Psychotherapie bei Demenzen Rolf Hirsch Herausgeber Psychotherapie bei Demenzen Unter Mitarbeit von Hartmut Radebold, Jens Bruder und Christian Luscher Anschrift des Herausgebers: Dr. phil., Dr. med. Rolf Hirsch Rheinische Landesklinik Bonn Gerontopsychiatrische Abteilung Kaiser-Karl-Ring 20 D-53111 Bonn Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Psychotherapie bei Demenzen / Rolf Hirsch Hrsg. Unter Mitarb. von Hartmut Radebold ... ISBN 978-3-7985-0975-7 ISBN 978-3-642-53829-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-53829-2 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrages, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung aus anderen Wegen und der Speiche rung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. 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Satzerfassung: Emmerling, Konigstein Gedruckt auf saurefreiem Papier Vorwort Gibt es derzeit auch keine allgemeingilltige Theorie fiber die Atiologie und Patbogenese dementieller Syndrome, so wird doch davon ausgegangen, daB diese schweren psychi schen Erlaankungen organisch bedingt sind Dementsprechend liegen auch die Schwer punkte in der medikam.enWsen Bebandlung, obwohl von dieser noch keine entscheidende Verlinderung des Krankheitsverlaufes bewirkt werden kann. Derzeit dominiert eher ein the rapeutischer Nihilismus der Ante, eine resignative Halbmg des Pflegepersonals und eine Hilfs- und Hoffnungslosigkeit der AngehOrigen. AIlerdings gibt es seit einigen Jahren immer mehr Geriater und Gerontopsychiater sowie betroffene AngehOrige, die sich Dicht mehr mit der ,,schicksa1haftigkeit" der Demenzerkrankung abfmden und nach M6glichkei ten eines verlinderten Umgangs mit Demenzkranken suchen. Was verleitet Psychotherapeuten verschiedenster "Schulen" dazu, sich dieser schwer sten allerpsychischen Erkrankungen zuzuwenden, Atiologie und Pathogenese zuhinterfragen und nach M6glichkeiten der Psychotherapie zu suchen und praktisch anzuwenden. Die meisten anerkannten Psychotherapieverfahren setzen voraus, daB der zu beban delude Patient fiber gute psychische Grundfunktionen (z.B. Wahmehmung, Konzentration, Ge<tiichtnis, Orientierung) verffigt Gefordert wird je nach Therapieverfahren eine ausrei chende Ich-Stiirke, genfigend ,,Plastizitilt", Motivation, Introspektion, Lernflihigkeit, stabile Verankerung im sozialen Netz u.a AIle diese FlUligkeiten verliert ein Demenzkranker, insbe sondere der Alzheimer-Patient, im Laufe des Krankheitsprozesses immer mehr. Zunehmend veningerte kognitive Funktionen bedeuten aber nicht, daB affektive und emotionale parallel dazU abnehmen. Diese verandern sich zwar uud au6em sich ffir AuBen stehende in oft sehr unverstandlicher und mi6verstilndlicher Weise, k6nnen aber bis zum schwersten Stadium therapeutisch beeinfluSt werden. Ffir Psychotherapeuten heiSt dies, neben einer z. T. nur geringen und zeitlich begrenzten MOglichkeitder direkten Hilfe fUr den Demenzkranken, sich mit dessen Umwelt (AngehOri ge, soziales Milieu, Gesellschaft im weitesten Sinne) zu bescMftigen. Von besonderem Wert ist hierbei die Unterstiitzung von verttauten, konstanten Bezugspersonen und ein angst freies, maBvoll stimulierendes soziales Milieu. Um dies zu erreichen, bedarf es oft einer Psychotberapie der AngeMrigen und eines "psychotberapeutischen Grundldimas" in In stitutionen. Psychotberapie geschieht in Beziehungen. 