T-FLAC/PSI Vorwort Pflicht über Liebe, so wähltest du Von dir verschmäht, fand mein Herz keine Ruh Bestraft sollst du sein, kein Stolz dir gewährt Drei Söhne auf drei Söhne nur Schmerz sich vermehrt Zur Erinnerung an mich dir meine Kräfte ich gebe Die Freude der Liebe kein Sohn je erlebe Eine Gefährtin das Leben, von eines Sohnes Herz erwählt Ihr Schutz ist vergebens, die Tage zu meinem Siegs ind gezählt. Tief wird sein Schmerz sein, schnell ihr Tod, Sein Herz zerrissen in ewig währender Not. Nur aus freien Stücken gegeben, wird dieser Fluch enden Drei müssen eins werden, und das Blatt wird sich wenden. Eins SAN FRANCISCO MONTAG, l6. JANUAR I5 UHR 15 W » as spielt das denn verdammt noch mal für eine Rolle, wie sie aussieht? «, sagte Caleb Edge ins Telefon und hoffte inständig, dass die dunkle, tiefe Lust, die sein Blut erhitzte, sich nicht auf seine Stimme übertrug. Er runzelte die Stirn bei dieser merkwürdigen Frage seiner Vorgesetzten, schob das kompakte Satellitentelefon zwischen Schulter und Kinn und das Fernglas ein Stückchen nach links, um eine bessere Sicht zu bekommen. Riesige Nebelschwaden, die durch eine diesige Straße in San Francisco waberten, trennten die Fenster der beiden Wohnungen voneinander Die Lichter der Wohnung auf der anderen Straßenseite waren angeschaltet, die, in der er war, nicht. Sein Verlangen sorgte dafür, dass er sich verkrampfte, und schnürte seinen Hals zusammen. Sein Herz, das normalerweise wie ein Uhrwerk schlug, pochte auch nach sechzig Sekunden immer noch unangenehm, nachdem er sie das erste Mal durch das Fernglas erblickt hatte. Rums! Caleb fühlte sich, als ob ihm jemand in den Solarplexus geboxt, sein Herz gepackt und es zerquetscht hätte. Fest. So also sah Heather Shaw aus. Nicht dass er seine physische Reaktion mit seiner Vorgesetzten Lark Orela geteilt hätte. Sie konnte wie ein verdammter Hund mit ’nem Knochen sein, wenn sie glaubte, ihre Leute waren unkonzentriert. Dummerweise konzentrierte er sich gerade zu sehr. »Erde an Edge?« »Sie sieht aus ... ich weiß nicht. « Elegant. Schon. »Luxuriös, teuer«, erklärte er Lark. Sein Herz raste nur deshalb so sehr, versicherte er sich, weil sein Scheißknie so verflucht wehtat. Er verlagerte noch ein bisschen mehr Gewicht auf die Schulter, die er gegen die Wand gestützt hatte. Heather hatte sich die Ärmel ihres weich aussehenden violetten Pullovers über die Unterarme geschoben, während sie arbeitete. war groß und schlank. Der Pulli sah aus, als ob er maßgeschneidert worden Ware. War er wahrscheinlich auch. Heather Shaw besaß mehr Geld als viele Länder der Dritten Welt. »Interessanter Ort, um sich zu verstecken.« Caleb riss seinen Blick von den sanften Rundungen von Miss Shaws Brüsten los und fixierte ihren Kopf. Schau noch mal hoch, meine Süße, zeig noch einmal deine wunderschönen Augen. »Seit wann ist sie dort? « Waren ihre Augen grün? Braun? Schwer zu sagen aus der Entfernung. »Seit ungefähr sechs Monaten«, teilte Lark ihm mit. »Warum?« Nur ungern richtete Caleb sein Fernglas auf das Apartment. »Die Wohnung ist ziemlich kahl.mn Stuhl, ein Bett, ein Tisch. Persönliche Sachen kann ich nicht erkennen. « »Sie war mal hier, mal dort. « »Ja.