Wilfried Kuhn janez Strnad Quantenfeldtheorie vieweg studium Aufba uk u rs Phys i k Herausgegeben von Hanns Ruder Wilfried Kuhn und Janez Strnad Quantenfeldtheorie Horst Rolinik Quantentheorie Band 1: Grundlagen - Wellenmechanik - Axiomatik Band 2: Quantifizierung physikalischer Systeme - Pfadintegrale - relativistische Quantentheorie Etienne Guyon, Jean-Pierre Hulin und Luc Petit Hydrodynamik Grundkurs Physik Herausgegeben von Hanns Ruder Roman und Hannelore Sexl Weiße Zwerge - Schwarze Löcher Roman Sexl und Herbert Kurt Schmidt Raum - Zeit - Relativität Hanns und Morgret Ruder Die Spezielle Relativitätstheorie Wilfried Kuhn Ja nez Strnad Quantenfeldtheorie Photonen und ihre Deutung 11 vleweg Prof. Dr. Wilfried Kuhn Institut für Didaktik der Physik J ustus-Liebig-Universität Gießen Karl-Gläckner-Straße 21 35394 Gießen Prof. Dr. J anez Strnad Physik-Department und Stefan-Institut Universität Ljubljana 6100 Ljubljana/Slowenia Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 1995 Der Verlag Vieweg ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation GmbH. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlag: Klaus Birk, Wiesbaden Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN 978-3-528-07275-9 ISBN 978-3-322-90949-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90949-7 v Vorwort Es gibt eine Reihe von sehr guten Büchern zur Quantentheorie des elektromagneti schen Feldes. Diesen ein weiteres hinzuzufügen, bedarf daher einer Begründung. Darstellungen auf hohem mathematischem Niveau sind für den Spezialisten kon zipiert. Einer der Begründer der Quantenelektrodynamik Richard Feynman hat aber auch in seinem Buch QED -Die seltsame Theorie des Lichtes und der Materie den sehr bemerkenswerten Versuch unternommen, einem breiten Publikum von interes sierten Nichtspezialisten die Grundgedanken der QED ganz ohne mathematischen Formalismus näher zu bringen. Unsere Darstellung ist in der Mitte dieses breiten Literaturspektrums plaziert. Es handelt sich um eine didaktisch reflektierte auf die wesentlichen Grundgedanken der Theorie gerichtete Darstellung, die sich sehr wohl des mathematischen Formalismus bedient. Das Buch wendet sich an Studenten, die bereits die theoretischen Grundkurse in Mechanik, Elektrodynamik und Quantenmechanik absolviert haben, insbesondere an Lehramtskandidaten. Aufgrund langjähriger Erfahrungen in Lehrerfortbildung kennen wir die Defizite dieser Physikergruppe, die im Rahmen ihrer Studienordnung und auch nicht zuletzt wegen des hohen Anspruchniveaus mit der Quantentheorie des elektromagnetischen Feldes ernsthaft nicht in Berührung gekommen ist. Die Folgen dieser bedauerlichen Situation sind nicht unbekannt. So wird immer noch die falsche Behauptung vertreten, zur theoretischen Deutung des Photoeffektes sei ein teilchenhaftes Photon notwendig. Wenn Lehrer gelegentlich in Fortbildungskur sen erfahren, das Photon sei als Anregungszustand des elektromagnetischen Feldes zu deuten, dann sagt ihnen dies nur dann etwas, wenn sie die Grundgedanken der Quantentheorie auch in einem elementaren mathematischen Kontext kennen, der sie mit diesem Hintergrundwissen davor bewahrt, in der Schule Falsches zu lehren. Ebenso ist das Buch auch für die Studenten, die sich speziell mit der Quanten theorie befassen, z.B. im Rahmen der Hochenergiephysik, als Grundlage für ein weiterführendes Studium von nicht zu unterschätzendem Nutzen. Obwohl es sich um ein Theorie-Buch handelt, wird in der Darstellung die Ver bindung von Theorie und Experiment besonders herausgestellt. Dazu wurden auch neue Experimente mit einbezogen. Dadurch bekommt der interpretierte mathema tische Formalismus noch mehr Farbe. VI Vorwort Um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen, können beim ersten Durch gang des Buches längere Rechnungen, die durch Zeichen markiert sind, zunächst überschlagen werden. Die Gleichungen sind abschnittsweise numeriert. So bedeutet im gleichen Kapitel z.B. (1.3) die dritte Gleichung im ersten Abschnitt und im anderen Kapitel z.B. (2.1.3) die entsprechende Gleichung aus dem zweiten Kapitel. Wir dankem dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, der mit mehreren Stipendien für J.S. unsere gemeinsame Arbeit an dem vorliegenden Buch am Institut für Didaktik der Physik der Justus-Liebig-Universität Gießen besonders förderte. Gießen, 1994 Wilfried Kuhn Janez Stmad VII Inhaltsverzeichnis Methodisches Konzept 1 1 Klassische Mechanik 5 1.1 Grundbegriffe 5 1.2 Hannonischer Oszillator 7 2 Quantenmechanik 10 2.