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Publizistik als autopoietisches System: Politik und Massenmedien. Eine systemtheoretische Analyse PDF

269 Pages·1993·9.15 MB·German
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Frank Marcinkowski Publizistik als autopoietisches System Frank Marcinkowski Publizistik als autopoietisches System Politik und Massenmedien. Eine systemtheoretische Analyse Westdeutscher Verlag Aile Rechte vor\:'ehalten © 1993 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. ]ede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt Gedruckt auf saurefreiem Papier ISBN-13: 978-3-531-12428-5 e-ISBN-13: 978-3-322-87740-6 DOl: 10.1007/978-3-322-87740-6 Inhalt Vorwort ............................................................................................... 7 Teil I Politik, Massenmedien und funktionale Analyse 1. Relevanz und zentrale Fragestellung einer politikwissenschaftlichen Beschiiftigung mit Massenmedien .................................................... 11 2. Theoretisches Fundament: Hauptrichtungen systemtheoretischer Massenkommunikationsanalyse ....................................................... 20 3. Vorgehen, Autbau und Reichweite der vorliegenden Untersuchung ............ 26 Teil II Publizistik als autopoietisches System 1. Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen publizistischer Systeme .......... 35 2 Thematisierung als publizistische Leistung ......................................... 46 3. Publizitiit als generalisiertes Kommunikationsmedium. Zur Codierung von Offentlichkeit ....................................................................... 53 4. Thematische Grenzen des publizistischen Systems ................................. 71 5. Das Publikum als innere Umwelt des Joumalismus. Zur Binnendifferenzierung des publizistischen Systems ................................ 78 6. Joumalistische Organisation und autopoietische Reproduktion publizistischer Kommunikation ....................................................... 98 7. Die Selbstbeobachtung der Gesellschaft als publizistische Funktion ........... 113 8. U mweltkontakt und Intersystembeziehungen der Publizistik .................... 133 9. Zusammenfassung ...................................................................... 146 6 Teil III Konsequenzen fUr die Steuerung. Aktuelle Rundfunkpolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1. Rundfunk als publizistisches Subsystem. Von der "Dualisierung" zur Selbstreferenz ........................................................................... 153 2. Regulative Rundfunkpolitik und kontextuelle Optionenpolitik. Grenzen und Moglichkeiten der Steuerung ................................................... 185 3. Reicht Evolution? Anregungen fiir die Forschuog ................................ 230 Anhang Verzeichnis der Abbilduogeo uod Ubersichteo .................................... 247 Literaturverzeichnis .................................................................... 249 Vorwort Aile Lebewesen, der Mensch eingeschlossen, sind autopoietische Systeme. Aile Operationen solcher Systeme sind selbstreproduktiv, sie erzeugen die Elemente des Systems aus Elementen des Systems. Diese fundamentale Einsicht des chileni schen Physiologie-Professors Humberto R. Maturana hat bekanntlich weite Wis senschaftsbereiche revolutioniert, unter ihnen die neuere soziologische System theorie. Die hiermit vorgelegte Arbeit macht sich die revolutioniiren Thesen der Theorie autopoietischer Systeme zunutze, indem sie sich auf ihrer Basis einen Ge genstandsbereich der Sozialwissenschaften erschlieBt, der im Rahmen dieser Dis kussion bisher weitgehend verschlossen geblieben ist: das Massenkommunikati onssystem moderner Gesellschaften. Bei zuniichst unsicheren Erfolgserwartungen an dieses Unternehmen, hege ich nach AbschluB der Arbeiten die vielleicht be rechtigte Hoffnung, daB ein solcher Theorietransfer zumindest zu neuen, zum Teil iiberraschenden Sichtweisen auf traditionelle und aktuelle Probleme der sozial und kommunikationswissenschaftlichen Theorieentwicklung in diesem Feld anzu regen vermag. Ein solches Ergebnis wiirde ich auch dann als Erfolg