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Raum, Zeit, Medienbildung: Untersuchungen zu medialen Veränderungen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit PDF

291 Pages·2012·2.861 MB·German
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Medienbildung und Gesellschaft Band 23 Herausgegeben von J. Fromme, Magdeburg, Deutschland W. Marozki, Magdeburg, Deutschland N. Meder, Essen, Deutschland D. Meister, Kassel, Deutschland U. Sander, Bielefeld, Deutschland Gerhard Chr. Bukow • Johannes Fromme Benjamin Jörissen (Hrsg.) Raum, Zeit, Medienbildung Untersuchungen zu medialen Veränderungen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit Herausgeber Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme, Benjamin Jörissen, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland ISBN 978-3-531-18471-5 ISBN 978-3-531-19065-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-19065-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © VS Verlag für Sozialwissenschaft en | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Einbandentwurf: KünkelLopka GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Inhalt Inhalt Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme, Benjamin Jörissen Mediale Transformationen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit....................7 Teil 1: Veränderungen unseres Verhältnisses zur Zeit Thorsten Lorenz Das Zittern des Körpers. Medien als Zeitmaschinen der Sinne..........................23 Horst Niesyto Bildungsprozesse unter den Bedingungen medialer Beschleunigung.................47 Manuel Zahn Memento – Zur Zeitlichkeit des Films und seiner bildenden Erfahrung.............67 Karin-Gratiana Wurm Phänomen Zeit – Medien als Zeittreiber. Medieninduzierte Moralvorstellungen und Erwartungshaltungen im Bezug auf die Zeit.............101 Teil 2: Veränderungen unseres Verhältnisses zum Raum Udo Thiedeke Innerhalb von Außerhalb. Soziologische Bemerkungen zur Medialität gesellschaftlicher Exklusionsräume.................................................119 Alexander Knorr Game Modding. Die soziokulturelle Aneignung digitaler Spielräume.............135 Corinna Pape Lernen findet Stadt. Der urbane Raum als transmedialer Spielplatz................155 Kai Hamburger, Florian Röser, Gerhard Chr. Bukow, Markus Knauff Der Weg als Ziel. Virtuelle Umgebungen und räumlicher Wissenserwerb......173 6 Inhalt Christina Schachtner Spiel-Räume. Was die Faszination von Computer- und Online-Spielen über die Lebens- und Zukunftswünsche der Jugend sagt..................................195 Teil 3: Mediale Raum-Zeit-Modulationen Karin Bruns Feeds & Tweets. Überlegungen zu Zeit-Raum-Modulationen in Film und Online-Medien...............................................................................219 Alexander Unger The Message in the Music. Produktive Konsumenten und mediale Artikulation..........................................................................................241 Stefan Höltgen Data – Dating – Datamining. Der Computer als Medium zwischen Mann und Frau – innerhalb und außerhalb von Fiktionen................265 Autorinnen und Autoren....................................................................................295 Mediale Transformationen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme, Benjamin Jörissen 1 Das aktuelle sozial- und kulturwissenschaftliche Interesse an Raum und Zeit Die Beiträge im vorliegenden Sammelband gehen aus von der Annahme, dass unsere Erfahrungen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien den Umgang mit, aber auch unsere Vorstellungen von Raum und Zeit transfor- mieren bzw. transformiert haben. Der Band präsentiert eine aktuelle Auswahl von Diagnosen aus der deutschsprachigen Forschung zur Frage, wie Medien, Mediennutzung und aktuelle Bedingungen und Formen der Medialität das Ver- hältnis des Menschen zu Raum und Zeit verändern und wie diese Veränderungen theoretisch bestimmt und eingeordnet werden können. Natürlich sind Raum und Zeit „große“ Themen bzw. Kategorien, denen ein solcher Sammelband nur bedingt gerecht werden kann. Einige Eckpunkte der sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskussion seien als Rahmung hier aber skizziert. Die theoretische Annahme, dass Räume nicht einfach material gege- ben, sondern sozial konstituiert sind, hat sich zugespitzt im paradigmatisch ge- wordenen Schlagwort eines „spatial turn“ in den Sozial-, Kultur- und auch Medi- enwissenschaften. Darunter verstehen wir, im Einklang mit bspw. Martina Löw und Stephan Günzel, die beide thematisch einschlägige Sammelbände mit her- ausgegeben haben (Funken/Löw 2003; Dünne/Günzel 2006), keine stark einheit- liche methodische Entwicklung über die verschiedenen Spezialwissenschaften hinweg, sondern ein allgemeines Interesse am Raum, seinen Konstituenten, ver- bunden mit einer (intendierten) Neudeutung der Raumkonzeption. Dieses Inte- resse – und die Krise traditioneller Raumkonzepte korreliert nicht zuletzt mit Erfahrungen im Umgang mit neuen Technologien (wie dem Internet und „virtu- ellen“ Räumen). Damit werden wiederum neue Deutungen bekannter und neuer Phänomene möglich, die „raumhungrig“ sind. Dieses Projekt hat explanatorische und ontologische Komponenten, aber auch disziplinäre Konsequenzen, die sich G. Chr. Bukow et al. (Hrsg.), Raum, Zeit, Medienbildung, DOI 10.1007/978-3-531-19065-5_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 8 Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme, Benjamin Jörissen exemplarisch anhand der Geographie verdeutlichen lassen, also der Wissen- schaft, die sich den Raum in ihre Grundüberzeugungen eingeschrieben hat. 1.1 Vom physikalischen zum sozialen Raum: Beispiel Geographie Anfang des 20. Jahrhunderts, bis in die 1930er Jahre, war die kontinentale Geo- graphie vor allem physische Geographie, also eine durch die Physik (des Raumes bzw. durch die Wissenschaft „Physik“) geprägte Wissenschaft. In gemeinsamer Arbeitsteilung mit der Geologie und Klimatologie und anderen Wissenschaften stand die Erforschung physikalischer Gegebenheiten im Vordergrund. Soziale Elemente waren stets vom gegebenen physikalischen Raum abgeleitete Elemente und hatten für sich keinen primären bzw. explanatorischen Charakter. Frühe geographische Raumtheorien haben bspw. wesentliche Differenzen sozialorgani- satorischer Züge verschiedener Ethnien und Gruppen durch klimatische Anpas- sungen und Prägungen erklärt. Die Konstituenten des Raumes sind hier also physikalische Gegebenheiten, die in einem Kausalgefüge stehen. Mit dem Aufkommen sozial-funktionalistischer Theorien in den 1970ern hat sich diese Einbettung des sozialen Raumes in den physikalischen Raum ge- nau umgekehrt. Nunmehr war es das Soziale, das den physikalischen Raum erst kennzeichnet und erkennbar macht, ihn zu einer (Kultur-) Landschaft werden lässt. Die Geographie wird zu einem Hybrid aus Physischer Geographie und Humangeographie. In den 1990ern und 2000ern sprach man somit auch in der Geographie vom spatial turn, was für einen Außenstehenden (aber auch so man- chen Geographen) erst einmal ziemlich verwunderlich wirken mag. Analog zur „makroskopischen“ Geographie hat sich auf dem interpersona- len und personalen Level die Kategorie des sozialen Raumes ebenfalls seit den 1960ern etabliert: von gegenseitig etablierten Distanzen der Bewegung (bspw. „proxemics“ nach Hall 1966), über das „interpersonal spacing“ (bspw. Ciolek und Kendon 1980), soziale Räume und Klassen (originär Bourdieu 1985), bis hin zur Konstitution von gemeinsamem Raum durch das gruppenkreierte Sprachspiel (so in den „Philosophischen Untersuchungen“ von Wittgenstein 2003). 1.2 Die philosophischen Hintergründe der klassischen Raumkonzeption Insbesondere in den Kulturwissenschaften hat sich eine Vielzahl von nicht- physikalistischen Raumkonzeptionen entwickelt, wie sie auch in diesem Sam- melband vorgelegt werden. Dazu zählen prominenterweise soziale Interaktions- Mediale Transformationen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit 9 räume verschiedenster Arten, die Einzug in weite Bereiche der Psychologie, Medienforschung, Linguistik usw. gefunden haben. Mit diesem spatial turn wird insgesamt die Brauchbarkeit klassisch-philo- sophischer Raumkonzeptionen für die Kulturwissenschaften hinterfragt, die sich grob von Kant bis Quine ungefähr wie folgt als physikalisch-physikalistische Konzeptionen kennzeichnen lassen: Der Raum ist homogen und isotrop, d.h. er ist überall gleichartig, und er ist dies zu jedem Zeitpunkt seiner Entwicklung. Hinter dieser Vorstellung steht die Idee von der Einheitlichkeit der Welt und der Einheit der Wissenschaft. Zeit ist dabei ein Nacheinander der Elemente im Raum, Raum ein Nebeneinander. Elemente werden damit raum-zeitlich „veror- tet“, indem sie an basale Raumzeitpunkte „aufgehangen“ werden, ganz wie an eine Garderobe. Basale Konstituenten dieses Raumes sind in dieser Konzeption also Raumzeitpunkte, und die zu betrachtende Dynamik ist eine im Wesentlichen auf raumzeitliche Dynamik abgebildete (oder heruntergebrochene) beobachtbare soziale Dynamik. Mit der physikalistischen Raumkonzeption wurde gleichzeitig eine sehr be- stimmte Konzeption von Kohärenz und Konsistenz auf die wissenschaftliche Theorienbildung und