HERMAEA GERMANISTISCHE FORSCHUNGEN NEUE FOLGE HERAUSGEGEBENVON JOACHIMHEINZLEUNDKLAUS-DETLEFM(cid:2)LLER BAND121 HOLGER RUNOW Rumelant von Sachsen Edition–(cid:2)bersetzung–Kommentar De Gruyter Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung f(cid:3)r Geisteswissen- schafteninIngelheimamRhein ISBN 978-3-11-023283-7 e-ISBN 978-3-11-023284-4 ISSN 0440-7164 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNatio- nalbibliografie;detailliertebibliografischeDatensindimInternet(cid:3)berhttp://dnb.d-nb.de abrufbar. (cid:4)2011WalterdeGruyterGmbH&Co.KG,Berlin/NewYork Satz:epline,KirchheimunterTeck Druck:Hubert&Co.GmbH&Co.KG,Gçttingen (cid:2)¥Gedrucktaufs(cid:5)urefreiemPapier PrintedinGermany www.degruyter.com I E...................................................... 1 Zielund Prämissen derTextgestaltung........................... 3 Überlieferung................................................... 5 1.Pergamenthandschriftenund-fragmente.................... 5 2.Papierhandschriften ....................................... 10 DieAusgabe.................................................... 12 DasCorpus ................................................. 12 Zählung..................................................... 12 Einrichtungder Texte........................................ 13 Apparate.................................................... 15 Textgestaltung/Normalisierung.............................. 17 A.Sangspruchdichtungen(J) .............................. 18 B.Minnelieder(C) ....................................... 35 C.Meisterlieder(k)....................................... 36 D. LateinischeCantio(a).................................. 37 TI: E A.Sangspruchdichtungen .......................................... 41 TonI.......................................................... 43 TonII ......................................................... 54 TonIII ........................................................ 69 TonIV......................................................... 74 TonV ......................................................... 103 TonVI......................................................... 111 TonVII........................................................ 123 TonVIII....................................................... 128 TonIX ........................................................ 140 TonX ......................................................... 143 TonXI(Singauf-Ton).......................................... 148 TonXII(Frauenlob,LangerTon)............................... 150 VI B.Minnelieder..................................................... 151 C.RumelantzugeschriebeneMeisterlieder........................... 163 Anhang:Cantio.................................................... 181 TII:K RumelantvonSachsen ............................................. 187 ZumAufbaudes Kommentars...................................... 189 A.Sangspruchdichtungen........................................... 191 TonI .......................................................... 191 TonII.......................................................... 202 TonIII......................................................... 216 TonIV......................................................... 218 TonV.......................................................... 242 TonVI......................................................... 249 TonVII........................................................ 259 TonVIII....................................................... 264 TonIX......................................................... 272 TonX ......................................................... 274 Singauf-Ton(TonXI) .......................................... 