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Psychologie der Lebensalter PDF

290 Pages·1995·9.001 MB·German
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Psychologie der Lebensalter Andreas Kruse Reinhard Schmitz-Scherzer Herausgeber Psychologie der Lebensalter Anschriften der Herausgeber: Prof. Dr. Andreas Kruse Institut fOr Psychologie Ernst -Moritz-Arndt -U niversitat Franz-Mehring-StraBe 47 17489 Greifswald Prof. Dr. Reinhard Schmitz-Scherzer Fachbereich Sozialwesen der GH Kassel - Universitat Arnold-Bode-StraBe 10 34127 Kassel Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Psychologie der Lebensalter / Andreas Kruse ; Reinhard Schmitz-Scherzer Hrsg. - Darmstadt: Steinkopff, 1995 ISBN-13: 978-3-642-87994-4 e-ISBN-13: 978-3-642-87993-7 DOl: 10.1007/978-3-642-87993-7 NE: Kruse, Andreas [Hrsg.] Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrages, der Entnahme von Abbildungen und Tabel len, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwer tung, vorbehalten. Eine VervielfiHtigung dieses Werkes oder von Teilen diescs Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. September 1965 in der Fassung yom 24. Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmun gen des Urheberrechtsgesetzes. © 1995 by Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1995 Verlagsredaktion: Jens Fabry - Herstellung: Heinz J. Schafer Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Veroffentlichung berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrach ten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. v Vorwort Dieses Buch versteht sich als ein Beitrag zur Psychologie der menschlichen Le bensalter. Die Arbeiten des ersten Teils behandeln Theorien, Methoden und Konstrukte, die fUr das Verstandnis von Entwicklungsprozessen in den verschie denen Lebensaltern relevant sind. Deren Beschreibung und Analyse steht in den Beitragen des zweiten Teils im Vordergrund, wobei besonderes Gewicht auf Ent wicklungsprozesse im hoheren Erwachsenenalter und Alter gelegt wird - sind diese Lebensalter, verglichen mit Kindheit und Jugend, doch immer noch als ver nachlassigte Gebiete der Entwicklungspsychologie anzusehen. Die Autoren widmen ihre Arbeiten Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Thomae zum 80. Geburtstag. Die Herausgeber haben frUhere SchUler/innen und Mitar beiter/innen sowie Kollegen und Kolleginnen von Herrn Prof. Thomae darum gebeten, zu diesem AniaS einen Beitrag zu verfassen. Wir danken den Autoren herzlich fUr die Mitarbeit und die fruchtbare Koope ration im ProzeS der Entstehung dieses Buches. Unser Dank gilt weiterhin Herrn Dr. Eric Schmitt (Greifswald) fUr die UnterstUtzung bei der redaktionellen Bear beitung der Manuskripte, Frau Antje Punkt (Greifswald) fUr die Manuskriptge staltung sowie dem Steinkopff Verlag fUr die gute Zusammenarbeit. Greifswald und Kassel, im April 1995 Andreas Kruse, Reinhard Schmitz-Scherzer VII Inhaltsverzeichnis v Vorwort 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Theorien, Methoden und Konstrukte Zur Geschichte der Entwickluugspsychologie der Lebensspanne Lehr, Uo 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Die Integration idiographischer und nomothetischer Personlichkeits psychologie Laux, Lo 15 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Biographische Methode und EinzelfaUanalyse Petermann, F 25 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Alternative Psychologie auf empirisch-geisteswissenschaftlicher Grundlage JUttemann, Go 33 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Lebensraum - Die Mehrdeutigkeit seiner wissenschaftlichen Konstrnktion Graumann, Co Fo, L. Kruse 45 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Existentielle Entscheidungen - ihre Position in einem allgemeinen Modell der Konfliktformen Feger, Ho 53 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Verarbeitung von Belastungen Shanan, Jo 61 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Entwicklungsaufgaben und Entwicklungsthemen a1s Einheiten einer psychologischen Analyse der Personlichkeit Tismer, Ko-Go 69 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Proze8 und Interaktion in der Personlichkeits- und Entwicklungs psychologie