Karin Reichel Reorganisation als politische Arena GABLER RESEARCH Betriebliche Personalpolitik Herausgegeben von Professorin Dr. Gertraude Krell und Professorin Dr. Barbara Sieben Die Schriftenreihe dient der Publikation von Dissertationen und anderen richtungs- weisenden Forschungsarbeiten. Die einzelnen Beiträge greifen die vielfältigen Frage- stellungen im Bereich der betrieblichen Personalpolitik auf und vermitteln sowohl PraktikerInnen als auch WissenschaftlerInnen theoretische Orientierungen und handlungsrelevantes Wissen. Karin Reichel Reorganisation als politische Arena Eine Fallstudie an der Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatwirtschaftlichem Sektor Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Florian Schramm RESEARCH Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Universität Hamburg, 2009 1. Aufl age 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Stefanie Loyal Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2517-6 Geleitwort V Geleitwort Schon aufgrund der bedrückenden Staatsverschuldung steht der öffentliche Sektor mit seinen Aufgaben auf absehbare Zukunft in einem starken Maße unter finanziel- lem Legitimationsdruck. Sein Privileg ist noch immer, dass faktisch dieser Druck meist nicht zu Betriebsstilllegungen und Massenentlassungen führt. Stattdessen ist der öffentliche Sektor unter dem Vorzeichen einer stagnierenden bzw. schrumpfen- den Entwicklung ganz besonders gefordert, Gewinne im Sinne ökonomischer wie sozialer Effizienz durch Binnenmodernisierung zu erzielen. Dem Wandel haftet in Wissenschaft wie Praxis durchaus Stabilität an. Seit jeher werden Organisationen nicht nur geschaffen sondern auch – mehr oder weniger geplant und erfolgreich – umgestaltet, so dass insgesamt für eine Stabilität und langfristige Überlebensfähig- keit einer Organisation, eines Systems offensichtlich Wandel notwendig ist. Jenseits dieser Allgemeinheit sind die Mühen der Ebene unvermeidlich: Wie wird die Verän- derung eines Umsystems verarbeitet? Durch wen erfolgen Anpassungsprozesse? Wird auch aktiv gehandelt? Handelt es sich um den Wandel der Organisationen oder eher um Austausch – Entstehung und Untergang? All diese Fragen und weitere sind in ihrer Komplexität nur aus einer gewählten Perspektive mit einem bestimmten Er- kenntnisziel produktiv zu bearbeiten. Hier hat sich Frau Reichel für eine verhaltens- wissenschaftlich geprägte Analyse des organisationalen Wandels entschieden, in der neben betriebswirtschaftlichen Aspekten insbesondere psychologische und soziolo- gische Erkenntnisse Berücksichtigung finden. Im Rahmen dieser Herangehensweise hat sie sich aus gutem Grund – wie noch gezeigt werden wird – für eine mikropoliti- sche Analyse entschieden. Frau Reichel hat hier mit einem Botanischen Garten einen gleichermaßen exotischen wie typischen, ganz bestimmt jedoch äußerst lehrreichen Fall in Form der Aktionsfor- schung nicht nur analysiert, sondern auch ein wenig verändert. Die authentische wie transparente Darstellung und Interpretation des Geschehens liefert für Wissenschaft wie Praxis wertvolle Einsichten über die Chancen und allzu deutlichen Grenzen einer beteiligungsorientierten Reorganisation in einem gewissen finanziellen wie mikropoli- tischen Setting. Im Ergebnis zeigt sich eine dichte Beschreibung – eine sehr detail- lierte und komplexe Fallstudie – von Strukturen und Akteuren, die ausgesprochen vielschichtig sind: Strukturell handelt es sich bei der betrachteten Organisation kei- neswegs um ein konstantes Gebilde, der extern heran getragene Veränderungsdruck aus Kostengründen ist beachtlich. Die Akteure sind so vielschichtig wie ihre Rollen, ihre Interessen, ihre Wahrnehmungen etc. Durch das systematische Herausarbeiten dieser Situation vermag Frau Reichel gute Gründe dafür anführen, warum gesche- hen ist, was geschehen ist, wiewohl sie damit in keiner Weise ausschließt, dass die Geschichte auch einen anderen Verlauf hätte haben können. Im gewissen Rahmen VI Geleitwort sind Rationalitäten biegsam, Interpretationen und