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . 10 2.2 Schrödinger-Gleichung ..... . 12 2.3 Vertauschbarkeit von Operatoren. 15 2.4 Harmonischer Oszillator . . . . . 16 2.5 Hennite-Polynome........ 19 2.6 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren 22 2.7 Orthogonalität und Nonnierung .. 27 2.8 Entwicklung nach Eigenfunktionen 29 2.9 Erwartungswerte und Unschärfen 31 2.10 Matrizen . . . . . . . . . . . 34 2.11 Selbstadjungierte Operatoren . 38 2.12 Unschärfebeziehung 42 2.13 Kohärente Zustände . . . . . 44 2.14 Heisenberg-Bild ...... . 54 2.15 Teilchenzahldarstellung und Dirac-Schreibweise . 58 2.16 Gequetschte Zustände . . . . . . . . . . . 63 2.17 Phase ................... . 67 2.18 Quantenmechanik und klassische Mechanik 78 3 Klassische Elektrodynamik 81 3.1 Grundlagen....... 81 3.2 Laufende und stehende Wellen 85 3.3 Schwingungen und Wellen 89 3.4 Modendichte . 91 3.5 Dipolstrahlung . . 93 4 Theorie der Photonen 96 4.1 Quantisierung des elektromagnetischen Feldes . 96 4.2 Feldquantisierung mit stehenden Wellen ... 98 VIII Inhaltsverzeichnis 4.3 Feldquantisierung mit laufenden Wellen 104 4.4 Was sind eigentlich Photonen? ..... 108 4.5 Kohärente Zustände . . . . . . . . . . 112 4.6 Quantentheorie und klassische Elektrodynamik 116 4.7 Vielmodenzustände ......... . 117 4.8 Statistische Gemische .. . . . . . . . 122 4.9 Thennisches monochromatisches Licht 125 4.10 Thennisches Vielmoden-Licht . . 128 4.11 Strahlung des schwarzen Körpers ... 131 4.12 Strahlungsübergänge . . . . . . . . . . 133 4.13 Matrixelemente für Strahlungsübergänge 138 4.14 Spontane und stimulierte Emission und Absorption 139 4.15 Halbklassische Näherung. 143 4.16 Einstein-Koeffizienten . . . . . . . . . 145 4.17 Spontane Emission . . . . . . . . . . . 148 4.18 Gibt es eine Photonen-Wellenfunktion? 150 4.19 Photonen und Elektronen . 154 5 Effekte und Experimente 161 5.1 Laser ...... . 161 5.2 Intensitätsmessung 167 5.3 Interferenz... 168 5.4 Photoionisation .. 178 5.5 Casimir-Kraft .. 183 5.6 Lamb-Verschiebung 189 5.7 Photonenkorrelationen erster Ordnung 193 5.8 Photonenkorrelationen zweiter Ordnung 197 5.9 Hohlraum-Quantenelektrodynamik und Mikromaser . 205 5.10 Experiment mit einzelnen Photonen 210 5.11 Photonenzählung . . . 216 5.12 Nichtklassisches Licht 218 5.13 Compton-Effekt 221 5.14 Photoeffekt . 226 Schlußwort 235 Literatur 238 Sachwortverzeichnis 239 1 Methodisches Konzept R.Feynman, einer der Begründer der Quantenelektrodynamik (QED), hat im Rah men der Dualismusdiskussion auf die Frage"W as ist Licht?" die Antwort gegeben ,,Keines von beiden." Nach Feynman ist Licht etwas ,,Drittel'. Dieses ,,Dritte" wird in der Quantentheorie des elektromagnetischen Feldes behandelt. Die Quantentheo rie hat als Ziel, das bei Experimenten mit Mikroobjekten in Erscheinung tretende teilchen- und wellenhafte Verhalten, nicht durch getrennte, sich widersprechende anschauliche Modellvorstellungen zu deuten, sondern im Rahmen einer einheit lichen Theorie widerspruchsfrei zu erfassen. Die naturphilosophische Frage nach der "wirklichen" Natur der Mikroobjekte bleibt dabei offen. Das ,,Dritte" ist nicht im Sinne eines ontischen Substrates der Quantenwelt, sondern als mathematisches Konzept zu verstehen, das erlaubt, die Quantenphänomene widerspruchsfrei darzu stellen. Die theoretischen Voraussagen der Quantentheorie sind in hervorragender Übereinstimmung mit den experimentellen Daten. Es ist eine grundsätzliche natur philosophische Frage, ob ein derartiges mathematisches Konzept Aussagen über die "Wirklichkeit' macht oder über die Art und Weise unserer Erkenntnisgewinnung. Wir gehen davon aus, daß die Quantentheorie des elektromagnetischen Feldes die Realität zwar nicht ikonisch abbildet, aber in einer strukturellen Korrespondenz zu ihr steht. Eine wesentliche didaktische Leitlinie unserer elementaren Darstellung der Quan tentheorie des elektromagnetischen Feldes sind strukturelle Analogien zwischen der klassischen Mechanik und der Quantenmechanik, die uns den Weg von der klassischen Elektrodynamik zur Quantenelektrodynamik zeigen. Dabei spielt der