Carolin Stier Risikomanagement und wertorientierte Unternehmensführung Effizienz- und Monopoleffekte Risikomanagement und wertorientierte Unternehmensführung Carolin Stier Risikomanagement und wertorientierte Unternehmensführung Effizienz- und Monopoleffekte Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ralf Diedrich Carolin Stier Leipzig, Deutschland Dissertation Universität Leipzig, 2017 ISBN 978-3-658-18627-2 ISBN 978-3-658-18628-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-18628-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany v Geleitwort DiverseEntwicklungenimWirtschaftsleben,insbesonderedieFinanzkrise 2009 mit den bekannten Auswirkungen auf die Regulierung von Banken und Versicherern, haben dazu gefu¨hrt, dass das Risikomanagement in der betrieblichen Praxis immens an Bedeutung gewonnen hat. Was prak- tisch einleuchtend erscheint, ist jedoch theoretisch gar nicht so leicht zu erkl¨aren. Denn der Einsatz von Instrumenten, die der Steuerung und Begrenzung von Risikopositionen dienen, ergibt im Kontext einer wertori- entierten Unternehmensfu¨hrung auf den ersten Blick keinen Sinn: Geht man wie u¨blich von der Existenz eines hinreichend vollkommenen und vollst¨andigen Kapitalmarktes aus, so ist lediglich das von den Kapital- gebern getragene, sogenannte systematische Risiko fu¨r den Marktwert eines Unternehmens relevant. Maßnahmen zur Reduktion des unsystema- tischen Risikos, wie sie h¨aufig Gegenstand des Risikomanagements sind, bleiben bestenfalls wertneutral, sind damit Kosten verbunden, k¨onnen sie sogar zu einer Wertminderung fu¨hren. A¨hnliches gilt in Bezug auf das systematische Risiko. Warum also finden sich solche Maßnahmen in der Unternehmensrealit¨at? Und wie wirken sie sich auf die Faktoren aus, die denUnternehmenswertbeeinflussen?DiessinddieFragen,mitdenensich die vorliegende Arbeit besch¨aftigt. Besonders hervorzuheben ist, dass die m¨oglichen Erkl¨arungsans¨atze nicht einfach nur aufgelistet, sondern in ¨okonomische Denkschulen eingeordnet und damit auf eine h¨ohere Abstraktionsebene gehoben werden. Als Effizi- enzeffekte werden Werteffekte kategorisiert, die darauf zuru¨ckzufu¨hren sind, dass das betriebliche Risikomanagement Koordinationsprobleme besser zu l¨osen vermag als der Markt. Den Analyserahmen bildet der Neoinstitutionalismus, dessen Argumentationsmuster fu¨r die Zwecke der Arbeitnutzbargemachtwerden.UnterderU¨berschriftRisikomanagement, InsolvenzkostenundFinancialDistressgehtesumErkl¨arungsans¨atze,bei denen die Wertrelevanz des Risikomanagements aus einer Verminderung der Insolvenzwahrscheinlichkeit resultiert. Es folgt die Er¨orterung von Ans¨atzen,dieWerteffekteausEffizienzgewinneninfolgedesRisikomanage- ments ableiten, wobei insbesondere Transaktionskosten eine Rolle spielen. Abzugrenzen von Effizienzeffekten sind Monopoleffekte, die auftreten, wenn das betriebliche Risikomanagement dazu beitr¨agt, die Wettbewerbs- position des Unternehmens zu verbessern. Richtungsweisend sind hier Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Finanzierungsentscheidungen vi Geleitwort und dem Wettbewerb an Produktm¨arkten. Sie machen deutlich, dass der Finanzbereich und der Leistungsbereich von Unternehmen nicht isoliert nebeneinander stehen, dass es stattdessen vielf¨altige Interdependenzen gibt, die auch oder gerade durch den Wettbewerb vermittelt werden. IndirektlassensichausdiesenArbeitenauchSchlussfolgerungeninBezug auf m¨ogliche Werteffekte des Risikomanagements ziehen. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Risikomanagement und der Profitabilit¨at eines Unternehmens wird mittels eines Modells hergestellt, bei dem die betrachteten Unternehmen die M¨oglichkeit haben, Beschaffungspreise abzusichern. Strukturell liegt der Betrachtung ein zweistufiges Spiel zu- grunde, bei dem sich zwischen zwei Unternehmen in der nachgelagerten Spielstufe ein Gleichgewicht herausbildet. In der vorgelagerten Spielstufe ist der Beschaffungspreis fu¨r den Inputfaktor noch unbekannt, beide Unternehmen haben die M¨oglichkeit, den Inputfaktor per Termin zu einem gegebenen Forward Preis in beliebiger Menge zu erwerben. Beide Unternehmenk¨onnendieerworbenenMengenbeobachtenunderschließen, wie der jeweilige Konkurrent auf die zu Beginn der zweiten Spielstufe bekannt werdenden Spot