1st eine tberapeutische Zweier beziehung Dicht m6glich, so moB sie fUr Demenzkranke auf die Familie ausgedehnt werden. HeiSt es in der Kinderpsychotherapie ,,Behandle die Mutter, dann geht es dem Kind gut", so Ui6t sich mit Einscbrankungen fordern: ,,Behandle die AngeMrigen (oder Bezugsperso nen), dann geht es dem Demenzkranken gut". Wud das Beziehungssystem stabiler und freier von Angsten, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Wut und Enttiluschung, so werden dadurch vorhandene Fahigkeiten Demenzkranker geftlrdert bzw. auch stabilisiert. Nicht nur ffir den AuBenstehenden, auch ffir den Psychotherapeuten bedarf es eines groBen Einfiihlungsverm6gens, der Geduld, Ausdauer und kunstvollen Beziehungsge staltung, um zu erfahren, was in einem Demenzkranken vorgeht Wer einen Demenzkranken von Beginn bis zum Ende seiner Erkrankung begleitet hat, wird erschlittert von dessen V Ringen um Yerstand, dessen vielfiUtigen Versuchen, Beziehungen aufrechtzuerhalten und dessen Verzweiflung, sich immer weniger verstilndlich roachen zu k(jnnen. Die zunehmende Symbolhaftigkeit seiner AuBerungen und AuBerungsversuche, deren irrigen Interpretationsversuchen durch seine Bezugspersonen und die oft leidvollen Erfah rungen, daB Hilfen nur kurzzeitig und unzureichend sind, machen mutlos. Demenzkranke und ihre AngeMrigen leiden unter zunehmender Entfremdung, tilglichen Trennungen und Verlusten. Dieses gro.6e Leid aller Beteiligten zu verringem und das Da sein des Demenzkranken als eine Form menschliehen Lebens erleben zu kOnnen, bedarf groBer menschlicher StJirke und Wfirde. Dieses Geschehen aueh als sinnhaft erleben zu kOnnen, sich nieht mit dem "Warum gerade ieh?" stilndig zu quaIen, ist nieht leicht. KOnnte die Demenz trotz ihrer schweren Auswirkungen nicht aueh als ,,menschlichste aller Krank heiten" gesehen werden? Die vorliegenden Beitdlge sind z. T iiberarbeitete Referate von der ,,3. Arbeitstagung fUr Psyehotberapie im Alter" in Bonn am 31. Mai und 1. JuDi 1991 (I). Leitthema war: ,,Demenz und Psychotberapie: Uhmender Gegensatz oder Herausforderung fOr den Therapeuten?" Zuslltz1iehe neue Beitdlge wurden in dieses Buch aufgenommen, urn dem Leser weitere Aspekte zu vermitteln. 1m ersten Beitrag skizziert Luscher anhand soziohistorischer Daten die leidvolle Ge schiehte der Demenzkranken. Von der Fragestellung ausgehend, ob es nicht mOglich sei, daB die Demenz heute die Funktion von Cholera, Pest und Lepra als "schmutziger Krank heit" iibemommen hat, schildert er zurulchst, wie sich durch den industriellen Fortschritt die Altersgrenzen zugunsten der Jugendlichen und Erwachsenen verschoben haben, wie der alte tote Kfuper in der pathologischen Anatomie "verwertet" wird. Demenz als ,,Alters bl<>dsinn", als ,,psychiatrischer Grenzfall" schlie.6en sich an, urn den Blick freizugeben auf das Schicksal der Altersdementen wiihrend der nationalsozialistischen Diktatur. Sein Bei trag belegt, daB das Thema ,,Demenz" nicht nur aktuell brisant ist, sondem sich immer am Umgang mit dem Altern unddem Demenzerkrankten die wahre Humanitilteiner Gesel1schaft ablesen UiBt. Zaudig geht davon aus, daB eine differenzierte klinische Diagnostik der Demenz Voraus setzung ffir eine effektive Behandlung ist. Sein Beitrag fiihrt durch die verschiedenen Diagnoseschemata (ICD-9, lCD-10, DSM-m-R) und die dort zugrundegelegten Kriterien. Wichtig ist ibm, darauf hinzuweisen, daB beginnende und damit leichte kognitive Defizite l1lterer Menschen meist nieht erkannt werden. Die FrUherkennung wird