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Raum · Zeit · Materie: Vorlesungen über Allgemeine Relativitätstheorie PDF

311 Pages·1921·15.61 MB·German
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RAUM· ZEIT· MATERIE VORLESUNGEN ÜBER ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE VON HERMANN WEYL VIERTE, ERWEITERTE AUFLAGE MIT 15 TEXTFIGUREN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1921 ISBN 978-3-662-01749-4 ISBN 978-3-662-02044-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-02044-9 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1921 by Springer-Verlag Berlin Heidelberg Ursprünglich erschienen bei Julius Springer in Berlin 192.1 Meiner Frau gewidmet Aus dem Vorwort zur ersten Auflage. Mit der Einsteinsehen Relativitätstheorie hat das menschliche Denken über den Kosmos eine neue Stufe erklommen. Es ist, als wäre plötzlich eine Wand zusammengebrochen, die uns von der Wahrheit trennte: nun liegen Weiten und Tiefen vor unserm Erkenntnisblick entriegelt da, deren Möglichkeit wir vorher nicht einmal ahnten. Der Erfassung der Vernunft, welche dem physischen Weltgeschehen innewohnt, sind wir einen gewaltigen Sclp-itt näher gekommen. Wenngleich in jüngster Zeit eine ganze Reihe mehr oder minder populärer Einführungen in die allgemeine Relativitätstheorie erschienen ist, mangelte es doch bislang an einer systematischen Darstellung. Darum hielt ich es für angezeigt, die vorliegenden, von mir im Sommersemester I 9 I 7 an der Eidgen. Technischen Hochschule Zürich gehaltenen Vorlesungen heraus zugeben. Zugleich wollte ich an diesem großen Thema ein Beispiel geben für die gegenseitige Durchdringung philosophischen, mathematischen und physikalischen Denkens, die mir sehr am Herzen liegt; dies konnte nur durch einen völlig in sich geschlossenen Aufbau von Grund auf gelingen, der sich durchaus auf das Prinzipielle beschränkt. Aber ich habe meinen eigenen Forderungen in dieser Hinsicht nicht voll Genüge tun können: der Mathematiker behielt auf Kosten des Philosophen das Übergewicht. Die beim Leser vorausgesetzten Vorkenntnisse beschränken sich auf ein Minimum. Nicht nur die spezielle Relativitätstheorie ist ausführlich abgehandelt, sogar Maxwellsehe Theorie und analytische Geometrie sind kurz, unter Herausarbeitung der wesentlichsten Züge, entwickelt. Das lag im Plane des Ganzen. Die Begründung des Tensorkalküls - durch den allein die in Frage stehenden physikalischen Erkenntnisse ihren naturgemäßen Ausdruck finden können - nimmt einen verhältnismäßig breiten Raum ein. So wird das Buch hoffentlich geeignet sein, den Physikern dieses mathematische Hilfsmittel vertrauter zu machen und zugleich als Lehrbuch unter der studierenden Jugend flir die neuen Ideen zu wirken! Den Herren Bär und Hiltbrunner bin ich, dem einen für Korrektur hilfe, dem andern für Anfertigung der Figuren, zu Dank verpflichtet; dem Verlage für die unter den heutigen Umständen bewundernswerte rasche Drucklegung und gute Ausstattung des Buches. Ribnitz in Mecklenburg, Ostern 19I8. Vorwort zur dritten Auflage. Obschon dies Buch die Frucht der Erkenntnis in harter Schale bietet, ist es doch manchem, wie mir verschiedene Zuschriften zeigten, ein Trost büchlein in wirrer Zeit gewesen; ein Aufblick aus dem Trümmerfeld der uns unmittelbar bedrängenden Gegenwart zu den Sternen, das ist: der unzerbrechlichen Welt der Gesetze; Bekräftigung des Glaubens an die Vernunft und eine alle Erscheinungen umspannende, nie gestörte, nie zu störende »harmonia mundi«. Den Zusammenklang noch reiner zu stimmen, ist mein Bestreben in der neuen, dritten Auflage gewesen. Während die zweite ein unveränderter Abdruck der ersten war - bis auf die Korrektur eines Versehens auf pag. 183 -, habe ich jetzt eine gründliche Umarbeitung vorgenommen, von der vor allem das Il. und III. Kapitel betroffen wurden. Die von Herrn Levi-Civita im Jahre I9I7 gemachte Entdeckung des Begriffs der infinitesimalen Parallelverschiebung gab den Anstoß zu einer erneuten Unter suchung der mathematischen Grundlagen der Riemannschen Geometrie. Der hier in Kapitel II gegebene Aufbau der reinen Infinitesimalgeometrie, bei welchem sich jeder Schritt in voller Natürlichkeit, Anschaulichkeit und Notwendigkeit vollzieht, ist, glaube ich, das in allen wesentlichen