Preise reagiert. Dies erlaubt es, die Absiche- rungspolitik als Instrument fu¨r die Gestaltung des Wettbewerbs in der zweiten Spielstufe zu nutzen. Es zeigt sich, dass das Risikomanagement diestrategischePositioneinesUnternehmensunddamitseinenMarktwert positiv beeinflussen kann. Mit diesen Inhalten vermittelt die Arbeit viele Anregungen, u¨ber die Zusammenh¨ange zwischen dem Risikomanagement, institutionellen Gege- benheitenundderWettbewerbspositiondesUnternehmensnachzudenken. Insofern kann ich sie jedem empfehlen, der sich mit der Thematik tiefer- gehend besch¨aftigen will. Leipzig, 11. April 2017 Prof. Dr. Ralf Diedrich vii Vorwort Diese Arbeit ist zum gr¨oßten Teil in meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fu¨r Unternehmensrechnung, Finanzierung und Besteuerung der Universit¨at Leipzig entstanden. Im November 2016 wurde sie von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult¨at der Universit¨at Leipzig als Dissertation angenommen. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei all denjenigen, die mich in meiner Zeit als Doktorandin unterstu¨tzt haben. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem betreuenden Hochschullehrer, Herrn Prof. Dr. Ralf Diedrich, der mir mit der T¨atigkeit als wissenschaft- liche Mitarbeiterin die M¨oglichkeit zur Promotion sowie zur Arbeit an seinem Lehrstuhl gab: Beides hat mir viel Freude bereitet und ließ mich vieles lernen. Durch die zahlreichen Diskussionen u¨ber meine Themenstel- lung habe ich immer wieder neue Impulse bekommen und konnte meinen Blicksch¨arfen.IchbedankemichbeiHerrnProf.Dr.JochenBeißerfu¨rdie U¨bernahme des Zweitgutachtens und die zahlreichen guten Hinweise und Anmerkungen. Herrn Prof. Dr. Frank Schuhmacher danke ich fu¨r die Lei- tung der Promotionskommission. All meine LehrerInnen und Hochschul- lehrerInnen haben durch ihr Engagement meine Ausbildung erm¨oglicht und mich so bef¨ahigt, diese Arbeit zu verfassen. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen fu¨r ihre Unterstu¨tzung bei dieser Arbeit. Auch durch die gemeinsamen Mittagessen, Eis- oder Kaf- feepausen haben sie fu¨r eine sch¨one Zeit an der Uni Leipzig gesorgt. Dr. Florian Wetjen und Florian Tellge haben viele Kapitel meines Ma- nuskripts gelesen und waren mir durch ihre Ru¨ckmeldung eine große Hilfe. Besondersbedankenm¨ochteichmichbeimeinerFamilie.MeineElternha- ben mich w¨ahrend meiner gesamten Schul- und Hochschulzeit unterstu¨tzt und meine Liebe zum Lesen und Lernen von klein auf gef¨ordert. Sie sind immer fu¨r mich da und ich bin sehr froh, sie zu haben. Ich danke meinem Bruder Christian fu¨r die Hilfe mit inhaltlichen, TEXnischen und moralischen Fragen des Doktoranden-Daseins. Ich danke Dr. Guy Buss fu¨r unser Zuhause mit dem Schreibtisch, an dem diese Arbeit vollendet wurde. Carolin Stier ix Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Einordnung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2 Grundlagen des Risikomanagements 11 2.1 Risikobegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.1.1 Risikodefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.1.2 Risikomaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.1.2.1 Varianz und Standardabweichung . . . . 16 2.1.2.2 Kovarianz,KorrelationskoeffizientundBeta- Faktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.1.2.3 Value at Risk . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.1.3 Risikoarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.3.1 Leistungswirtschaftliche und finanzwirt- schaftliche Risiken . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.3.2 SystematischesundunsystematischesRisiko 23 2.2 Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.2.1 Risikomanagementdefinition . . . . . . . . . . . . . 25 2.2.2 MotivationundZielsetzungdesRisikomanagements in der Unternehmenspraxis . . . . . . . . . . . . . 27 2.2.2.1 Rechtliche Hintergru¨nde . . . . . . . . . . 28 2.2.2.2 O¨konomische Relevanz . . . . . . . . . . 32 2.2.3 Risikomanagement in der Neoklassischen Kapital- markttheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.2.3.1 Portfoliotheorie . . . . . . . . . . . . . . 34 2.2.3.2 Capital Asset Pricing Model . . . . . . . 