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Psychotherapeutenjournal 3/2006 (.pdf) PDF

117 Pages·2006·13.37 MB·German
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Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sind Wirksamkeit und Nutzen psycho- bezogene Ansatz im neueren wissenschaft- therapeutischer Arbeit zu belegen? Diese lichen Diskurs der Psychotherapie“ mit dem Frage beschäftigt seit Monaten in beson- 2. Teil ab. Indem er Ergebnisse der Säug- derer Weise gesundheitspolitische Gremi- lings-, Bindungs- und Hirnforschung auf en wie den ´Wissenschaftlichen Beirat Psy- Konzepte der Körperpsychotherapie be- chotherapie‘ oder den ´Gemeinsamen zieht (inkl. Fallvignette), ermöglicht er Aus- Bundesausschuss‘, aber auch Gremien einandersetzungen, die auch den Dialog zur Leitlinienerstellung (s. Heft 2/06, R. Rich- der Kammermitglieder untereinander be- ter/T. Harfst: „Anpassung der Psychothera- fördern können. Die Spezifität des Einzel- pierichtlinien und evidenzbasierte Psycho- falls wird auch im Artikel von Axel Kobelt therapie“). Es ist verständlich, dass bei der „Sozialmedizinische Probleme in der Psy- Frage, wofür wie viel Geld ausgegeben chotherapie“ greifbar, der sich des Einflus- werden soll, Kriterien für Wirksamkeit ent- ses von Arbeitslosigkeit oder Berentungen wickelt und festgelegt werden müssen. auf die psychische Konfliktdynamik annimmt „Die finanzielle Situation der Psychothera- Aber mir scheint, dass der Anforderung – ob angestellt oder niedergelassen tätig peuten in Ausbildung: Ergebnisse einer nach Evidenz nicht selten einseitig unter wird dies die meisten von Ihnen schon internetgestützten Fragebogenstudie“ die primärem Bezug auf die sog. RCT-Studien beschäftigt haben. Situation in den Praktika: Die konkrete Ar- empiristisch begegnet wird. beit besteht meist in psychotherapeuti- In der Diskussion um die Psychotherapie- scher Versorgung, die Vergütung hinge- Studien, die im Wunsch nach kontrollier- richtlinien wurde u. a. deutlich, dass Begrif- gen bleibt aus oder ist gering. Hier ist der baren Ergebnissen vereinfachen, auf die fe wie Versorgungsrelevanz oder Behand- Gesetzgeber aufgerufen! Versorgungsrealität zu übertragen, ist da- lungsbedarf genauer operationalisiert wer- bei nicht ohne weiteres sinnvoll. Z. B. kann den müssen. Rüdiger Nübling et al. zei- Robert Francke beschreibt als Jurist straf-, in der Psychotherapie die Homogenität gen („Zur psychotherapeutischen und psy- zivil- und berufsrechtliche Aspekte der Ver- diagnostischer Gruppen oft nicht ohne chosozialen Versorgung psychisch kranker letzung des Abstinenzgebotes durch sexu- weiteres unterstellt werden. Neben den Kinder und Jugendlicher in Baden-Würt- elle Kontakte zwischen PatientInnen und vom Einzelfall abstrahierenden Untersu- temberg“) vielfältige Aspekte auf, die bei der PsychotherapeutInnen. Er rahmt damit die chungen der Wirksamkeit psychotherapeu- Abschätzung eines Bedarfes mitspielen. Ihr Aufgabe der Kammern ein, bei Vergehen tischer Vorgehensweisen gilt es auch die Ergebnis: Im sicher nicht schlechtest ver- gegen die Berufsordnung zu entscheiden. Evidenz ihrer Konzepte und die Beson- sorgten Baden-Württemberg besteht eine derheiten von Einzelfällen darzustellen und Unterversorgung mit Kinder- und Ju- Hartmut Gerlach greift in „Recht Aktuell“ zu diskutieren. Infolge dieser Reflexion – gendlichenpsychotherapeuten. Um frühzei- Fragen zur Rentenversicherungspflicht für auch die ist Teil der Wissenschaft – kön- tig psychotherapeutisch reagieren zu kön- alle die auf, die in Aus-, Fort- und Weiterbil- nen angemessene Wirksamkeitsüberprü- nen und Chronifizierungen zu mindern, dung tätig sind. Johann Rautschka-Rück- fungen meist erst entwickelt werden. Der müssten niederschwellige Versorgungsan- er berichtet von einem Urteil über das Füh- Einzelfall zeigt, dass immer fallspezifische gebote ebenso wie Kassenzulassungen ren der Berufsbezeichnung, das den an- Aufgaben bestehen, bei denen Psycho- erhöht werden. R. Nübling verbindet auch gestellten KollegInnen den Rücken stärkt, therapeutinnen/-en unter Rückbezug auf in „Aktuelles aus der Forschung“ For- aber auch aufzeigt, wieviel Arbeit für die ihre jeweiligen konzeptuellen Vorstellungen schungsergebnisse aus der Rehabilitation Anerkennung unserer Berufe noch ansteht. und diese variierend in der Begegnung mit Fragen des Versorgungsbedarfs. mit dem Patienten jeweils fallindividuelle Ich wünsche Ihnen eine anregende Lek- Wege kreieren müssen. Das „Verfahren“, In einigen Landeskammern sind Psycho- türe. dem sie sich verbunden fühlen, unterliegt therapeuten, die in der Ausbildung sind, gleichsam einer ständigen Veränderungs- bereits Kammermitglieder. „Zur Diskussion“ Mit freundlichen kollegialen Grüßen anforderung. gestellt wird der Beitrag von Heiner Vogel et al., der nun der Frage „Wie können die Ulrich Wirth (Hamburg) Die Komplexität der konkreten Versor- Kammern die Ausbildungsteilnehmer/ Mitglied des Redaktionsbeirates gungssituation bildet sich in den Beiträgen innen stärker in ihre Arbeit einbeziehen?