Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten Stand: Oktober 2015 Lehrstuhl für Iberoromanische Literatur- und Kulturwissenschaft Prof. Dr. Mechthild Albert „Wichtig ist, daß man das ganze mit Spaß macht. Und wenn Ihr ein Thema gewählt habt, das euch interessiert, wenn ihr euch entschlossen habt, der Arbeit jene (wenn auch vielleicht kurze) Zeitspanne zu widmen, die ihr euch vorgenommen habt [...] dann werdet ihr merken, daß man die Arbeit als Spiel, als Wette, als Schatzsuche erleben kann. Es liegt eine Art sportliche Befriedigung in der Jagd auf einen Text, der nicht aufzufinden ist, es bereitet eine rätselhafte Befriedigung, nach langem Nachdenken die Lösung für ein Problem zu finden, das unlösbar schien. Ihr müßt die Arbeit als Herausforderung auffassen. Herausgefordert seid ihr: Ihr habt euch am Anfang eine Frage gestellt, auf die ihr noch keine Antwort wußtet. Es geht darum, die Antwort in einer begrenzten Zahl von Zügen zu finden. Manchmal kann die Arbeit zu einer Partie zwischen zwei Gegnern werden: Euer Autor will euch sein Geheimnis nicht verraten, ihr müßt ihn einkreisen, ihn mit Vorsicht befragen, ihn dazu bringen, das zu sagen, was er nicht sagen wollte, aber hätte sagen müssen. Manchmal ist die Arbeit ein Patiencespiel: Ihr habt alle Teile, es kommt darauf an, sie an die richtige Stelle zu legen. Wenn ihr die Partie mit sportlichem Ehrgeiz spielt, werdet ihr eine gute Arbeit schreiben.“ aus: Eco, Umberto: Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt, Wien: Facultas UTB 132010, S. 265-266. Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten Inhalt 1. Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit ............................................................................... 1 2. Literaturrecherche .............................................................................................................. 3 1. Primär- und Sekundärliteratur ........................................................................................ 3 2. Recherchemöglichkeiten ................................................................................................. 3 3. Bibliographien ................................................................................................................ 5 3. Wissenschaftliche Hilfsmittel .............................................................................................. 8 4. Titelaufnahme und Literaturverzeichnis ............................................................................ 10 1. Titelaufnahme .............................................................................................................. 10 2. Das Literaturverzeichnis ............................................................................................... 15 5. Exzerpieren und Sortieren ................................................................................................ 16 1. Exzerpieren .................................................................................................................. 16 2. Sortieren ...................................................................................................................... 17 6. Zitieren ............................................................................................................................ 19 1. Allgemeines .................................................................................................................. 19 2. Das Zitat ...................................................................................................................... 20 3. Die Paraphrase............................................................................................................. 23 1 4. Die Fußnote ................................................................................................................. 23 5. Zitierstile ...................................................................................................................... 24 7. Das Referat ...................................................................................................................... 