Machtverhältnissen ausgeliefert. Somit liefert sie einen weiteren Mosaikstein für die Organisationsforschung, die ins- gesamt – zumindest auf etliche Anwendungsfälle beschränkt – einen zurückhalten- den Umgang mit normativen Entscheidungsmodellen postuliert. Innovativ ist bei der Analyse, dass bei der Reorganisation des Botanischen Gartens ein Weg gewählt wurde, bei dem ein komplexes Zusammenwirken von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und privatwirtschaftlichen Beschäftigten in einem Gemeinschaftsbetrieb realisiert wurde. Derartige Kooperationen werden in Zukunft im Kontext von Public Private Partnership eine höhere Bedeutung haben, so dass die Ausführungen, die eine deutliche Warnung vor Oberflächlichkeit und Kurzsichtigkeit enthalten, erhebli- che Praxisrelevanz aufweisen. Florian Schramm Vorwort VII Vorwort Diese Arbeit habe ich 2004 als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin der Universität Hamburg begonnen. Da viele Ereignisse und Erlebnisse erst durch die mikropoliti- sche Brille betrachtet verständlich wurden, war die Reanalyse der im Forschungspro- jekt gesammelten Daten für meine Dissertation nicht nur wissenschaftliche Arbeit, sondern auch ein ganz persönlicher Lernprozess. Für mich ist und bleibt mein Fall- beispiel hochspannend und ich versuche mit meiner Arbeit dazu beizutragen, das Drehbuch des Stücks zu erhellen, das gespielt wurde. Mir ist aber bewusst, dass man eine Geschichte nie vollständig erzählen kann und dass es neben meiner Wahrheit noch andere gibt. Bei all jenen, die mir diese Arbeit ermöglicht und mich in den Jahren der Fertigstel- lung begleitet und unterstützt haben, möchte ich mich im Folgenden bedanken. An erster Stelle gilt mein Dank meinem Doktorvater Prof. Dr. Florian Schramm für seine Offenheit, Geduld und Unterstützung. Er hat es stets geschafft, mich an der richtigen Stelle zu ermuntern bzw. zu bremsen. Insbesondere in der Anfangszeit wurde ich auch von Frau Prof. Dr. Renate Ortlieb fachlich beraten und kompetent unterstützt, wofür ich mich hiermit ebenfalls bedanke. Während meiner Arbeit im Projekt und bei der Präsentation meiner ersten Ergebnisse regten mich die TeilnehmerInnen des Hamburger Kolloquiums und der BeraterInnengruppe des ABF e.V. dankenswerter- weise mit wertvollen Hinweisen zum Weiterdenken an. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Nienhüser und den TeilnehmerInnen des HBS-Nachwuchs- kolloquiums Personalwirtschaft, die mich in meinem Forschungsprozess begleitet und mir wertvolle Ratschläge gegeben haben. Danken möchte ich desweiteren den KollegInnen, die bereits einen Schritt weiter waren und mir daher in der Endphase Aufmunterung und wertvolle Tipps geben konnten – namentlich Herrn Dr. Georg Greiner, Frau Dr. Mette Rehling und Frau Dr. Ingrid Zeitlhöfler.Mein ganz besonderer Dank gilt den Personen, mit denen ich vor Ort im Projekt zusammengearbeitet habe und deren Daten ich analysieren durfte. Ohne deren Offenheit und Kooperation hätte diese Arbeit nicht geschrieben werden können. Ebenfalls ein ganz besonders herzlicher Dank gebührt meinem Mann Matthias und meinen Töchtern Rebecca und Johanna, die mir bei der teils lustvollen, teils mühe- vollen Erstehung der vorliegenden Arbeit stets geduldig zur Seite standen und mir Kraft gegeben habe. Last but not least möchte ich mich bei meinen Eltern für die ge- nerelle Unterstützung auf meinem gesamten Weg bedanken. Ohne sie wäre ich nie so weit gekommen – ihnen widme ich diese Arbeit. Karin Reichel Inhaltsverzeichnis IX Inhaltsverzeichnis Geleitwort ................................................................................................................... V(cid:3) Vorwort ..................................................................................................................... VII(cid:3) Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................... IX(cid:3) Abbildungsverzeichnis ............................................................................................. XIII(cid:3) Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................. XV 1(cid:3) Einleitung ............................................................................................................. 