“ dieses Heftes ab. Es enthält auch Arbeiten, nachgeht. Dass die Kammern für den 1 Der Redaktionsbeirat bedauert ganz außer- die eine Diskussion von konzeptueller Evi- Nachwuchs eintreten können, wird an ordentlich zwei Druckfehler in der letzten denz und Einzelfallproblematik ermöglichen. dem ersten Artikel eines Ausbildungs- Ausgabe: Statt „Körperpsychologie“ muss- te es auf dem Titelblatt natürlich „Körper- Ulfried Geuter1 schließt seine Arbeit teilnehmers in diesem Journal deutlich. psychotherapie“ heißen. Und auf S. 154 „Körperpsychotherapie – Der körper- Heiko Hölzel belegt mit seinem Beitrag wurde ein falsches Foto eingefügt. Psychotherapeutenjournal 3/2006 221 Inhalt Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Artikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Kobelt, A. Sozialmedizinische Probleme in der Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Die Therapeut-Patient-Dynamik, die Therapiezufriedenheit und die Prozesseffektivität werden stark vom Ausmaß der Bedro- hung der Erwerbsfähigkeit beeinflusst, wobei häufig die beruflichen und sozialen Probleme nur schwer von der der Störung zugrunde liegenden Konfliktdynamik zu trennen sind. Es werden typische soziale und berufliche Probleme aus sozial- medizinischer und psychotherapeutischer Perspektive beschrieben und Informationen zur Problemlösung gegeben. Hölzel, H. H. Zur finanziellen Situation der Psychotherapeuten in Ausbildung: Ergebnisse einer internetgestützten Fragebogenstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 In der im Artikel vorgestellten internetgestützten Fragebogenstudie wurden 446 PiA zu den finanziellen Rahmenbedingungen ihrer Ausbildung befragt. Ziel der Untersuchung war es einerseits, einen Überblick über die finanziellen Belastungen der PiA zu erhalten und andererseits zu erfassen, welche Einkünfte von den PiA während ihrer Ausbildung in verschiedenen Ausbil- dungsabschnitten (praktische Tätigkeit oder praktische Ausbildung) erzielt werden. Francke, R. Die rechtliche Bedeutung des Abstinenzgebotes in der Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Gegenstand der Untersuchung ist die rechtliche Regulierung des Abstinenzgebotes in Strafrecht, Zivilrecht und Kammerrecht. Es werden die Grundlagen und die einzelnen rechtlichen Tatbestände gezeigt. Dabei wird auch die Abstinenzpflicht nach Beendigung der Behandlung thematisiert. Sie besteht nach Maßgabe des Einzelfalles fort, ist aber kaum schematisierbar. Nübling, R., Reisch, M., Reymann, T. Zur psychotherapeutischen und psychosozialen Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Am Beispiel Baden-Württembergs, einem vergleichbar gut versorgten Bundesland, wird der Versorgungsgrad bei psychisch kranken Kinder und Jugendlichen abgeschätzt, wobei vorhandene epidemiologische Daten mit aktuellen Versorgungsdaten in Beziehung gesetzt werden. Auf dieser Grundlage werden deutliche Hinweise auf eine bestehende Unterversorgung festge- stellt. Für eine belastbarere Modellrechnung werden sektorübergreifende Studien über die vorhandenen Versorgungskapazitäten im Sinne einer fundierten und substantiellen Versorgungsforschung sowie eine empirisch basierte Bedarfsplanung gefordert. Geuter, U. Körperpsychotherapie – Der körperbezogene Ansatz im neueren wissenschaftlichen Diskurs der Psychotherapie. Teil 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Die Körperpsychotherapie ist ein Verfahren mit einer langen Geschichte. Heute erhält ihr Ansatz Unterstützung von Befunden aus der Säuglingsforschung, Bindungsforschung und Hirnforschung. Diese sprechen dafür, in die psychotherapeutische Arbeit mit Emotionen körperbezogene Techniken einzubeziehen. Das wird anhand der Forschung gezeigt und an Beispielen aus der psychotherapeutischen Praxis