26 8. Verfassen einer Hausarbeit ............................................................................................... 29 1. Ablauf .......................................................................................................................... 29 2. Informationsbeschaffung & Eingrenzung des Themas ................................................... 29 3. Disposition und Konzeption .......................................................................................... 30 4. Verfassen der Arbeit ..................................................................................................... 31 5. Stil ............................................................................................................................... 33 6. Form ............................................................................................................................ 34 Exkurs: Themenfindung und Titelformulierung .................................................................. 35 Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 1. Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit 1. Wissenschaftlich arbeiten - Warum eigentlich? „Der Prozess methodisch betriebener Forschung und Lehre als Darstellung der Ergebnisse und Methoden der Forschung mit dem Ziel, fachliches Wissen zu vermitteln und zu wissen- schaftlichem Denken zu erziehen. Die Wissenschaft beginnt mit dem Sammeln, Ordnen und Beschreiben ihres Materials. Weitere Schritte sind die Bildung von Hypothesen und Theorien. Sie müssen sich am Material bestätigen (Verifikation) oder bei Widerlegung (Falsifikation) durch neue ersetzt werden. [...] Die Wissenschaft ist dem Ziel nach entweder theoretisch ('rei- ne') Wissenschaft oder angewandte ('praktische') Wissenschaft und wird traditionell in Natur- und Geisteswissenschaft geschieden." [Brockhaus-Enzyklopädie] Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet, sich auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion mit den Gedanken anderer ausei- nanderzusetzen, sich eigene Gedanken zu machen und das Ergebnis in einer verständlichen Form darzustellen. Die intensive und kritische Auseinandersetzung mit einem Text oder einer Textgruppe (das Korpus oder Corpus) ist also Voraussetzung einer jeden wissenschaftlichen Herangehensweise. Die wissenschaf handenen Materials.tliche Arbeit beginnt also mit dem Sammeln, Ordnen und Beschreiben des vor 1 Die Beschäftigung mit einem Korpus oder einem literarischen Text darf allerdings nicht wahllos erfolgen; sie muss sich einer oder mehrerer wissenschaftlicher Methode bedienen und auf ein Ziel ausgerichtet sein. Was will ich wissen? Welche neuen Erkenntnisse möchte ich gewinnen? Welche widerlegen? Wissenschaftliche Texte zeichnen sich durch einen klaren Aufbau und eine logische Argumentation aus. Das Material muss auf ein Darstellungsziel hin angeordnet werden (Disposition des Materials). Ziel ist es, Fakten und neue Erkenntnisse zu vermitteln und nicht persönliche Ansichten und Intuitionen. Alles, was gesagt oder behauptet wird, muss belegt werden, sei es durch den Ver- weis auf schon vorhandene Literatur oder durch eigene Forschungen und empirische Untersu- chungen: Wissenschaft ist die Darstellung vom eigenen Verständnis im Dialog mit der For- schung Die wissenschaftliche Arbeit reiht sich also in den wissenschaftlichen Dialog ein und knüpft an bereits Erarbeitetes an. Ein wesentliches Merkmal des wissenschaftlichen Arbeitens ist daher die Bezugnahme von Texten aufeinander. Wissenschaftlichkeit wird häufig daran gemessen, inwieweit der Verfasser die einschlägige Literatur kritisch verarbeitet und dargestellt hat. Durch das Zitat knüpft der wissenschaftlich Arbeitende an bisherige Erkenntnisse an. Er beruft sich zugleich auf einen "Zeugen" bzw. eine Autorität, nämlich den Wissenschaftler, den er zi- tiert. Damit ist es Ausweis von Wissenschaftlichkeit. "Zitieren ist wie in einem Prozeß etwas unter Beweis stellen. Ihr müßt Zeugen immer beibringen und den Nachweis erbringen können, daß sie glaubwürdig sind. Darum muß die Verweisung genau sein (man zitiert keinen Autor, ohne das Buch und die Seite des Zitats anzugeben), und sie muß von jedermann kontrol- liert werden können."1 Zitate müssen kenntlich gemacht und genau belegt werden. Dies ist Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit der Voraussetzungen, Erläuterungen und Ergebnisse durch andere (Inter- subjektivität). 