Olbrich, Eo, Ko Pohlmann 81 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Kontinuitiit uud Diskontinuitiit als Konzepte biographischer Alternsforschung Minnemann, Eo, Eo Schmitt 93 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Entwicklungsprozesse und Entwicklungsaufgaben in verschiedenen LebensaHern Amange der Personlichkeitsentwicklung in der fruhen Kindheit Rauh, Ho, So Dillmann, B. Milller, Uo Ziegenhain 107 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Die Personlichkeit des Kindes im Lichte der Beschreibung von Eltern Angleitner, A. 123 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Zur psychischen Situation Jugendlicher in den neuen Bundesliindern - erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts Kruse, A., Eo Schmitt 131 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Zeiterleben und Lebensalter Fisseni, Ho-Jo 147 0 0 0 0 0 0 0 Konflikt und Lebensalter Robrecht, Jo 159 0 0 0 0 0 0 0 0 VIII Inhaltsverzeichnis Aspekte der menschlichen Entwicklung in der zweiten Lebenshiilfte: Entwicklungskrisen, Entwicklungsaufgaben und Entwicklungsthemen Schmitz-Scherzer, R. ................................ 171 Die Bedeutung der kognitiven Personlichkeitstheorie fur die Forensische Psychologie am Beispiel familiengerichtlicher Fragestellungen Schade, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179 Intelligenz - neuere Ergebnisse aus der Bonner Langsschnittstudie des Alterns (BOLSA) Rudinger, G., C. Rietz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Cohort-sequential longitudinal studies of personality and intelligence Schaie, K. W. ................................. 201 Gedachtnisdefizite und Lernpotentiale: Diskrepanzen, Differenzen und Determinanten des geistigen AIterns Weinert, F. E ..................................... 209 Sensorische und intellektuelle Entwicklung im Alter: Ergebnisse der Bonner Langsschnittstudie des Alterns (BOLSA) Rott, Ch. ...................................... 217 Geschlechterdifferenz oder Altersandrogynitat? Zur Beziehungsentwick lung in langjahrigen Ehebeziehungen Fooken, I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Personality and aging: Modes of coping and the meaning of stress Ruth, J.-E., J. E. Birren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Soziale Unterstutzung bei der Auseinandersetzung alterer Menschen mit Belastungen Erlemeier, N. .............................. . 253 Die soziale Umwelt im Alter als Ressource oder als Belastung? Schneider, H.-D. ............................ . 263 Zeitperspektive im Alter Monks, F. J., L. Bouffard, W. Lens . 271 Tod, Sterben und Endlichkeit Munnichs, J. M. A. ...... . .283 Sterben und Sterbebegleitung Kruse, A., R. Schmitz-Scherzer .289 Stichwortverzeichnis .. . . . . . 301 Theorien, Methoden und Konstrukte Zur Geschichte der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne Ursula Lehr Institut fi.ir Gerontologie, Heidelberg Einleitung In seiner Geschichte der Psychologie der Lebensspanne unterschied Reinert (71) eine "vorlaufige" Periode (von Demokrit und Aristoteles bis zum Ende des Achtzehnten Jahrhunderts), eine "formative" Periode, die bis zum Ende des Neunzehnten lahrhunderts datiert wird, und die "Periode der BegrUndung und Spezialisierung", die fi.ir ihn mit dcn Vatern der modern en Entwicklungspsycho logie, W. Preyer und Stanley Hall, einsetzt. Ftir die Ausweitung der Kinder-und lugendpsychologie zu einer Psychologie der Lebensspanne als entscheidend wer den jedoch die Arbeiten von Charlotte Btihler (12, 13) und von Pressey, Janney und Kuhlen (68) genannt. 1m gleichen lahrzehnt erschienen auch die Beitrage von H.C.Lehman (46,47) tiber die Zusammenhange zwischen literarischer, ktinst lerischer und wissenschaftlicher Produktivitat einerseits und dem Lebensalter an dererseits. FUr die Fortentwicklung der biographischen Methode als einer wichti gen methodischen Basis der Psychologie der Lebensspanne wurden die DreiBiger lahre unseres lahrhunderts durch die Veroffentlichung von Dollard's Schrift "Criteria for the Life History" (1935) bedeutsam. Die Orientierung dieser Beitrage fi.ir eine wisscnschaftliche Fundierung der Lebenslauf-Psychologie wies jedoch cinige Unterschiede auf. Lehman