Psychologie der Sprichwörter Dieter Frey Hrsg. Psychologie der Sprichwörter Weiß die Wissenschaft mehr als Oma? Herausgeber Dieter Frey Ludwig-Maximilians-Universität München Deutschland ISBN 978-3-662-50380-5 ISBN 978-3-662-50381-2 (ebook) DOI 10.1007/978-3-662-50381-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 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Umschlaggestaltung: deblik Berlin Einbandabbildung: © olly / Fotolia Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer-Verlag GmbH Berlin Heidelberg V Dieses Buch widme ich meinen drei Kindern Lena, Johanna und Josef, mit denen ich viel über Sprichwörter und Gegensprichwörter diskutiert habe. Wir haben es uns oft zum Spiel gemacht, für bestimmte persönlich erlebte Episoden ein Sprichwort zu finden. VII Vorwort Jeder, der die Chance hat, mit Großeltern aufzuwachsen, hat letztlich immer auch die Erfah- rung gemacht, dass sie für alles, was auch immer passiert, ein Sprichwort bereithalten und damit zudem fast immer recht haben! „Gegensätze ziehen sich an“, „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ – zwei berühmte Sprichwörter, die jedoch gegensätzlich sind. Und da ihr Fundus an Sprichwörtern besonders groß ist, können sie immer ein passendes auswählen. Häufig gebrauchte Sprichwörter werden somit an die Enkel übermittelt, sodass sie sich über Jahrhunderte von Generation zu Generation fortpflanzten. Sprichwörter sind fast überall relevant: im Erziehungsverhalten, im Führungsverhalten, in der Bildung von positiven und negativen Stereotypen und Vorurteilen. Sie können darüber hinaus eine selbsterfüllende Pro- phezeiung sein: Man verhält sich entsprechend dem Sprichwort, an das man im Moment am stärksten glaubt. Sprichwörter können prospektiv oder retrospektiv verwendet werden. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ kann prospektiv eine Aufforderung sein im Sinne von „Handle, sei aktiv, nimm Dein Schicksal in die eigene Hand“. Retrospektiv dient es als Rechtfertigung, denn wer seines eigenen Glückes Schmied ist, hat es wirklich selbst zu verantworten, dass er so erfolg- reich war. War jemand nicht erfolgreich, kann man es natürlich genauso mit einem Sprichwort rechtfertigen und sagen: „Jeder hat das, was er verdient“. Faszinierend wird es, wenn man sich eingehender mit Sprichwörtern auseinandersetzt: Stim- men Sprichwörter überhaupt? Warum stimmen sie? Und unter welchen Bedingungen stimmen Sprichwörter? Weiß die Wissenschaft mehr als meine Großmutter? Das ist die Herausforderung, die sich in diesem Buch stellt. Diese Arbeit wurde von 30 Masterstudenten des Masters Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der LMU in einem Vertiefungsseminar bearbeitet. Die Studierenden für den Master wurden aus über 400 Studierenden ausgewählt. Sie haben sich intensiv mit diesen Sprichwörtern be- schäftigt und dabei insbesondere reflektiert: Wann haben die Großeltern recht und wann nicht? Die Studenten haben die Herausforderung so bravourös gemeistert, dass sich der Springer-Ver- lag gerne bereit erklärt hat, die Beiträge zu publizieren, denn es ist sowohl für den Laien interes- sant, sich mit Psychologie einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu beschäftigen, als auch für Fachleute, da die gesamten Mosaiksteinchen der Psychologie angesprochen und integriert werden. Im Gegensatz zu klassischen Lehrbüchern ist das aktuelle Werk weder abstrakt noch trocken, sondern stellt das psychologische Wissen anhand bestehender Volksweisheiten und Sprichwörter lebendig dar. Wir haben bewusst keine strenge Vereinheitlichung der Beiträge gewählt, sondern der Vielfalt, die sich auch in den unterschiedlichen (internationalen) Sprich- wörtern, thematischen Bezügen und kulturellen Einflüssen widerspiegelt, den Vorzug gegeben. Wie sind wir vorgegangen? Die Texte wurden in dem Vertiefungsseminar erarbeitet und dis- kutiert. Dabei haben sich die Studierenden gegenseitig bzw. im Austausch mit dem Herausgeber Feedback zu den Texten gegeben, bis dann die Endfassung vorlag. VIII Vorwort Ich danke dem Springer-Verlag, insbesondere Herrn Coch (Planung), Frau Danziger (Projekt- management), Frau Stefanie Teichert (Lektorat) sowie Alexandra Kessler und Julia Weschen- felder (studentische Testleserinnen des Verlags) für ihre Unterstützung. Ebenso danke ich Michaela Bölt, Albrecht Schnabel, Martin Fladerer und Julia Albrecht für die Begleitung. Meine Kinder Lena, Johanna und Josef haben mich während der ganzen Zeit in der Formulie- rung der Grundidee sowie in der Umsetzung gut beraten und aktiv unterstützt. Ihnen gebührt mein herzlicher Dank. Dieter Frey München, im August 2016 IX Über den Herausgeber Kurzdarstellung Dieter Frey