« Laut Lark war es nicht einfach gewesen, sie ausfindig zu machen. Caleb dachte, es hatte die ganze Operation beschleunigt und sie um einiges interessanter gemacht, wenn sie zuerst Heathers Vater gefunden hätten. Leider wurde Brian Shaw seit fast einem Jahr vermisst. Er hatte seine Spur komplett verwischt, was nicht überraschte, sodass er dummerweise derzeit schwer zu finden war. Was seine reizende Tochter allein in den Fängen der Wölfe ließ. Caleb war wohl eindeutig zu lange in der Rehabilitation gewesen, wenn er allein vom Anblick der Tochter ihres Verdächtigen einen Ständer bekam. Lange, elegante Gliedmaßen. Blasse, schmale Finger. Seidiges Haar, das sich wie Sonnenlicht auf seiner Haut anfühlen würde. Er hatte Lark angefleht, ihn auf einen Einsatz zu schicken. Egal, wohin. Hauptsache raus aus dem Krankenhaus. Das war das Beste gewesen, was Lark ihm kurzfristig anbieten konnte. Blödsinn. Fakt war: Sie glaubte nicht, dass er schon wieder einsatzfähig war. Das hier war kein Einsatz. Eine simple Frage musste beantwortet werden. Herrje, dass hätte irgendjemand machen können. Aber jetzt war er nun mal hier. Und alles war besser, als noch monatelang in der Reha festzusitzen. Langeweile schien diese Woche ein Familienmerkmal zu sein. Sein älterer Bruder Gabriel hatte ihn vor ein paar Tagen auf seinem Weg nach Arizona besucht, um dort Informationen von irgendeinem Wissenschaftler zu beschaffen. Untypischerweise war er reizbar und nicht ganz auf dem Posten gewesen. Der benötigte eindeutig selbst ein wenig Action. Sein jüngerer Bruder Duncan warb unter der Hand dafür, Chef des Zauberrates zu werden, und war deshalb irgendwo unterwegs, total auf dieses Ziel fixiert. Und wenn Duncan sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er verdammt zielstrebig. Also hatte Caleb momentan nicht mal seine Brüder, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Was für ein Pech. Gegen eine richtig schweißtreibende Übung mit Gabriel und seinen Breitschwertern oder Duncan und seinen Messern - oder beiden 一 hätte er im Augenblick nichts einzuwenden gehabt. Stattdessen war er in San Francisco und beobachtete die Tochter eines Bankiers, der für einige der gefährlichsten Terroristen der Welt arbeitete. Überraschenderweise war Calebs Reaktion auf die Frau, die er ausfindig machen sollte, sehr emotional und spontan gewesen. Er mochte Frauen ziemlich gerne. Nein, er liebte Frauen. Aber er hatte noch nie zuvor beim Anblick einer Frau einen derartig spontanen, erregenden, chemischen ... Schock verspürt. Er war nun mal ein Adrenalin-Junkie, und seine körperliche Reaktion auf ihren Anblick - Blutdruck nach oben, Libido nach oben, Körpertemperatur nach oben - faszinierte ihn. Pheromone waren eine Sache, aber er war so weit weg, er konnte sie noch nicht einmal riechen. Seine Reaktion war so spontan, so primitiv, dass er über sich selbst schockiert war. Warum sie? Warum hier? Warum jetzt? »Okay, dann will ich dir eine leichte Frage stellen«, sagte Lark in sein Ohr Caleb riss sich zusammen. Lark war einfühlsam, und er wollte nicht, dass sie irgendwelche verräterischen Signale aufschnappte. »Wie geht's dem Bein? «, fragte sie und brachte ihn damit aus der Fassung. Ja. Konzentriere dich auf etwas Sinnvolles. Das neue Knie tat immer noch weh, was ihn verdammt ärgerte, Eine seiner besonderen Kräfte war die Fähigkeit zu heilen, aber die einzige Person, deren Wunden er nicht in Ordnung bringt konnte, war er selbst. Darüber war er richtig sauer. Caleb betrachtete seinen Körper als ein weiteres Werkzeug in seinem Arsenal gegen Terroristen. Er musste in Topkondition sein, um seinen Job gut zu machen, und er arbeitete daran, immer auf dem Höhepunkt seiner physischen Leistungsfähigkeit zu sein. Er war selten krank, und seine Knieverletzung hatte das erste Mal in seiner Karriere dafür gesorgt, dass er so lange im Krankenhaus festgesessen hatte. »Einhundert Prozent okay«, versicherte er Lark. Er war traurig erweise sogar dankbar gewesen, als er vor einer Stunde den Anruf erhalten hatte, während seiner hoffentlich letzten Physiotherapiesitzung in San Jose. Zur Hölle, ja, er war nur eine Stunde von San Francisco