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Psychopathen von dazumal PDF

268 Pages·2009·11.82 MB·German
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Nikolai Lesskow Psychopathen vondazumal und andere Meistererzählungen Diagenes Diogenes Taschenbuch 23909 Nikolai Lesskow Psychopathen von dazumal und andere Meisteref"{jihlungen Ausgewählt und aus dem Russischen überset=?f von johannes von Guenther Mit einem Nachwort von V S. Pritchett Diogenes Die vorliegende Auswahl erschien erstmals I 970 unter dem Titel >Fischsuppe ohne Fisch< im Biederstein Verlag, München Eine erste Ausgabe im Diegenes Verlag ist I 989 unter dem Titel >Meistererzählungen< erschienen Abdruck der Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Heinrich von Guenther U mschlagillustration: Fjodor Jakowlewitsch Alexejew, >Blick auf den Palastkai von der Peter-Pauls-Festung aus<, 1794 (Ausschnitt) Veröffentlicht als Diegenes Taschenbuch, 2009 Alle Rechte an dieser Ausgabe vorbehalten Copyright© I989, 2009 Diegenes Verlag AG Zürich www.diogenes.ch 2o/o9/8/I ISBN 978 3 2)7 23909 6 INHALT Cheramour Seite 7 Die Geschichte von dem stählernen Floh und dem Linkshänder aus Tula Seite 83 Ein kleiner Fehler Seite 129 Das erlesene Korn Seite 139 Psychopathen von dazumal Seite 175 Der Alexandrit Seite 231 Fischsuppe ohne Fisch Seite 249 Nachwort Seite 264 CHERAMOUR Ein Narr Gotlu, bau~hesha/ber A us einigen ziemlich triftigen Gründen muß der als Überschrift gewählte Rufnamen den Familiennamen meines Helden ersetzen, falls dieser überhaupt zum Helden taugt. Wenn ich nicht fürchten müßte, mich gleich zu Beginn meiner Erzählung vulgär auszudrücken, würde ich sagen, daß Cheramour einHelddes Bauches ist-im Sinne des Wortes, den man überhaupt mit diesem Ausdruck in Verbindung bringen könnte. Doch gleichviel: ich muß dies sagen, weil die Art der Materie mich der Möglichkeit beraubt, allzu wäh lerisch in den Ausdrücken zu sein, denn sonst liefe ich Gefahr, überhaupt nichts auszusagen. Mein Held ist eine karge und einseitige Persönlichkeit, und seine Epopöe ist arm und quälend; trotzdem will ich riskieren, sie zu er zählen. Somit, Cheramour ist ein Held des Bauches; seine Devise zu heißt, Fressen und Schlingen,· sein Ideal ist, andere fiittern; in dieser Verfassung fanden seine Abenteuer statt, die eine ge wisse Beachtung verdienen. Ich werde das eine und das an dere davon in kurzen Abschnitten beschreiben: dies ist die einzige Art, in der etwas über eine Person berichtet werden kann, die sich nicht der geringsten Konsequenz befleißigte und in keine Form fügt. Ich beginne mit dem Vorfall, in dem er dem ersten Men schen erschien, der in ihm etwas Beobachtungswertes ent deckte. Im Sommer des Jahres 187 .•• kam aus Petcrsburg nach Paris ein literarischer Nemo. Er stieg in einem kleinen Zirn- 7 merchen ab, gegenüber dem Gitter des Parks von Luxem burg, und lebte dort still und friedlich einige Tage, als plötz lich der Concierge bei ihm eintrat und ihm sagte, es sei jemand erschienen und verlange, daß Monsieur auf die Treppe hin auskäme. Nemo hatte Ursache, keine Geheimniskrämerei zu lieben, und fragte daher ungehalten : "Wer ist es denn und was will er?" "Ich meine, es ist jemand von den Ihren", entgegnete der Franzose. "Ein Mann oder eine Frau?" "Auf jeden Fall will mir scheinen, daß dies eher ein Mann ist." "Dann bitten Sie ihn hier herein." "Jawohl, doch mir scheint, daß er es nicht für schicklich halten wird, hereinzukommen." "Ist er denn betrunken?" "Nein; er ist ... nicht angezogen." 