illustriert. Zur Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Vogel, H., Melcop, N., Müller, C., Klingen, N., Hermann, B. Wie können die Kammern die Ausbildungsteilnehmer/innen stärker in ihre Arbeit einbeziehen? Recht: Aktuell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Gerlach, H., Rautschka-Rücker, J. 222 Psychotherapeutenjournal 3/2006 Aktuelles aus der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Nübling, R. Mitteilungen der Psychotherapeutenkammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Bundespsychotherapeutenkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Niedersachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Rheinland-Pfalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Saarland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Kontaktdaten der Kammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Kleinanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Inserentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Hinweis: Alle Beiträge können Sie auch als PDF-Dokumente von der Internetseite der Zeitschrift www.psychotherapeutenjournal.de herunterladen. Den Exemplaren der folgenden Länder liegen in dieser Ausgabe wichtige Unterlagen bei: ■ Baden-Württemberg: Satzungen ■ Berlin: Rundbrief ■ Hamburg: Satzungen ■ Hessen: Weiterbildungsordnung ■ Niedersachsen: Bekanntmachungen Psychotherapeutenjournal 3/2006 223 Sozialmedizinische Probleme in der Psychotherapie Axel Kobelt Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover eine eigene Krankheitsentität darstellt, die Zusammenfassung: Die Bedrohung der Erwerbsfähigkeit durch psychoneurotische, sich gut von anderen psychiatrischen Dia- somatoforme oder auch Persönlichkeitsstörungen beeinflusst nicht nur die Thera- gnosen, insbesondere von arbeitsplatz- peut-Patient-Dynamik, die Therapiezufriedenheit und die Prozesseffektivität, sondern unspezifischen Angsterkrankungen, ab- bringt auch gleichzeitig häufig eine Abwärtsspirale mit mangelnder sozialer Anerken- grenzen lasse. nung, zunehmender sozialer Isolierung und Verlust gesellschaftlicher und berufli- cher Aktivität und Partizipation des Patienten in Gang. Dabei lassen sich die berufli- Das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen ist ent- chen und sozialen Probleme nur schwer von der der Störung zugrunde liegenden scheidend von der Arbeitsplatzsituation Konfliktdynamik trennen. und dort von der Selbsteinschätzung ab- hängig, die nicht nur physischen sondern In diesem Beitrag werden typische soziale und berufliche Probleme aus sozial- auch sozialkommunikativen Anforderun- medizinischer und psychotherapeutischer Perspektive anhand von charakteristischen gen genauso wie Unsicherheiten, Span- Kasuistiken diskutiert, wobei sowohl therapeutische Techniken und typische nungen im Team oder auch unterschwel- Prozessdynamiken im Umgang mit den betroffenen Patienten beschrieben als auch lige Konflikte bewältigen zu können. Eigent- für eine Beratung im Rahmen des Casemanagements relevante Informationen zu lich ist es dann schon trivial, festzustellen, den einzelnen Problemfeldern gegeben werden. dass die Psychotherapie und die psycho- therapeutische Beziehung in der Therapie- Einleitung fähigkeitszeiten bei psychosomatisch er- sitzung selbst, die Wirksamkeit von Inter- krankten Patienten beeinflussen. Die ventionen bzw. die Bereitschaft, gewonne- 2004 wurden im gesamten Bundesgebiet Stressverarbeitungsweise der Patienten ne Erkenntnisse umzusetzen oder auch 169.390 Menschen wegen voller Erwerbs- hatte hierbei entscheidenden Einfluss. Vor die Fortschritte im eigenen Selbstentwick- minderung zeitlich befristet berentet. Da- allem wirkten sich einseitige Belastung und lungsprozess, niemals unabhängig von von waren allein 31.313 Personen (18,5 %) geringe Einflussmöglichkeiten auf Urlaubs- den Kontextfaktoren, in denen sich der wegen psychischer Störungen (ICD 10 pläne, Arbeitszeiten und Arbeitsplatzgestal- Patient befindet, gesehen werden kann. F32-F60) nicht mehr erwerbsfähig. Ein tung negativ auf die Stressverarbeitungs- Drittel davon waren Männer (n = 11.390). weise und damit auf psychische und psy- Die Bedrohung der Erwerbsfähigkeit durch Die Rentenhöhe lag im Mittel bei 660 Euro. chosomatische Symptome aus, besonders psychoneurotische (Ängste, Phobien, De- Das Durchschnittsalter der psychisch Er- wenn die Betroffenen gegenüber diesen pression usw.), somatoforme oder auch krankten lag zum Zeitpunkt der zeitlich Belastungen und Einschränkungen