1 Eco, Umberto: Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt: Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften, Heidelberg: Müller 1993, S. 204. Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 2. Kriterien für das Wissenschaftliche Arbeiten Systematik - Bezug auf einen innerhalb des Fachs anerkannten Gegenstandsbereich - Anwendung der fachspezifischen Methoden und Theorien sowie Reflexion über deren Anwendung - Befolgung einheitlicher Darstellungsstandards (Fachterminologie, Typographie etc.) Rationalität - Überprüfbarkeit (Offenlegung aller Quellen, Dokumentation experimenteller Ergebnisse) - intersubjektive Nachvollziehbarkeit aller Teilschritte und Schlussfolgerungen - innere Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) - Zirkelfreiheit, d. h. der Verzicht auf Aussagen, die sich auf sich selbst als Voraussetzung beziehen Ergebnisoffenheit - Ideologiefreiheit, Dogmenfreiheit - Ergebnisse sind falsifizierbar, d.h. müssen theoretisch eine Widerlegung zulassen - Skepsis: kritischen Haltung gegenüber eigenen wie fremden Ergebnissen und Thesen Interaktion mit anderen Forschungsarbeiten 2 - Ergebnisse werden publiziert und dokumentiert - Vergleichbarkeit mit anderen wissenschaftlichen Arbeiten - Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands (Forschungsarbeiten beziehen sich aufeinander; sie stützen, widerlegen oder verfeinern vorhandene Theorien) - Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 2. Literaturrecherche 1. Primär- und Sekundärliteratur Wissenschaftlich arbeiten bedeutet, seine Arbeit in den wissenschaftlichen Forschungsdialog einzugliedern und seine Ergebnisse zu bestehenden Erkenntnissen in Bezug zu setzen. Theo- rien und Erkenntnisse müssen belegt werden, Gedankengänge untermauert und Argumente zueinander in Bezug gesetzt werden. Beschäftigt man sich mit einem literarischen Text, müs- sen so viele Informationen wie möglich zu der eigenen Fragestellung zusammengetragen wer- den. Solche Texte, die sich wissenschaftlich mit einem anderen Text auseinandersetzen, wer- den Sekundärliteratur genannt; im Gegensatz zur Primärliteratur, die Gegenstand der Untersu- chung ist: Der Primärtext muss zuerst da sein, über ihn wird sodann (im sekundären Diskurs) geschrieben. Primärliteratur, Bezeichnung für dichterische, philosophische u. ä. Werke, die selbst Ge- genstand einer wissenschaftlichen Untersuchung (Sekundärliteratur) sind. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Mannheim 1994 Sekundärliteratur [franz. secondaire = an zweiter Stelle], auch: Forschungsliteratur, Litera- tur über Literatur: wissenschaftliche Untersuchungen und Kommentare zu Werken aus den verschiedensten Gebieten des literarischen Schaffens (Dichtungen, aber auch historische, philosophische, theologische usw. Werke, so genannte Primärliteratur). Sekundärliteratur wird in Bibliographien zusammengestellt. Metzler Literaturlexikon, 2. überarb. Aufl., Stuttgart 1990 3 2. Recherchemöglichkeiten Um die zu einem Thema oder einer Fragestellung passende Literatur zu finden, müssen Sie mit den entsprechenden Hilfsmitteln umgehen können. Eines dieser Hilfsmittel sind die Kata- loge, in denen Titel und Titelstandort verzeichnet sind. Es gibt elektronische Kataloge, in denen die Suche über verschiedene Optionen erfolgt (Schlagwortsuche, Suche nach Autor, Titel, Er- scheinungsjahr etc.) und Zettelkataloge (Karteikartensystem), die i.d.R nach Autor sortiert sind, außerdem verschiedene virtuelle Fachbibliotheken und Online-Datenbanken. 