entfernt. Er würde mit Shaws Tochter reden. Alles würde er tun, um die langweiligen Behandlungen abzukürzen. Er war dort fast wahnsinnig geworden. Er hatte eine Wohnung auf der gegenüberliegenden Straßenseite requiriert, deren Fenster direkt auf ihre schauten. Es war ein typischer Wintertag in San Francisco. Feuchter, dunstiger Nebel zog in hauchdünnen Schleiern zwischen den hohen, schmalen Gebäuden hindurch. Dadurch entstand eine immer wieder neue Szenerie, die es schwierig machte, einen Blick auf Heathers Wohnung werfen zu können, trotz der Lichter, die dort brannten. Caleb hatte genug gesehen. »Lügner«, erwiderte Lark. »Dr. Long hat mir gerade erzählt, dass du das Knie immer noch schonst. « »Warum hast du mich dann gefragt? « Er hatte zwar ein neues Knie bekommen, aber einige Schäden an den Muskeln und Nerven davongetragen. Sie würden heilen. Irgendwann einmal. Das taten sie normalerweise immer. Er hatte schließlich genügend Narben, um das zu beweisen. Heather Shaw zu beobachten war aber eindeutig interessanter, als über sein Knie zu diskutieren. Das wiederum versetzte ihn in schlechte Laune und machte ihn noch kribbeliger, wieder zurück zur Arbeit zu können, damit er das endlich abhaken konnte. Den Fotos zufolge hatte sich Shaws Tochter im vergangenen Jahr ziemlich verändert. »Um zu sehen, ob du lügen würdest«, ließ Lark ihn wissen. Zu lügen war das Mindeste, was er tun würde, um wieder arbeiten gehen zu können. »Sowohl der Arzt als auch der Physiotherapeut haben mich aus medizinischer Sicht entlassen. Also hör auf, mich damit zu quälen, meine Süße. Finde etwas für mich. Irgendetwas. Ich flehe dich an. Dieses Herumhängen hat mich reif für die Klapsmühle gemacht. « »Du bist ein Workaholic, Edge Nummer zwei. « »Du sagst das, als sei das was Schlechtes. Jetzt mach schon, Lark. Hilf mir hier raus. Schick mich zu einem exotischen Höllenloch, um irgendeinem Terroristen in den Hintern zu treten. « »Kannst du rennen? « »Besser als die meisten.« Falsch, aber er wollte nicht, dass seine Chefin wusste, dass seine Ärzte Recht hatten. Er war noch nicht wieder ganz auf der Höhe, aber er würde während des Auftrags wieder fit werden. »Und außerdem, seit wann muss ein Edge rennen? Wir tauchen auf und nehmen uns die Leute ein bisschen vor. « »Das kann schon sein, aber du solltest dir trotzdem eine Auszeit gönnen, bis du wieder ganz gesund bist. Stell dir einfach vor, es sei ein Erholungsurlaub. « »Ich will keinen Urlaub. Ich brauche keinen Urlaub. « Lark hatte ein nettes Lachen, selbst wenn sie ihn verspot tete. »Du hörst dich an wie ein trotziger Fünfjähriger. Aber ich stimme dir zu, du kannst deinen Job auch prima hinkend erledigen. Der Finger, den du für den Abzug brauchst, funktioniert ja. Dein Hirn hat keine Schäden - zumindest keine großen - davongetragen bei den Schlägen, die du eingesteckt hast. « »Du bist herzlos, Lark. Ich bin fit wie ein Turnschuh. « Würde sie ihn wieder losschicken? Caleb stellte sich die junge Frau vor, die seine Vorgesetzte war. Mit ihren schwarz-pinkfarbenen Haaren, die sie als Igelfrisur trug, ihrem halben Dutzend Silberringe in jeder Augenbraue und, um Gottes willen, auch noch einem in der Nase, sah Lark Orela wie eine Mischung aus Motorradbraut und Rockerin aus, die auf Gruftimusik stand. Aber hinter diesem blassen Gesicht und dem schaurigen schwarzen Augen-Make-up verbarg sich eine brillante Taktikerin. »Sag mir, was du siehst. « Sie kam wieder auf Heather Shaw zurück. Dies war nur ein »Sich-mal-Umsehen«. Er wollte wieder richtig arbeiten. »Schickst du mich wieder raus? « »Deine Beobachtungen, Edge?