277 Frauenlob,LangerTon(TonXII) ............................... 281 B.Minnelieder..................................................... 285 C.Meisterlieder im›GeschwindenTon‹(Ton XX)¹ ................ 291 A: Cantio .................................................. 299 A........................................ 305 L.......................................... 307 1.Textausgaben,Faksimilia...................................... 307 2.Forschungsliteratur ........................................... 310 VS............................ 317 1.alphabetisch.................................................. 317 2.alphabetischnachReimsilben ................................. 320 R......................................................... 323 W............................................... 326 D .................................................... 329 E Das Unternehmen einer neuen Rumelant-Ausgabe bedarf keiner weiteren Rechtfertigung. Die einzige Gesamtausgabe ist bis heute Hs Minnsesinger-Sammlung von 1838 geblieben. Dort ist Rumelant, entspre- chend dem Prinzip des Abdrucks der einzelnen Handschriftensammlungen, überdreiBändeverteilt.¹AusdenletztenJahrzehntengibtesdanebenledig- lich Teilabdrucke in Literaturgeschichten, Untersuchungen und Antholo- gien, die nur z.T. eigenen editorischen Anspruch erheben.² Eine Neuausga- be ist wiederholt gefordert worden – so etwa zuletzt von Shao-Ji Y: »Eine moderne Edition sowie eine systematische Studie des Gesamtwerks Rumelants von Sachsen sind ein Desiderat, nicht zuletzt wegen des Umfangs und der Position des Überlieferten in der Sangspruchdichtung.«³ Denn es hat sich inzwischen die Einschätzung durchgesetzt, dass es sich bei Rumelant um einen »der produktivsten und interessantesten Sangspruch- dichteraus derzweiten Hälftedes13. Jahrhunderts«⁴handelt. DasŒuvre,dasindenHandschriftenunterdemNamenRumelantbzw. Rumslant überliefert ist, umfasst 108 Sangspruchstrophen und drei Minne- liederindengrößtenundwichtigstendeutschsprachigenLyriksammelhand- schriften des Mittelalters (Jenaer und Große Heidelberger Liederhand- schrift). Die spätere Zuschreibung dreier Meisterliedbare in der Kolmarer Liederhandschrift sowie eine nochzeitnahe lateinische Kontrafaktur zeigen, dass der Dichter kein Unbekannter war und auch nicht ganz wirkungslos geblieben ist. Um so mehr darf man sich über die nachhaltige editorische wie auch interpretatorische Vernachlässigung seines umfangreichen Werks wundern. Sie dürfte nicht zuletzt dem harten Urteil der älteren Forschung geschuldet sein. Allen voran ist hier wohl Gustav R zu nennen, der RumelantinderEinleitungzuseinerReinmarvonZweter-Ausgabedarstellt als einen zwar »verständigen« aber »etwas nüchternen Geist[ ], der von der Ueberschätzung der Gelehrsamkeit verhältnismässig frei war, zum Teil ¹ HMSBd.1,S.267f.undS.346;Bd.2,S.367–371;Bd.3,S.52–68undS.49. ² Hier sind v.a. zu nennen: D B, Texte (1965); M, Polit. Lyrik (1972) und B,Mäzene(1979),diedenHschenTextübernommenhaben;eigen- ständige Textabdrucke im direkten Rückgriff auf die Handschriften bieten z.B. W,Sängerkrieg(1973);H/W,DeutscheLyrik1(zuerst1978)und W,LyrikdesspätenMittelalters(2006). ³ Y,Exempelgebrauch(2006),S.49. ⁴ K,Gotinvierelementen,S.130. 2 wol darum, weil er eine gründliche gelehrte Bildung selbst nicht genossen hatte.«⁵Andernortsstellterfest,dassRumelant»beirealistischerBeobach- tungskraft doch humorlos« sei.⁶ Diesem Urteil schließt sich – mit wörtli- chen Anklängen – Friedrich P an, dessen Dissertation »Meister Rûmzlants Leben und Dichten« von 1893 bis heute die einzige monogra- phischeAuseinandersetzungmitRumelantsSchaffengebliebenist.Deutlich wird aber auch bei ihm ein gängiges Werturteil, das dem Ideal der süddeut- schen Dichtung der staufischen Klassik verpflichtet ist: »unser verstandes- mässig nüchterner, ehrlicher, wenig gelehrter, formloser dichter darf als der typischstevertreterdernorddeutschenarthingestelltwerden«.