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Religionsgemeinschaften, Zivilgesellschaft und Staat: Zum Verhältnis von Politik und Religion in Deutschland PDF

270 Pages·2015·1.919 MB·German
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Religionsgemeinschaften, Zivil- gesellschaft und Staat Klaus von Beyme Religionsgemein- schaften, Zivilgesellschaft und Staat Zum Verhältnis von Politik und Religion in Deutschland Klaus von Beyme Heidelberg, Deutschland ISBN 978-3-658-09784-4 ISBN 978-3-658-09785-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-09785-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbi- bliogra(cid:191) e; detaillierte bibliogra(cid:191) sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikrover(cid:191) lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Lektorat: Jan Treibel, Stefanie Loyal Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Fachmedien Wiesbaden ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Religion und Politik – einst ein symbiotisches Verhältnis? . . . . . . . . 9 1.2 Säkularisierung oder Wiederkehr des Religiösen? . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.3 „Selbstermächtigung“ und Zivilgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2 Religion und Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1 Religion und Politik – Deutschland als Misch-Typ im Verhältnis von Religion und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.2 Religionsgemeinschaften als Interessengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.3 Organisatorischer Niedergang der Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.4 Sekten und außerkirchliche Religiosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.5 Glaubensreste und die Wiederbelebung religiöser Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3 Die Volkskirchen im politischen Wandel und ihre Reformbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.1 Der Katholizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.1.1 Interreligiöse Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.1.2 Innerkirchliche Opposition: „Wir sind Kirche“ . . . . . . . . . . . . 67 3.2 Der Protestantismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3.2.1 Kirchenmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6 Inhaltsverzeichnis 4 Religion und Zivilgesellschaft zwischen Politik und Wirtschaft in der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.1 Entnazi(cid:192) zierung der Kirchen in Deutschland und die Integration in das demokratische System . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.2 Die Lage der Vertriebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.3 Differenzen in Ost und Westdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.4 Religion als Sozialkapital in der Gesellschaft und die wirtschaftliche Rolle der Religionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4.4.1 Sozialkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4.4.2 Religion und Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.4.3 Die Entwicklung der Wirtschaftsmacht der Kirchen . . . . . . . . 97 5 Religion und Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.1 Religion in der Verfassung und im Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . 101 5.2 Kirchensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 5.3 Religionspolitische Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts . . . 118 5.3.1 Das Kruzi(cid:192) x-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5.3.2 Religiöse Erziehung in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 5.3.3 Kopftuch und Burka in der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 123 5.3.4 Sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche . . . . . . . . . . 128 5.3.5 Das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgemeinschaften. . . . 128 5.4 Die Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6 Politische Parteien und Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6.1 Religiöse Parteien und Christdemokraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 6.2 Liberale Parteien und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6.3 Sozialdemokraten und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 6.4 Wahlforschung und der religiöse Faktor im Wahlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 7 Religionspolitische Kon(cid:193) ikte in der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . . . 149 7.1 Kon(cid:193) ikte um Familienpolitik, Scheidung, Abtreibung und Homosexualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 7.1.1 Ehe und Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 7.1.2 Ehescheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 7.1.3 Abtreibung und künstliche Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 7.1.4 Lebenspartnerschaften und Homosexualität . . . . . . . . . . . . . . 