« Lark hatte die Art eines freundlichen Pitbulls. Caleb drehte sich um, um die Einzimmerwohnung von Shaw zu scannen. »Wie die Mächtigen doch fallen können. Wie ich gesagt habe, sie ist fast leer. Die Wände sind blank. Keine Bilder. Kein Schnickschnack. Nicht die geringste Kleinigkeit, um ihre Umgebung etwas persönlicher zu gestalten.« Die Decken auf dem schmalen Einzelbett hinter ihr waren zerwühlt. Eine schlaflose Nacht oder ein Liebhaber? Es überraschte ihn, dass sich seine Eingeweide beim Gedanken an einen Liebhaber zusammenzogen. Es war gut, dass er innerhalb der nächsten Stunde bei Kris-Alice in Deutschland sein würde. Das war einer der Vorteile, der zu sein, der er war. Was er war Er konnte sich mit Leichtigkeit teleportieren. Caleb arbeitete für die T-FLAC/PSI-Abteilung. T-FLAC war eine privat finanzierte Antiterror-Organisation. PSI war die Abteilung für übernatürliche Phänomene. Dies hier war keine PSI-Operation. Er befand sich gerade im Silikon Valley und unterzog sich einer unumgänglichen Physiotherapie an seinem Knie - verflucht, es war nur ein kleines Einschussloch gewesen 一 als Shaws Fingerabdrücke identifiziert worden waren. Da er am nächsten war, hatte man ihn beauftragt, Informationen von der Frau zu besorgen. Informationen, die sie dringend benötigten, falls sie überhaupt eine Chance haben wollten, ihren Vater Brian Shaw zu finden. »Lebt sie allein? « »Sieht so aus. « Caleb fand Auszeiten überflüssig. Im Gegensatz zu seinem entspannten jüngeren Bruder Duncan mochte es Caleb, dauernd unterwegs zu sein. Aber sie hatten auf die Auszeit bestanden. Es war schon verdammt nervig, ins Knie geschossen zu werden. Genau genommen müsste er noch drei weitere Wochen pausieren. Doch etwas genau zu nehmen, war noch nie eine seiner Stärken gewesen. Alles, was er jetzt brauchte, war, zu einem Einsatz geschickt zu werden, bei dem er dem Team und seiner Chefin beweisen konnte, dass er wieder in Topform war. Das hier war kein Einsatz. Hier ging es bloß um eine verdammte Unterhaltung. Und noch dazu um eine kurze. Keiner weit und breit, dem er beweisen konnte, dass er die Besten im Laufen, Springen und Schießen immer noch toppen konnte. Selbst jetzt war das Beobachten einer Frau durch ein Fernglas noch besser, als irgendwo an einem sonnenbeschienenen Strand zu liegen und nichts zu tun. Hatte er etwas zu tun, war er glücklich. Ein Einsatz entspannte ihn. Teufel noch mal, nach einer rasanten Mission schlief er nachts wie ein Baby. Heather zu beobachten, hätte ein Schritt in diese Richtung sein sollen. Stattdessen wurde die Anspannung in seinem Körper nur noch größer. Er musste sich zusammenreißen. Und sollte nicht versuchen, sie zu kriegen, dachte er und gab sich in Gedanken eine Ohrfeige, oder ihren perfekten Körper. Dennoch, der bloße Gedanke, mit seinen Fingern durch ihr honigfarbenes Haar zu fahren und seine Hände über die sanfte Rundung ihrer Hüfte gleiten zu lassen, beeinträchtigte ihn bei der Erfüllung seines Auftrags. Es war an der Zeit, sich zu konzentrieren. Jawohl Das war es. Er hatte die Überprüfung von Heathers Wohnraum abgeschlossen. Die Küche nahm eine Ecke des Raumes ein, eine offene Tür führte ins Bad, eine andere Tür, so vermutete er, zum Treppenhaus. Ihr gesamtes Mobiliar bestand aus einem Bett und dem Klapptisch, an dem sie gerade saß. Diese enge, sterile Unterkunft musste jemandem, der im großen Stil gelebt und zur Schickeria gehört hatte, Bauchkrämpfe verursachen. Sie saß an dem Tisch und hielt etwas wie ein kleines Werkzeug in der Hand, mit dem sie einen Stein aus einem Schmuckstück herausholte oder wieder hineinsetzte. Sie produzierte und verkaufte ihre eigenen Schmuckstücke an die Händler vor Ort. So hatte man sie aufgespürt. Ihre Fingerabdrücke waren nach