Janowski Rel igionsgeschichtl iche Beziehungen Koch zwischen Kleinasien, Nordsyrien Wilhelm und dem Alten Testament ORBIS BIBLICUS ET ORIENTALIS Im Auftrag des Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz, des Seminars für Biblische Zeitgeschichte der Universität Münster i. W. und der Schweizerischen Gesellschaft für orientalische Altertumswissenschaft herausgegeben von Othmar Keel unter Mitarbeit von Erich Zenger und Albert de Pury Die Herausgeber Prof. Dr. Bernd Janowski lehrt Altes Testament an der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Klaus Koch ist emeritierter Professor für Altes Testament und altorientalische Religionsgeschichte an der Universität Hamburg, Prof. Dr. Gernot Wilhelm lehrt Orientalische Philologie an der Universität Würzburg. Orbis Biblicus et Orientalis 129 Bernd Janowski / Klaus Koch / Gernot Wilhelm (Hg.) Rel igionsgesch ichtl iche Beziehungen zwischen Kleinasien, Nordsyrien und dem Alten Testament Internationales Symposion Hamburg 17.-21. März 1990 Universitätsverlag Freiburg Schweiz Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Kleinasien, Nordsyrien und dem Alten Testament: Internationales Symposion Hamburg, 17. -21. März 1990 / Bernd Janowski; Klaus Koch; Gernot Wilhelm. - Freiburg, Schweiz: Univ.-Verl.; Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1993 (Orbis biblicus et orientalis: 129) ISBN 3-525-53764-6 (Vandenhoeck und Ruprecht) ISBN 3-7278-0878-0 (Univ.-Verl.) NE: Janowski, Bernd; Koch, Klaus; Wilhelm, Gernot; GT Die Druckvorlagen wurden vom Herausgeber als reprofertige Dokumente zur Verfügung gestellt © 1993 by Universitätsverlag Freiburg Schweiz Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen Paulusdruckerei Freiburg Schweiz ISBN 3-7278-0878-0 (Universitätsverlag) ISBN 3-525-53764-6 (Vandenhoeck & Ruprecht) Digitalisat erstellt durch Florian Lippke, Departement für Biblische Studien, Universität Freiburg Schweiz Inhaltsverzeichnis Vorwort V I. Beiträge Alfonso Archi How a Pantheon forms The Cases of Hattian-hittite Anatolia and Ebla of the 3rd Millenium B.C. 1 Walter Burkert Lescha-Liskah Sakrale Gastlichkeit zwischen Palästina und Griechenland 19 Peter Frei Die Bellerophontessage und das Alte Testament 39 Volkert Haas Ein hurritischer Blutritus und die Deponierung der Ritualrückstände nach hethitischen Quellen 67 Manfred Hutter Kultstelen und Baityloi Die Ausstrahlung eines syrischen religiösen Phänomens nach Kleinasien und Israel 87 Bernd Janowsld / Gemot Wilhelm Der Bock, der die Sünden hinausträgt Zur Religionsgeschichte des Azazel-Ritus Lev 16,10.21f 109 Klaus Koch Uazzi~afön-Kasion Die Geschichte eines Berges und seiner Gottheiten 171 Cord Kühne Zum Vor-Opfer im alten Anatolien 225 Oswald Loretz Nekromantie und Totenevokation in Mesopotamien, U garit und Israel 285 VI Inhaltsverzeichnis Jan-Waalke Meyer Tempel-und Palutbauten im eisemeitlichen Palästina und ihre bromezeitlichen Vorbilder 319 Erich Neu Knechtschaft und Freiheit Betrachtungen über ein hurritisch-hethitisches Textensemble aus :ijattusa 329 Edward Noort Seevölker, materielle Kultur und Pantheon Bemerkungen zur Benutzung archäologischer Daten - ein kritischer Bericht 363 Eckart Otto Körperverletzung im hethitischen und israelitischen Recht Rechts- und religionshistorische Aspekte 391 Thomas Podella Nou.eit-Mythologem und Nichtigkeitsßuch 427 Moshe Weinfeld Traces of Hittite Cult in Shiloh, Bethel and in Jerusalem 455 David P. Wright Analogy in Biblical and Hittite Ritual 473 II. Diskussion zum Thema "Opfer- und Eingeweideschau" Oswald Loretz Opfer- und Leberschau in Israel Philologische und historische Aspekte 509 Jan-Waalke Meyer Die Eingeweideschau im vor- und nachexilischen Israel, in Nordsyrien und Anatolien 531 Hinweise zu den Autoren 547 Vorwort der Herausgeber Vom 17.-21. März 1990 fand in Hamburg das Internationale Symposion "Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Nordsyrien, Kleinasien und dem Alten Testament im 2. und 1. Jahrtausend" statt. Das Symposion, dessen Akten hiermit vorgelegt werden, hatte etwa zu gleichen Teilen Alttestamentler und Altorientalisten zusammengeführt, die sich mit der Erforschung religionsge schichtlicher Erscheinungen in bestimmten Kulturen des Alten Orients beschäf tigen. Der Anstoß zur interdisziplinären Fragestellung ist der gegenwärtigen Lage der alttestamentlichen Wissenschaft entsprungen. Die deutschsprachige Bibelwissenschaft hat sich nach dem 1. Weltkrieg weithin von religionsge schichtlichen Vergleichen abgewandt, und zwar unter der Voraussetzung, daß sich die monotheistische Religion Israels und nachfolgend des Christentums als einzige göttliche Offenbarung grundsätzlich von jeder anderen menschlichen Religion unterscheide. Eine Übernahme mannigfaltiger mythologischer und kultischer Motive aus der altorientalischen Umwelt blieb zwar unbestritten, sie wurde aber als jeweilige ornamentale Randerscheinung abgetan. In den beiden letzten