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Quellenedition zur Geschichte des jüdischen Theaters in Wien PDF

288 Pages·2003·7.854 MB·German
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Conditio Judaica 42 Studien und Quellen zur deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte Herausgegeben von Hans Otto Horch in Verbindung mit Alfred Bodenheimer, Mark H. Gelber und Jakob Hessing Brigitte Dalinger Quellenedition zur Geschichte des jüdischen Theaters in Wien Max Niemeyer Verlag Tübingen 2003 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-65142-3 ISSN 0941-5866 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2003 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Nädele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren Inhalt Ideen, Initiativen und Vereinsgründungen 1 Theaterauffuhrungen und Kritiken 9 1902-1932: Richtungen und Tendenzen 9 1933-1938: Antisemitismus und Zionismus auf der Bühne 51 Musik im jüdischen Theater 65 Gastspiele in Wien und von Wien ausgehend 73 Schauspieler: Jubiläen, Erinnerungen, Nachrufe 97 Politik, Antisemitismus und Exil 113 Anhang 131 Zur Edition 131 Schriftenverzeichnis 132 Autoren 134 Dramen 142 Schauspieler 155 Quellennachweise und Stellenkommentare 167 Register 259 Personen und Werke 259 Körperschaften, Institutionen, Vereine und Periodika 273 Theater, Spielstätten und Ensembles 275 Orte 277 Danksagung und rechtliche Hinweise 281 Ideen, Initiativen und Vereinsgründungen Martin Buber Eine Jungjüdische Bühne In dem Artikel »Die Förderung jüdischer Dramatik« (Nr. 43 der »Welt«) hat Pantarhei die Gründung einer jüdischen Bühne angeregt, die theils dem jüdi- schen Milieudrama in deutscher Sprache, theils den dramatischen Erzeugnis- sen einer aufblühenden original-jüdischen Literatur gewidmet wäre. Dieser Gedanke ist gewiss von manchem unserer Leser einfach als ein phantastischer Einfall betrachtet worden, der keinesfalls hier und jetzt zur Wirklichkeit wer- den könnte. Andere werden wohl über die Hindernisse ernsthafter nachgedacht haben. Da dürften sie auf folgende Momente gekommen sein: 1. Wir haben kein Publicum. 2. Wir haben kein Repertoire. 3. Wir haben kein Capital. Und mit diesen drei Gründen war das Project abgethan. Nun sieht es freilich zunächst so aus, als ob die auf solche Weise Argumen- tierenden recht hätten. Denn wir haben, wenn wir an ein ständiges jüdisches Theater denken, gegenwärtig in der That keines von jenen drei Dingen. Wir haben kein Publicum. Wenn man nämlich in den westeuropäischen Centren, an die gedacht wird, einerseits von der indifferenten Bourgoisie [!], die man erst sehr langsam heranziehen müsste, andererseits von den wenig oder nichts besitzenden Classen, die etwa für Feiertags-Vorstellungen zu er- mässigten Preisen in Betracht kämen, absieht, so bleibt durchaus kein Publi- cum, das genügen würde, um ein so compliciertes Theater, wie das projezier- te, mit seinen zwei Truppen (der deutschen und der jüdischen) zu erhalten. Namentlich wird dies nicht der Fall sein können, wenn das Repertoire ein so kleines sein wird, wie es bei unserer Bühne in ihren Anfängen sein muss. Es ist zwar meiner Überzeugung nach richtig, dass ein jüdisches Theater viele Talen- te wecken, viele nach dem Drama hinlenken würde. Aber in seiner ersten Zeit, bevor es eine hinreichend bekannte und anerkannte Institution sein wird, um solchen Einfluss auszuüben, wird die Zahl der zur Verfügung stehenden Stük- ke eine sehr geringe sein. Sie wird zu gering sein, um die - noch so knapp begrenzte - Theatersaison auszufüllen. Dieses so kleine Repertoire schliesst aber noch eine weitere grosse Schwie- rigkeit in sich. Es soll, wie in dem Artikel Pantarheis ausgeführt wurde, ab- wechselnd deutsche und jüdische Stücke bringen. Dazu bedarf es, wie ich 2 Ideen, Initiativen und Vereinsgründungen schon erwähnt habe, selbstverständlich zweier Truppen: einer deutsch und einer jüdisch sprechenden. Von den Schwierigkeiten der Zusammenstellung beider will ich hier nicht reden. Aber es ist vor allem für ein Theater, das noch durchaus nicht auf ein festes Publicum rechnen kann, für ein Theater, dessen Saison auf eine sehr kurze Zeit beschränkt ist, vom primitivsten finanziellen Gesichtspunkte aus völlig unmöglich, zwei Truppen zu erhalten. Oder um es kurz zu sagen: wir werden das für die Errichtung und Entwicklung einer so beschaffenen jüdischen Bühne erforderliche Capital in der nächsten Zeit nicht zusammenbringen. Ich habe dieser zustimmenden Erörterung die Worte vorausgeschickt: »Wenn wir an ein ständiges jüdisches Theater denken.