ist Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Uni- versität München. Seine Forschungsinteressen liegen sowohl im Bereich der Grundlagenforschung (beispielsweise Dissonanztheorie, Kontrolltheorie oder die Theorie der gelernten Sorglosigkeit) als auch im Bereich der angewandten Forschung (beispielsweise Entstehung und Veränderung von Werten, Entste- hung von Innovationen, Grundlagen und Faktoren professioneller Führung, Zivilcourage). Auch interessiert ihn die konkrete Umsetzung von Forschungs- ergebnissen in die Praxis. Ausführlicher Biografietext Dieter Frey, studierte Sozialwissenschaften an der Universität Mannheim und der Universität Hamburg. Nach seiner Promotion und Habilitation in Mann- heim, die unter anderem durch ein VW-Stipendium und ein DFG-Stipendium gefördert wurden, war er von 1978 bis 1993 Professor für Sozial- und Organisa- tionspsychologie an der Universität Kiel. Dazwischen war er von 1988 bis 1990 Theodor-Heuss-Professor an der Graduate Faculty der New School for Social Research in New York. Seit 1993 ist Dieter Frey Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zuvor hatte er Rufe nach Bochum, Bielefeld, Zürich, Hamburg und Heidelberg erhalten. Er ist Leiter des LMU Centers for Leadership and People Management und Mit- glied in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Von 2003 bis 2013 war er Akademischer Leiter der Bayerischen EliteAkademie. Über mehrere Jahre war er Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1998 wurde er zum Deutschen Psychologie Preisträger („Psychologe des Jahres“) ernannt. 2011 hat die Zeitschrift Personalmagazin ihn zum „Praktischen Ethiker“ und einem der führenden Köpfe im Personalbereich in Deutschland ausgezeichnet. Für seine Arbeiten, die für eine humanere Welt beitragen, wurde er 2016 von der Magrit Egner Stiftung Zürich ausgezeichnet. Seine Forschungsgebiete liegen sowohl in der Grundlagenforschung (z. B. psychologische Theorien wie Dissonanztheorie, Kontrolltheorie, Theorie der gelernten Sorglosigkeit) als auch in der angewandten Forschung (z. B. Entstehung und Veränderung von Werten, Entstehung von Innovationen, Grundlagen und Faktoren professioneller Führung, Zivilcourage). Schließlich beschäftigt er sich auch mit der Anwendung von Forschung auf soziale und kommerzielle Organisationen. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung: Bedeutung und Relevanz von Sprichwörtern – Warum nutzen wir Sprichwörter? ...........................................................1 Dieter Frey 2 Sprichwörter und Psychologie - eine Annäherung ................................3 Julia Albrecht und DieterFrey 2.1 Einleitung ..............................................................................3 2.2 Deutsche und internationale Sprichwörter .............................................3 2.2.1 Konzeptionelle Klärung des Begriffs „Sprichwort“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2.2 Sprachliche Erscheinungsformen von Sprichwörtern ......................................4 2.2.3 Psychologische Funktionen hinter Sprichwörtern .........................................5 2.2.4 Psychologische Funktionen von Sprichwörtern aus dem Blickwinkel sozialpsychologischer Theorien ................................................................................ 5 2.2.5 Sprichwörter als Spiegel der Kultur .......................................................6 2.2.6 Ursprünge deutscher Sprichwörter ....................................................... 7 2.2.7 Universalität von Sprichwörtern – eines passt immer? .....................................8 2.3 Volksmund und Psychologie ...........................................................8 2.3.1 Berührpunkte zwischen Sprichwörtern und Psychologie ................................... 8 2.3.2 Bisherige psychologische Forschung mit Bezug zu Sprichwörtern .........................10 2.4 Das aktuelle Projekt: Sprichwörter aus psychologischem Blickwinkel ..................11 2.5 Impulse für Forschung und Praxis .....................................................12 Literaturverzeichnis ...................................................................13 I Freundschaft und Familie 3 Sag mir, wer dein Freund ist, und ich sag dir, wer du bist .......................17 Svetlana Dominova 3.1 Einleitung .............................................................................17 3.2 Streben nach Zugehörigkeit ...........................................................17 3.2.1 Herkunft und Interpretation ............................................................17 3.2.2 Wissenschaftliche Analyse ..............................................................18 3.2.3 Implikationen ..........................................................................19 