Psychopharmaka im Widerstreit Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Budapest Hong Kong London Mailand Paris Tokyo o. Benkert H. M. Kepplinger K. Sobota Psychopharmaka im Widerstreit Eine Studie zur Akzeptanz von Psychopharmaka - Bevolkerungsumfrage und Medienanalyse in Zusammenarbeit mit Simone Christine Ehmig, Andreas Hillert, Jiirgen Sandmann und Helga WeiBbecker Springer Prof. Dr. Otto Benkert Psychiatrische Klinik der Johannes Gutenberg-Universitat Mainz Untere Zahlbacher Str. 8 55131 Mainz Prof. Dr. Hans Mathias Kepplinger Institut fUr Publizistik der Johannes Gutenberg-Universitat Mainz Colonel-Kleinmann-Weg 2 55099 Mainz Dr. Katharina Sobota Friedrich-Schiller-Universitat Jena Fiirstengraben 1 07743 Jena ISBN-13:978-3-642-79458-2 e-ISBN-13:978-3-642-79457-5 DOl: 10.10071 978-3-642-79457-5 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Oberset zung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilrnung oder der VervielfaItigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs anlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervie!faltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch irn Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestirnmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fas sung zuliissig. Sie ist grundslitzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandiungen unterliegen den Strafbestirn mungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1995 Sofl:cover reprint of the hardcover 1St edition '995 © fUr die Methodik der Rhetorikanalyse (Kap. 4.5) bei K. Sobota Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berech tigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen irn Sinne der Warenzei chen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wliren und daher von jedermann benutzt wer den diirften. Satz: Mitterweger Satz GmbH, Plankstadt SPIN: 10131714 25/3134 - 5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf sliurefreiem Papier Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Fragestellung, Forschungsstand und methodische Probleme. . . . . . . . . . . 7 2.1 Probleme der Meinungs- und Einstellungsforschung. . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Aspekte psychiatrischer Meinungs- und Einstellungsforschung. . . . . 9 2.3 Meinungen und Einstellungen der Bevolkerung zu seelischen Erkrankungen und psychisch Kranken. . . . . . . . . . . . .. 10 2.4 Meinungen und Einstellungen der Bevolkerung zu Psychopharmaka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 14 3 Theoretische Annahmen, Untersuchungsanlage und Hauptbefunde 18 3.1 Theoretische Annahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.2 Anlage der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3-3 Reliabilitat und Validitat der Befunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22 3.4 Hauptbefunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 4 Ergebnisse der Mainzer Studie .................................. 27 4.1 Vorgehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 4.2 Ansichten zur Behandlung von psychischen Erkrankungen . . . . . . .. 28 4.2.1 Behandlung korperlicher und psychischer Erkrankungen ......... 28 4.2.2 Praferenzen fUr Spezialisten bei psychischen Erkrankungen . . . . . .. 30 4.2.3 Anwendung von Psychopharmaka in konkreten Fallen. . . . . . . . . . .. 32 4.2.4 Praferenzen fUr Behandlungsalternativen ....................... 34 4.2.5 Abstrakte Urteile fiber Psychopharmaka ........................ 35 4.2.6 Typologie der Befragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 38 4.3 Informationsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 40 4.3.1 Eigene Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . .. 40 4.3.2 Krankheits- und Medikamentenerfahrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 41 4.3.3 Kontakte zu psychisch Kranken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43 4.3.4 Gesprache fiber psychische Erkrankungen und Psychopharmaka . .. 