1(cid:3) 1.1(cid:3) Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit .................................................. 1(cid:3) 1.2(cid:3) Skizzierung des Vorgehens ........................................................................... 3(cid:3) 2(cid:3) Reorganisation im öffentlichen Sektor ................................................................. 6(cid:3) 2.1(cid:3) Das tradierte Organisationsmodell und seine Dysfunktionalitäten ................. 6(cid:3) 2.2(cid:3) Die dominierenden Reformkonzepte ........................................................... 14(cid:3) 2.2.1(cid:3) Das Konzept des New Public Management .......................................... 17(cid:3) 2.2.2(cid:3) Das neue Steuerungsmodell ................................................................. 26(cid:3) 2.3(cid:3) Veränderungsprozesse gestalten ................................................................ 42(cid:3) 2.3.1(cid:3) Betriebswirtschaftlich-instrumentelle Perspektive ................................. 46(cid:3) 2.3.2(cid:3) Sozial-technologische Perspektive ....................................................... 50(cid:3) 2.3.3(cid:3) Erfolgsfaktoren für Veränderungsprozesse ........................................... 56(cid:3) 2.3.4(cid:3) Nicht intendierte Wirkungen von Rückentwicklung ............................... 69(cid:3) 2.4(cid:3) Stand der Umsetzungsdiskussion ............................................................... 73(cid:3) 3(cid:3) Theoretischer Bezugsrahmen ............................................................................ 87(cid:3) 3.1(cid:3) Reorganisation und (Mikro-)Politik .............................................................. 87(cid:3) 3.2(cid:3) Die strategische Organisationsanalyse nach Crozier und Friedberg ........... 91(cid:3) 3.2.1(cid:3) Die Organisation als soziales Handlungsfeld ........................................ 92(cid:3) 3.2.2(cid:3) Die Organisation als Machtsystem ........................................................ 94(cid:3) 3.2.3(cid:3) Spiele in Organisationen ....................................................................... 99(cid:3) 3.2.4(cid:3) Die Akteure und ihre Strategien .......................................................... 101(cid:3) 3.2.5(cid:3) Wandel als Prozess kollektiven Lernens ............................................. 103(cid:3) 3.3(cid:3) Kritik und konzeptionelle Weiterentwicklungen .......................................... 107(cid:3) 3.3.1(cid:3) Die strukturelle Bedingtheit von Macht(-Ressourcen) ......................... 107(cid:3) 3.3.2(cid:3) Die Spezifizierung des Spiele-Konzeptes ........................................... 110(cid:3) 3.3.3(cid:3) Die systematische Analyse (mikro-)politischer Situationen ................. 114(cid:3) 3.3.3.1(cid:3) Akteursperspektive und Handlungsorientierung ........................... 115(cid:3) 3.3.3.2(cid:3) Intersubjektivität ........................................................................... 126(cid:3) 3.3.3.3(cid:3) Interessen ..................................................................................... 131(cid:3) 3.3.3.4(cid:3) Macht............................................................................................ 134(cid:3) 3.3.3.5(cid:3) Dialektik der Interdependenz ........................................................ 137(cid:3) 3.3.3.6(cid:3) Legitimation .................................................................................. 139(cid:3) X Inhaltsverzeichnis 3.3.3.7(cid:3) Zeitlichkeit .................................................................................... 140(cid:3) 3.3.3.8(cid:3) Ambiguität .................................................................................... 142(cid:3) 3.4(cid:3) Empirische Befunde der Verwendungsforschung ...................................... 