harmonische Oszillator die Rolle eines methodischen ,,Leitfossil1', weil die quanti sierten Energiestufen und Übergänge des quantenmechanischen Oszillators in ana loger Weise zur Quantisierung des elektromagnetischen Feldes methodisch genutzt werden können. Photonen erscheinen dann nicht mehr als teilchenhafte Gebilde, sondern als Anregungszustände des Feldes. Bei der Behandlung des harmonischen Oszillators wird gezeigt, wie der Übergang von der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik zu vollziehen ist. Die Quanti sierung erfolgt dadurch, daß man in geeigneter Form die klassischen dynamischen Variablen Ort und Impuls durch entsprechende Operatoren ersetzt, für die eine ganz bestimmte Vertauschungsregel gilt. In analoger Weise läßt sich der Übergang von der klassischen Elektrodynamik zur Quantenelektrodynamik durchführen. Dementsprechend müssen die elektrische und die magnetische Feldstärke durch Operatoren, für die eine bestimmte Vertauschungsregel gilt, ersetzt werden. Beim harmonischen Oszillator treten zwei Energieformen auf: potentielle und kinetische 2 Methodisches Konzept Energie. Die Energie oszilliert ständig zwischen diesen bei den Energieformen hin und her, wobei die Summe der beiden Energien konstant bleibt. Ein mechanisches Beispiel dafür sind stehende Seilwellen. Unser theoretisches Konzept läßt sich ver anschaulichen, indem wir die dazu analoge Situation konstruieren, wobei wir uns die elektromagnetische Strahlung in einen von spiegelnden Wänden gebildeten Ka sten eingesperrt denken. In einem solchen optischen Resonator treten dann analog zur potentiellen und kinetischen Energie des mechanischen Oszillators nun zwei Energieformen des Feldes auf, zwischen denen die elektrische und magnetische Feldenergie oszilliert. Unser Ziel ist, das elektromagnetische Feld als quantenmechanisches Objekt zu behandeln, indem wir die kontinuierlichen Feldvariablen durch einen Satz von diskontinuierlichen (diskreten) Veränderlichen beschreiben. Anders ausgedrückt bedeutet dies, daß man das Feld in einem großen, aber endlichen Volumen nach fort schreitenden Wellen entwickelt. Dies geschieht bereits in der klassischen Elektrody namik, indem man die Feldgrößen durch eine entsprechende Fourier-Entwicklung darstellt. Eine derartige Entwicklung des elektromagnetischen Feldes durch einen Satz von diskreten Veränderlichen läßt sich anschaulich als eine ,,zerlegung" des Feldes in einen unendlichen Satz von harmonischen Oszillatoren deuten. Der Über gang von der klassischen Elektrodynamik zur Quantenelektrodynamik wird dann folgerichtig vollzogen, indem man den klassischen Oszillator durch den quantenme chanisehen Oszillator ersetzt. Berechnet man den Ausdruck für die Gesamtenergie aller in unserem Kasten eingeschlossenen Eigenschwingungen, dann zeigt dieser eine zur Hamilton-Funktion des harmonischen Oszillators analoge mathematische Struktur, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen sei, daß diese Analogie nur struk turell und nicht wörtlich verstanden werden darf. Die zu Impuls- bzw. Ortsoperator analogen Feldoperatoren bzw. die ,,Masse" sind nicht im wörtlichen Sinne, sondern nur im formalen Sinne als Abkürzungen für eine durch geschickte formale Umfor mungen entstandene Kombination physikalischer Bestimmungsstücke im Rahmen unseres Kastenmodells aufzufassen. Um von der Analogie zwischen Orts- und Impulskoordinaten des harmonischen Oszillators und den Feldgrößen zu den Operatoren für die elektrische und magne tische Feldstärke zu gelangen, erinnern wir uns an die "algebraische Methode", die Energiezustände des quantenmechanischen Oszillators durch die Einführung von Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren zu gewinnen. Danach lassen sich der Orts-und Impulsoperator des quantenmechanischen Oszillators aus einer Kombina tion von Erzeugungs- und Vernichtungsoperator darstellen. Um die Operatoren für die elektrische und magnetische Feldstärke zu konstruieren, verfahren wir analog. Wir erhalten dann Ausdrücke in Produktform, wobei der eine Faktor den Wel lencharakter des Feldes mathematisch zum Ausdruck bringt, während der zweite, in den die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren eingegangen sind, die Quan tisierung des Feldes beschreibt. Damit wird deutlich, daß die Quantisierung des