157 7.2 Sterbehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.3 Asylpolitik und Kirchenasyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Inhaltsverzeichnis 7 7.4 Kon(cid:193) ikte um Gemeinschafts- und Bekenntnisschule . . . . . . . . . . . . 164 7.5 Blasphemieverbot: Schutz der Religion versus Meinungsfreiheit als Grundrechtskon(cid:193) ikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 7.5.1 Blasphemie in der Kunst und in den Medien . . . . . . . . . . . . . . 170 7.5.2 Rechtliche und politische Gegenwehr gegen Blasphemie . . . . 173 8 Die Globalisierung der Glaubensbewegungen und der Islam in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 8.1 Migration und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 8.2 Muslimische Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 8.3 Streit um Moscheen, Minarette, Kopftuch, Burka und Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 8.3.1 Streit um Kopftuch- und Burka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 8.3.2 Islamischer Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 8.4 Der Islam und das deutsche Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8.4.1 Scharia. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 8.5 Religion und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 8.6 Kon(cid:193) ikte um Kunst und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 8.7 Integration: Kooperation von Christen und Muslimen . . . . . . . . . . . 213 9 Rückblick und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 9.1 Religion als Sozialkapital und ihr Ein(cid:193) uss in Politik und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 9.2 Christentum und Islam: Kon(cid:193) ikte in der Integrationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Verzeichnis der Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1 Einleitung 1.1 Religion und Politik – einst ein symbiotisches Verhältnis? Das Verhältnis von Religion und Politik schien lange vergessen oder verdrängt. Es wird erst in den letzten zwei Jahrzehnten wieder intensiver erforscht. Einzel- ne Theologen (vgl. Moltmann, 1974: 19) haben sich schon länger mit „politischer Theologie“ auseinandergesetzt. Politische Theologie impliziert nicht nur die Be- handlung von Theologie und Politik, sondern muss die politische Dimension in der Theologie wie in der Kirche erkennen. Das wachsende Interesse an Religion und Politik ist auch von außen angeregt worden. Wichtig erscheint, dass die Islam-De- batte neuerdings nicht nur in den Medien aufgebauscht wurde, sondern dass durch die Einrichtung von Studiengängen für Religionspädagogen in einigen Ländern und durch Forschungsverbunde, wie das „Exzellenzcluster Religion und Politik“ in Münster, auf breiter Front das Thema Religion und Politik angegangen wird – nicht zuletzt mit großen Umfragen zur religiösen Vielfalt (Westfälische Nachrich- ten 2009: 2; Meyer/Schubert 2011: 291). Was ist Religion? Theologie, Philosophie und Sozialwissenschaften, die Dis- ziplinen, die sich am häu(cid:192) gsten diesem Thema zuwenden, haben unterschiedli- che Antworten gegeben. Durkheim hatte die Religion im Licht der Empirie als bloße „Sonderform sozialen Handelns“ eingestuft. Drei leitende Gesichtspunkte wurden für die Erforschung der Religionen herausgestellt: Religion als Wert, als Prozess oder als „Existential“ (Elsas 1975: 25, 12). Eine funktionalistische an- thropologische De(cid:192) nition wie bei Luckmann (1991: 12, 51-53) ging davon aus, K. von Beyme, Religionsgemeinschaften, Zivilgesellschaft und Staat, DOI 10.1007/978-3-658-09785-1_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 10 1 Einleitung dass der Mensch in der Religion sein biologisches Wesen transzendiert und so erst zum Menschen wird. Die Religionssoziologie hat sich nach der Auffassung von Kritikern thematisch verengt und wurde über weite Strecken trivial. Moniert wurde auch der Hang zu konfessioneller Blickrichtung. Beziehungen zum Werk der Pioniere Durkheim und Max Weber wurden nur noch ober(cid:193) ächlich gep(cid:193) egt. Es kam vielfach nur zu Beschreibung des Niedergangs kirchlicher Institutionen aus dem engen Blickwinkel einer „Pfarrsoziologie“. Religionssoziologie war nach Ansicht einiger Analytiker (Kehrer 1988: 2, 6) noch in den 50er und 60er Jahren in Gefahr, der völligen Indienstnahme durch kirchliche Auftraggeber zu erliegen. Beklagt wurde auch die gegenseitige Fremdheit von Theologie und Religionsso- ziologie, insbesondere, wenn ein