46 4.3.5 Informationen aus den Massenmedien.......................... 48 4.3.6 Bilanz der Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 4.4 Themen und Tendenzen der Pressedarstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 54 4·4.1 Vorgehensweise............................................. 54 442 Anzahl der Artikel und Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 443 Funktionen der Beitrage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 57 444 Urheber der Aussagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 VI Inhaltsverzeichnis 4.4.5 Kontext der Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63 4.4.6 Gegenstande der Aussagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 4.4.7 Wertende Charakterisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 68 4.4.8 Bilanz der Inhaltsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 74 4.5 Rhetorik der Pressedarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 78 4.5.1 Ziel der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 78 4.5.2 Vorgehensweise............................................. 78 4.5.3 AusmaB des stilistischen Pathos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 84 4.5.4 Pathos von Beitragen in verschiedenen Stilformen ............... 85 4.5.5 Pathos der verschiedenen Blatter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 87 4.5.6 Art des stilistischen Pathos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 89 4.5.7 Bilanz der Rhetorikanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 93 4.6 Erinnerungen, Kenntnisse und Meinungen der Befragten. . . . . . . . .. 97 4.6.1 Erinnerung an Medienberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 97 4.6.2 Identifikation von Medikamenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 103 4.6.3 Vermutungen iiber Wirkungen und Nebenwirkungen. . . . . . . . . . . .. 106 4.6.4 Ansichten zur Tolerierbarkeit von Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . .. 110 4.6.5 Ursachen der Ansichten zur Tolerierbarkeit von Nebenwirkungen .. 115 4.6.6 Bilanz der Fragen zu Erinnerungen, Kenntnissen und Meinungen .. 116 4.7 Ursachen von Widerstanden und Widerspriichen. . . . . . . . . . . . . . . .. 118 4.7.1 Ursachen der Widerstande gegen Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . .. 118 4.7.2 EinfluB der Angst vor Kontrollverlust auf die Ablehnung von Psychopharmaka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 125 4.7.3 Ursachen der Widerspriiche zwischen abstrakten und konkreten Urteilen iiber die Anwendung von Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . .. 130 4.7.4 Bilanz der Ursachenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 136 5 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 140 5.1 Ergebnisse der Mainzer Studie ................................. 140 5.2 Diskussion der Mainzer Studie vor dem Hintergrund friiherer Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 145 5.2.1 Vorbemerkung.............................................. 145 5.2.2 Abstrakte Urteile iiber die Anwendung von Psychopharmaka . . . . .. 147 5.2.3 Ansichten zur Anwendung von Psychopharmaka im konkreten Fall 147 5.2.4 Ansichten iiber die Wirkungen von Psychopharmaka . . . . . . . . . . . .. 148 5.2.5 Ansichten zur Suchtgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 149 5.2.6 Folgerungen................................................ 149 6 Interpretation und Foigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 153 6.1 Angst mobilisiert Gefiihle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 153 6.2 FaBbare Angst: Nebenwirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 155 6.3 UnfaBbare Xngste: Verlust der geistigen Integritat ................ 