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Raum, Zeit und Relativität: Vorlesungen, gehalten an den Universitäten Helsinki und Zürich PDF

219 Pages·1964·5.478 MB·German
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WISSENSCHAFT UND KULTUR BAND 19 ROLF NEVANLINNA RAUM, ZEIT UND RELATIVITÄT Vorlesungen, gehalten an den Universitäten Helsinki und Zürich 1964 Springer Basel AG ISBN 978-3-0348-6966-9 ISBN 978-3-0348-6965-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-0348-6965-2 Nachdruck verboten. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen und der Reproduktion auf photostatischem Wege oder durch Mikrofilm ®Springer Basel AG 1964 Ursprünglich erschienen bei Birkbäuser Verlag Basel1964. Softcover reprint of the bardeover 1st edition 1964 INHALTSVERZEICHNIS Einf"ührung 7 I. Der Raum 9 I. Der Sehraum oder Wahrnehmungsraum 11 2. Die Gültigkeit der Geometrie. Prinzip der Erfahrbarkeit 16 3· Der V arsteilungsraum 19 4· Die Erfahrbarkeit von Aussagen über den Vorstellungsraum 23 5· Leitende Gesichtspunkte bei der Bildung von Begriffen und An- schauungen 32 6. Die logische Struktur der Geometrie 39 7· Deutung der geometrischen Grundbegriffe 47 8. Die Geometrie als mathematische Theorie 58 9· Entstehung der nichteuklidischen Geometrie 67 IO. Abbildung der Geometrie in das Gebiet der Zahlen. Analytische Geometrie. 80 II. Geometrie der Flächen 85 I2. Die vierdimensionale Geometrie 93 I 3• Endliche Räume 105 II. Die Zeit 111 1. Physikalische Ereignisse. Ihr Ort und ihre Zeit 113 2. Die absolute Zeit . . . . . . . . . . . . . 115 3. Zeitliche Anordnung von Ereignissen, die am gleichen Ort statt finden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4· Zeitlicher Vergleich von Ereignissen, die räumlich nicht zusam- menfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 5· Raum-Zeit-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 6. Ruhe und Bewegung relativ zu einem Raum-Zeit-System . 140 7· Paradoxon der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 6 INHALTSVERZEICHNIS m. Klassische und relativistische Kinematik 157 r. Koordinatentransformationen . . . . . . 159 z. Die klassischen Galilei-Transformationen 163 3· Die relativistischen Lorentz-Transformationen 167 4· Die Welt der Ereignisse und ihre Geometrie . 178 5· Lorentz-Transformationen und das Kausalpostulat der Zeit. 182 6. Messung der Ereignisdistanzen. Kontraktion und Dilatation der räumlichen und zeitlichen Distanzen . . . . . . . . . . . . 188 IV. Klassische und relativistische Dynamik 199 I. Das dynamische Grundgesetz von Newton . 201 z. Das Relativitätsprinzip der klassischen Physik 204 3· Das relativistische Relativitätsprinzip. Die Einstein-Minkowski- sche Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 V. Allgemeine Relativitätstheorie 215 I. Die Riemannsche Geometrie . . 21 7 z. Übergang von der speziellen zu der allgemeinen Relativitäts theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Rückblick 225 EINFÜHRUNG Die Jahrhundertwende leitete eine neue Epoche in der Geschichte der physikalischen Forschung ein. Im Jahre 1900 legte MAX PLANCK (1858-1947) durch seine Quantenhypothese den Grund für die mo derne Atomtheorie. Fünf Jahre später veröffentlichte ALBERT EIN STEIN (1879-1955) seine ersten Arbeiten zur Relativitätstheorie. Die Einsteinsehe Theorie erschütterte das damalige physikalische Weltbild von Grund auf. Sie erregte sogleich enormes Aufsehen, grosses Interesse, aber auch heftigen Widerstand. Jahrzehntelang wurde die neue Lehre lebhaft diskutiert, unter Physikern, Mathema tikern und Philosophen. Erst allmählich konnte das neue Weltbild durchdringen. Die leitenden Prinzipien der Relativitätstheorie, die Relativität der Zeit, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, die Sonderstellung dieser Geschwindigkeit als der grösstmöglichen, die Identifikation von Masse und Energie, weichen von den früheren Auffassungen ab, enthalten aber nichts Willkürliches. Die Ideen der neuen Theoriewachsen organisch heran, gleichsam aus einem Zwang der Natur, auf dem Boden der