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Reallexikon für Antike und Christentum 15 : Hibernia – Hoffnung PDF

690 Pages·1991·58.361 MB·German
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REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM SACHWÖRTERBUCH ZUR AUSEINANDERSETZUNG DES CHRISTENTUMS MIT DER ANTIKEN WELT HERAUSGEGEBEN VON ERNST I) A S S M A N N CARSTEN COLPE, ALBRECHT DIHLE, JOSEF ENGEMANN BERNHARD KÖTTING, WOLFGANG SPEYER, KLAUS THRAEDE Band XV: Hibernia — Hoffnung 1991 ANTON HIERSEMANN · STUTTGART BEGRÜNDET VON FRANZ JOSEPH DÖLGER, THEODOR KLAUSER, HELMUT KRUSE HANS LIETZMANN, JAN HENDRIK WASZINK REDAKTION Franz Joseph Dölger-Institut, Lennestraße 41, D-W-5300 Bonn 1 Wissenschaftliche Mitarbeiter: H. Brakmann, S. Heydasch-Lehmann, K. Hoheisel, A. Kehl, D. Korol, F. Rickert, G. Schöllgen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Reallexikon für Antike und Christentum : Sach­ wörterbuch zur Auseinandersetzung des Christen­ tums mit der antiken Welt / hrsg. von Ernst Dass- mann ... [Begr. von Franz Joseph Dölger ... Red. Franz-Joseph-Dölger-Institut]. - Stuttgart: Hierse- mann. Bis Bd. 13 hrsg. von Theodor Kiauser... Bearb. im Franz-Dölger-Institut, an der Universität Bonn ISBN 3-7772-5006-6 NE: Dassmann, Ernst [Hrsg.]; Dölger, Franz Joseph [Begr.]; Kiauser, Theodor [Hrsg.]; Franz-Joseph- Dölger-Institut zur Erforschung der Spätantike (Bonn) Bd. 15. Hibernia - Hoffnung. - 1991 Abschlußaufnahme von Bd. 15 ISBN 3 -7772- 9118 -8 © 1991 ANTON HIERSEMANN, STUTTGART Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfahren zu verviel­ fältigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für die Verarbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen und elektronischer Kommu­ nikationssysteme. Satz und Druck: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten Printed in Germany Am 5. Oktober 1990 starb im Alter von fast 82 Jahren der Mitbegrün­ der und langjährige Mitherausgeber des „Reallexikons für Antike und Christentum“ Dr. Dres. h. c. Jan Hendrik Waszink Emeritierter Ordinarius für Lateinische Sprach- und Literaturwissen­ schaft an der Rijksuniversiteit zu Leiden Ritter des Ordens vom Niederländischen Löwen Offizier des Ordens „Pro Merito“ der Republik Italien Mitglied der Königlich-Niederländischen Akademie der Wissen­ schaften, des Institut de France, der Akademie der Wissenschaften zu Kopenhagen, des Königlichen Instituts der Wissenschaften zu Göte­ borg, des Istituto Lombardo zu Mailand, Korrespondierendes Mitglied der British Academy und der Österrei­ chischen Akademie der Wissenschaften Ausgezeichnet mit dem „Praemium Urbis“ der Stadt Rom Herausgeber und Redaktion des „Reallexikons“ werden das Anden­ ken dieses bedeutenden Gelehrten und liebenswürdigen Menschen allzeit in hohen Ehren halten. VORWORT Zum 30. Juni 1990 ist Herr Professor Dr. theol. Bernhard Kötting, Münster i. W., aus Altersgründen aus dem Herausgeberkollegium des RAC ausgeschieden, dem er seit den Vorbereitungen für das Erscheinen des sechsten Bandes im Jahre 1966 angehört hatte. Professor Kötting hat F. J. Dölgers Forschungsprojekt „Antike und Christentum“ von Anfang an begleitet. Selbst noch Schüler und Doktorand von F. J. Dölger, kannte er die Überlegungen zu dem Plan, die „Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt“ in einem das gesamte Leben des Altertums umfassenden Lexikon auszubreiten. Die Mitherausgeber des RAC danken ihrem Kollegen Bernhard Kötting für eine über fünftmdzwanzigjährige Mitarbeit an der inhaltlichen Gestaltung des Lexikons, die Benutzer