Stücken endgültige Ergebnis dieser Untersuchung. Einige Unvollkommenheiten, welche meiner ersten Darstellung in der Mathematischen Zeitschrift (Bd. 2, I 9 I 8) noch anhafteten, sind beseitigt worden. Das IV. Kapitel, dessen Hauptteil der Einsteinsehen Gravitationstheorie gewidmet ist, hat zunächst durch Berücksichtigung der in der Zwischenzeit erschienenen wichtigeren Arbeiten, namentlich derjenigen, welche sich auf das Energie-Impulsprinzip beziehen, eine ziemlich tiefgreifende Umgestaltung erfahren. Dann aber ist eine neue, vom Verfasser herrührende Theorie hinzugefügt worden, welche aus der in Kapitel II vollzogenen Erweiterung der geometrischen Grundlage über den Riemannschen Standpunkt hinaus die physikalischen Konsequenzen zieht und sich anheischig macht, aus der Weltgeometrie nicht nur die Gravitations-, sondern auch die elektromagnetischen Erscheinungen abzu leiten. Steckt diese Theorie auch gegenwärtig noch in den Kinderschuhen, so bin ich doch überzeugt, daß ihr der gleiche Wahrheitswert zukommt wie der Einsteinsehen Gravitationstheorie- mag nun dieser Wahrheits wert ein unbegrenzter sein oder, wie es wohl wahrscheinlicher ist, begrenzt werden müssen durch die Quantentheorie. - Herrn Weinstein danke ich fÜI seine mir bei der Durchsicht der Korrekturbogen gewährte Hilfe. Acla Pozzoli bei Samaden, August I9I9· Vorwort zur vierten Auflage. Das Buch hat in der neuen Auflage im ganzen diejenige Gestalt bewahrt, die ich ihm in der vorigen gegeben hatte; doch erfuhr es im einzelnen mancherlei Änderungen und Zusätze. Die wichtigeren derselben seien hier namhaft gemacht. I. Dem II. Kapitel ist ein Paragraph hinzugefügt worden, in welchem das Raumproblem eine tiefere gruppentheoretische Formulierung findet; es handelt sich darum, die innere Notwendigkeit und Einzigartig keit der auf einer quadratischen Differentialform beruhenden Pythagoreischen Raummetrik zu begreifen. 2. Der Grund dafür, daß Einstein zwangsweise zu eindeutig bestimmten Gravitationsgleichungen geführt wurde, liegt darin, daß der Krümmungsskalar die einzige Invariante im Riemannschen Raum von gewissem Charakter ist; für diesen Satz ist ein Beweis im Anhang skizziert worden. 3· Im IV. Kapitel werden die neueren experimentellen Untersuchungen zur allgemeinen Relativitätstheorie berücksichtigt, insbe sondere die Beobachtungen der Lichtablenkung durch das Gravitationsfeld der Sonne bei Gelegenheit der Sonnenfinsternis vom 29. Mai 1919, deren Ergebnisse jüngst das Interesse der weitesten Kreise für die Relativitäts theorie so mächtig angeregt haben. 4· Der Miesehen Auffassung der Materie stelle ich eine andere gegenüber (siehe namentlich § 32 und § 36), nach welcher die Materie als Grenzsingularität des Feldes erscheint, Ladung und Masse aber als Kraftflüsse im Felde. Damit ist eine veränderte und vorsichtigere Stellungnahme zu dem ganzen Problem der Materie ver bunden. Für den Hinweis auf kleinere wünschenswerte Ausbesserungen bin ich manchem bekannten und unbekannten Leser, für Durchsicht der Korrekturbogen Herrn Prof. Nielsen (Breslau) zu Dank verbunden. Zürich, November rgzo. Hermann Weyl. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung . . Kap. I. Der Euklidische Raum: seine mathematische Formalisierung und seine Rolle in der Physik. § I. Herleitung der elementaren Raumbegriffe aus dem der Gleichheit. . . . . 10 § 2. Grundlagen der affinen Geometrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 § 3· Idee der n-dimensionalen Geometrie. Lineare Algebra. Quadratische Formen 20 § 4· Grundlagen der metrischen Geometrie 24 § 5· Tensoren . . . ." . . . . . . . . . 30 § 6. Tensoralgebra. Beispiele . . . . . . 38 § 7· Symmetrie-Eigenschaften der Tensoren 48 § 8. Tensoranalysis. Spannungen . . . . 5 I § 9· Das stationäre elektromagnetische Feld. 57 Kap. II. Das metrische Kontinuum. § 10. Bericht über Nicht-Euklidische Geometrie . . . . 68 § II. Riemannsche Geometrie. . . . . • . . . . . . . . . . 75 § 12. Fortsetzung. Dynamische Auffassung der Metrik ..... 85 § 13. Tensoren und Tensordichten in einer beliebigen Mannigfaltigkeit. 92 § 14. Affin zusammenhängende Mannigfaltigkeit . 100 § 15. Krümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 § 16. Der metrische Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 § 17. Bemerkungen über den Spezialfall des Riemannschen Raums. II7 § 18. Gruppentheoretische Auffassung der Raummetrik . . . . . . 