klassischen Physik. Seit den zwanziger Jahren hat die Relativitätstheorie endgültig ihre Stellung in der Wis senschaft gefestigt. Die Diskussion um die Relativitätstheorie beschränkte sich am Anfang des Jahrhunderts nicht nur auf Fachkreise. Auch das grosse Publikum war rege daran beteiligt. Die Ideen von Einstein hatten etwas Sensationelles an sich, und diese Züge wurden durch die an ziehende Benennung, Relativitätstheorie, verstärkt. Sie gab wohl auch zu Missverständnissen Anlass. Man konnte die Einsteinsehe Lehre als einen mehr oder weniger verschwommenen V ersuch auf fassen, die alte Wahrheit zu beleuchten, dass alles in dieser Welt re lativ ist. Die Benennung Relativitätstheorie ist aber sachlich wohl begründet. Die Gesichtspunkte der Relativität stehen im Vorder- EINFÜHRUNG grund der Einsteinsehen Lehre, freilich im Rahmen einer genau ab gegrenzten und hochdifferenzierten theoretischen Konstruktion der physikalischen Wirklichkeit. Eine einigermassen vollständige Be herrschung der Theorie erfordert weitgehende physikalische und mathematische Kenntnisse. Nur mit den Hilfsmitteln der höheren Mathematik lässt sich die Relativitätstheorie exakt aufbauen. Dessenungeachtet ist ein V ersuch, die Prinzipien der Einstein sehen Lehre auch einem grösseren Publikum darzulegen, eine wich tige und anziehende Aufgabe. Die leitenden Gesichtspunkte der Relativitätstheorie hängen mit den grossenFragen des Raumes, der Zeit und der Bewegung organisch zusammen, die seit uralten Zeiten das menschliche Denken erregt haben. Nur gegen den Hintergrund der Ideengeschichte der Raum-Zeit-Lehre lässt sich ein richtiger Ein blick in die Wesenszüge der Relativitätstheorie gewinnen. Eine sol che erkenntnistheoretische Betrachtung führt auch zu allgemeinen Einsichten, die von Bedeutung für die Genesis der menschlichen Begriffe und Ideen überhaupt sind, weit ausserhalb der Sphäre von mathematischen und physikalischen Theorien. Die folgende Darstellung wendet sich also in erster Linie nicht an Spezialisten, sondern einen breiteren, philosophisch und wissen schaftlich interessierten Leserkreis. An mathematischen und physi kalischen Fachkenntnissen wird nicht mehr vorausgesetzt, als in die Pensen von Mittelschule oder Gymnasium eingeht. I. DER RAUM I. Der Sehraum oder Wahrnehmungsraum Die Geometrie befasst sich mit gewissen von der Zeit unabhängi gen, unveränderlichen Formen und Eigenschaften des Raumes. Eini ge solche geometrischeErscheinungennehmen wir in diesem Hörsaal wahr: Der Saal hat die Form eines rechtwinkligen Quaders. Er wird von sechs Rechtecken begrenzt: von vier Wänden, der Diele und der Decke. Diese Flächen schneiden einander längs zwölf Geraden. Ge wisse dieser Geraden treffen sich in den acht Ecken des Saales. Das sind anschauliche Beispiele von den elementargeometrischen Grund objekten: Punkten, Geraden und Ebenen. Wir stellen weiter fest: zwischen den geometrischen Gegenständen bestehen gewisse geometrische Relationen. Für einen gegebenen Punkt und eine gegebene Gerade zum Beispiel gibt es zwei Möglich keiten: entweder «liegt der Punkt auf der Geraden» (die Gerade geht durch den Punkt) oder «der Punkt liegt aussethalb der Geraden» (die Gerade geht nicht durch den Punkt). Zwischen zwei Geraden einer Ebene haben wir wieder die Alternative: entweder sind die Ge raden «parallel» (sie haben keinen gemeinsamen Punkt) oder sie «schneiden sich»; in diesem Fall besitzen sie genau einen gemeinsa men Punkt. Zwei einander schneidende Geraden stehen entweder «schräg» gegeneinander oder, wenn dies nicht der Fall ist, schneiden sie sich« senkrecht». Auch hinsichtlich zwei er Strecken (eine Strecke ist ein von zwei Punkten begrenztes Stück einer Geraden) hat man zwei Möglichkeiten: entweder sind die Strecken« gleich lang» (kon gruent) oder aber sie sind «ungleich lang» (nicht kongruent), in diesem Fall ist die eine die «längere», die andere die «kürzere». Diese geometrischen Erscheinungen werden durch gewisse geo metrische Gesetze geregelt. Solche sind zum Beispiel:

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