2. Auf der schmalen Wendeltreppe, deren winziges Fenster ehen in einen Schacht ging, den drei in spitzen Winkeln auf einanderstoßende Wände bildeten, stand eine sehr kleine, aber überaus originelle Gestalt. Das erste, was Nemo auffiel, waren die halb kindlichen Schultern und der Lockenkopf mit dem langen Haar, von einem abgenützten Banditenhut bedeckt. Anfangs schien es, daß dies ein verkleideter dreizehn-oder vierzehnjähriger Junge sein müßte, doch kaum hatte er sich umgedreht, als sich das Bild völlig veränderte : da waren als erstes zwei blitzende schwarze Augen, die mit einem wilden, gewissermaßen hungrigen Feuer brannten, und ein schwar zer Bart von bemerkenswerter Größe und Form. Er be deckte das ganze Gesicht fast bis unter die Augen und lag nach untenhin über der Brust bis zum Gürtel. Nach Weisung der Stroganowschen Heiligenbeschreibung durfte solch ein 8 Bart nur dem Heiligen Moissej Murin1 gemalt werden, ver mutlich in Anbetracht der Besonderheiten seiner magyari schen Herkunft und des quälenden Feuers seines Tempera mentes, dessentwegen ihm auch befohlen worden war, für ,ungebändigte Leidenschaft' zu beten. Nemo trat an den Unbekannten heran und fragte: "Mit wem habe ich die Ehre ..." "Nichts da von Ehre", entgegnete der Unbekannte mit einem wenig natürlich, sondern eher künstlich klingenden leichten Baß, so wie ihn zu ihrer Zeit Kadetten der letzten Klasse zu sprechen für angebracht hielten. Nemo hatte einige Menschenerfahrung und änderte daher sein V erhalten. "Und was benötigen Sie?" fragte er den Besucher. "Habe ein Anliegen." "Dann kommen Sie doch ins Zimmer." "Ist niemand bei Ihnen?" "Niemand." "Geht also an." Würdig und ohne Hast folgte der Unbekannte dem Haus herrn, er schritt auf seinen kurzen Beinehen aus, setzte sich, kaum daß er eingetreten war, und fragte sogleich, ohne erst den Hut abzulegen: "Haben Sie keine Arbeit für mich?" "Was heißt ,Arbeit' I" "Nun ja, haben Sie keine Arbeit?" "Ja, was sollte ich denn für eine Arbeit haben?" "Wie kann ich wissen, was für eine?" "Sind Sie Handwerker?" "Nein, ich bin kein Handwerker, abermarisagte mir, daß Sie Romane schreiben." "Das stimmt." "Dann könnte ich abschreiben." "Aber ich schreibe jetzt nichts." 1 Hier handelt es sich um Traditionen der Ikonenmalerei aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert. Der christliche Heilige Moissej Murin (3zs-4oo) war der Überlieferung nach in seiner Jugend Räuberhauptmann. Lesskow scheint ihn jedoch mit Moissej Ugrin verwechselt zu haben (gestorben 1043),dcr magyari scher Herkunft war. Bcide Namen klingen ähnlich. 9 "Sowas I Das heißt, Sie sind satt." Er erhob sich, runzelte ein wenig die Stirn und fügte hinzu: "Und wie steht's mit dem Gelde bei Ihnen?" Der Hausherr rückte unwillkürlich von ihm ab und fragte: "Was soll das heißen?" "Soll heißen, daß ich seit drei Tagen nicht gefressen habe." "Wieviel brauchen Sie denn?" "Ich bräuchte viel, aber ich will von Ihnen zwei Francs haben." "Bitte sehr." Der Tourist nahm seinen Beutel und gab dem Besuch eine Fünffrancs-Münze. "Das ist mehr", sagte jener. "Spielt keine Rolle." "Aber natürlich, Sie werden den Rest zurückerhalten." Mit diesen Worten drehte er sich um und ging mit dem gleichen ruhigen Schritt, mit der gleichen unentwegten Würde hinaus. Während des Gespräches hatte man jedoch bemerken können, daß seine Reithosen nicht gerade fest saßen, und daß unter seiner Bluse kein Hemd war. Nemo erzählte diese Geschichte Landsleuten: die wußten gleich Bescheid. "Das ist Cheramour", sagten sie. "Wer ist das?" "Weiß niemand." "Auf jeden Fall ist er ein Russe." "Und noch wie! Ein Russe: er ist in irgendeine geheim nisvolle Geschichte hineingeraten." "Politischer Art?" "Wer will aus ihm klug werden? Doch es scheint, politi scher Art." "Und aus welchem Anlaß ist er hergeflohen?" 10

Description:
all stories translated by Johannes von Guenther - afterword by V.S. Pritchett contents: Cheramour Die Geschichte von dem stählernen Floh und dem Linkshänder aus Tula Ein kleiner Fehler Das erlesene Korn Psychopathen von dazumal Der Alexandrit Fischsuppe ohne Fisch
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