resi- Persönlichkeitsstörungen beeinflusst nicht befristeten Berentung bei 46 Jahren. Vor gnierten. In seiner Studie fand er außer- nur die Therapeut-Patient-Dynamik, die allem die Arbeitnehmer im Baugewerbe dem heraus, dass Patienten, die vor dem Therapiezufriedenheit und die Prozess- sind betroffen, aber auch Küchenperso- Klinikaufenthalt belastende Arbeitssituatio- effektivität, sondern bringt gleichzeitig häufig nal, Verkäufer, Lagerarbeiter, Bürofachkräfte, nen durch Fernbleiben bewältigt hatten, eine Abwärtsspirale mit mangelnder so- Kraftfahrer, Angehörige sozialer Berufe dies auch später wieder taten. Gleichzeitig zialer Anerkennung, zunehmender sozia- (Krankenschwestern, Sozialarbeiter/-helfer werden Therapieverlauf und -erfolg durch ler Isolierung und Verlust gesellschaftlicher u.s.w.), Reinigungskräfte und Ungelernte. das „Arbeitsunfähigkeitsgeschehen”1 in der und beruflicher Aktivität und Partizipation Mehr als 80 Prozent der Patienten aus Anamnese, Stressoren am Arbeitsplatz so- für den Betroffenen in Gang. psychosomatischen Fachkliniken stufen wie maladaptive Stressbewältigungsweisen ihre Arbeitsfähigkeit als gefährdet ein (Am- negativ beeinflusst. Die beruflichen und sozialen Probleme berger et al., 2003). Leidig (2003) konn- lassen sich dabei nur schwer von der der te nachweisen, dass stressrelevante Fak- Linden (2006) schlägt vor, dass die Angst Störung zugrundeliegenden Konfliktdyna- toren der Arbeitsbedingungen sowohl die vor dem Arbeitsplatz bzw. vor bestimmten 1 Häufigkeit und Dauer von Arbeitsunfähig- Symptombelastung als auch die Arbeitsun- Aspekten, die den Arbeitsplatz ausmachen, keitszeiten. 224 Psychotherapeutenjournal 3/2006 Sozialmedizinische Probleme in der Psychotherapie mik trennen, so dass eine genaue Analy- der Hoffnung auf einen schnellen Wieder- gen, diese zum Teil mit psychotherapeuti- se der Interaktion zwischen Krankheits- einstieg in das Arbeitsleben die Ernüchte- schen Mitteln unmittelbar nicht zu beein- folgen und Arbeitsplatzproblemen not- rung angesichts der schon verstrichenen flussenden Probleme trotzdem in die Psy- wendig wird. Dabei reicht es nicht aus, zu Zeit ertragener Arbeitslosigkeit spürbar chotherapie mit einzubeziehen (s.a. wissen, dass beispielsweise ein stark aus- wird. Der schleichende Verlust des Selbst- Schneider, 2006). geprägter selbstunsicherer Persönlichkeits- bewusstseins und das Gefühl von Wert- stil die Leistungs- und Konzentrationsfä- losigkeit und mangelnder Selbstwirksamkeit Fallbeispiel: Herr T. wurde nach seinem higkeit auf der einen Seite und die sozia- verbinden sich dann mit einem finanziel- Motorradunfall zum IT-Administrator len Kommunikationsfertigkeiten auf der len und sozialen Abstieg in das Arbeitslo- umgeschult. Der sehr ehrgeizige und anderen Seite stark einschränken. Der sengeld II und der Gewissheit, ab jetzt durch seinen Kraftsport sehr muskulöse Wunsch, nicht mehr an seinen Arbeits- ohnehin nur noch verwaltet zu werden. 30jährige Mann hatte danach eine Ar- platz zurückkehren zu wollen oder zu kön- Hinzu kommt der immer größer werden- beitsstelle gefunden, die jedoch ein nen, hängt auch von der Situation dort de Abstand zur gleichzeitig stattfindenden Informatikstudium vorausgesetzt hätte. (vgl. Linden, 2006), von der subjektiven technologischen Weiterentwicklung, so Trotzdem bekam er die Stelle. Erst nach Bewertung der eigenen Beeinträchtigung, dass die Größe des zeitlichen Abstands und nach merkte er, dass er von den von den zur Verfügung stehenden Alter- im umgekehrten Verhältnis zur Chance Anforderungen seines Arbeitsplatzes über- nativen und von der Motivation ab, sich steht, in den alten Beruf wieder einsteigen fordert war, genoss es aber gleichzeitig im Erwerbsleben behaupten zu wollen. Der zu können (Zempel & Frese, 2000). deutlich, auf einem Akademikerposten zu Arbeitnehmer muss sich auf dem aktuel- sitzen. Als ihn seine Freundin überra- len Arbeitsmarkt den sich immer schneller In diesem Spannungsfeld sind verschie- schend verließ, geriet er in eine schwere vollziehenden Wandlungen und betriebli- dene Konstellationen und Szenarien denk- Selbstwertkrise mit Depressionen und la- chen Umstrukturierungsprozessen anpas- bar: tenter Suizidalität. Aufgrund der daraus sen können. Gerade in der freien Wirt- folgenden Einschränkungen war er nicht 1. Der Betroffene kann aufgrund der Fol- schaft trifft er auf zunehmend unmenschli- mehr in der Lage, seiner Tätigkeit