3.3 Gegentendenz: Streben nach Individualität ...........................................20 3.3.1 Wissenschaftliche Analyse ..............................................................21 3.3.2 Implikationen für die Praxis .............................................................22 3.4 Fazit ...................................................................................22 Literaturverzeichnis ...................................................................23 4 Gleich und Gleich gesellt sich gern ................................................25 Clara Mihr 4.1 Einleitung .............................................................................25 4.2 Similarity-Attraction-Effekt ............................................................25 4.2.1 Erklärungsansätze ......................................................................25 XXII Inhaltsverzeichnis 4.2.2 Tatsächliche vs. wahrgenommene Ähnlichkeit ...........................................26 4.3 Komplementarität: Gegensätze ziehen sich an ........................................27 4.3.1 Tribut an die Evolution ..................................................................27 4.3.2 Optimale Distinktheit: das Salz in der Suppe .............................................27 4.3.3 Komplementaritätsansatz ...............................................................27 4.3.4 Extreme, nach außen wahrnehmbare Unterschiede ......................................28 4.4 Weitere Einflüsse ......................................................................28 4.4.1 Zeitkomponente: Anfängliche Verliebtheit vs. langfristige Beziehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.4.2 Kultur ..................................................................................29 4.5 Fazit ...................................................................................29 Literaturverzeichnis ...................................................................30 5 Jeder ist sich selbst der Nächste – Eine Hand wäscht die andere ...............33 Manuel Stabenow 5.1 Einleitung .............................................................................33 5.2 Handeln im Eigeninteresse ............................................................33 5.2.1 Wissenschaftliche Theorien .............................................................33 5.2.2 Empirische Überprüfung ................................................................34 5.3 Kooperatives Handeln .................................................................36 5.3.1 Wissenschaftliche Theorien .............................................................36 5.3.2 Empirische Überprüfung ................................................................36 5.4 Fazit ...................................................................................37 Literaturverzeichnis ...................................................................38 6 Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm .............................................39 Luisa von Albrecht 6.1 Einleitung .............................................................................39 6.2 Anlage- und Umwelteinflüsse auf die menschliche Entwicklung .......................40 6.2.1 Methoden zur Erfassung ................................................................41 6.2.2 Anlage-Umwelt-Kontroverse ............................................................41 6.2.3 Erblichkeit von Intelligenz und ausgewählten Persönlichkeitseigenschaften ...............42 6.3 Präsenz des Sprichworts in unserem Alltag ............................................44 6.3.1 Ist es sozial erwünscht, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt? ........................44 6.3.2 Ist Bildung durch das Elternhaus determiniert? ...........................................45 6.4 Fazit ...................................................................................45 Literaturverzeichnis ...................................................................46 II Geld 7 Geld regiert die Welt ................................................................51 Laura Stina Maciejczyk 7.1 Einleitung .............................................................................51 7.1.1 Bedeutung und Gebrauch des Sprichworts ..............................................51 7.1.2 Weitere Sprichwörter zum Thema Geld ..................................................52 7.2 Theorie und Empirie ...................................................................52 7.2.1 Sind die Mächtigen reich oder die Reichen mächtig? .....................................52 7.2.2 Wieso streben wir nach Reichtum? ......................................................53