144(cid:3) 3.5(cid:3) Fazit und konzeptioneller Bezugsrahmen .................................................. 154(cid:3) 4(cid:3) Methodisches Vorgehen .................................................................................. 158(cid:3) 4.1(cid:3) Der Forschungsansatz .............................................................................. 158(cid:3) 4.2(cid:3) Die Rolle der (Aktions-)Forscherin............................................................. 165(cid:3) 4.3(cid:3) Erhebungsverlauf und Erhebungsverfahren .............................................. 169(cid:3) 4.4(cid:3) Darstellung und Auswertung des empirischen Materials ........................... 173(cid:3) 4.5(cid:3) Anmerkungen zu forschungsethischen Frage ........................................... 179(cid:3) 5(cid:3) Betriebsfallstudie .............................................................................................. 183(cid:3) 5.1(cid:3) Einleitung und Überblick ............................................................................ 183(cid:3) 5.2(cid:3) Die Zentraleinrichtung Botanischer Garten Botanisches Museum ............ 183(cid:3) 5.2.1(cid:3) Der Botanische Garten in Berlin-Dahlem ............................................ 183(cid:3) 5.2.2(cid:3) Der strukturelle Kontext ...................................................................... 187(cid:3) 5.2.2.1(cid:3) Die Aufbauorganisation ................................................................ 187(cid:3) 5.2.2.2(cid:3) Die Ablauforganisation ................................................................. 191(cid:3) 5.3(cid:3) Die Reorganisation .................................................................................... 197(cid:3) 5.3.1(cid:3) Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt ......................................... 199(cid:3) 5.3.2(cid:3) Die Erkenntnisse aus der Grobanalyse ............................................... 205(cid:3) 5.3.3(cid:3) Die Erkenntnisse aus der Feinanalyse ................................................ 207(cid:3) 5.3.3.1(cid:3) Subjektive Arbeitsanalyse (SAA) .................................................. 207(cid:3) 5.3.3.2(cid:3) Zeitbudgetanalyse ........................................................................ 223(cid:3) 5.3.3.3(cid:3) Prozessanalysen und Analyse der Umweltsituation ..................... 226(cid:3) 5.3.4(cid:3) Feedback an die Beteiligten ................................................................ 228(cid:3) 5.3.5(cid:3) Die Erarbeitung des neuen Organigramms ......................................... 231(cid:3) 5.3.6(cid:3) Die Umsetzungsphase ........................................................................ 232(cid:3) 5.3.6.1(cid:3) Die neue Aufbauorganisation der Abteilung I ............................... 233(cid:3) 5.3.6.2(cid:3) Die neue Ablauforganisation der Abteilung I ................................ 235(cid:3) 5.3.6.3(cid:3) Betriebliche Anpassungsqualifizierung ......................................... 245(cid:3) 5.3.6.4(cid:3) Programm zur betrieblichen Gesundheitsförderung ..................... 249(cid:3) 5.3.7(cid:3) Zwischenfazit ...................................................................................... 250(cid:3) 6(cid:3) Reorganisation als Machtspiel ......................................................................... 253(cid:3) 6.1(cid:3) Die traditionellen AkteurInnen ................................................................... 255(cid:3) 6.1.1(cid:3) Ihre Ressourcen im Routinespiel ........................................................ 256(cid:3) 6.1.2(cid:3) Ihre Interessen im Innovationsspiel ..................................................... 263(cid:3) 6.2(cid:3) Die AkteurInnen in der Regelsetzungsphase ............................................ 269(cid:3) 6.3(cid:3) Die AkteurInnen in der Regelinterpretationsphase .................................... 272(cid:3) 6.3.1(cid:3) Die BeraterInnen und BegleitforscherInnen als Meta-Spieler ............. 274(cid:3)