Jahrzehnten hat sich jedoch eine Tendenzwende angebahnt. Insbeson dere die Diskussion um eine relativ späte Entstehung des Monotheismus im alten Israel läßt mehr und mehr unübersehbar werden, daß sich die Jahwereli gion erst allmählich aus einem nordwestsemitischen Kontext herausentwickelt hat und den Umweltreligionen grundsätzliche Anstöße verdankt, die sich ebenso im Kontakt wie im Kontrast ausgewirkt haben. Beispielhaft für die neue Einsicht sind zahlreiche Bände, die in den inzwischen begründeten Reihen AOAT (seit 1969) oder OBO (seit 1973) erschienen sind. Wo gegenwärtig eine Verflechtung der israelitisch-alttestamentlichen Reli gion mit denen des Alten Orients untersucht wird, stehen die Religionen des Zweistromlands und des Mittelmeerraums naturgemäß im Vordergrund des Interesses. Das ergibt schon ein Blick in repräsentative Textsammlungen wie ANET oder TUAT oder auch in ikonographische Zusammenstellungen wie ANEP, wo jeweils das ägyptische oder mesopotamische Material überwiegt. Doch besteht Übereinstimmung darüber, daß die Einflüsse, zumindest was das Zweistromland betrifft, weitgehend über Syrien-Kanaan vermittelt worden sind, wenn auch aus diesem Bereich entsprechende Belege weithin fehlen. So wird die israelitische Religion mehr und mehr zu den Kulturen des Fruchtbaren Halbmonds insgesamt in Beziehung gesetzt. Kleinasien spielt bei solchen Untersuchungen, wenn überhaupt, eine neben sächliche Rolle. Wirtschaftlich und politisch war aber Anatolien zumindest im 2. Jt. v. Chr. eng mit Syrien verbunden. Ikonographische Denkmäler beweisen einen regen Austausch. Gerade auch auf religiösem Gebiet gibt es eine Reihe von Erscheinungen, die auf enge Verbindungen zwischen der anatolischen und der syrisch-kanaanäischen Welt hinweisen. So sind Eliminationsriten, wie sie durch das biblische Motiv des Sündenbocks, ob nun zu Recht oder nicht, sprichwörtlich geworden sind, in hethitisch-hurritischen Ritualen in einer Weise VIII Vo,wort dargestellt, die den Vorschriften des Buches Leviticus mehr ähnelt als alle anderen verfügbaren Parallelen. Dazu tritt eine herausragende Stellung der Nekromantie, die in manchen Zügen etwa an die Erzählung über die Toten beschwörerin von Endor (1 Sam 28) erinnert. Die Verbreitung einer intensiven Verehrung von Berggöttern und von Steinkulten lassen die Bindung Jahwes an den Berg Zion, aber auch die umkämpfte Rolle der Mazzeben im Alten Testa ment in besonderem Licht erscheinen. Solchen Beziehungen sind einige Beiträ ge des Symposions genauer nachgegangen. Die Wege, die die hinter solchen Parallelen stehenden Kultureinflüsse genommen haben, bedürfen genauerer Untersuchung, wobei zu fragen ist, ob die Völker Anatoliens -vornehmlich die im anatolischen Hochland ansässigen Hethiter und Luwier, aber auch die in großen Teilen des nördlichen Vorderasien lebenden Hurriter - bei solchen Kontakten nur die nehmende oder bisweilen auch die gebende Seite waren. Eigenartigerweise reichen die Ähnlichkeiten teilweise über das mittlere Anatolien hinaus bis weit nach Westen, wo sie im alten Griechenland Paralle len finden. Das gilt für das "Sündenbock-Ritual" ebenso wie für die Nekroman tie, oder für die Bindung großer Gottheiten an ihren Sitz auf einem Berg, darüber hinaus aber auch für eine Reihe von Einzelmotiven bis hin z.B. zur Bellerophontes-Sage. Die Ergebnisse des Symposions wecken die Frage, ob es auf kulturellem und religiösem Gebiet im Altertum neben den Gemeinsamkeiten des Fruchtbaren Halbmonds nicht auch, in mancher Hinsicht gegenläufig dazu, eine Art levanti nischen Halbkreises um das östliche und nördliche Mittelmeer gegeben hat, von Palästina bis nach Hellas reichend, der seine eigenen mythologischen Ideen und kultischen Praktiken ausgebildet hat. Solche Übereinstimmungen dürften mit den klimatischen Verhältnissen und ihrer Bedeutung für die äußeren Lebensbedingungen zusammenhängen. Der erwähnte Nordost-Bogen betrifft Länder, in denen Regenzeitkulturen vorherr schen. Deren Daseinsbedingungen sind grundsätzlich anders als im Niltal oder Zweistromland. Da aber jede Religion die numinosen Mächte nicht nur im spirituellen Bereich verortet, sondern sie als hintergründige Garanten und Urheber bei elementaren Lebensbedürfnissen erfährt, treten Götter des Re gens, des Wetters überhaupt, neben Berge und Quellen wie von selbst in den Vordergrund und rufen entsprechende Kultformen und mythische Muster hervor. Darüber hinaus haben die Völker Kleinasiens, Syriens und Palästinas oft auch politisch ein ähnliches Schicksal erfahren, was dann den entsprechenden Niederschlag in religiösen Deutungen gefunden hat. Das ließe sich nicht nur bei großen Umbrüchen wie dem Siegeszug Alexanders des Großen aufweisen, oder ein Jahrtausend früher bei dem Übergang von der Spätbronze- zur Eisen zeit, der traditionell mit dem Einbruch der Seevölker verbunden, aber damit gewiß nicht hinlänglich erklärt wird. Abgesehen von den wenigen Jahrhunder-