut bezeugt es das stumm-beredte Lager, Das von syrischem öl und Kränzen duftet. Auch dein Kissen ist stellenweise merklich Abgelegen, und was die Bettstatt anlangt, Muß ich sagen : sie wankt und knarrt bedenklich !

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