2.1 bonnus - Suchportal der Universität Bonn Über bonnus, das Suchportal der Universität Bonn, sind alle elektronisch erfassten Bestände der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn (ULB) recherchierbar (bonnus.ulb.uni-bonn.de). Bonnus bietet die Möglichkeit der einfachen und der erweiterten Suche. Die Suche erfolgt ent- weder über Angaben zum gesuchten Werk oder aber über eine Schlagwortsuche. Anhand der ausgegebenen Signatur kann das Buch anschließend im Regelfall im sogenannten Freihand- magazin (d.h. der Benutzer darf selbst das Buch heraussuchen) gefunden werden. Bonnus ver- linkt zudem, wenn vorhanden, auf die Volltextversionen von Fachartikeln oder ebooks. Um die- se einzusehen, muss man im Universitätsnetz angemeldet sein (z.B. mit dem VPN-Client des HRZ Bonn) Es empfiehlt sich, an einer Bibliotheksführung teilzunehmen, um einen genaueren Überblick über die Funktionsweise der Kataloge und den Aufbau der Bibliothek zu bekommen. Möglich ist außerdem die Recherche im Online-Bibliothekskatalog der Universität Köln. Hier kann man sich als Bonner Student problemlos registrieren lassen und kostenfrei vor Ort aus- leihen. Literaturrecherche Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 2.2 MLA International Bibliography Das bibliographische Verzeichnis der Modern Language Association ist eine Fachbibliografie für alle modernen Philologien ausgenommen der klassischen Philologie, die sowohl Buchtitel als auch Zeitschriftenaufsätze verzeichnet. Der Schwerpunkt liegt auf Schriften, die im engli- schen Sprachraum erschienen sind. Die Bibliographie ist als Datenbank auf dem Server der Universität angelegt und deshalb nur innerhalb des Universitätsnetzes oder von zu Hause nach Anmeldung über den VPN-Client abrufbar. (www.ulb.uni-bonn.de Datenbanken DBIS) 2.3 JSTOR JSTOR ist ein Online-Archiv für digitalisierte Fachzeitschriften, das die Recherche in Volltexten ermöglicht. Es ist im Universitätsnetz nutzbar, mit HRZ-Benutzerkennung/VPN-Client auch von externen Rechnern. (jstor.org) 2.4 Project MUSE Das von der Johns Hopkins University Press gewartete Project MUSE ist wie JSTOR ein Online- Archiv für akademische Zeitschriften, mit der Möglichkeit auf digitalisierte Volltextversionen zuzugreifen. Auch hierfür muss man im Universitätsnetz angemeldet sein. (muse.jhu.edu) 2.5 Dialnet Rioja Diese von der Universität Rioja gewartete Datenbank ist frei im Netz verfügbar und listet spa- nischsprachige wissenschaftliche Publikationen (auch Fachaufsätze) auf. (dialnet.unirioja.es) 4 2.6 Cibera Cibera ist eine virtuelle Fachbibliothek zu lateinamerikanischen, spanischen und portugiesi- schen Themengebieten, die Recherchemöglichkeiten und teilweise auch den Zugriff auf Volltex- te ermöglicht. (www.cibera.de) 2.7 Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) Der KVK ist eine Metasuchmaschine, die es ermöglicht, deutsche, österreichische, schweizeri- sche und weitere internationale Online-Bibliothekskataloge (OPACs) von Verbünden und Natio- nalbibliotheken sowie verschiedene Buchhandelskataloge in einer einzigen Suche abzufragen. Er empfiehlt sich insbesondere, um sich einen großangelegten Überblick zu einem Themenge- biet zu verschaffen oder um zu verifizieren, ob eine bestimmte Publikation in einer deutschen Bibliothek überhaupt vorhanden ist (z.B. zur Bestellung über Fernleihe). (kvk.bibliothek.kit.edu) 2.8 Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB) Die EZB ermöglicht den Zugriff auf elektronische Zeitschriftenressourcen, die entweder kosten- frei online verfügbar oder von der ULB abonniert sind. In letzterem Fall muss man sich über den VPN-Client im Universitätsnetz anmelden, um Zugriff zu erhalten. Oft kann man ganze Artikel direkt herunterladen. Die Suche nach der erwünschten Zeitschrift erfolgt über eine Suchmaske, nach Fachgebieten oder alphabetisch (www.ulb.uni-bonn.de EZB) 2.9 Zeitschriftendatenbank (ZDB) Die ZDB ist die weltweit größte Datenbank für Titel- und Besitznachweise fortlaufender Sam- melwerke, also von Zeitschriften, Zeitungen usw. Sie enthält nicht nur Printwerke, auch Titel elektronischer Zeitschriften sind verzeichnet. Die ZDB verzeichnet keine Aufsatztitel. (www.ulb.uni-bonn.de ZDB). Literaturrecherche Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 2.10 Bibliographie der deutschsprachigen Hispanistik In der von der Münsteraner Hispanistik gewarteten Bibliographie ist eine Vielzahl von hispanis- tischen Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum, sortiert nach Kulturräumen, Gattun- gen, Epochen, Autorennamen