darüber hinaus für viele wertvolle Beiträge, die Professor Kötting aus eigener Feder beigesteuert hat: Bigamie, Blickrichtung, Böser Blick, Christentum I (Ausbreitung), Devotionalien, Dextrarum iunctio, Digamus, Epidauros, Euergetes, Fuß, Fußwaschung, Gelübde, Genossenschaft (D. Christlich), Geste und Gebärde, Grab, Haar, Handwaschung. Als Präsident der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften war es Professor Kötting ein persönliches Anliegen, daß die Herausgabe von „Reallexikon für Antike und Christentum“ und „Jahrbuch für Antike und Christentum“ in die Forschungsvorhaben der Akademie aufgenommen wurde. Direktor und Mitarbeiter des F. J. Dölger-Instituts sind ihm dafür zu großem Dank verpflichtet. Bonn, den 28. Februar 1991 Ernst Dassmann INHALT Hibernia..............................................................1 Hippokrates............................................. 466 Hierapolis (Mabbog)............................. 27 Hippolytos I (mythologisch)................. 481 Hierarchie.................................................. 41 Hippolytos II (von Rom)..................... 492 Hierodulie.................................................. 73 Hirsch......................................................... 551 Hieroglyphen .......................................... 83 Hirt.............................................................. 577 Hierokles I (Sossianus Hierocles) . . . 103 Hispania I (landesgeschichtlich) . . . 607 Hierokles II (Neuplatoniker)................. 109 Hispania II (literaturgeschichtlich) . . 647 Hieronymus.............................................. 117 Historia Augusta..................................... 687 Hilarius von Poitiers............................. 139 Historiographie......................................... 724 Himerios .................................................. 167 Hochherzigkeit......................................... 765 Himmel...................................................... 173 Hochmut................................................. 795 Himmelfahrt.............................................. 212 Hochschule............................................. 858 Himmelskönigin...................................... 220 Hochzeit I................................................. 911 Himmelsrichtung (kultische)................. 233 Höflichkeit................................................. 930 Himmelsstimme..................................... 286 Höhenkult................................................. 986 Himyar...................................................... 303 Höllenfahrt.................................................1015 Hinken...................................................... 331 Hören.............................................................1023 Hinrichtung.............................................. 342 Hofbeamter.................................................1111 Hiob.......................................................... 366 Hoffnung.....................................................1159 Hippo Regius.......................................... 442 Register zu Band XV.................................1253 Hibernia. skizziert, soweit sie Umfang, Charakter u. Wirkung der im engeren Sinn klass.-antiken Vorbemerkungen 1. Elemente der christl.-irischen Kultur bedingt hat. A. Im Altertum. I. Name u. Bevölkerung 2. A. Im Altertum. I. Name u. Bevölkerung. II. Beziehungen zum Mittelmeerraum 2. H., altirisch Iverijü, Genetiv: Iverijönos (zur III. Lebensformen, a. Quellen 4. b. Wirtschaft Bedeutung s. A. Holder, Altceltischer Sprach­ u. Gesellschaft 4. c. Kultur u. Gesittung 6. <1. schatz 2 [1904] 99; Aviens [insula] sacra Religion 7. [ora 108] ist volksetymologisch), gräzisiert zu B. Christianisierung. ’IFeqvt] (vgl. Ptol. Math, geogr. 