⁷ Solche Kategorisierungen sind lange kaum in Frage gestellt worden, sie haben implizit weitergewirkt und so eine tiefer gehende Beschäftigung mit den Texten von Dichtern aus der ›zweiten Reihe‹ verhindert – Rumelant steht dabei nur stellvertretend für etliche weitere. Seit einigen Jahrzehnten aber wird der von solcherlei Vorurteilen zunehmend entlastete Blick auch auf die ›nachklassische‹ Spruch- und meisterliche Lieddichtung gelenkt.⁸ Eindrücklichstes Indiz hierfür ist die monumentale Gesamtheuristik der Gattung, das »Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts« (RSM), das seinerseits neue Forschungen auf reicher Materialgrundlage anregen konnte⁹ und in dessen Folge auch bereits neue Editionenerschienensind.¹⁰ Rumelants Dichtungen wurden von dieser Entwicklung bisher allenfalls berührt. Nur selten (und kaum je als Ganzes) sind sie in das Zentrum des Interesses gerückt. Einzelne Ausnahmen sind etwa Burghart Ws Untersuchungen zum Komplex der Polemik um Rumelant,¹¹ sodann v.a. die Studien Peter Ks, angeführt vom Überblicksartikel im ›Verfasserle- xikon‹ (1992),¹² an den sich drei Einzeluntersuchungen zu den Gedichten IV,1–3¹³, I,5¹⁴ sowie I,1–4¹⁵ anschlossen. K zeigt Rumelant als einen ⁵ R,Reinmar,S.188. ⁶ R,Reimvorreden,S.65. ⁷ P,MeisterRûmzlant,S.25. ⁸ Alswegweisendsindhierz.B.zunennen:KarlS,DerSpruchdichterHeinrich von Mügeln (1958) sowie Johannes K, der ware meister (1963); Burghart W,Sängerkrieg(1973);HorstB,DiealtenMeister(1975);Christoph H,wortsintderdingezeichen(1977);FriederS,MeisterlicheLieddichtung (1983/84). ⁹ Vgl.etwaMichaelB,VomSangspruchzumMeisterlied(2002). ¹⁰ Heidrun A, Der Spruchdichter Boppe (1998); Esther C-W, Kleinere Spruchdichter(2005). ¹¹ W,Sängerkrieg,S.164–181. ¹² K,Rumelant. ¹³ K,NabuchodonosorsTraumgesicht(1992). ¹⁴ K,Derdentzirkeltichte(1995). ¹⁵ K,Gotinvierelementen(2000). 3 anspruchsvollenundselbstbewusstenDichter,derstilistischwieauchformal meisterschaft beweist. Besonders hebt er den »artifiziellen Charakter der Dichtung« hervor,¹⁶ der bereits die »gelehrt-raffinierte[ ] Kunst Frauen- lobs«, Heinrichs von Mügeln und der Meistersänger antizipiere.¹⁷ Hinzu treten von Freimut L zwei Studien zum Rumelant-Sinauf-Streit¹⁸ sowie aus jüngster Zeit ein weiter ausholender Aufsatz zur Sangspruchdich- tung,der zeigenkann, dassRumelanteineentscheidendeProtagonistenrolle innnerhalbderLiteraturszeneder Sangspruchdichterzukommt.¹⁹ Anknüpfend an diese jüngeren Forschungen verbindet sich mit der nun vorliegenden Neuausgabe die Hoffnung, diesen typischen Vertreter seiner Gattung, der gleichwohl viel Eigenes, manches Neue und auch Überra- schendezubietenhat,mitseinemGesamtwerksowiedenZeugnissenseines Nachwirkens erneut ins Interesse zu rücken und ihm damit irgenwann den Platz in der Literaturgeschichte zu verschaffen, der ihm als einer der bedeu- tendsten nachwaltherschen Spruchdichter und als ein Wegbereiter der mei- sterlichenLieddichtungzusteht. Ziel und Prämissen der Textgestaltung Ziel der vorliegenden Ausgabe ist es, einen handschriftennahen, zugleich aber gut lesbaren Text bereitzustellen. Damit ist ein Kompromiss formu- liert, dem sich letztlich jede Edition zu stellen hat, und der je nach Aus- gangslage und Zielstellung mehr zur einen oder zur anderen Seite ausschla- gen kann. Bei entsprechenden Standortbestimmungen wird oft auf die sim- ple Opposition zwischen Handschriftennähe und Rekonstruktion verwiesen. Richtiger ist es aber, von einer doppelten Opposition von einer- seitsHandschriftennähevs.