zum gro.6en Tell durch fehlende eindeutige Kriterien zur Diagnose ,,leichte kognitive Demenz" verhindert. In diesem Zusammenhang diskutiert er den Begriff der ,,mild dementia" und den der ,,Pseudo demenz". Abschlie.6end gibt er eine Obersicht iiber die bestehenden standardisierten und strukturierten Diagnoseinstrumente, wie z.B. Interviews und neuropsychologische Tests. Zaudig fordert, daB Diagnosekriterien so ab gefaBt sein sollten, daB sie auch ffir den ,,Nicht-Nervenarzt" anwenbar sind. Die Referate der ersten Arbeitstagung finden sich in Hirsch, RD. (Hrsg.) (1990). Psycho 1 tberapie im Alter. Bern: Huber, und die der zweiten in Hirsch, RD., Bruder, J., Radebold, H. & Schneider, H.K. (Hrsg.) (1992). Multimorbiditilt im Alter. Herausforderung fOr die Psychotberapie. Bern: Huber. VI Drerup fordert, daB trotz unbezweifelbarer Erfolge der naturwissenschaftlich ausge riehteten Medizin, Demenzen zu erkUiren, in der ErkUlrung der Demenzen weitere Aspekte zu deren Verstiindnis erforderlieh sind So geht er von den Ergeboissen der psychologischen Altersforschung aus tmd verweist auf die Beitrtige der Psychoanalyse und der Psychoso matik. Er sieht als Voraussetzung fUr eine Demenzentwicklung eine Uber-Ieh-Pathologie, Stfuungen in der narzistischen Regulation, eine pathologische Regression, erne iiberMhte libidinose Besetzung intellektueller Funktionen sowie erne pathologisehe Ausformung ei nes ,,falschen Selbst". J. Bauer, H. Bauer undM. Teising veranschaulichen zunachst die neuropathologischen Vertinderungen bei der Alzheimer-Demenz, om dann bereits vorliegende Hinweise auf psychosoziale Faktoren anzufiihren. Diese veranlaBten sie zwischen t990 tmd 1992 zu ihrer eigenen Untersuehung mit zebo Patienten, die sowohl nach den Kriterien des lCD-tO alS auch denen des DSM-III-R die Voraussetzungen einer Diagnose ,,Demenz vom Alzheimer Typ" erfiillten. Da die meisten Patienten oieht ,,rapportflihig" waren, muBten ihre Biogra phie, ihre prtimorbide PersOnlicbkeit und die psychodynamiseh relevant erscheinenden \brgange im Vorfeld der Erlcrankung fremdanamnestisch erhoben werden. War die Interviewsi tuation aus ersiehtlichen GrUnden Dicht immer einfach, so lieBen sieh doch einige erstaunliche Merlcmale iiber die PersOnlicbkeitsstruktur, iiber die Partnerschaftsmuster, die Bedeutung der Kinder, der sozialen Kontakte und iiber die charakteristischen VerIaufe im tmmittelbaren Vorfeld der Erkrankung feststeUen. Die Autoren kommen zu dem SchluB, daB erhebliche, weitgehend einheitliche psychosoziale Belasttmgsfaktoren im Vorfeld der Entwicklung der Alzheimer-Demenz angenommen werden miissen. Radebold konstatiert in seinem Beitrag, daB sich die Psychoanalyse bisher kaum theo retisch mit dem PlWlomen der Demenz auseinandergesetzt hat. Fiir ibn stellt Regression den Bezug zwischen Demenz und Psychoanalyse her. Versucht man, das Konzept der Re greSSion auf Demenzen anzuwenden, so konnen regressionsfOrdemde bzw. -hemmende MaBnahmen bescbrieben und erOrtert werden. An einem ausfiihrlichen Fallbeispiel veran schaulicht Radebold seinen Ansatz. Kipp fordert, Demenzerkrankungen im Alter differenzierter zu sehen. Er betoot dabei den psyehodynamischen Aspekt, indem er z.B. die Demenzsymptomatik alS ,,Defekt" tmd Kom pensation ("Selbstheilung") zugleich begreift. Er erUlutert dann anhand vieler Beispiele, warum ibm die bestehenden Diagnoseschemata (lCD-9, lCD-tO und DSM-III-R) logisch teils inkongruent und klinisch