etc., verzeichnet. (www1.ivv1.uni-muenster.de/litw3/SpanBIB/) 2.11 Zettelkataloge des romanischen Seminars Wenn Sie einen Titel in der Bibliothek des romanischen Seminars suchen, bietet sich neben dem OPAC die Recherche in den Zettelkatalogen des romanischen Seminars an. In der Bibliothek des Romanischen Seminars finden sich drei Zettelkataloge. Zwei dieser Zet- telkataloge sind Alphabetische Kataloge (AK), die auf alphabetisch sortieren Karteikarten den Bestand des Romanischen Seminars verzeichnen. Ein AK umfasst die Erscheinungsjahre bis 1989, der andere diejenigen ab 1990 bis 2001. Gesucht wird nach Autor oder bei Sammel- bänden und Zeitschriften nach Titel (bzw. 1. Substantiv des Titels). Letzteres ist jedoch der Ausnahmefall. Zudem gibt es einen systematischen Katalog (Sachkatalog), in dem die Titel nach verschiedenen Schlagwörtern sortiert sind. Er ist unterteilt in Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft. Dieser befindet sich in Französischraum 3. 3. Bibliographien Kataloge verzeichnen nur Literatur die selbstständig erschienen ist; Aufsätze innerhalb von Zeitschriften oder Sammelbänden werden Sie über die Katalogsuche nicht finden. In Bibliogra- phien hingegen ist auch Literatur erschienen, die nicht selbstständig erschienen ist. Der Un- terschied zwischen einer Bibliographie und einem Katalog ist ganz einfach: Beides sind Listen von Publikationen; aber eine Bibliographie ist standortungebunden (sie ist meist auf Vollstän- 5 digkeit in einem inhaltlichen oder formalen Bereich ausgerichtet, verzeichnet aber nicht, wo es ein Buch gibt), während ein Katalog standortgebunden ist (er verzeichnet immer, wo Sie eine bestimmte Publikation herbekommen). 3.1 Was ist eine Bibliographie? Eine Bibliographie [griechisch ‚Bücherbeschreibung‟] ist: 1. eine Hilfswissenschaft zur Ermittlung, Beschreibung (Autor/Herausgeber, Titel, Erschei- nungsort und -jahr, Verlag, Band- und Seitenzahl) und Ordnung (alphabetisch, chronolo- gisch, systematisch) des Schrifttums, sowohl von Texten als auch von Sekundärliteratur (selbstständige und unselbstständige Veröffentlichungen). 2. ein Literaturverzeichnis. Man unterscheidet: 1. nach ihrer äußeren Erscheinungsform: a) gedruckte selbstständige und unselbstständige (versteckte) Bibliographien; b) als Datenbanken; c) als CD-ROM; 2. nach ihrer Erscheinungshäufigkeit: laufende (periodische) sowie abgeschlossene (retro- spektive) Bibliographien; 3. nach ihrem Inhalt: Allgemeinbibliographien (z.B. Nationalbibliographien), Fachbiblio- graphien, Personalbibliographien; 4. nach ihrem Zweck: buchhändlerische, bibliothekarische, bibliophile, wissenschaftliche Ver- zeichnisse, Spezialbibliographien. 3.2 Die romanische Bibliographie Die Romanische Bibliographie ist die älteste (und wichtigste) heute noch erscheinende Bibliog- raphie zur Romanistik. Sie besteht seit 1877. Für die Berichtsjahre 1997 bis 2002 ist neben der gedruckten Ausgabe der Romanischen Bibliographie eine EDV-Version auf CD-ROM verfüg- Literaturrecherche Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten bar (einsehbar im Hochschulnetz der Uni Bonn über die Seite der ULB). Unter http://gallica.bnf.fr/Catalogue/noticesInd/FRBNF34470607.htm kann man die eingescannten Seiten der Bände von 1965 bis 1992 als Images ansehen. Die Romanische Bibliographie ist eine sehr umfassende (aber nicht allzu umfangreiche) Fach- bibliographie, die in ihrer gedruckten Form Literatur seit dem Berichtsjahr 1875 verzeichnet (mit einer Lücke zwischen 1914 und 1923). Sie enthält Aufsätze aus Zeitschriften, Sammelbänden, Kongressberichten und Festschriften. Dazu gehören auch Personalia und Berichte über Institute. Bücher (Textausgaben, Monogra- phien etc.) erscheinen erst, wenn sie entweder rezensiert sind oder in einer der Neuerwer- bungslisten der Hochschulbibliotheken mit Sondersammelgebiet aufgenommen sind. Die Re- zensionen finden sich unter den einzelnen Einträgen, auf die sie sich beziehen. Die Tatsache, dass die Rezensionen verzeichnet werden, ist eine wichtige Leistung der Romanischen Bibliog- raphie, die sie von anderen Bibliographien unterscheidet. Sie enthält die