(textkritischer)Rekonstruktionundandererseits Handschriftennähe vs. Benutzbarkeit, das heißt v.a. gute Lesbarkeit, auszu- gehen. Die Notwendigkeit zu textkritischer Rekonstruktion kann sich aus einer besonders variantenreichen oder gar verderbten Überlieferung ergeben. Bei- des ist bei Rumelant nicht der Fall. Die meisten der hier nach dem Leit- handschriftenprinzip edierten Texte (über 80%) sind unikal und in guten Handschriftenüberliefert.RekonstruierendeEingriffekönnenaufeinMini- malmaß von ›offensichtlichen‹ Fehlern – deren Offensichtlichkeit für jeden Einzelfall zu begründen ist – beschränkt werden. In diesem Sinne sinddieTexteder Ausgabehandschriftennah. ¹⁶ K,Rumelant,Sp.387. ¹⁷ K,Derdentzirkeltichte,S.628 ¹⁸ L,Rätsellösen(1998);ders.,MeinliebsterFeind(2002). ¹⁹ L,von›kleinen‹und›großen‹Meistern(2007). 4 Anders verhält es sich bei der Opposition zwischen Handschriftennähe und Benutzbarkeit. Wenn Benutzbarkeit als gute, einfache Lesbarkeit und Verständlichkeit der Texte definiert wird, ergibt sich die Notwendigkeit zu normalisierenden Eingriffen, sofern der Sprachstand der Überlieferung von einer für verbindlich oder zumindest konsensfähig erachteten Sprachnorm (d.h. in aller Regel: dem sog. ›Normal-Mittelhochdeutschen‹) abweicht. DasistinderRumelant-ÜberlieferungsehrwohlderFall.GeradedieJenaer Liederhandschrift, der einzige Überlieferungsträger für den Großteil der Spruchdichtungen und damit die wichtigste Leithandschrift der Ausgabe,²⁰ stellt mit ihrem stark mitteldeutsch-niederdeutschen Einschlag und mit einer Reihe nicht distinkter Graphien selbst den im Umgang mit mittel- hochdeutschenTextengeübtenLeservor Schwierigkeiten. Der Editor muss entscheiden, inwieweit er die Gestalt des überlieferten Textes den Bedürfnissen seiner Benutzer anpassen will. Seine Entscheidung betrifft also nicht allein die Frage, wie er seine Ausgabe gestaltet, sondern vorallemauchfür wen:WelchenBenutzertyp,welcheErwartungen,wel- cheFähigkeitensetzter voraus? Um diese Entscheidung vorwegzunehmen: Die vorliegende Rumelant- Edition soll sich nicht ausschließlich an den engen Kreis der Spezialisten wenden; für diese ist die handschriftliche Überlieferung in Faksimilia und diplomatischen Abdrucken sehr gut dokumentiert.²¹ Sie ist vielmehr gedacht für den weiteren Kreis von (Fach-) Benutzern der germanistischen Mediävistik sowie Philologen und Literaturwissenschaftler anderer verglei- chender Disziplinen, aber auch und insbesondere für (fortgeschrittenere) Studierendezur VerwendungimakademischenUnterricht. In diesem Fall ist der Editor besonders gefordert. Er kann sich nicht auf ein bloßes Wiedergeben der Texte, wie sie in den Handschriften stehen, zurückziehen, sondern er muss die Texte genau verstehen und für das Ver- stehen aufbereiten. Das heißt: Er muss in die Verantwortung treten und Entscheidungentreffen.»EdierenheißtInterpretieren«.²²DieEditionfun- giert als Medium. Sie vermittelt zwischen einer historischen Überlieferung und modernen Benutzerbedürfnissen. In diesem Sinne sollte der Editor einerseitsMutzurEntscheidunghaben,andererseitsmusserseineEntschei- dungen in jedem Fall transparent machen, so dass sie nachvollziehbar und hinterfragbar bleiben. Das geschieht mithilfe der Offenlegung von Textein- griffenimApparat sowieDiskussionvonZweifelsfällenim Kommentar. Für die Opposition Handschriftennähe vs. Benutzbarkeit bedeutet das, dass die Entscheidung eher zugunsten der Benutzbarkeit fällt, also hin zu normalisierenden Eingriffen. Fluchtpunkt kann dabei nur das bereits ange- ²⁰ Vgl.dietabellarischeÜbersichtimRahmenderHandschriftenbeschreibung,S.7f. ²¹ Vgl.dieentsprechendenHinweisebeidenfolgendenHandschriftenbeschreibungen. ²² H,ZurLogikmediävistischerEditionen,S.15.