unbefriedigend erscheinen. Ausgehend von dem psyehodynamischen Konzept, daB in der Symptomatik der Demenzen Kompensations-bzw. Selbstheilungsversuehe deutlich werden, kommt Kipp zu einer neuen Sichtweise der Erschei nungsbilder der Demenzen und stellt dementsprechende Differenzierungen vor. Der tmterschiedliche Einsatz von Medikamenten, Psycho-und Soziotherapie wird von Hirsch diskutiert. Wud auch heute noch die Altersdemenz pri.mar medikamentOs zu beein flussen versucht, so konnen deutliche Wrrkeffekte nur spiirlich nachgewiesen werden bzw. sind die UntersuchungsergebDisse z.T. recht widerspriichlich. Dennoch wird Medikamen ten immer noch eine eher magische Wtrlrung bei Demenzkranken zugescbrieben und auch von AngeMrigen erwartet. Da es sehr schwer ist, einen Demenzkranken wirklich zu begrei fen und zu erfassen, was ibm helfen konnte, konnen manche Interventionen -eingegangen wird auch auf soziotherapeutische MaBnahmen - auch zu einer Verschlechterung der Er- VII krankung fUbren. Hirsch kommt zu dem Ergebnis, daB sowohl Pharmako-, Psycho- und Soziotherapie als Einzelintervention kaum einem Demenzkranken helfen kOnnen, sondern ein wechselseitiges Ineinandergreifen der TherapiefOlmen notwendig ist. Junkers fiberlegt, wie denn Psychotberapie bei Demenzen mOglich und erfolgreich sein konne. Die Autorin definiert zunachst ihre Sichtweise der Demenz als einer Erkrankung mit ,,ProzeBcharakter", deren Auspragungs- und Schweregrad von dec EinzelpersOnlichkeit abhangt. Dies ist zwar schon vielfach beschrieben worden, hat aber nur selten zu prakti schen Konsequenzen gefiibrt Junkers nahert sich dem Problem, indem sie Lemtbeorie, kognitive Verllaltenstherapie und psychoanalytisch fundierte Psychotherapie aufeinander bezieht, om einen Zugang zu <fem scheinbar Unverstlindlichen zu fmden. Aus einer systemischen Sichtweise heraus beleuchtet Johannsen Beobachtungen und Interventionen bei Dementen.1bm ist dieser Ansatz insofern wichtig, da er interdisziplinar angelegt ist und nicht -wie im fiblichen medizinischen Krankheitsmodell -ausschlieBlich dec Atiologie und Nosologie einer Krankheit nachgeht. Stattdessen benutzt er die Technik des ,,zirku1aren Ftagens", om so cJas Beziehungsgefiige, die Reaktionen dec Familienmitglie der in ihrer wechselseitigen Bedingtheit zu seheo. So wird immer wieder ersichtlieh, in wel chem hohen MaBe Familienangeh6rige, aber auch professionelle institutionelle Mitarbeiter am Problemverhalten dec Dementen zumindest mitbeteiligt sind. So begrfindet gibt es eine Chance, das ,,Demenzsystem" zu beeinflussen und zu verandem. Schwarz versteht den verhaltenstberapeutischen Ansatz in dec Gerontopsychiatrie nur als ein Element, om alteren und alten psychisch erkrankten Menschen zu helfen. Um Verllaltenstherapie sinnvoll einzusetzen, ist eine genaue Verhaltens-und Bedingungsana lyse des Patienten, aber auch dec Pflegenden notwendig. Nur so konnen kommunikativ verstlirlrende MaBnahmen positiv wilken. Raselwm fragt, ob Obungs-und Trainiogsprogramme Verwirrtheit beseitigen oder re duzieren kOnnen. Er beantwortet sie, indem er ein eigenes Projekt darstellt, bei dem drei Gruppen je nach dem Schweregrad dec Erkrankung von ,,leicht" fiber ,,mittel" bis "schwer" gebildet worden. Ergebnisse dieser Gruppenarbeit waren unter anderem, daB die ursprung liche Vorstellung, durch intensives Training die Orientierungsleistungen der Dementen ganz konkret zu verbessem, sieh nicht aufrecht erhalten