Quantenphysik in der Nanowelt Hans Lüth Quantenphysik in der Nanowelt Schrödingers Katze bei den Zwergen 123 ProfessorDr.Dr.h.c.HansLüth ForschungszentrumJülichGmbH InstitutfürBio-undNanosyteme 52425Jülich [email protected] ISBN 978-3-540-71042-4 e-ISBN 978-3-540-71043-1 DOI 10.1007/978-3-540-71043-1 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheBibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie;detaillierte bibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. (cid:2)c 2009Springer-VerlagBerlinHeidelberg DiesesWerkisturheberrechtlichgeschützt.DiedadurchbegründetenRechte,insbesonderediederÜber- setzung,desNachdrucks,desVortrags,derEntnahmevonAbbildungenundTabellen,derFunksendung, derMikroverfilmung oderderVervielfältigung aufanderen WegenundderSpeicherung inDatenver- arbeitungsanlagen,bleiben,auchbeinurauszugsweiserVerwertung,vorbehalten.EineVervielfältigung diesesWerkesodervonTeilendiesesWerkesistauchimEinzelfallnurindenGrenzendergesetzlichen BestimmungendesUrheberrechtsgesetzes derBundesrepublikDeutschlandvom9.September1965in derjeweils geltenden Fassungzulässig. Sieistgrundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegendenStrafbestimmungendesUrheberrechtsgesetzes. 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Jahrhunderts in einer „ersten Re- volution“ die Quantenmechanik mit überwältigendem Erfolg nicht nur auf die Atomphysik sondernauf fast alle Wissenschaftszweigebis in die Chemie, Biologie oder die Astrophysik hinein anwendeten, ohne über grundsätzliche, offene Fragen innerhalb der Theorie selbst nachzudenken. Diese Situation hat sich seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhun- derts geändert. Seitdem gibt es in der Quantenoptik, in der Atom- und Io- nenphysiksowieinderNanoelektronikExperimente,dieEntscheidungenüber GrundannahmenderQuantenmechanikzulassen,diealsodieQuantentheorie an sich berühren und auf den Prüfstand stellen. Solche Fragestellungen, wie z.B.nachderBedeutungdesBegriffsderVerschränkungsinddarüberhinaus grundlegend für sich rasant entwickelnde Gebiete wie Quantenteleportation, Quantenkryptographie oder Quanteninformation allgemein. Von dieser „zweiten Quantenrevolution“, wie Alain Aspect, einer der Pioniere des Gebiets, diese Weiterentwicklung des quantenphysikalischen Denkensnennt,erwartetmannichtnureintieferesVerständnisderQuanten- physikselbst,sondernaucheineingenieurmäßigeAnwendungderGrundprin- zipienwieTeilchen-Welle-DualismusoderVerschränkungu.ä.Mansprichtin diesem Zusammenhang manchmal schon von Quantum-Engineering. Vor diesem Hintergrund habe ich das vorliegende Buch geschrieben. Die speziellen Quantenphänomene an sich stehen mehr im Vordergrund des In- teresses als der mathematische Formalismus. Dabei bevorzuge ich eine mehr anschauliche und oft intuitive Beschreibung dieser Phänomene, und dies ge- stützt aufneueste experimentelleBefunde undErgebnisseausder Forschung an nanoelektronischenSystemen. Auch die Verbindungen zu anderen Gebie- tenwieder Elementarteilchenphysik,derQuantenelektronik,derQuantenin- formation oder Anwendungen der Kernspinresonanz in der Medizin werden gestreift. Beim Formalismus beschränke ich mich im Wesentlichen auf die ersten Näherungsschritte,diefürExperimentalphysikeroderIngenieurebeiderAn- VIII Vorwort wendung der Theorie oder einer größenordnungsmäßigenAbschätzung expe- rimenteller Ergebnisse von Interesse sind. Andererseits wird die Diracsche Bra-Ket-Formulierung quantenmechanischer Ausdrücke anschaulich in Ana- logiezudreidimensionalenVektoreneingeführtundverwendet.Ähnlichesgilt fürdieKommutator-Algebra,dieimGrundenureinfachesAddierenundSub- trahieren von Symbolen (Operatoren) verlangt. Demnach werden an mathe- matischer Kenntnis nur einfachste Funktionen und Differentialgleichungen sowie Grundkenntnisse der Matrizenalgebra vorausgesetzt. Ich entschuldige mich bei meinen mehr mathematisch interessierten Kollegen für manchmal fehlende mathematische Schärfe. StatteineraxiomatischenEinführungwesentlicherBegriffeundGleichun- gen habe ich es vorgezogen,die „Erfindung“ wichtiger Grundgleichungenwie der Schrödinger-Gleichung oder der mathematischen Ansätze zur Quantisie- rung von Feldern durch physikalisch naheliegende Gedankengänge plausibel zu machen. Das Buch ist aus Manuskripten zu Vorlesungen entstanden, die ich vor Physik- und Elektrotechnikstudenten über Quantenphysik