Wissenschaftler wie Rudolf Otto (1917, 2004) mit dem nicht empirischen Begriff „Das Heilige“ operierte, der wichtige Theologen wie Tillich und die Religionspsychologie beein(cid:193) usste. Was ist Religion im Sinne von Sozialwissenschaften, die seit Merton Theorien mittlerer Reichweite anstreben? Oft wird die De(cid:192) nition enumerativ angegangen. Sieben Merkmale sind nach Ansicht von Wissenschaftstheoretikern und Reli- gionswissenschaftlern im substantiellen und funktionalen Sinne wesentlich: • Transzendenz. Der Glaube an eine außer- und übernatürliche Macht. • Ultimative Bezogenheit: das Gefühl der Verbundenheit, Abhängigkeit und der Glaube an eine Sinngebung und Bestimmung für Individuen wie für die Ge- meinschaft. • Mystik: Die Erfahrung des Heiligen. • Mythos: die Welterklärung und Legitimation der Welt bis hin zur Annahme eines „unheilen“ Zustandes und eines Heils- und Erlösungsversprechens. • Moral: transzendent begründete Wertordnung aus Geboten und Verboten. • Ritus: symbolisch aufgeladene Handlungen oder Gegenstände, etwa zur Ab- weisung des Bösen, zu Heilungsversuchen, zur Reinigung oder für bestimmte Lebensphasen. • Gemeinschaft: soziale Verbundenheit im geteilten und tradierten Glauben (Vaas/Blume 2009: 22). Allenfalls die beiden Elemente „Moral“ und „Gemeinschaft“ weisen Bezüge zu Politik und zum Staat auf. Sie führten vor allem in der Katholischen Kirche ge- legentlich zu handfesten Ermahnungen an den Staat, wie in der Enzyklika „Huma- nae vitae“ von 1968 (S: 7-12): • Negativ wurde gelehrt, dass empfängnisverhütende Mittel unerlaubt seien, weil sie den staatlichen Behörden eine gefährliche Macht in die Hand gäben, diese 1.1 Religion und Politik – einst ein symbiotisches Verhältnis 11 zu fördern. Damit sollte der Staat in einem von der Kirche nicht akzeptierten Bereich handlungsunfähig gemacht werden. • Positiv wurde an den Staat appelliert: „Daher richten Wir das Wort an die Re- gierungen, denen vor allem die Verantwortung für den Schutz des Gemein- wohls obliegt, und die so viel zur Wahrung der guten Sitten beitragen können“. Ein ähnlicher Appell wurde auch an die Wissenschaft gerichtet. Der Katholischen Kirche gelang als einziger Religionsgemeinschaft eine „Qua- dratur des Kreises“: der Heilige Stuhl steht einem Staat vor und positioniert sich zugleich als „nichtstaatliche Organisation“ (Sommeregger 2011: 288). Der Staat als die andere Seite des Verhältnisses von Religion und Politik hat auch gelegent- lich propagandistisch im Bereich der Religionsgemeinschaften interveniert. Mit der Gründung einer „Deutschen Islam Konferenz“ (DIK) durch den damaligen Innenminister Schäuble 2006 ist erstmals wieder ein institutionalisierter Dia- log zwischen einer Religionsgemeinschaft und dem Staat erreicht worden. Bei der Einrichtung der Deutschen Islamkonferenz DIK ging es dem Bundesminis- terium des Inneren 2006 nicht um einen Elitendialog zum Verhältnis von Islam und Christentum, sondern um das Verhältnis zwischen dem säkularen Staat und den Religionen (Nordrhein-Westfalen 2008: 188). Politikwissenschaftler aber ha- ben mit Recht gefragt, wie Politik handeln müsste, dass nicht nur symbolische Politik durch Konferenzen sondern politische Steuerung im Verhältnis von Politik und Religion erreicht wird (Schubert/Meyer 2011: 11). Religion und Politik schie- nen lange ein symbiotisches Verhältnis darzustellen. In einigen protestantischen Ländern hat sich eine Vorform der Policy-Analyse in der Lehre von der „guten Polizey“ entwickelt, die auch Ein(cid:193) uss auf die Religion genommen hat (v. Beyme 2014). Der spanische Denker Donoso Cortés (1854, Bd. 1: 433ff, 586ff) war einer der ersten, der die Einheit von Gott und Vernunft mit der französischen Revolu- tion untergehen sah. Die Autonomie verselbständigte sich und es kam angeblich zur „totalen Politisierung“. Seither gründet sich das Bewusstsein nicht mehr in der Religion, sondern auf politisches Handeln. Diese Politisierung hat sich in Ent- wicklungen zur Diktatur tatsächlich abgespielt. Das Politische wurde gelegentlich sakralisiert, etwa bei der Entstehung des Nationalstaates. Ein schwacher Abglanz davon fand sich selbst in Programmen von Parteien, die eher laizistisch wirkten, wie im „Godesberger Programm“ von 1958, wo die christlichen Wurzeln des „de- mokratischen Sozialismus“ beschworen wurden. Aber auch diese Entwicklung war kein linearer Trend in der Geschichte. Das Verhältnis von Staat und Religion hat sich nach 1945 auf eine neutralis- tische Distanz von Seiten des Staates und auf vorsichtige Penetrationsversuche der säkularen Institutionen durch die Glaubensgemeinschaften reduziert. Die

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