lieS. Damit wurde ffir die Therapeuten das oft etwas zwanghafte Training immer fragwiirdiger. Unter psychodynamischen Gesichtspunkten betrachtet Wojnar die institutionelle Ver sorgung an Demenz Erkrankter. Seine These lautet: Wenngleich die Demenz selbst und die Erkrankungen, die ihr zugrundeliegen, heute auch recht zuverUissig diagnostiziert werden konnen und in einigen FaIlen auch erfolgreich therapiert werden, so wissen wir fast Diehts fiber die ,,innere Welt" der schwer dementen Menschen. Nach seinen bisherigen Erfahrun gen sprieht alles dafiir, spezialisierte Einrichtungen fUr schwer Demenzkranke einzurichten, om so den vielfllltigen StOrungen auf ,,normalen" Stationen bis hin zu Gewalttlltigkeiten dec "Gesunden" gegeniiber ,,diesen VeITiickten" entgegenzuwirken. Wachtler, JUrgensen, Madey, Mittelstein uod Peters berichten iiber das therapeutische Milieu fUr Demenzkranke auf einer geschlossenen Station fUr Manner und Frauen. Sie ent werfen ein Konzept aus medizinischer Behandlung, ,,schonender" Psychopharmakotberapie uod einer ,,radikalen" Milieuomgestaltung. Nach vielfliltigen, eher frustierenden Anflingen, meist durch immer wieder wechselndes Personal verschuldet, begannen sie mit einem Pro gramm, bei dem die Mitarbeiter an der Verbesserung ihrer Arbeit beteiligt werden. Trotz maneher Sehwierigkeiten, hatte der ,,zirkel" positive Ergebnisse: Es entstand ein Konzept dec ,,aktivierenden Ptlege" (,,Helfen mit den Handen in den Taschen. "), das aueh vom Pfle- VITI gepersonal begrii8t wurde. Au8erdem worden weniger Pharmaka verschrieben und Fixie rungen angeordnet. Mit praktischen Beispielen scbildem MUller-Schwartz (Musiktherapie) WId Dunker (KWlSttberapie) die Maglicbkeiten eines musik-bzw. kunsttberapeutischen Umgangs mit Demenzkmnken. Beide Verfahren bescb.r3nken sich Dieht auf "traditioneIle" verbale psy chologische Mittel, sondem setzten dariiber hinaus z.B. in der Musiktherapie Klang WId Rbythmus WId in der KWIsttherapie Farbe WId FormgebWIg ein, mn seelische Vorglinge kommunikativ zu bearbeiten. Kannen ,,musikalische Assoziationen" mit der psyehoanalyti schen Methode des freien Assoziierens vergliehen werden, so ist der ganzheitliche Ansatz der Kunsttberapie gerade dort angebracht, wo der Mensch den Bezug zu sich selbst und seiner Umwelt verloren hat. Beide Verfahren ermOglichen, innere Rube WId eine ausgegli chenere AtmWIg zu finden. Dies kann gerade fUr Demente ein wiehtige Hilfe sein. Niedergelassene Allgemeinmediziner sind es, die in hohem Ma8e Familienmedizin be treiben WId damit mehr als andere das mitmenschliche Umfeld des Kranken fiberblicken, betoot Thiel in ihrem Beitrag. Auf der anderen Seite sind die AngehOrigen von De menzkranken besonders gefordert. Sie suchen aber kamn einen Arzt wegen der Be treuWIgssitualioo auf, sondem reagieren mit korperlichen oder auch psychosomatischen Beschwerden. Dies mUssen Hausmne wahrnehmen WId in der PraxissprechstWIde oder bei Hausbesuchen aueh ansprechen. Die Autorin schlie8t aufgrUDd ihrer vielfaItigen Erfahrun gen in einer Gemeinschaftspraxis, daB AngehOrige zu WIterstfitzen und zu entIasten eine wiehtige vorbeugende ODd therapeutische Aufgabe ffir den Hausarzt sein soIlte, auch dann, wenn ,,nur" der Demente der Patient ist Sie ermuntert daher Hausarzte, sieh mehr als bisher dieser Aufgabe zu widmen. Aus der Sieht und am Beispiel der AngehOrigenberatWIg e.V. Niimberg beschreiben schlie8lich Gunzelmann, MUckschel WId