stellte die Werkstatistik in den Dienst seines Bemtihens, die Bedeutung des jtingeren und mittleren Erwachsenenalters flir die Entstehung hervorragender Leistungen her auszustellen. Dollard wurde im Rahmen eines vom Social Science Research Council (New York) geforderten Forschungsprojekts an der Yale-Universitat mit der Analyse biographischen Materials beauftragt. Aus den dabei sich ergeben den Schwierigkeiten, die auf die mangelnde Vergleichbarkeit der "life-histories" zurUckzuflihren waren, versuchte er bestimmte Normen fi.ir die Erhebung und Analyse solcher Quellen zu erarbeiten. Pressey und seine Kollegen begannen ihre Arbeiten zur Sammlung von Daten aus psychometrischen Untersuchungen der Intelligenz und aus der Forschung tiber Einstellungen und Interessen im Jahre 1933. Diese bildeten die Grundlage fi.ir ein Lehrbuch, das die Meinung vieler Kollegen korrigieren sollte, daB Ent wicklungspsychologie mit dem Ende der Adoleszenz aufzuhOren habe. "If psychological growth is seen as a continous process of adjustment, then it might be contended that the most serious problems (of vocation, marriage, pa renthood, old age) come after the childhood and adolescent years" (68). Der Beitrag von Charlotte BUhler war dagegen der erste Versuch eines Vor stoBes in einen neuen Forschungsbereich und dessen Fundierung auf der Basis von Biographien bekannter Personlichkeiten wie auch einfacher Wiener BUrger. Vie len gilt daher dieser Beitrag als Ausgangspunkt der modernen Psychologie der Lebensalter. 4 Ursula Lehr Charlotte Buhler (1893--1974) In einem Versuch zur Darstellung der "Grundidee und theoretischen Fragestel lung in Charlotte Bilhlers Lebenswerk" hebt ihre Schillerin L. Schenk - Danzin ger hervor, daB das eigentliche Motiv dieser Autorin, sich mit Entwicklungspsy chologie zu beschiiftigen, in ihrem Wunsch bestanden habe, "Ziel und Sinn des Lebens in der Welt und im Universum" (77) zu erfahren. Nach der Konzipierung ihres Modells der Entwicklung in Kindheit und Jugend sei sie zur Einsicht ge langt, "daB sie, urn dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen, den Lebens lauf als ganzen in ihre Forschung einbeziehen milsse". Von dieser Zielsetzung aus gesehen bot sich die Sammlung und Analyse von Biographien als Methode der Wahl an, urn das Leben als einen "ProzeB der Selbstverwirklichung zu Zie len" erfassen zu kannen. In der ein Vierteljahrhundert nach der ersten Auflage erschienenen Neubear beitung des Buches wird der Sinnbegriff wieder aufgenommen und durch jenen der "Erfilllung" erganzt (13). Sowohl der Konzeptualisierung von Phasen des Le benslaufs wie der Auswahl und Interpretation der zum Teil ausgetauschten Bio graphien wird eine Theorie zugrunde gelegt, derzufolge menschliches Verhalten durch die vier Grundtendenzen der "biologischen Bedilrfnisbefriedigung", der "selbstbeschrankenden Anpassung", der "sch6pferischen Expansion" und der "Aufrechterhaltung der Ordnung" bestimmt werde. Die einzelnen Abschnitte des Lebens werden durch die Dominanz jeweils einer dieser Grundtendenzen bestimmt: so die Kindheit und Jugend durch Tendenzen zur Bedilrfnisbefriedi gung und anpassenden Selbstbeschrankung; die Phase der schapferischen Expan sion Wit mit der "Haupt- und Mittelphase" des Lebens zusammen, die letzte Lebensphase wird durch das Bemilhen urn eine Integration der vorher entwickel ten Grundtendenzen des Lebens bestimmt. Eine solche an bestimmten Themen der Lebcnsfilhrung orientierte Gliederung des menschlichen Lebenslaufs findet sich in mehr oder minder stark veranderter Form in den Phasentheorien von H.E. Erikson (22), Martha Moers (60), RJ. Havighurst (34) und Levinson (57) wieder. Derartige Ansatze sind kennzeich nend fUr eine Psychologie der Lebensspanne, we1che an dem in der Kinder- und Jugendpsychologie entwickelten Prinzip der Phasenstrukturierung festhiilt. Entwicklung als "kontinuierliche Veriinderungsreihe" Der Kinderpsychologe J.E. Anderson, der schon 1949 einen Ansatz zu einer Er weiterung der Entwicklungspsychologie tiber die Jugendzeit hinaus un tern om men hatte (1), folgte in einem Versuch zur Konzeptualisierung des Alters (2) als Bestandteil einer kontinuierlichen Entwicklung gleichfalls dem Prinzip der Zu