nach- gen seiner Erkrankung nicht ohne Hil- chere und unmoralischere Produktions-, zugehen, da er morgens unter gravie- festellung an seinen Arbeitsplatz zurück- Interaktions- und Führungsstile, denen er renden Antriebsschwierigkeiten und un- kehren, der Arbeitgeber ist jedoch fle- trotz aller gesundheitlichen Einschränkun- ter Konzentrationsstörungen litt. xibel und gesprächsbereit. gen etwas entgegensetzen muss. Die hohe Technisierung mit ihrer ebenfalls hohen 2. Der Betroffene kann (oder will) auf- Arbeitsunfähigkeit und Erwartung an Ausbildung und Erfahrung grund der Folgen seiner Erkrankung Krankengeld oder wegen Gründen, die in der Firma des Einzelnen, die Idealisierung der Ju- oder in der speziellen Interaktion zwi- Nach sechs Wochen begann die Kran- gend bei gleichzeitiger entwertender Igno- schen Betroffenem und der Firma an- kengeldzahlung seiner Krankenkasse, nach ranz gegenüber älteren Arbeitnehmern zusiedeln sind, nicht wieder an seinen weiteren zwei Wochen erhielt Herr T. die lassen sichere Arbeitsnischen verschwin- Arbeitsplatz zurückkehren. Aufforderung nach § 51 SGB V, einen An- den und dramatisieren auf der einen Sei- 3. Der Betrieb kann den Betroffenen nicht trag auf Leistungen zur medizinischen Re- te das Konkurrenzverhalten, aber auf der auf den ursprünglichen Arbeitsplatz zu- habilitation bei der Deutschen Rentenversi- anderen Seite in noch viel stärkerem Maße rücknehmen und hat (keine) Alternati- cherung Bund zu stellen. Herr T. ließ sich in die Tendenz zur Resignation und Selbst- ven. diesem Zusammenhang von seiner Kran- aufgabe. In manchen Bereichen klafft die 4. Der Betroffene war bereits vor Beginn kenkasse belehren, dass er zwar einen An- Schere zwischen persönlichem Einsatz und der Erkrankung arbeitslos oder ist im spruch auf Krankengeld über 78 Wochen institutioneller Gratifikation und Förderung Verlauf arbeitslos geworden. unter Berücksichtigung der 6 Wochen Lohn- so weit auseinander, dass nicht mehr ent- 5. Der Betroffene ist inzwischen so lang fortzahlung durch den Arbeitgeber hat. Trotz- schieden werden kann, ob die gesund- krankgeschrieben, dass das Kranken- dem könne die Krankenkasse ihn dazu heitlichen Einschränkungen Ursache oder geld ausläuft. auffordern, alles in seiner Macht Stehende Folge der Probleme am Arbeitsplatz sind. 6. Der Betroffene sieht nur noch eine zu tun, um seine Arbeitsfähigkeit wieder zu Mobbing kann und muss in diesem Rah- Chance, indem er eine Erwerbsmin- erlangen. Außerdem wies sie ihn darauf hin, men als „kulturspezifisches Phänomen“ derungsrente beantragt. dass eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet, dass betrachtet werden, in dem sich die Akteu- er nicht in der Lage sei, mindestens 15 Stun- re mangels Alternativen gegenüber den Welche Interventions- den pro Woche seine letzte berufliche Tätig- Anderen Platz oder auch Sicherheit zu möglichkeiten gibt es? keit auszuüben. schaffen versuchen. Der folgende Beitrag soll einen kurzen, Medizinische Rehabilitation Vor dem Hintergrund von Massenarbeits- kasuistisch gestützten Überblick über die oder Krankenhausbehandlung? losigkeit wird die Konfrontation mit dem unterschiedlichen Interventionsmöglich- Verlust des Arbeitsplatzes schnell zu einer keiten bei sozialmedizinischen Problemen Zusammen mit seinem Hausarzt beantrag- dramatischen Krise, vor allem, wenn nach geben und darüber hinaus dazu ermuti- te Herr T. eine Leistung zur medizinischen 226 Psychotherapeutenjournal 3/2006 Rehabilitation. Die Antragsformulare bekam Gleichzeitig sollte die berechtigte Annah- er von seiner Krankenkasse2. me bestehen, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit entweder abgewendet Eine Krankenhausbehandlung in der am oder bereits bestehende geminderte Er- Ort vorhandenen psychosomatischen Kli- werbsfähigkeit gebessert werden kann. nik war nicht notwendig, da eine aktuelle Für die versicherungsrechtlichen Vor- Bedrohtheit nicht gegeben und er insge- aussetzungen sollte Herr T. in den letz- samt so stabil war, dass keine intensive ten zwei Jahren vor Antragstellung sechs ärztliche, psychotherapeutische oder pfle- Kalendermonate Pflichtbeiträge geleistet gerische Versorgung oder eine akute Auf- haben. nahme innerhalb von Stunden notwen- dig erschien (vgl. Schmeling-Kludas, 1999). Am Ende der medizinischen Rehabilitati- Gleichzeitig stellte sich das Krankheitsbild on erfolgt im Rahmen des Abschluss- offenkundig auch als reaktive