124 Kap. 111. Relativität von Raum und Zeit. § 19. Das Galileische Relativitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . 134 § 20. Elektrodynamik zeitlich veränderlicher Felder. Lorentzsches Relativitäts- theorem ........... . § 21. Das Einsteinsehe Relativitätsprinzip. § 22. Relativistische Geometrie, Kinematik und Optik § 23. Elektrodynamik bewegter Körper. § 24. Mechanik des Relativitätsprinzips. § 25. Masse und Energie. . § 26. Die Miesehe Theorie . Schlußbemerkungen . . . . Kap. IV. Allgemeine Relativitätstheorie. § 27. Relativität der Bewegung, metrisches Feld und Gravitation 197 § 28. Einsteins Grundgesetz der Gravitation . . . . . . . . . . . 208 Inhaltsverzeichnis. IX § 29. Statisches Gravitationsfeld. Zusammenhang mit der Erfahrung . 218 § 30. Gravitationswellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 § 31. Strenge Lösung des Einkörperproblems. . . . . . . . . . . 229 § 32. Weitere strenge Lösungen des statischen Gravitationsproblems. 236 § 33· Gravitationsenergie. Die Erhaltungssätze . . • . . . . . . . 244 § 34· Über die Zusammenhangsverhältnisse der Welt im Großen. . . 248 § 35· Die Weltmetrik als Ursprung der elektromagnetischen Erscheinungen . 256 § 36. Durchführung des einfachsten Wirkungsprinzips. Die Grundgleichungen der Mechanik . 268 Anhang I 285 Anhang II Literatur . Sachregister Die Formeln sind in jedem Kapitel durchnumeriert. Formelverweise beziehen sieb, wenn nichts anderes bemerkt ist, jeweils auf das gleiche Kapitel. W e y I, Raum, Zeit, Materie. 4· Auf!. Einleitung. Wir pflegen Zeit und Raum als die Existenzformen der realen Welt, die Materie als ihre Substanz aufzufassen. Ein bestimmtes Materiestück erfüllt in einem bestimmten Zeitmoment einen bestimmten Raumteil: in der daraus resultierenden Vorstellung der Bewegung gehen jene drei Grundbegriffe die innigste Verbindung ein. Von Descartes wurde es als Programm der exakten Naturwissenschaft aufgestellt, alles Geschehen von diesen Grundbegriffen aus zu konstruieren und damit auf Bewegung zu rückzuführen. - Die tiefe Rätselhaftigkeit des Zeitbewußtseins, des zeit lichen Ablaufs der Welt, des Werdens, ist vom menschlichen Geist, seit ei zur Freiheit erwachte, immer empfunden worden; in ihr liegt eines jener letzten metaphysischen Probleme, um dessen Klärung und Lösung Philosophie durch die ganze Breite ihrer Geschichte unablässig gerungen hat. Der Raum ward durch die Griechen zum Gegenstand einer Wissen schaft von höchster Klarheit und Sicherheit. An ihm hat sich in der antiken Kultur die Idee der reinen Wissenschaft entfaltet, die Geometrie wurde zu einer der mächtigsten Kundgebungen des jene Kultur beseelen den Prinzips der Souveränität des Geistes. An die Geometrie hat sich, als die kirchlich-autoritative Weltanschauung des Mittelalters in die Brüche ging und die Wogen des Skeptizismus alles Feste binwegzureißen drohten, der Wahrheitsglaube wie an einen Fels geklammert; und es konnte als das höchste Ideal aller Wissenschaft aufgestellt werden, »more geometrico" betrieben zu werden. Was endlich die Materie betrifft, so glaubten wir zu wissen, daß aller Veränderung eine Substanz, eben die Materie, zu grunde liegen müsse, daß jedes Stück der Materie als ein Quantum sich messen lasse und ihr Substanzcharakter seinen Ausdruck finde in dem Gesetz von der Erhaltung des in allen Veränderungen sich gleich blei benden Materiequantums. Dieses unser bisheriges Wissen von Raum und Materie, durch die Philosophie vielfach als apriorische Erkenntnis von un bedingter Allgemeinheit und Notwendigkeit in Anspruch genommen, ist heute vollständig ins Wanken geraten. Nachdem die Physik unter den Händen Faradays und Maxwells der Materie als eine Realität anderer Kategorie das Feld gegenübergestellt hatte, nachdem auf der andern Seite die Mathematik durch ihre logische Minierarbeit im letztvergangenen Jahr hundert in aller Heimlichkeit das Vertrauen in die Evidenz der Eukli dischen Geometrie untergraben hatte, kam in unsern Tagen der revolu tionäre Sturm zum Ausbruch, der jene Vorstellungen über Raum, Zeit Weyl, Raum, Zeit, Materie. 4· Auf!,

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