und Nanoelektro- nik gehalten habe. Dabei sind natürlich wesentliche Erweiterungen durch meine eigene wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich der Quantenelektronik miteingeflossen. Hierbei hat vor allem die Betreuung von Doktoranden in diesemArbeitsgebietunddie vielenGesprächemitihnengroßenEinfluss auf die Art der Darstellung gehabt; ihnen muss ich danken für diese Diskussio- nen, die mir selbst eine tiefere Einsicht in dieses faszinierende Gebiet der Quantenphysik ermöglichten. MeinDankgiltweiterhinmeinenfrüherenMitarbeiternArnoFörster,Mi- chel Marso, Michael Indlekofer und Thomas Schäpers, die in vielen „heißen“ Auseinandersetzungen zur Klärung mancher Fragen beigetragen haben. Für Hilfe bei der Fertigstellung der Abbildungen danke ich Wolfgang Al- brechtundfürdasSchreibendesManuskriptesundmanchenklugenHinweis auf zu behebende Inkonsistenzen Beate Feldmann. Sie beide haben in der Endphase der Fertigstellung des Buches vor allem ermutigend auf mich ein- gewirkt. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Frau Roswitha, die mich nicht nur in jeder Weise bei der Arbeit am Buch unterstützt hat, sondern auch den Untertitel „Schrödingers Katze bei den Zwergen“ erfunden hat. Dieser Titel bringt treffend zum Ausdruck, dass das Buch sich bemüht, die tiefe- ren physikalischen und auch philosophischen Zusammenhänge (Paradigma: Schrödingers Katze) darzulegen, und dies vor allem im Zusammenhang mit der Nanowelt, den „Zwergen“. Sie konnte diesen Aspekt des Buches nach einigen Diskussionen anschaulich in Worte fassen, die mir fehlten. Jülich und Aachen, Juli 2008 Hans Lüth Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................ 1 1.1 Allgemeine und historische Bemerkungen .................. 1 1.2 Bedeutung für Wissenschaft und Technik .................. 3 1.3 Philosophische Implikationen............................. 6 Literaturverzeichnis ......................................... 9 2 Einige grundlegende Experimente ........................ 11 2.1 Photoelektrischer Effekt................................. 11 2.2 Compton-Effekt ........................................ 14 2.3 Beugung von Materieteilchen ............................ 17 2.4 Teilcheninterferenz am „Doppelspalt“ ..................... 22 2.4.1 Doppelspaltexperimente mit Elektronen ............. 22 2.4.2 Teilcheninterferenz und „Welcher Weg“-Information... 26 Literaturverzeichnis ......................................... 29 3 Teilchen-Welle-Dualismus ................................ 31 3.1 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation ................ 31 3.2 Wellenpaket und Teilchengeschwindigkeit ................. 35 3.3 Die Unschärfe-Relation.................................. 39 3.4 Ein Ausflug in die klassische Mechanik .................... 41 3.5 Observable, Operatoren und Schrödinger-Gleichung......... 45 3.6 Einfache Lösungen der Schrödinger-Gleichung.............. 50 3.6.1 „Eingesperrte“ Elektronen: Gebundene Zustände ..... 51 3.6.2 Elektronen strömen............................... 58 3.6.3 Elektronen laufen gegen eine Potentialstufe .......... 60 3.6.4 Elektronen tunneln durch eine Barriere.............. 63 3.6.5 Resonantes Tunneln .............................. 68 3.7 Einzelektronen-Tunneln ................................. 76 Literaturverzeichnis ......................................... 83 4 Quantenmechanische Zustände im Hilbert-Raum ......... 85 4.1 Eigenlösungen und Messung von Observablen .............. 85 4.2 Vertauschbarkeitvon Operatoren: Kommutatoren .......... 91 4.3 Darstellungen quantenmechanischerZustände und Observabler 93 X Inhaltsverzeichnis 4.3.1 Vektoren von Wahrscheinlichkeitsamplituden und Matrizen als Operatoren ...................... 93 4.3.2 Drehungen des Hilbertraums....................... 98 4.3.3 Quantenzustände in Dirac-Notation................. 101 4.3.4 Quantenzustände mit kontinuierlichem Eigenwertspektrum ............................... 104 4.3.5 Die Zeitentwicklung in der Quantenmechanik ........ 109 4.4 Wir spielen mit Operatoren:Der Oszillator ................ 112 4.4.1 Der klassische harmonische Oszillator ............... 113 4.4.2 Trepp auf – Trepp ab: Stufenoperatoren und Eigenwerte................... 114 4.4.3 Der anharmonische Oszillator ...................... 120 Literaturverzeichnis ......................................... 