1,11, 8 [24, 26 I. Anfänge 8. Nobbe] ’IovEQv(a) u. durch Wegfall des p zu II. Patricius 10. dem geläufigeren ’IsQvr], latinisiert zu Iuerio- III. Eigenart der Kirche Hibernias 10. a. Kir­ ne (Akkusativ u. Ablativ, vgl. Itin. Anton. chenorganisation 11. b. Klosterwesen 11. c. Son­ Aug. 509, 1 [249 Parthey/Pinder]), nach ande­ derentwicklungen 12. d. Romanisierung 12. ren Lesarten Hiverione, Hiberione (Patrie, C. Antike Kunst u. Bildung der Iren. conf. 1, 7; 16, 1; 23, 6 u. ö.) u. schließlich zu 1. Anfänge 13. a. Lateinische Väter 13. b. Schul­ dem geläufigen [HJIbernia (Belege: Holder wesen 13. c. Bauwesen 14. d. Buchgestaltung aO. 99/111; vgl. T. F. O’Rahilly, On the origin 14. e. Liturgisches Gerät 15. of the names Erainn and Eriu: Eriu 14 [1946] II. Blüte u. Ende der keltischen Zeit (Mitte des 7/28; ders., Early Irish history and mythology 7. bis 11./12. Jh.). a. Griechisch 15. b. Latei­ [Dublin 1946] 46f), war, als die griech.-röm. nisch. 1. In der Heimat, a. Prosa 16. ß. Dich­ tung 18. y. Einfluß auf die Nationalliteratur 19. Welt Kunde davon erhielt, von einer vorari­ 2. Auf dem Kontinent, et. Vorkarolingisch 20. ß. schen (Ur-)Bevölkerung, von nicht- oder pro­ Karolingisch 21. 3. Das 11. u. 12. Jh. 24. tokeltischen Indogermanen u. einer zahlen­ mäßig wahrscheinlich deutlich geringeren, D. Zusammenfassung 25. zwischen dem 5. u. 3. Jh. vC. eingew'anderten Vorbemerkungen. Eine Auseinanderset­ keltischen Oberschicht (= Goidel; vgl. Gälen) zung von klassischer Antike u. Christentum besiedelt (J. Moreau, Die Welt der Kelten hat in H. nicht stattgefunden. Die Insel ge­ [1958] 18f. 39f). Die Römer nannten die Be­ hörte nie dem Imperium Romanum an; des­ völkerung ohne Unterschied Hiberni, Hiber- sen geistige Kultur fand erst mit dem Chri­ nici, Hiberionaci (Patrie, conf. 23); daneben stentum, als klassisch-christliche Kultur, dort sind Scotti u. Scottia üblich (Isid. orig. 14, 6, Eingang. Auch mit der keltischen Religion 6; Holder aO., bes. 105), die erst im 10. Jh. scheint es zu keiner ernsten Auseinanderset­ speziell auf das heutige Schottland u. die zung gekommen zu sein. Anderseits fanden Schotten bezogen werden (Μ. Esposito, No­ die christl. Missionare bereits eine reich ent­ tes on a Latin life of St. Patrick: ClassMed 13 wickelte mündliche Tradition in irischer Spra­ [1952] 67f u. Anm. 31). che vor, die sich selbständig, wenngleich II. Beziehungen zum Mittelmeerraum. Ob­ nicht unbeeinflußt, neben der kirchlich-mona- gleich H. dank reicher Zinn- (zur Frage der stischen lat. Literatur entwickelte (D. A. Zinninseln in der Antike F. J. Haverfield, Binchy, The background of early Irish litera- Art. KaooiTEQtÖE;: PW 10, 2 [1919] 2328/32) ture: StudHibern 1 [1961] 7/18; Carney). Die u. Edelmetallvorkommen neben Südwesteng­ Eigenart der irischen Kirche in der »kelti­ land zunächst über Spanien (zur umstrittenen schen* Periode (bis ins 12. Jh.) wird hier nur Tartessosfrage A. Schulten, Tartessos2 RAC XV 1 3 Hibernia 4 (1950]), dann über die Phönizier u. schließlich rend der letzten Jhh. vor der Christianisie­ über die Massiiioten in regem Handelsver­ rung manche Anregung aus dem Imperium. kehr mit der Mittelmeerwelt stand (R. Hen­ Der ,Black Pig’s Dyke' der Ulsterleute ning, Terrae incognitae l2 [Leiden 1944] 96/ scheint eine Nachahmung von Hadrians Wall 103), war hier bis zum Ende der röm. Repu­ zwischen dem heutigen England u. Schott­ blik anscheinend kaum mehr als der Name land zu sein (E. MacNeill, Phases of Irish his­ bekannt (vgl. J. F. Killeen, Ireland in Greek tory [Dublin 1920] 131. 