36 2.2.3.3 Die Bedeutung des Risikomanagements im vollkommenen und vollst¨andigen Ka- pitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 x Inhaltsverzeichnis 3 Unternehmenswert und wertorientierte Unternehmensfu¨hrung 45 3.1 Definition der wertorientierten Unternehmensfu¨hrung . . . 46 3.2 Zielbezug der Unternehmensfu¨hrung . . . . . . . . . . . . 49 3.2.1 Funktionen von Unternehmenszielen . . . . . . . . 51 3.2.2 Shareholder Value als Unternehmensziel . . . . . . 52 3.2.2.1 Normative Begru¨ndung der Orientierung an Eigentu¨merinteressen . . . . . . . . . 53 3.2.2.2 Funktionelle Begru¨ndung der Wertorien- tierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.2.2.3 Kapitalmarktbezogene Begru¨ndung der Wertorientierung . . . . . . . . . . . . . . 56 3.3 Unternehmensbewertung und Unternehmenswert . . . . . 57 3.3.1 Marktwert des Unternehmens . . . . . . . . . . . . 58 3.3.2 Komponenten des Bewertungskalku¨ls. . . . . . . . 60 3.3.2.1 Free Cashflow – Ermittlung, Einflussfak- toren und Risiko . . . . . . . . . . . . . . 60 3.3.2.2 Kapitalkostens¨atze–Ermittlung,Einfluss- faktoren und Risiko . . . . . . . . . . . . 68 3.3.3 Zusammenfassung der grundlegenden Werttreiber. 75 3.4 Strategische Unternehmensfu¨hrung und Wertorientierung 78 3.4.1 Gegenstand und Aufgaben der strategischen Un- ternehmensfu¨hrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.4.2 Ans¨atze der strategischen Unternehmensfu¨hrung und Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.4.2.1 Ressourcenorientierter Ansatz . . . . . . 82 3.4.2.2 Marktorientierter Ansatz . . . . . . . . . 84 3.4.3 Exkurs: Wertbegriff im strategischen Management 86 3.5 U¨berlegungen zur Wertrelevanz des Risikomanagements: Effizienz und Monopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.6 Zusammenfassung empirischer Untersuchungen zur Wert- relevanz des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . 93 4 Effizienzeffekte des Risikomanagements 99 4.1 Effizienz, Effizienzverlust und Effizienzeffekte . . . . . . . 99 4.2 DiemoderneTheoriederUnternehmungalsGrundlagefu¨r die Analyse des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . 101 Inhaltsverzeichnis xi 4.3 Der Neoinstitutionalismus als Analyserahmen fu¨r Wertef- fekte des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.3.1 Grundlagen und Annahmen der Neuen Institutio- nen¨okonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.3.2 Transaktionskostentheorie . . . . . . . . . . . . . . 105 4.3.3 Property Rights Theorie . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.3.4 Agency Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.3.5 Zusammenfassung und Anwendung der Neuen In- stitutionen¨okonomik auf bewertungsrelevante Fra- gestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4.4 Risikomanagement, Insolvenzkosten und Financial Distress 114 4.4.1 Direkte Transaktionskosten der Insolvenzgef¨ahrdung117 4.4.2 Fremdkapital und Insolvenzgef¨ahrdung . . . . . . . 119 4.4.3 Stakeholderkosten der Insolvenzgef¨ahrdung . . . . 125 4.5 Risikomanagement, Koordinationsprobleme und Agency Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.5.1 Risiko und Managementverhalten . . . . . . . . . . 129 4.5.1.1 Entlohnungskosten des Risikos . . . . . . 130 4.5.1.2 VerbesserteLeistungsbeurteilungvonMa- nagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.5.2 Risikomanagement, Finanzierung und Investition . 133 4.5.2.1 Kosten externer Finanzierung. . . . . . . 134 4.5.2.2 Unterinvestition . . . . . . . . . . . . . . 137 4.5.2.3 Substitutionsprobleme . . . . . . . . . . . 140 4.6 Weitere Transaktionskosteneffekte . . . . . . . . . . . . . 143 4.6.1 Komparative Kostenvorteile . . . . . . . . . . . . . 144 4.6.2 Steuervorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.7 Zwischenfazit: Effizienzeffekte des Risikomanagements . . 145 5 Monopoleffekte des Risikomanagements 149 5.1 Monopolstreben und Monopoleffekte . . . . . . . . . . . . 149 5.2 Die Theorie der Industrie¨okonomik . . . . . . . . . . . . . 151 5.2.1 Traditionelle Industrie¨okonomik. . . . . . . . . . . 154 5.2.2 Neuere Industrie¨okonomik . . . . . . . . . . . . . . 155 5.2.3 Industrie¨okonomik und Neue Institutionen¨okonomik157 5.2.4 Grundlegende Arbeiten zu Finanzierungsentschei- dungen und Wettbewerb an Produktm¨arkten . . . 159 5.2.5 ZusammenfassungundAnwendungderIndustrie¨okonomik auf bewertungsrelevante Fragestellungen . . . . . . 161