Obser die BedingUDgen, aber auch Schwierig keiten ihres Arbeitsfeldes. Anschlie8end erUlutem sie die Vorgehensweise der Ange hOrigenberatung ODd der BetreuWIgsgruppe ffir verwirrte altere Menschen und Alzheimer Patienten. In der BetreuWIgsgruppe soil das "SelbstwertgefUhl" des oder der Erkrankten gestiirkt werden, indem von den Therapeuten mehr spontanen EinfaIlen nachgegeben wird, als daB ein ausgeklfigeltes Trainingsprogramm. vorliegen wiirde. Die Erfahrungen der Be treuWIgSgruppe erg~n die AngehOrigenberatung, indem aus der praktischen Erfahrung zmUi.chst Unverstandliches dem Pflegenden verstandlieher gemacht werden kann. Den Autoren der Beitrllge dieses Buches sei sehr herzlich ffir ihre Bereitschaft gedankt, die ThgWIgsbeitrllge der 3. Arbeitstagung ffir Psychotherapie im Alternoch einmal zu fiber arbeiten bzw. ein Manuskript zu einem weiteren Aspekt zur VerffigUDg zu stellen. Besoode rer Dank gilt Herro Christian Luscher M.A. ffir die redaktionelle Bearbeitung der Beitrllge dieses Buches sowie Herro Harald Emmerling ffir die sehr sorgflUtige GestaltWIg des Lay outs. Ohne ihre engagierte und sorgflUtige Arbeit Ilatte es nur schwerlich erscheinen kon nen. R. D. Hirsch IX Inhaltsverzeichnis Senile Demenz, eine schmutzige Krankheit? Luscher, ehr. ...................................................................................................................... 1 Oifferenzierte klinische Oiagnostik der Demenz und ,,leichter kognitiver Beeintriichtigung": Voraussetzung tberapeutischer Bemiihungen Zaudig, M ........................................................................................................................ 17 Psychoanalytische Aspekte der Demenz Drerup, U. ......................................................................................................................... 35 Psychosomatische Aspekte der Alzheimer-Demenz Bauer, J., H. Bauer, M. Teising .......................................................................................... ~ Oas Konzept der Regression: Ein Zugang zu spezifischen, bei dementiellen Prozessen zu beobachteoden Phiinomenen Radebold, H ..................................................................................................................... 63 Psychodynamische Oitferenzierung von Demenzerkrankungen im Alter Kipp,J .............................................................................................................................. 71 Pharmakotherapie versus Psycho-uod Soziotherapie? Hirsch, R D ...................................................................................................................... 83 Psychotherapie bei Demenz? Junkers, G ......................................................................................................................... 93 Beobachtungen und Interventionen bei Dementen und ihrem Bezugssystem aus systemischer Sicht Johannsen, J .................................................................................................................... 107 Verhaltenstherapeutische Ansiitze in der Gerontopsychiatrie Schwarz, D ....................................................................................................................... 123 Ubungs-uod Trainingsprogramme mit Dementen unter Beriicksichtigung ihrer Emotionalitiit Raseborn, E ..................................................................................................................... 129 XI