124 5 Drehimpuls, Spin und Teilchenarten ...................... 125 5.1 Die klassische Kreisbewegung ............................ 125 5.2 Der quantenmechanische Drehimpuls...................... 127 5.3 Rotationssymmetrie und Drehimpuls; Eigenzustände ......................................... 134 5.4 Kreisende Elektronen im elektromagnetischenFeld.......... 140 5.4.1 Die Lorentz-Kraft ................................ 140 5.4.2 Der Hamilton-Operator mit Magnetfeld ............. 141 5.4.3 Drehimpuls und magnetisches Moment.............. 143 5.4.4 Eichinvarianz und Aharanov-Bohm-Effekt ........... 146 5.5 Der Spin .............................................. 153 5.5.1 Stern-Gerlach-Experiment ......................... 153 5.5.2 Der Spin und sein 2D-Hilbert-Raum ................ 157 5.5.3 Spin-Präzession .................................. 161 5.6 Teilchenarten: Fermionen und Bosonen.................... 164 5.6.1 Zwei und mehr Teilchen........................... 164 5.6.2 Spin und Teilchenarten: Pauli-Prinzip............... 167 5.6.3 Zwei Welten: Fermi- und Bosestatistik .............. 173 5.6.4 Der Elementarteilchenzoo ......................... 180 5.7 Drehimpulse in Nanostrukturen und bei Atomen ........... 192 5.7.1 Künstliche Quantenpunkt-Atome................... 192 5.7.2 Atome und Periodensystem........................ 199 5.7.3 Quantenringe .................................... 204 Literaturverzeichnis ......................................... 208 6 Näherungslösungen für wichtige Modellsysteme........... 209 6.1 Teilchen in einem schwach veränderlichenPotential: Die WKB-Methode ..................................... 210 6.1.1 Anwendung: Tunneln durch eine Schottky-Barriere ... 212 6.2 Geschicktes Erraten einer Näherung: Die Variationsmethode . 215 6.2.1 Beispiel des harmonischen Oszillators ............... 218 Inhaltsverzeichnis XI 6.2.2 Der Grundzustand des Wasserstoffatoms ............ 221 6.2.3 Moleküle und gekoppelte Quantenpunkte............ 224 6.3 Kleine stationäre Potentialstörungen: Zeitunabhängige Störungsrechnung ....................... 232 6.3.1 Störung entarteter Zustände ....................... 236 6.3.2 Anwendungsbeispiel: Der Stark-Effekt im Halbleiter-Quantentopf......................... 239 6.4 Übergänge zwischen Quantenzuständen: Zeitabhängige Störungsrechnung.......................... 242 6.4.1 Periodische Störung: Fermis Goldene Regel .......... 244 6.4.2 Elektron-Licht-Wechselwirkung:Optische Übergänge.. 247 6.4.3 Optische Absorption und Emission in einem Quantentopf............................. 250 6.4.4 Dipolauswahlregeln für Drehimpulszustände ......... 254 6.5 Übergänge in 2-Niveau-Systemen: Die Rotationswellen-Näherung ........................... 261 6.5.1 2-Niveau-Systeme in Resonanz mit elektromagnetischer Strahlung.................. 261 6.5.2 Umklappen von Spins............................. 266 6.5.3 Kernspin-Resonanz in Chemie, Biologie und Medizin.. 271 6.6 Streuung von Teilchen .................................. 278 6.6.1 Streuwellen und differentieller Streuquerschnitt....... 280 6.6.2 Streuamplitude und Bornsche Näherung............. 282 6.6.3 Coulomb-Streuung................................ 287 6.6.4 Streuung an Kristallen, an Oberflächen und an Nanostrukturen ........................... 292 6.6.5 Inelastische Streuung an einem Molekül ............. 299 Literaturverzeichnis ......................................... 302 7 Superposition, Verschränkung und andere Absonderlichkeiten ........................... 305 7.1 Superposition von Zuständen ............................ 306 7.1.1 Streuung zweier gleicher Teilchen aneinander: ein spezieller Superpositionszustand ................ 309 7.2 Verschränkung ......................................... 312 7.2.1 Die Bellschen Ungleichungen und ihre experimentelle Überprüfung..................................... 317 7.2.2 „Welcher-Weg-Information“ und Verschränkung: ein Gedankenexperiment .......................... 324 7.3 Reine und gemischte Zustände: Die Dichtematrix ........... 328 7.3.1 Quantenmechanische und klassische Wahrscheinlichkeit................................ 328 7.3.2 Dichtematrix .................................... 332 7.4 Quantenumwelt, Messprozess und Verschränkung........... 336 7.4.1 Subsystem und Umwelt ........................... 337
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