bibliographischen Angaben zur Sprach- und Literaturwissenschaft sämtlicher romanischer Sprachen – mit einer entscheidenden Einschränkung: ab dem Band 1971/72 wurde auf die französische Literaturwissenschaft verzichtet, da seit der Berichtszeit 1956 eine eigene Bibliographie der französischen Literaturwissenschaft (Klapp) erschien. Auch auf der CD-ROM fehlt somit die französische Literaturwissenschaft. Die französische Sprachwissen- schaft ist aber verzeichnet. Bei der Datenaufnahme in geringem zeitlichem Abstand ist es außerordentlich schwierig und administrativ aufwendig, das notwendige Datenmaterial zu beschaffen. Mehrere Jahre Verzöge- rung bei der Veröffentlichung sind daher üblich. Die Romanische Bibliographie umfasst bis 1997 drei Bände für jeden Jahrgang (1. Register und Verzeichnisse, 2. Sprachwissenschaft, 3. Literaturwissenschaft), seit 1998 sind Band 1 und Band 2 zusammengefasst. 6 3.2.1 Systemschlüssel Als Schlüssel bezeichnet man eine systematische Auflistung der Positionen der einzelnen Dis- ziplinen. Da der Systemschlüssel den Schwankungen der wissenschaftlichen Erkenntnisinteres- sen besonders stark ausgesetzt ist, wird er für jeden Berichtszeitraum neu angepasst. Die Sprach- und Literaturwissenschaft verfügen jeweils über eigene Systemschlüssel. Der Systemschlüssel der Literaturwissenschaft ist vierstellig, jede Stelle hat eine Bedeutung. Z.B. 1. Stelle = Literaturenschlüssel (Sprache), 2. Stelle= chronologischer Schlüssel (Jahrhun- dert), 3.+ 4. Stelle = Objektschlüssel (z.B. verschiedene Textsorten). Die Bibliographie ist in der Reihenfolge des Systemschlüssels aufgebaut. Wer Werke zu einem bestimmten Thema sucht, kann sich also mithilfe des Systemschlüssels schnell orientieren. Beispiele: Literatur über die Lyrik des 20. Jahrhunderts findet man unter dem Systemschlüssel 4941 (1. Stelle = 4 Italienische Literatur, 2. Stelle = 9 20. Jahrhundert, 3. + 4. Stelle = 41 Ly- rik). Literatur über Boccaccio findet man unter dem Systemschlüssel 4480 (1. Stelle = 4 Italienische Literatur, 2. Stelle = 4 14./15. Jahrhundert, 3. + 4. Stelle = 80 Autoren, hier unter „Boccaccio, Giovanni“) ACHTUNG: Der Systemschlüssel ist nicht zu verwechseln mit der laufenden Nummerierung! Jedem Eintrag ist eine laufende Nummer vorangestellt, die in den Registern unter den dem Eintrag zugeordneten Schlagwörtern wieder auftaucht. Literaturrecherche Universität Bonn / Institut VII / Abteilung für Romanistik Reader zum literaturwissenschaftlichen Arbeiten 3.2.3 Register Seit dem Berichtsjahr 1986 gibt es vier Register, die in Band 1 zu finden sind: - Autoren-Register: Autoren von Sekundärliteratur (auch Herausgeber, Bearbeiter, Übersetzer und Redakteure von Sekundärliteratur) - Rezensenten-Register: Verfasser von Rezensionen - Personen-Register: Eigennamen von Personen (Schriftsteller u.a.), über die Sekundärliteratur verfasst worden ist - Sach-Register: Themenbereiche (literarische Formen, Themen, Strömungen), über die Se- kundärliteratur verfasst worden ist Ebenfalls in Band I ist das Abkürzungsverzeichnis zu finden, das zum Verständnis der bibliog- raphischen Angaben zum Teil unentbehrlich ist. 3.3 Der Klapp Seit 1963 sind die bibliographischen Angaben zur französischen Literaturwissenschaften aus der romanischen Bibliographie ausgegliedert und in der Bibliographie der französischen Litera- turwissenschaft zusammengestellt. Diese wird nach ihrem Begründer Otto Klapp kurz ‚Klapp‟ genannt. Der Klapp erfasst Monografien, Herausgeberwerke und Zeitschriften der französischen Litera- turwissenschaft in zahlreichen Ländern. Nach Epochen, AutorInnen und Sachgebieten getrennt werden sowohl diese selbst als auch die ggf. enthaltenen einzelnen Aufsätze gelistet. Beim Neuerscheinen einer Rezension zu einer bereits früher gelisteten Publikation wird diese in Kurzform im entsprechenden Band wiederholt, so dass Mehrfachaufnahmen vorkommen kön- 7 nen. Im Gegensatz zur Romanischen Bibliographie ist der Klapp nicht nach einem Systemschlüssel aufgegliedert, sondern durch zwei Indexe – ein Sach- und ein Namensregister – zu erschlie- ßen. Literaturrecherche
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