« In diesem Falle scheinen mir in der That jene drei Gegengründe[,] der Mangel an Publicum, an Repertoire, an Capital, unwiderlegbar zu sein, unwiderlegbar wenigstens für die erste, entschei- dende Zeit der Bühne. - Aber wir denken gar nicht an ein ständiges Theater. Wir denken an Aufführungen einer Jungjüdischen Freien Bühne, die in regelmässigen oder zwanglosen Zwischenräumen stattfinden würden. Und damit fallen jene drei Argumente zu Boden: einer Freien Bühne gegenüber sind sie völlig unhaltbar. Was ist eine Freie Bühne? Die Bühne einer Gesellschaft, die für ihre Mitglie- der von Zeit zu Zeit erlesene dramatische Vorstellungen veranstaltet, zumeist von künstlerisch wertvollen Stücken, die aus irgendeinem Grunde in den öffent- lichen Theatern gar nicht, oder doch sehr selten aufgeführt werden. Eine Freie Bühne bietet folgende Vortheile: 1. Sie hat ihr festes Publicum, d. h. die Mitglie- der der Gesellschaft, auf das sie rechnen kann und an das sich bei den einzelnen Vorstellungen ein loseres »Einzelpublicum« angliedern kann. 2. Sie braucht kein grosses Publicum, da ihr für ihre Absichten und Mittel ein kleines, aber sicheres genügt. 3. Sie braucht kein grosses Repertoire, da ihr für ihre verhält- nismässig wenigen Auflührungen ein kleines, aber erlesenes genügt. 4. Sie braucht keine ständigen Truppen, da sie sich, mit Geschick geleitet, aus den bestehenden öffentlichen Bühnen ihr jeweiliges Personal zusammensuchen und zugleich künstlerisch begabte Dilettanten zu ihren Aufgaben erziehen und heranziehen kann. 5. Sie braucht, wie nicht weiter ausgeführt werden muß, keine grossen Mittel, und wird durch die subscribierenden Beitragszahlungen der Mitglieder in die Lage versetzt, das Gebotene den Verhältnissen anzupassen. Werden diese aus langjähriger Erfahrung gewonnenen Grundsätze auf das vorliegende Project angewendet, so wäre zur Errichtung einer Jungjüdischen Bühne zunächst die Bildung eines aus Sachkundigen und Financiers bestehen- den Comités erforderlich. Dieses hätte dann drei Actionen durchzuführen: 1. Die Gründimg der Gesellschaft. 2. Die Zusammenstellung des Repertoires. 3. Die Zusammenstellung des Personals. Die Gründung der Gesellschaft hätte selbstverständlich auf streng geschäft- licher Grundlage zu geschehen. Bei der Zusammenstellung des Repertoires wäre natürlich auch, wie dies schon Pantarhei angedeutet hat, an Preisausschreiben zu denken. Ideen, Initiativen und Vereinsgründungen 3 Bei der Zusammenstellung des Personals wäre fur die jüdische Abtheilung das Haupt-Augenmerk auf die in den betreffenden Städten anderweitig gastierenden (ich denke hierbei theils an entsprechende Entschädigung, theils an Veranstaltung von Matinées) oder dahin fur [ein] Gastspiel heranzuziehenden Jargontruppen, die natürlich zu ihrer neuen Aufgabe herangebildet werden müssten, zu richten. * Trotz alledem glaube ich nicht, dass sich der Plan schon in allernächster Zeit verwirklichen lassen wird. Ich habe aber die Ueberzeugung, dass die Anregung früher oder später aufgenommen und durchgeführt werden muss. Doch dürfte ein kleiner Schritt hierzu bereits in diesem Winter in Wien un- ternommen werden: die Veranstaltung von Abenden und Matinées, die zwar zu- nächst einer von jüdischer Musik umrahmten Vorführung lyrischer und epischer Dichtung gewidmet sein sollen, aber doch, wie ich hoffe, durch die Bekannt- machung der bestehenden Talente, durch die Schaffung einer ersten künstleri- schen Tribüne mittelbar auch der Förderung