156 6.4 Furcht vor dem Grundlosen ................................... 158 6.5 Irritation der »Begriffs-Menschen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 6.6 Anziehungskraft der Gesprachstherapien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 163 6.7 Sprachlosigkeit der biologisch-naturwissenschaftlichen Psychiatrie 164 6.8 Griinde fiir Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 166 Inhaltsverzeichnis VII 7 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 168 7.1 Fakten und Fiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 168 7.2 Grundlagen der Befragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 172 7.3 Bildung der Quasi-Skalen anhand der Befragungsdaten . . . . . . . . . .. 182 7-4 Erganzende Tabellen und Abbildungen zur Befragung . . . . . . . . . . .. 186 7.5 Grundlagen der Inhaltsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192 7.6 Erganzende Tabellen und Abbildungen zur Inhaltsanalyse . . . . . . . .. 198 7.7 Grundlagen der Rhetorikanalyse ...................•........... 202 Literatur .......................................................... 210 Mitarbeiterverzeichnis Prof. Dr. Otto Benkert Dr. Jiirgen Sandmann Psychiatrische Klinik der Psychiatrische Klinik der Johannes Gutenberg-Universitat Johannes Gutenberg-Universitat Mainz Mainz Untere Zahlbacher Str. 8 Untere Zahlbacher Str. 8 55131 Mainz 55131 Mainz Simone Christine Ehmig M.A. Dr. Katharina Sobota Institut fiir Publizistik der Friedrich-Schiller-Universitat Jena Johannes Gutenberg-Universitat Fiirstengraben 1 Mainz 07743 Jena Colonel-Kleinmann-Weg 2 55099 Mainz Helga WeiSbecker M.A. Institut fiir Publizistik der Dr. Dr. Andreas Hillert Johannes Gutenberg-Universitat Psychiatrische Klinik der Mainz Johannes Gutenberg-Universitat Colonel-Kleinmann-Weg 2 Mainz 55099 Mainz Untere Zahlbacher Str. 8 55131 Mainz Prof. Dr. Hans Mathias Kepplinger Institut fiir Publizistik der Johannes Gutenberg-Universitat Mainz Colonel-Kleinmann-Weg 2 55099 Mainz 1 Einleitung Psychopharmaka sind umstritten. Der Arzt, der einen psychisch Kranken mit Psychopharmaka behandeln mochte, trifft auf Widerstand. Patienten und deren Angehorige lehnen eine pharmakologische Therapie oft mit Nachdruck ab; Medien und weite Kreise der Bevolkerung scheinen sie in ihrer Raltung zu bestarken. Der wissenschaftlich informierte Arzt kann diese Ablehnung kaum nachvollziehen. Er weiB, daB mit den Psychopharmaka erstmals Medikamente zur Verfiigung stehen, mit denen psychische Erkrankungen wirksam behandelt werden konnen. Mit der Entwicklung der modernen Psychopharmakologie in den fiinfziger Jahren konnte die Psychiatrie ihre therapeutischen Moglichkei ten revolutionieren. Von nun an wurden die Behandlungszeiten immer kiirzer. Die bisherigen zumeist unwissenschaftlichen Therapien konnten aufgegeben werden. Der Arzt verhalf den Patienten in vielen Hillen zu einer schnellen sozialen und beruflichen Rehabilitation. Die Tiiren der Psychiatrie wurden geoffnet. Trotzdem stehen Psychopharmaka im Zwielicht. Art, AusmaB und Griinde dieses Phanomens geben Ratsel auf. Die Aversionen gegeniiber Psychophar maka sind nicht leicht zu entschliisseln. Verunsicherungen konnen von sehr individuellen Angsten, z.B. der Furcht vor dem Verlust der Selbstkontrolle, aus gehen. Das Orakel eines Wahns, des Irreseins oder der Verriicktheit wirkt noch immer bedriickend. Neben den individuellen Angsten konnte die Ablehnung von Psychopharmaka auch durch Einfliisse bestimmt sein, die in der gesell schaftlichen Dimension zu suchen sind. Insofern liegt es nahe, auch die Offentli che und veroffentlichte Meinung zu untersuchen. Angesichts der Komplexitat dieser Motivlage muB sich die Psychiatrie, wenn sie die Griinde fiir die Vorbe halte gegen Psychopharmaka klaren mochte, der Unterstiitzung anderer Diszi plinen versichern. Bei der hier vorgestellten Mainzer Studie wurde die Zusam menarbeit