ordnung von Lebensphasen zu bestimmten dominanten psychischen Prozessen. Wachstum und Kumulation von Erfahrung sind Erscheinungsweisen des ersten Lebensabschnitts, Erhaltung und Erweiterung jene der Lebensmitte, Selektivitat sowie Bahnung der Energie in bestimmte Kanale Kennzeichen des Alters. Trotz dieser Phasenabgrenzung wird jedoch die lebendige Entwicklung als ein Konti nuum von Bewegung, als "complex manifold moving forward in time" angese hen. Durch die Interaktion dieses Mannigfaltigen mit der Umgebung entsteht ein Kontinuum an Veranderungen, das den eigentlichen Gegenstand einer Entwick lungspsychologie der Lebensspanne darstelle. Zur Geschichte der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne 5 Dieses Kontinuum von Veranderungen war auch der Ausgangspunkt flir Tho maes Definition von Entwicklung in dem 1958 in erster Auflage erschienenen Band "Entwicklungspsychologie" des Handbuchs der Psychologie (Hrsg. Lersch, Sander und Thomae 1958 - 1980). Er schloB sich dabei an die Analyse des Ent wicklungsbegriffes des Heidelberger Philosophen Heinrich Rickert (72) an. Die ser empfahl, wie sein SchUler Erich Rothacker (74) flir die Humanwissenschaf ten, sich an einem historischen statt an einem naturwissenschaftlichen Entwick lungsbegriff zu orientieren. Nach Rickert kennzeichnet dieser historische Ent wicklungsbegriff die Entwicklung als einmaligen, individuellen, wertgerichteten Werdegang, der nur theoretisch betrachtet, aber weder positiv noch negativ be wertet werden darf. Von den sieben von Rickert (72) diskutierten Entwicklungs begriffen wurde von Thomae (81) auBer diesem historischen nur ein zweiter als psychologisch relevant angesehen. Diesem zufolge ist Entwicklung "wirkliche Veranderung, d.h. ein Geschehen, das eine Wiederholung des Frtiheren oder ei nen Kreislauf ausschlieBt (Entwicklung als Veranderungsreihe)" (81). Nach ein gehender Diskussion von damals in der Psychologie vorherrschenden Entwick lungsbegriffen schlagt Thomae dann vor, alle Kriterien aus der Definition des Entwicklungsbegriffs auszuscheiden, "die entweder unbeweisbare Hypothesen enthalten oder nur auf Teilaspekte der Entwicklung anwendbar sind" (81). Daraus ergab sich die Definition von Entwicklung "als Reihe von miteinander zusammenhiingenden Veranderungen, die bestimmten Orten des zeitlichen Kon tinuums eines individuellen Lebenslaufs zuzuordnen sind" (81). Diese Definition wurde seinerzeit von einem Padagogen mit der Begrtindung kritisiert, man konne ihr zufolge auch die Wahl einer neuen Frisur als Bestand teil der Entwicklung kennzeichnen. Einwanden dieser Art wurde durch die Spe zifizierung des Veranderungsbegriffs Rechnung getragen, indem Verhaltensan derungen als Gegenstand eines psychologischen Entwicklungsbegriffs benannt wurden (81). Die in anderen Ansatzen vorgenommene Definition von Entwicklung als Ver anderung innerhalb eines zeitlichen Kontinuums (6) oder durch die Bezugnahme auf die Zeitdimension (61) klammert den kulturellen und sozialen Kontext aus, in welchem Veranderungen geschehen. Der Hinweis auf den individuellen Le benslauf als einer "kulturellen Konstruktion" (59) sowie als einem Kontinuum der personlichen Erfahrungen des Individuums berticksichtigt dagegen die Ein wande, welche in der entwicklungspsychologischen Forschung der letzten Jahr zehnte gegen eine Uberbewertung der chronologischen Zeit in den psychischen Veranderungen in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter erhoben wurden. Bedauerlich ist der gelegentlich zu beobachtende Rtickfall auf die von Rickert (72) mit Recht kritisierte positive oder negative Bewertung von Geschehnissen oder Veranderungen. Sie schleicht sich z. B. durch die Einflihrung einer Gewinn und Verlustrechnung in die Konzeption einer Entwicklungspsychologie der Le bensspanne (4) ein. Die empirische Grundlage einer solchen Bilanz (37) besteht in Stereotypien einer befragten Population tiber bestimmte Altersgruppen. Zu lassig ist allenfalls die Bewertung aus der Sicht der betroffenen Altersgruppe. LaBt man z.B. Altere die eigene Lebensphase selbst bewerten, dann ergeben sich andere Bilder als in der genannten Untersuchung (49).

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