151; dagegen O. Da­ and Roman writers: ProcRoylrAc 76 (1976] vies, The Black Pig’s Dyke: UlsterJouroArch 207/15). Die vermutlich erste nähere Kunde 18 [1955] 29/36), u. die älteste Schrift H.s, das im Bericht des Karthagers Himilko über sei­ Ogham-Alphabet, stellt eine lediglich für kur­ ne Reise zu den Zinninseln im 6. Jh. vC., der ze Inschriften brauchbare plumpe Umsetzung für uns allerdings erst um 400 nC. in Aviens des lat. Alphabets in gradlinige Schrift dar (J. Ora maritima greifbar wird (vgl. Plin. n. h. 2, MacNeill, Notes on the distribution, history, 169; Avien. ora 117 u. ö.), wurde zur Wah­ grammar, and import of the Irish Ogham in­ rung des Handelsmonopols entweder absicht­ scriptions: ProcRoylrAc 27C [1908/09] nr. 15; lich zunickgehalten oder sogar bewußt ge­ E. Mac White, Contributions to a study of fälscht (Henning aO. 1, 104 f). Ob dann 200 Ogam memorial stones: ZsCeltPhilol 28 [ 1! <6U, Jahre später der Massiliote Pytheas in seinem 61] 294/304). Als im 4. Jh. die Macht des Rei­ Expeditionsbericht erstmals den Namen ches langsam zusammenbrach, lockte der Ίέρνη benutzte, ist mangels eindeutiger An­ Reichtum Britanniens verstärkt irische Plün­ haltspunkte in den Fragmenten umstritten derer, die manche Kulturschätze u. immer (ed. J. Mette [1958]; vgl. HenningaO. 1,155/9). wieder Sklaven nach H. brachten, bis sich Für Tacitus waren nach Halms Konjektur aE. des 5. Jh. sogar das irische Königreich noch aditus portusque per commercia et nego- Dal Riada in Schottland konstituierte; vgl. tiatores besser bekannt als das Innere (Agr. auch u. Sp. 12/4. 24; zu diesem schwierigen Text G. Binder, III. Lebensformen, a. Quellen. Die klass. Irland u. die Iren: Gymn 88 [1981] 430/7). Schriftsteller haben von H. nur das Sonder­ Nachdem Cn. Iul. Agricola, der Eroberer u. bare u. Bizarre festgehalten. Die ganze Brei­ erste Statthalter Britanniens (77-8/84-5 nC.), te des Alltagslebens, in das dann das Chri­ den Versuch zur Eroberung H.s ij. 81/82 stentum eintrat, ist, von vorsichtigen Rück­ aufgegeben hatte (Tac. Agr.), versuchten schlüssen aus der Indogermanen- u. Kelten­ römische Legionen nie wieder, die rauhe iri­ forschung abgesehen, lediglich aus Ausgra­ sche See (Solin. 22, 5f) zu durchqueren. Auch bungsergebnissen, Kunstwerken u. anderen die röm. Durchdringung Britanniens brachte materiellen Hinterlassenschaften zu rekon­ H. dem Reiche nicht näher. Allerdings nennt struieren (S. P. 6. Riordäin, Antiquities in Ptolemäus unter den durchwregs schwer zu lo­ the Irish countryside2 [London 1953]; H. kalisierenden Ortschaften, Stämmen, Fluß­ Laing, The archaeology of late Celtic Britain mündungen u. Meeresbuchten an der gesam­ and Ireland [London 1975]). Heldenlieder u. ten Küste auch 7 binnenländische πόλεις (geo- -sagen (R. Thurneysen, Die Irische Helden- gr. 2, 2, 10). Spärliche, nur ganz allmählich u. Königssage bis zum 17. Jh. [1921]) sowie zunehmende Römerfunde (S. P. 0. Riordäin, Gesetzestexte (Ancient law's of Ireland, Sen- Roman material in Ireland: ProcRoylrAc chus Mor 1/5 [Dublin 1865/1901]) sind nur 51C [1948] 35/82; dazu J. D. Batason, Roman nach strenger Analyse aussagekräftig, da sie material in Ireland. A reconsideration: ebd. ausnahmslos erst Jhh. später aufgezeichnet 73 C [1973] 21/98) zwingen zu dem Schluß, daß u. unter christlichem Blickwinkel überarbei­ weder der Handel (bes. mit Wein aus Italien tet w'urden (Einzelheiten: Hughes, Ireland). [H. Zimmer, Über direkte Handelsverbin­ b. Wirtschaft u. Gesellschaft. Grundlage dungen Westgalliens mit Irland im Altertum der Gesellschaft H.s war der Stamm (tuath) u. frühen MA: SbBerlin 1909 nr. 14, 363/476] mit einem König an der Spitze. Noch gegen u. mit Sklaven), der teils über Britannien, Ende des 8. Jh. nC. zerfiel die Insel in über teils direkt vom westgallischen Festland aus 180 dieser relativ kleinen Blutsgemeinschaf­ abgewickelt w’urde, noch die röm. Kultur H. ten. Oberkönige u. der seit dem 5. Jh. nach­ je wirklich durchdrungen haben (Stanford; Μ. weisbare Hochkönig genossen in der Regel Wheeler, Der Femhandel des röm. Reiches nur Ehren- u. letztlich rein symbolische Ho­ [1965] 14). Dennoch erhielten die Iren wäh­ heitsrechte. Wirkliche Macht übten sie nur in 5 Hibernia 6 Aus: Irische Kunst aus drei Jahrtausenden. Thesaurus Hiberniae, Ausst.-Kat. Köln (1983). ihren jeweiligen Stämmen aus. Lediglich ab­ verteilt. Neben dem vergleichsweise milden hängige Stämme standen in ausgesprochenen Klima u. der schon in der Antike sprichwörtli­ Vasallenverhältnissen. - Zur Bildung star­ chen Fruchtbarkeit der Weiden (Mela 3, 6, ker Zentralgewalten nach römischem Muster 53) war dieser kollektive Landbesitz eine der kam es nicht. Stammesfehden waren an der Hauptursachen für den unverändert dörfli­ Tagesordnung, doch offensichtlich nie so mör­ chen Charakter u. die im Verhältnis zu ande­ derisch, daß sie die Ausbildung einer hohen ren keltischen Gebieten rückständige Land­ geistigen Kultur verhindert hätten (Μ. Dillon wirtschaft (Loyer 25/46; Moreau aO. [o. Sp. 2] [Hrsg.], Early Irish society [Dublin 1954]; A. 81). J. Otway-Ruthwen, A history of medieval Ire- c. Kultur u. Gesittung. Das geistige Leben land [London/New York 1968]). Die Stammes- H.s war bis weit in die christl. Zeit hinein von organisation beherrschte auch das wirtschaft­ zwei Gegensätzen gekennzeichnet: Mit einer liche Leben. Das von einer tuath besiedelte relativ wenig entfalteten materiellen Kultur Land gehörte allen freien Mitgliedern. Wald gingen hohe Wertschätzung u. intensive Pfle­ u. Wiesen wurden gemeinsam bewirtschaf­ ge von Bildung u. Gelehrsamkeit einher. tet, agrarische Nutzflächen periodisch um­ Zahlreiche Stämme hatten ihre eigenen Dich­ 7 Hibernia 8 ter-, Rechts- u. Ärzteschulen, deren Mitglie­ (C. Selmer, The Lisbon ,Vita sancti Brendani der anscheinend eng mit dem Druidentum (s. Abbatis': Traditio 13 [1957] 313/44), auch eini­ u. Sp. 8) verknüpft waren u. mancherlei ges über Kult u. Ritus festgehalten ist. Zu Privilegien genossen. Inhaltlich standen vor­ den bekanntesten Beispielen gehört neben arische u. indogermanisch-keltische Auffas­ den schon bei klassischen Autoren erwähnten sungen nebeneinander. Den antiken Schrift­ Menschenopfern das sonst nur noch aus In­ stellern fielen außer der auch für Kelten in dien bekannte Pferdeopfer (Aévamedha) bei anderen Gebieten typischen Wildheit im Giraldus Cambrensis (top. 3, 25; vgl. J. de Kampf, Selbstvergessenheit u. Zechlust (So­ Vries, Keltische Religion [1961] 243f). Erst lin. 22, 3; Strab. 4, 4, 201) vor allem Züge Μ. L. Sjoestedt (Dieux et héros des Celtes vorarisch-mutterrechtlichen Ursprungs auf: [Paris 1940] 3/18. 52/62) u. G. Dumézil (Le Kannibalismus u. Schamlosigkeit, d. h. ge­ troisième souverain [ebd. 1949] 167/86) haben schlechtlicher Umgang mit anderen, sogar die rituelle Grundlage der Heldensagen frei­ verheirateten, Frauen einschließlich Mutter gelegt. Vor der Christianisierung w’urden u. Schwester (ebd.; Mela 3, 6, 53; Solin. 