verbuchen, wenn dabei letztlich andere Richtungen eingeschlagen wiirden, als die von mir vorgezeichnete. Nimmt man das Autopoiesis-Konzept wirklich ernst, so gilt es natiirlich auch fUr die Produktion wissenschaftlicher Aussagensysteme durch das Einzelbe wuBtsein, und dann kann man im wahren Brustton der Uberzeugung behaupten, was iiblicherweise am Beginn solcher Arbeiten behauptet wird, daB niimlich allein der Autor fUr aile folgenden Miingel, Fehler und - das bleibt meist unausgespro chen, ist aber immer gemeint - auch neuen Einsichten verantwortlich ist. Aller dings stehen auch selbstreferentiell-geschlossene Systeme typischerweise in uner miidlichem UmweItkontakt. Inter-System-Beziehungen regeln ihre Energie- und Informationsaufnahme. Danksagungen an Dritte sind insofern auch am Beginn ei ner Arbeit, die unter diesen Theoriepriimissen antritt, keineswegs deplaziert. In diesem Sinne danke ich zuniichst meinen akademischen Lehrern, vor allem Heri bert Schatz, von dem ich seit meiner friihesten Studienzeit immer wieder neues iiber Massenmedien und Politik lernen konnte und der mir schlieBIich die Gele genheit bot, mich akademisch weiterzuqualifizieren, sowie Dieter Grunow, der mich nachdriicklich dazu ermutigte, meine Problemstellung mit Hilfe der Theorie selbstreferentieller Systeme zu bearbeiten, die sich im folgenden als so fruchtbar erwies. Beiden verdanke ich auBerdem wichtige Hinweise zur redaktionellen Be arbeitung der ersten Fassung des Manuskriptes. Armin Weber danke ich fUr sein sorgfiiltiges Lektorat und Thomas Bruns fUr seine technische Unterstiitzung bei der Herstellung der Druckvorlage. Vor allem danke ich aber meinen Eltern, Ver wandten und Freunden, die lange Zeit geduldig auf das Ergebnis meiner selbstbe ziiglichen Verschlossenheit gewartet haben. Das Bemiihen, sie nicht zu enttiiu schen, hat vielleicht mehr als alles andere dazu beigetragen, daB diese Arbeit schlieBlich fertiggestellt worden ist. Duisburg, im Januar 1993 F rank Marcinkowski TElL I POLITIK, MASSENMEDIEN UND FUNKTIONALE ANALYSE 1. Relevanz und zentrale Fragestellung einer politikwissenschaftIichen Beschaftigung mit Massenmedien Die modeme Wissensehaftstheorie hat uns gelehrt, Will sieh akademisehe Diszipli nen nieht etwa um exakt eingrenzbare und exklusiv zurechenbare Gegenstandsbe reiehe der wirkliehen Welt, sondem um spezifisehe Problemstellungen konstituie ren. In den Sozialwissensehaften handelt es sieh dabei in der Regel um praktisehe Problemiagen der Gesellschaft, die dureh gedankliehe Verallgemeinerung in theo retisehe Probleme transformiert werden. Die priizise Formulierung einer solchen Problemstellung ist idealtypiseh der erste Sehritt auf dem Weg wissensehaftlieher Erkenntnis, und "ebenso wie aile anderen Wissensehaften, so sind aueh die Sozi alwissensehaften erfolgreieh oder erfolglos, interessant oder sehal, fruehtbar oder unfruehtbar, in genauem Verhiiltnis zu der Bedeutung oder dem Interesse der Pro bleme, um die es sieh handelt" (Popper 1982, 105). Demzufolge definiert sieh aueh die Politikwissensehaft nieht einfaeh und jedenfalls nieht aussehlie61ieh dureh Aufziihlung ihrer bevorzugten Untersu ehungsobjekte, also insbesondere staatliehe Institutionen, administrative Entsehei dungen, politisehe Parteien oder politische Wahlen. Diese Gegenstiinde konnten ihr mit einigem Recht von konkurrierenden Disziplinen wie der Soziologie, der Okonomie oder der Rechtswissensehaft streitig gemaeht werden. Und aueh die Massenmedien der Gesellsehaft sind nieht umstandslos dem Gegenstandsbereieh der Politikwissenschaft zuzusehlagen, zumal spezialisierte Kommunikationswis senschaften mit unterschiedliehsten Etikettierungen seit Jahrzehnten das dazugehO rige empirische Feld bestellen. Zum Gegenstand der Politikwissensehaft werden die Massenkommunikationsmittel der Gesellsehaft erst insoweit, als sie unter spe zifisch politikwissenschaftliehen Problem- und Fragestellungen analysierbar sind, was nieht aussehlieBt, Will sieh in bezug auf denselben Gegenstandsbereieh nahezu beliebig viele weitere wissenschaftlieh relevante Fragestellungen formulieren las sen, die diesen dann zum Forschungsfeld fUr beispielsweise (Medien-)Okonomie, (Medien-)Psyehologie, (Medien-)Piidagogik oder (Medien-)Recht maehen. Fragt die Politikwissenschaft im allgemeinen naeh den Bedingungen der Mogliehkeit modemer Gesellschaften, ihr kollektives Sehieksal dureh politisches Handeln zielstrebig zu beeinflussen, 1) so sind die Massenmedien der Gesellsehaft ein nieht nur legitimer, sondem geradezu notwendiger Gegenstandsbereieh poli tikwissensehaftlieher Forschung, falls und insoweit sie genau diese Bedingungen ihrerseits erzeugen, verfestigen oder veriindem. DaB ein solcher EinfluB der Mas senkommunikationsmittel auf die Funktionsbedingungen staatliehen und politi schen Handelns in demokratischen Systemen existiert, kann heute kaum noeh emsthaft bestritten werden. Ohne Kenntnis der einsehliigigen Forsehung kann sieh 1 Dies ist eine von mehreren mogliehen Formulierungen der allgemeinsten Pro blem- oder Fragestellung der Politikwissensehaft, die hier in Anlehnung an eine Frage von Fritz W. Scharpfgewiihlt wurde (vgl. Hartwich 1985, 174). 12 I. POlilik, Massenmedien undfunktionale Analyse jeder politisch informierte Laie diesen Zusammenhang relativ leicht plausibel ma chen, wenn er sich nur einen Moment vorzustellen versuchte, welchen Verlauf be stimmte politische Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Agieren der Massenkommunikationsmittel vermutlich genommen hlitten. Ein aktuelles Bei spiel aus dem Herbst 1991 mag zur Veranschaulichung dessen geniigen: da hatten diverse Biirgerrechtsgruppen innerhalb und au6erhalb des Parlaments wochenlang erfolglos versucht, Einflu6 auf die Gestaltung des sogenannten Stasiunterlagenge setzes zu nehmen, das die Einsichtnahme der Biirger in die iiber sie gesammelten Akten der "S taatssicherheit " der ehemaligen DDR regelt. Kernforderung war letztlich ein liberaler Zugang zu den Akten, insbesondere rur die Betroffenen. Aber erst als der Deutsche Iournalisten-Verband (DIV) buchstiiblich wenige Stun den vor der Verabschiedung von einem "skandalosen Eingriff" in die Pressefrei heit sprach (die Iournalisten wurden bei Androhung hoher Strafen aufgefordert, aile in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen bei der Gauck-Behorde abzuliefern, die sich ihrerseits die Freigabe zur VerOffentlichung vorbehalten wollte) und mit ihm viele Bllitter in gro6er Aufmachung die Meinungs-, Informations- und Presse freiheit durch das Gesetz rur bedroht erkliirten, wurde der Ursprungsentwurf noch im letzten Augenblick korrigiert und das Gesetz letztlich in einer abgemilderten Variante verabschiedet.2) "Selbstgefertigte Abschriften" konnen jetzt im Besitz des betreffenden Iournalisten verbleiben und das Strafma6 bei unrechtmiilliger VerOffentlichung ist deutlich gemildert. Angesichts der so demonstrierten "Macht der Medien" konnten selbst abgebriihte Polit-Profis in Bonn ihre Verwunderung nur miihsam verbergen. Kann angesichts solcher Beispiele ernsthaft am politischen Einflu6 der Massenmedien gezweifelt werden? Tatsachlich wird dieser vorwissenschaftliche Befund, das mag beruhigen, in seltener Einmiitigkeit durch den Stand der politikwissenschaftlich relevanten Massenkommunikationsforschung bestiitigt, wenn auch Richtung und Ausma6 der politischen Wirkung von Massenmedien im Einzelfall kaum me6bar und daher immer wieder umstritten sind (vgl. als Uberblick Schatz 1978 und 1982a, KaaselLangenbucher 1986, Paletz 1987, Bockelmann 1989). Im einzelnen zeigt bereits ein fliichtiger Forschungsiiberblick, daB der Frage nach dem Einflu6 der Massenmedien auf die Struktur- und Funktionsbedingungen von Politik in einer ganzen Reihe politikwissenschaftlicher Forschungsbereiche nachgegangen wird, allerdings eher sporadisch als systematisch, etwa in der Wahl- und Einstellungs forschung, in der Parteien- und Verbandsforschung, in der Regierungssystemfor schung, in der Politikfeldforschung etc. Die dabei verwendeten analytischen An satze sind ebenso vielfiiltig wie die untersuchten Fragestellungen. Es finden sich demokratie- und pluralismustheoretische Herangehensweisen ebenso wie kapita lismuskritische, funktionalistische, legitimations- oder symboltheoretische Inter pretationsmuster. 2 vgl. DER SPIEGEL 4511991.

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