Symptom- berichtes eine sozialmedizinische Stellung- bildung vor dem Hintergrund der schwie- nahme zur Leistungsfähigkeit des Patien- rigen Arbeitssituation und der Beziehungs- ten in seiner letzten beruflichen Tätigkeit konflikte heraus, die als Grundlage einer und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt medizinisch-psychosomatischen Heilbe- (über 6 Stunden, 3-6 Stunden, unter drei handlung dienen konnte. Das Krankheits- Stunden). Gleichzeitig können weitere bild von Herr T. war zusätzlich von starken Maßnahmen vorgeschlagen werden, z.B. Rückenschmerzen geprägt, die den Ein- die Zweckmäßigkeit von Leistungen zur satz eines multiprofessionellen und Teilhabe am Arbeitsleben (traditionelle -dimensionalen Behandlungsansatzes ei- Bezeichnung: berufliche Reha-Leistungen) ner Rehabilitationsklinik erforderlich mach- zu prüfen (zur genauen Definition sozial- ten. Die Durchführung einer medizinischen medizinischer Begriffe vgl. das Lexikon der Rehabilitation im Vorfeld könnte darüber Deutschen Rentenversicherung unter hinaus auch Hinweise für die Notwendig- www.deutsche-rentenversicherung.de). keit sich anschließender Leistungen zur 13. Psychotherapietage NRW Teilhabe am Arbeitsleben (Berufliche „Liebe heilt?“ – Die Beurteilung des Leistungs- Rehabilitationsmaßnahmen) liefern. „Liebe macht krank?“ vermögens Mittwoch, 01.11. – Das Ziel der medizinischen Rehabilitati- Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung Sonntag, 05.11.2006 on ist es, den Auswirkungen einer im Rehabilitationsentlassungsbericht stellt in Bad Salzuflen Krankheit oder einer körperlichen, gei- eine wesentliche Entscheidungsgrundlage Die Psychotherapietage NRW sind eine stigen oder seelischen Behinderung auf für weiterführende Leistungen dar. In der zertifizierte überregionale psycho- die Erwerbsfähigkeit der Versicherten sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung therapeutische Fort- und Weiterbildungs- veranstaltung. Neben dem Leitthema entgegen zu wirken oder sie zu über- setzt sich der Arzt mit den Bedürfnissen werden aktuelle Fragen der Psycho- winden und dadurch Beeinträchtigun- des Rehabilitanden unter fachlichen, therapie interdisziplinär und im Dialog gen der Erwerbsfähigkeit der Versicher- rehabilitativen, gutachterlichen, organisato- der therapeutischen Schulen in Vorträgen, ten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus rischen und versorgungsrechtlichen As- Seminaren, Kursen und Arbeitsgruppen praxisnah aufgegriffen. Die Veranstaltung dem Erwerbsleben zu verhindern oder pekten auseinander. ist von der Ärztekammer Westfalen- sie möglichst dauerhaft in das Erwerbs- Lippe mit bis zu 45 Fortbildungspunkten leben wiedereinzugliedern (§ 9 SGB VI; So sollte der Versicherte für seine letzte zertifiziert. s.a. www.sozialgesetzbuch-bundesso- berufliche Tätigkeit nur noch ein Rest- Referenten: zialhilfegesetz.de). leistungsvermögen von unter 3 Stunden Vorträge: Pater A. Grün, I. Seiffge- Krenke, M. Huber, P. Findeisen, aufweisen, wenn gleichzeitig empfohlen A. Riehl-Emde Persönliche und versicherungs- wird, Leistungen zur Teilhabe am Arbeits- Vorlesungen, Kurse und rechtliche Voraussetzungen: Die Ge- leben zu prüfen. In diesem Zusammen- Arbeitsgruppen: F. Damhorst, währung von Leistungen zur medizini- Ch. Diegelmann, U. Gast, G. Heisterkamp, J. Kruse, L. Reddemann, C. Sies, schen Rehabilitation durch die Renten- Ch. Smolenski, S. Trautmann-Voigt, versicherung ist an persönliche und 2 Er hätte sie sich auch bei den Gemeinsa- W. Tress, B. Voigt, W. Wöller u.a. versicherungsrechtliche Voraussetzun- men Servicestellen für Rehabilitation oder Informationen und Anmeldung: gen geknüpft. Als persönliche Voraus- bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Tagungsbüro Monika Pult, Deutschen Rentenversicherung (alle Adres- Postfach 22 12 80, 41435 Neuss setzung muss die Erwerbsfähigkeit we- sen unter www.deutsche-rentenversiche Tel.: 02182/9108, Fax: 02182/69643 gen Krankheit oder Behinderung er- rung.de) besorgen können. Unter dersel- e-mail: [email protected], ben Internetadresse hätte er sich auch die heblich gefährdet oder gemindert sein. internet: www.psychotherapietage-nrw.de Antragsformulare herunterladen können. Psychotherapeutenjournal 3/2006 227 Sozialmedizinische Probleme in der Psychotherapie hang ist es wichtig, zu beachten, dass die werden oder bei bereits geminderter den. Der Gutachter überprüft die Ein- Feststellung der (momentanen) Arbeits- Erwerbsfähigkeit diese wesentlich gebes- schätzung des Hausarztes, die nicht unfähigkeit für die letzte berufliche Tätig- sert oder wiederhergestellt werden selten im Widerspruch zur Einschätzung keit oder für den allgemeinen Arbeitsmarkt kann. der Rehabilitationsklinik steht, und gibt keine besondere Aussagekraft für die Ein- ■ Bei teilweiser Erwerbsminderung ohne eine Empfehlung. Diese Empfehlung ist schätzung der Erwerbsfähigkeit und für die Aussicht auf eine wesentliche Besse- jedoch nicht bindend und hebt daher vor diesem Hintergrund zu entscheiden- rung der Erwerbsfähigkeit kann durch nicht die Arbeitsunfähigkeitsbescheini- de Frage hat, ob Leistungen zur Teilhabe Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsle- gung des Hausarztes auf. bewilligt werden oder nicht. ben der Arbeitsplatz erhalten werden. Das Krankengeld kann im längsten Fall Unter dem sozialrechtlichen Begriff Die Beurteilung des Arztes hat nun mög- 78 Wochen innerhalb von drei Jahren der Erwerbsfähigkeit versteht man, licherweise entscheidende Bedeutung für wegen der gleichen Krankheit gewährt dass sich ein Rehabilitand unter Aus- das weitere Erwerbsleben des Patienten, werden und beträgt 70% des erzielten nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die wirkt sich aber auch auf die nachfolgende regelmäßigen Arbeitsentgelts (§ 47 sich ihm aufgrund seiner individuellen Psychotherapie aus: SGB V). War der Patient vor seiner Er- Kenntnisse und Fertigkeiten sowie sei- krankung arbeitslos, würde er Kranken- ner körperlichen und geistigen Fähig- 1. Bei nicht aufgehobenem Leistungsver- geld in der Höhe des Arbeitslosengel- keiten im ganzen Bereich des wirtschaft- mögen für die letzte berufliche Tätigkeit des bekommen (§ 47b SGB V). Ist ein lichen Lebens (allgemeiner Arbeits- kann die Rehabilitationsklinik eine stu- Patient länger als 78 Wochen krank, en- markt) bieten, einen Erwerb verschaf- fenweise Wiedereingliederung empfeh- det das Krankengeld und er wird von fen kann. len. Wenn die stufenweise Wiederein- der Krankenkasse “ausgesteuert”. Er gliederung innerhalb von zwei Wochen steht dann formal dem Arbeitsmarkt im Wenn das Leistungsvermögen für den all- nach Entlassung beginnt, trägt der Rahmen seines Restleistungsvermögens gemeinen Arbeitsmarkt aufgehoben ist Rentenversicherungsträger die Kosten. wieder zur Verfügung, wenn ihm sein (Leistungsfähigkeit unter 3 Stunden), liegt Arbeitgeber keinen anderen leidens- eine volle Erwerbsminderung vor, die eine gerechten Arbeitsplatz zuweisen kann Stufenweise Wiedereingliederung: (zeitlich befristete) Berentung zur Folge hat. und keine Rente wegen verminderter Der Patient ist weiterhin arbeitsunfähig, Wenn ein Patient arbeitslos ist und von Erwerbsfähigkeit seitens des Rentenver- bekäme daher auch Übergangsgeld der behandelnden Rehabilitationsklinik mit sicherungsträgers zu leisten wäre. Die von der Rentenversicherung und wür- einem Restleistungsvermögen von drei bis Agentur für Arbeit prüft nun, inwieweit de gemäß einem Wiedereingliederungs- unter sechs Stunden entlassen wird, gilt der Patient vor dem Hintergrund sei- plan die Anzahl der Arbeitsstunden im Allgemeinen der Arbeitsmarkt für ihn nes Restleistungsvermögens noch ver- langsam erhöhen. Eine stufenweise als verschlossen, so dass dann auch eine mittelbar ist. Wiedereingliederung kann zwischen (zeitlich befristete) Rente wegen voller Er- 6 Wochen und 6 Monaten dauern. werbsminderung zu zahlen wäre. Wenn die stufenweise Wiederein- Wenn der Gutachter der Agentur für gliederung nicht aus der Klinik heraus Arbeit feststellt, dass der Patient auf dem Arbeitsunfähigkeit, Leistungen empfohlen wird, geht die Kostenträger- allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis zur Teilhabe am Arbeitsleben, schaft auf die Krankenkasse über und mittelschwere Tätigkeiten mehr als volle Erwerbsminderungsrente? wird dann über den Hausarzt eingelei- 6 Stunden, also vollschichtig, einsetzbar Variationen des gleichen Grund- tet. In diesem Fall bekommt der Patient ist, erhält er Arbeitslosengeld. Sollte er problems Krankengeld. Bei der Planung der stu- keine Berechtigung mehr haben, Ar- Bei folgenden Gründen kann es für den fenweisen Wiedereingliederung muss beitslosengeld zu beziehen, bekäme er weiteren Rehabilitationsverlauf der Versi- speziell bei der heutigen Arbeitsmarkt- das Arbeitslosengeld II. Sollte sich bei cherten von großer Bedeutung sein, dass lage immer