die Bildung von Überzeugungsnetzwerken – und damit Erforschung sozialer Interaktionen – übertragen. Hervorragende Philosophen, wie Kant und Quine, haben sich in ihren wissenschaftstheoretischen Arbeiten für einen isotropen, homogenen, kohärenten und konsistenten Theorienraum stark gemacht, in dem alle Elemente gleichartig und gleichranging prozessiert werden. Eine wesentliche Arbeitshypothese dabei ist ein (hier postulierter, nunmehr aber stark angezweifelter) Zusammenhang zwischen Kohärenz und Wahrheit: je mehr Kohärenz, desto näher an der Wahrheit. Selbst in Wissenschaften wie der Psy- chologie wurde lange Zeit die „epistemische Geschichte“ und Zeitlichkeit der Person vernachlässigt – zu Gunsten eines kohärenztheoretischen Ansatzes. Dies mag bereits ein Anlass sein, um die im nächsten Abschnitt gestellte Frage auch berechtigt zu stellen: Ist der spatial turn zeitvergessen? Das lange Zeit vorherrschende wissenschaftstheoretische Ideal einer Wis- senschaft war – wenig überraschend – die Physik mit ihren langreichweitigen Theorien und dem Streben nach der vereinheitlichten „theory of everything“. In den letzten Jahrzehnten wurde die Angemessenheit dieses Ideals für die Sozial- und Kulturwissenschaften aus verschiedensten Gründen aber stark bezweifelt. Der soziale „Gehalt“, oder das, was soziale Bedeutung ausmacht, ist in dieser klassischen Position nur ein „Beiprodukt“, das durch die Abbildung auf die raumzeitliche Struktur untersuchbar gemacht wird. Dies erinnert an die frühe Geographie. Aus diesem formalistischen Abbildungsansatz entstanden zahlreiche strukturalistische Projekte, von der Ethnologie (Levi-Strauss) bis hin zur Sozio- logie und Medienforschung (Kittler). Doch sind rein strukturalistische und 10 Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme, Benjamin Jörissen physikalistische Konzeptionen ausreichend, um sozial konstituierte Räume zu greifen? Und was leistet der spatial turn, um diese Konzeption zu überwinden? 1.3 Ist der spatial turn zeitvergessen? Erinnern wir noch einmal an die klassische Konzeption von Zeit: Ist das Nach- einander von Konstituenten des sozialen Raumes (bspw. Sprechakte oder Spiel- züge) bereits alles, was Zeit und Zeitliches ausmacht? Im Gegensatz zum spatial turn gibt es keinen vergleichbaren „temporal turn“, der ein besonderes und disziplinenübergreifendes Interesse an der Konstitution von Zeit anzeigt. Abge- sehen von einigen Ausnahmen, die prominenten Konzepten wie der in der Mo- dellierung genutzten „parallelen“ Mögliche Welten-Szenarios (nach J. Elster), Temporallogik (nach A. Prior) und raumzeitbasierte Mereologie (nach L. Ridder) oder der Beschleunigung (hier sind z.B. P. Virilio, A. Toffler, H. Rosa zu nen- nen), hat die Zeit keine solche hype-artige Behandlung und Reflexion erfahren. Wenn also schon keinen „Turn“, so erfuhr die Zeitthematik im 20. Jahrhun- dert doch immer wieder Konjunkturen, innerhalb derer sich jeweils unterschied- liche zeittheoretische Linien entwickelten. Eine dieser Diskurslinien ist die Ent- deckung einer gelebten Erfahrungszeit, die sich von der physikalischen- absoluten Zeitkonzeption emanzipiert (Husserl 1928; Bergson 1948), ihre eige- nen existenziellen Logiken und Strukturmomente aufweist (Heidegger 1927), die dabei technologiebasierten Formungs-, Kultivierungs- und Disziplinierungsdy- namiken unterliegt (Elias 1988) und somit durch ein Spannungsfeld von indivi- duellen und allgemeinen Zeitperspektiven charakterisiert ist (Mead 1932), und die schließlich in individualisierten Modernisierungsprozessen in „Eigenzeiten“ zerfällt (Nowotny 1989). Ein anderes Moment ist – ebenfalls ein Bruch mit dem klassisch-physikalischen Modell – die Thematisierung der Diskontinuität der Zeit, die etwa in diversen Theorien der Emergenz (Stephan 2005) zum Ausdruck kommt. Die Vorstellung des „Neuen“ in der pragmatistischen Philosophie (De- wey 1940) verdankt sich dieser Diskontinuität, die als epistemologisches Schema in Sozialtheorie, empirischer Sozialforschung (Wagner 1999), auch in bildungs- theoretischen (Koller 2009) und erziehungstheoretischen (Oelkers 2001) Kontex- ten eine maßgebende Rolle spielt. Eine dritte Linie, der auch die erwähnten Be- schleunigungstheoretiker zuzurechnen wären, thematisiert die Selbstreferenz einer somit dekonstruierten Zeit auf unterschiedlichen Ebenen – Zeit als Irrever- sibilität komplexer physikalischer Systeme (Prigogine 1997), als „verzeitlichte Zeit“ in der Philosophie (Sandbothe 1997), als Konstruktion und zugleich Opera- tionsgrundlage wirklichkeitserzeugender (autopoietischer) Systeme (Luhmann

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