jüdischer Dramatik dienen werden. Soeben erfahre ich, dass auch in Berlin ähnliches geplant wird, unabhängig von unseren Bestrebungen und ohne Kenntnis von ihnen. In diesem geringen Umstände äussert sich für mich das allerorten aufkeimende Sehnen der jungjü- dischen Dichtung nach Geltung und Sonnenlicht. [Die Welt, Jg 5, Nr 45, 8. November 1901, S. 10-11] Aufruf Verein »Jüdische Bühne« Der vor kurzem in Wien gegründete Verein »Jüdische Bühne« hat sich zur Aufgabe gestellt, jüdische Kunst zu fördern und zu propagieren. Unter jü- discher Kunst verstehen wir alle diejenigen Schöpfungen jüdischer Dichter und Künstler, die vom jüdischen Milieu ihren Ausgangspunkt nehmen, die besondere jüdische Note zu Kunst verdichten. Es ist ja wahr, daß echte Kunst nicht an das nationale Moment gebunden ist, aber auch ganz losgelöst von der Volksseele kann sie nicht werden. Und gerade in der Ueberleitung vom Volklichen zum Allmenschlichen liegt das Eigenartige jeder nationalen Kunst. Wir glauben nun, daß die Zeit schon gekommen ist, die bisher nur vage empfundene jüdi- sche Nuance, klar und in konzentrierter Form zum Ausdruck zu bringen. Es ist selbstverständlich, daß diese Nuance bei den jüdischen Dichtern, die nur für das jüdische Publikum, in den jüdischen Umgangssprachen Ost- europas, Hebräisch und Jüdisch, schreiben, am deutlichsten hervortritt. Und deshalb wenden wir dieser osteuropäisch-jüdischen Literatur hauptsächlich 4 Ideen, Initiativen und Vereinsgründungen unsere Aufmerksamkeit zu, wobei wir natürlich auch künstlerische Produk- tionen jüdischer Dichter in den westeuropäischen Sprachen nicht ausschlie- ßen. Da wir nun überzeugt sind, daß die Volksseele und Volksstimmung sich am plastischesten im Drama ausdrückt, so bildet die Förderung und Pflege des jüdischen Dramas die Hauptaufgabe des Vereines »Jüdische Bühne«. Wir laden hiermit alle, die sich fur unsere Sache interessieren, ein, dem Vereine beizutreten. Der Mitgliedsbeitrag beträgt fur ein Jahr 6 Kronen. Beitrittsanmeldungen werden im Vereinsbureau, IX., Porzellangasse 38, Th. 28, täglich von 9 bis 12 Uhr entgegengenommen. Der Verein hat seine Tätigkeit bereits damit begonnen, daß er sich mit dem künstlerischen Ensemble des Herrn Egon Brecher zwecks Auffuhrung von Stücken jüdischer Autoren ins Einvernehmen gesetzt hat. Die Aufführungen finden jeden Sonntag Nachmittag im Intimen Theater statt und beginnen am 24. Jänner 1. J. Es werden folgende Stücke zur Auffuhrung gelangen: Schalom Asch: Mit dem Strom (Schauspiel in 2 Akten). A. Coralnik: Roter Schnee (Einakter) und Sünde. J. L. Perez: Die Schwestern (Einakter). David Pinski: Eisik Scheftel (ein jüdisches Arbeiterdrama in 3 Akten) und Vom Glück vergessen (Einakter). Scholem Aleichem: Die Versprengten (Lustspiel in 3 Akten). P. Hirschbein\ Der Schinder (Tragödie in 4 Akten). [Jüdische Zeitung, 22. Januar 1909] Eine »Freie jüdische Volksbühne« in Wien Wir erhalten folgende Zuschrift: Seit der Konferenz in Czernowitz im Jahre 1910 wurden vielfach allerorts Versuche unternommen, ein jüdisches Theater zu schaffen, das im Gegensatz zu den auf Geschmacklosigkeiten des Publikums spe- kulierenden sogenannten jüdischen Bühnen ein rein künstlerisches Interesse ver- treten soll. Die Armut der jüdischen Masse im Osten und das geringe Interesse der wohlhabenden Kreise standen bisnun der Durchführung des Unternehmens entgegen. Und so kam es, daß das große östliche Judentum kein einziges Theater besaß, das man nicht eine Bude nennen mußte, eine Bude, die hie und da Beweise lieferte, daß sowohl beim Publikum wie auch bei den Schauspielern Kräfte le- bendig sind, die die jüdische Volkskunst auf ein höheres Niveau bringen könnten. Nun wurde jüngst in Wien eine »Freie jüdische Volksbühne« begründet. Der Zweck des Vereines ist, der jüdischen Kunst zu einem würdigen Dasein und dem jüdischen Wiener Publikum zu einem nationalen Theater zu verhelfen. Als Inaugurations- und Weiheabend veranstaltet die »Freie jüdische Volksbüh-

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