22, aber in H. genau wie im nachbrahmanischen 3). Römische Vorstellungen von Sitte, Recht Indien die großen indogermanischen Götter­ u. Ordnung konnten sich bis zum Zusammen­ gestalten durch autochthone Lokalgottheiten bruch des Reiches ebensowenig wie die lat. u. Dämonen stark zurückgedrängt, über die Sprache durchsetzen. Auch nach Übernahme nur wenig bekannt ist. - Stark mit boden­ des Christentums bestimmte die Landesspra­ ständigen Elementen durchsetzt, wrenn nicht che weiter das weltliche Leben u. wurde sogar völlig vorindogermanischen Ursprungs selbst aus dem Kloster nicht verbannt. — Auf (so J. Pokorny, Irland [1916] 18f, anders de künstlerischem Gebiet verraten die aufgefun­ Vries aO. 201 f), waren die Druiden (Ch. Gu- denen, mit Ornamenten verzierten Steinblök- yonvart’h/F. Le Roux, Les Druides [Rennes ke u. die gleichfalls sehr spärlichen unpropor­ 1978]). Caesars ausführliche Beschreibung tionierten Steinfiguren mit auffallend starker der gleichnamigen Institution in Gallien (b. Betonung des Gesichtes keine Außeneinflüsse Gall. 6, 14, 2f; dazu de Vries aO. 204/10) darf (F. Henry, Irish art in the early Christian nicht ohne weiteres auf H. ausgedehnt wer­ period3 [London 1965] 5/8). Dagegen wurden den. Notizen aus der Zeit der frühen Christia­ metallene Gebrauchs- u. Schmuckgegenstän­ nisierung (Belege: ebd. 208) deuten aber dar­ de kontinuierlich eingeführt (Riordäin, Mate­ auf hin, daß die Druiden gegen Ende des rial aO. [o. Sp. 3]) u. ebenso wie neue Tech­ 4. Jh. auch hier die mit großen Privilegien niken (zB. Filigrane u. die ursprünglich phö­ ausgestatteten Priester, Zauberer, Wahrsa­ nizische Purpurfärberei) geschickt u. phanta­ ger, Richter u. Hüter der Tradition waren. sievoll nachgeahmt, ohne daß aber wirklich Von den Formen der sehr langen, wohl aus­ neues Stil- u. Formempfinden nachzuweisen schließlich auf mündlicher Unterweisung be­ wäre (Henry aO. 8/16). ruhenden Ausbildung des Nachwuchses d. Religion. Auch in der Religion H.s mi­ scheint manches in den Besonderheiten der schen sich untrennbar vorarische Elemente späteren christl. Klosterschulen weiterzu­ mit solchen der späteren Einwanderer. Wie leben. in keinem anderen keltischen Gebiet sind die B. Christianisierung. I. Anfänge. Händ­ großen typisch indogermanischen Götterge­ ler, christliche Sklaven u. der Einfluß der stalten durch Mythen bzwr. mythische Motive Kirche Britanniens brachten den christl. bekannt, die allerdings erst aus den teilw-eise Glauben spätestens gegen Ende des 4. Jh. in bis ins 12. Jh. zurückreichenden Fassungen den Südosten u. Osten H.s. Vielleicht hatte der Helden- u. Königssage von Ulster u. eine Art christlicher Mission, über die Nähe­ Leinster sowie der sagenhaften Urgeschich­ res aber nicht bekannt ist (zu den Indizien H. te des Lebor Gabäla herausgeschält w-erden Leclercq, Art. Irlande: DACL 7, 2 [1927] müssen (O’Rahilly, History aO. [o. Sp. 2]). 1466), schon früher zu vereinzelten Gemein­ Ähnliches gilt von den Heiligenviten (Ch. den geführt (R. Steiners Mitteilung aus der Plummer, Heathen folklore and mythology in Akasha-Chronik, ,in den Mysterien von Hy- the lives of Celtic saints: ders., Vitae sanc- bemia [habe] man, ohne daß irgendeine ande­ torum Hiberniae 1 [Oxford 1910] CXXIX/ re Verbindung dagew'esen wäre, ... das My­ LXXXVIII), in denen ebenso wie in den mär­ sterium von Golgotha auf spirituelle Art ken­ chenhaften Reiseberichten, zB. des Brendan nen [ge]lernt‘ [vgl. J. Streit, Sonne u. Kreuz

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