mit der Kommunikationsforschung und der analytischen Rhetorik gesucht. Auf diese Weise ist ein interdisziplinares Projekt zustandegekommen, das sich sowohl urn eine empirische Erfassung als auch urn eine Deutung des Problems bemiiht hat. Basis der Arbeit sind eine Bevolkerungsumfrage und zwei Medienanalysen. Die Bevolkerungsumfrage (2176 Personen reprasentativer Querschnitt, zum Tell Split Ballot) klart unter anderem - den Informationsstand der Bevolkerung, - ihre Informationsquellen, - ihre Einstellungen zu Psychopharmaka, und zwar - ihre allgemeinen Ansichten zu dieser Medikamentengruppe und - ihre Meinungen in bezug auf konkrete Anwendungssituationen, 2 Einleitung - ihre Urteile tiber Eigenschaften von Psychopharmaka sowie - ihre Urteile im Vergleich zu anderen Therapien. Urn die Besonderheiten in der Einstellung zu Psychopharmaka zu erfassen, wurde eine Kontrollgruppe tiber eine vergleichbare Medikamentengruppe (Herz-Kreislauf-Mittel) befragt. Die Medienanalyse stellt fest, welche und wie viele Aussagen tiber Psycho pharmaka in Zeitungen und Zeitschriften enthalten sind (Inhaltsanalyse) und in welchem Stil sie dem Leser prasentiert werden (Rhetorikanalyse). Diese Daten werden mit verschiedenen Verfahren aufbereitet, miteinander vernetzt und aus der Sicht der verschiedenen Disziplinen interpretiert. Eines der auffalligsten Ergebnisse der Meinungs- und Medienanalyse ist, daB die Bevolkerung nur sehr unzulanglich tiber Psychopharmaka informiert ist: Die Bezeichnungen, unterschiedlichen Verwendungs- und Wirkungsweisen der Medikamente sind genauso ungelaufig wie Vorstellungen tiber die Art und das Gewicht der Erkrankungen, die mit Psychopharmaka zu behandeln sind. Urn diese Kluft zwischen der arztlichen und der laienhaften Sicht zu verdeutlichen, sollen den kommunikationswissenschaftlichen Befunden einige medizinische Informationen tiber das Thema Psychopharmaka vorangestellt werden. Was sind Psychopharmaka? Der Ausdruck Psychopharmakon ist seit langem bekannt. Reinhardius Lorchus aus Hadamar (Hadamarius) gab Mitte des sechzehnten Jahrhunderts unter dem Titel "Psychopharmakon hoc est: medicina animae" eine Sammlung von Trost und Sterbegebeten heraus. Nach vielen inhaltlichen Wandlungen bezeichnet der Begriff heute jene Substanzen, ftir die nach kurz- oder langfristiger Gabe zwei felsfrei ein therapeutischer Effekt auf die Psyche nachweisbar ist. Aus dem Kreis der vielen chemischen Mittel, die neben ihren Wirkungen auf den tibrigen Kor per auch psychische Effekte hervorrufen, wird jedoch nur eine kleine Gruppe definierter Wirksubstanzen zu den Psychopharmaka gerechnet. Schmerzmittel, Narkosemittel oder Substanzen gegen Epilepsien und die Parkinsonsche Erkrankung haben zwar auch psychotrope Wirkungen, gehoren aber nicht in das engere Spektrum der Psychopharmaka. Auch Alkohol und Drogen haben eine psychotrope Wirkung, werden aber nicht zur Behandlung psychischer Erkrankungen angewandt (Benkert u. Hippius 1992). Wie wirken Psychopharmaka? Die Wirkungsweise von Psychopharmaka kann nicht mit einfachen, mechani stischen Modellen erklart werden. Dies gilt nattirlich auch ftir die Erklarungs modelle zur Genese seelischer Storungen. Das heiBt jedoch nicht, daB seelische Krankheiten nicht auch naturwissenschaftlichen Gesetzen unterliegen. Psychi sche Erkrankungen sind immer auch somatische Erkrankungen, wie z.B. ein Bluthochdruck oder eine Zuckerkrankheit. Der Unterschied liegt darin, daB besonders psychische Erkrankungen haufig durch auBere Faktoren, wie akute StreBsituationen oder chronische psychische Belastungen, ausgelost und unter halten werden konnen. Diese EinfluBgroBen setzen bei entsprechend disponier ten Menschen einen biochemischen ProzeB in den Nervenzellen des Gehirns in Gang, der zu psychischen Krankheiten flihren kann. Solche Storungen treten
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