berücksichtigt werden, dass der Begutachtung herausstellen, dass durch die behandelnden Ärzte der Ren- der Arbeitgeber der Durchführung zu- er nur unter 3 Stunden pro Tag ar- tenversicherung über die Empfehlungen stimmen muss. beitsfähig ist, und käme der Gutachter zu der Einschätzung, dass innerhalb für nachfolgende Maßnahmen im Ent- 2. Lässt sich ein Patient umgehend nach der nächsten sechs Monate mit einer lassungsbericht signalisiert wird, dass die der medizinischen Rehabilitationsbe- Verbesserung der gesundheitlichen Si- Möglichkeit von Leistungen zur Teilhabe handlung wieder krankschreiben, ob- tuation zu rechnen ist, bekäme er So- am Arbeitsleben geprüft werden sollte: wohl er als arbeitsfähig entlassen wor- zialhilfe nach dem neuen SGB XII. den ist, wird er wahrscheinlich einem ■ Der Verlauf der stationären Heilbehand- Gutachter des Medizinischen Dienstes Tipp: Bei Patienten, die älter als 58 Jahre lung zeigt, dass durch Leistungen zur der Krankenkassen (MdK) vorgestellt. sind und die kaum Chancen haben, in Teilhabe am Arbeitsleben die Minde- Dieser Termin ist verbindlich und muss den Arbeitsmarkt wieder eingegliedert rung der Erwerbsfähigkeit abgewendet vom Patienten wahrgenommen wer- 228 Psychotherapeutenjournal 3/2006 A. Kobelt lität und Selbstbestätigung, gleichzei- tionalität zu einer persönlichen Resigna- zu werden, empfiehlt sich eine Kombi- tig war sie unter Menschen, was ihr in tion führt. Nicht selten haben sich ge- nation aus Krankengeld, Arbeitslosen- ihrer Freizeit nur schwer gelang. Nach rade psychisch eingeschränkte Men- geld und die Beantragung einer vor- dem Generationswechsel in der Leitung schen in ihrem Betrieb einen Nischen- zeitigen Altersrente. Voraussetzung da- war sie zunehmend Kritik an ihrer Ar- arbeitsplatz erkämpft oder erarbeitet, für ist, dass der Patient bei Beginn der beit ausgesetzt, die Leistungsanforde- auf dem sie gut und kompetent klar- Rente insgesamt 52 Wochen arbeits- rungen wurden erhöht und Arbeits- kommen. Jede strukturelle und inhaltli- los war oder 24 Monate Alters- kontrollen durchgeführt. Schließlich che Veränderung kann dann zu einer teilzeitarbeit ausgeübt hat. Bei dieser wurde ihr unmissverständlich ange- Dekompensation der psychischen Lösung muss jedoch immer bedacht deutet, dass sie auf diesem Arbeitsplatz Struktur führen. werden, dass der Patient einen Renten- nicht mehr gebraucht würde und dass abschlag von 0,3 % pro Monat, den für sie nach einer anderen Lösung 3. Die Feststellung eines Leistungsvermö- er früher in Rente geht, hinnehmen gesucht werde. Die Ablehnung im Büro gens von unter 3 Stunden für die letz- muss. war für sie gleichbedeutend mit der er- te berufliche Tätigkeit bei gleichzeitigem fahrenen früheren sozialen Ableh- vollschichtigem Leistungsvermögen für Fallbeispiel: Die 58-jährige Buchhalterin nung, die sie sehr quälte. Den Vor- den allgemeinen Arbeitsmarkt verbie- Frau I. litt Zeit ihres Lebens unter extre- schlag ihres Vorgesetzten, statt als tet es einem Patienten theoretisch, an mer Selbstunsicherheit und sozialen Buchhalterin unterhalb ihrer Qualifizie- seinen alten Arbeitsplatz zurückzukeh- Ängsten. Sie war stets eine Außensei- rung im Lager zur arbeiten, empfand ren. terin und es gelang ihr auch nicht, eine sie als noch größere Kränkung. stabile Partnerschaft aufzubauen. Nach Nach § 125 SGB III (Minderung der mehreren nicht sehr erfolgreich verlau- Leistungsfähigkeit) hat er nun einen An- fenen Arbeitsversuchen war sie nun seit Das Beispiel von Frau I. macht deutlich, spruch auf Arbeitslosengeld, da er auf- 13 Jahren in einem Verlag angestellt. dass der plötzliche Knick in der beruf- grund seines verminderten Leistungs- Bevor es zu einem Leitungswechsel lichen Biographie in Abhängigkeit vom vermögens seine letzte berufliche Tä- kam, war Frau I. stets zufrieden gewe- Alter des Betroffenen und immer häu- tigkeit nicht mehr ausüben kann, auf- sen. Die Arbeit bedeutete für sie Stabi- figer auch in Abhängigkeit von der Na- Psychotherapeutenjournal 3/2006 222299

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stungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Versicherten mit psychischen Stö- rungen. Deutsche Angestellten Versi- cherung, 50 (3), 135–141. Kobelt, A., Grosch, E.& Lamprecht, F. (2002). Ambulante psychosomatische. Nachsorge. Stuttgart: Schattauer. Kobelt, A., Grosch, E.V. & Gutenbrunner, C. (2006)
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