Helmut Thomä Horst Kächele Psychoanalytische Therapie Grundlagen 3., überarbeitete und aktualisierte Auf age Helmut Thomä Horst Kächele Psychoanalytische Therapie Grundlagen 3., überarbeitete und aktualisierte Auf age Unter Mitarbeit von Andreas Bilger, Anna Buchheim, Manfred Cierpka, Hans-Joachim Grünzig, Roderich Hohage, Lisbeth Klöß, Lisbeth Neudert-Dreyer, Hartmut Schrenk, Ulrich Streeck, Brigitte Thomä 132 Prof. em. Dr. med. Dr. h.c. Helmut Thomä 1 Funkenburgstraße 14 04105 Leipzig 2 Prof. Dr. med. Horst Kächele Universität Ulm 3 Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Am Hochsträss 8 4 89081 Ulm 5 6 7 8 ISBN-10 3-540-29750-2 9 ISBN-13 978-3-540-29750-5 Springer Medizin Verlag Heidelberg 10 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; 11 detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, 12 des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfil- mung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses 13 Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätz- lich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. 14 Springer Medizin Verlag springer.com 15 © Springer Medizin Verlag Heidelberg 1985, 1997, 2006 Printed in Germany 16 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenb ez eichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Mar- 17 kenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von j edermann benutzt werden d ürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Ge- währ übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer 18 Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Renate Scheddin 19 Projektmanagement: Renate Schulz Lektorat: Karin Dembowsky, München Design: deblik Berlin 20 SPIN 11574491 Satz: medionet AG, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier 2126 – 5 4 3 2 1 0 V Vorwort zur 3. Auf age Dieses Lehrbuch der psychoanalytischen T erapie nimmt seit dem Erscheinen der ersten bei- den Bände einen anerkannten Platz in Ausbildung, Krankenbehandlung und Forschung ein. Die wesentlich ergänzte, um einen dritten Band »Forschung« erweiterte Auf age, repräsentiert den gegenwärtigen Stand maßgeblicher Richtungen in T eorie, Praxis und Forschung der Psy- choanalyse. Der abgekürzte Titel Ulmer Lehrbuch kennzeichnet den Ort dieses Gemeinschaf s- werkes, das nun als Ulmer Trilogie mit dem schlichten Titel Psychoanalytische T erapie vorge- legt wird. Von Anfang an war sowohl eine deutschsprachige (1985/1988) als auch eine englischspra- chige Ausgabe (1987/1992) vorgesehen. Inzwischen wurde das Ulmer Lehrbuch in viele wei- tere Sprachen übersetzt. Seine weite Verbreitung hat alle unsere Erwartungen übertrof en. Auf der Suche nach einem Werk, das eine kritische Darstellung der zeitgenössischen psychoanaly- tischen T eorie der Technik geben würde, entschied sich eine Gruppe ungarischer Psychoana- lytiker um Janos Harmatta, das Ulmer Lehrbuch zu übersetzten (Ferenc Blümel, Janos Harmat- ta, Edit Szerdahelyi und Gabor Szöny 1987, 1991). Die spanische Übersetzung verdanken wir der mehrjährigen Tätigkeit von Juan Pablo Jimenez an der Ulmer Abteilung für Psychothera- pie. Zusammen mit seiner Frau Gabriella Blum hat er während der Ulmer Zeit diese Arbeit auf sich genommen. Als er nach Chile zurückkehrte, wurde Jimenez wegen seiner Übernah- me Ulmer Positionen in Klinik und Forschung zunächst kritisiert. Später hat das Ulmer Lehr- buch wesentlich zur forschungsorientierten Entwicklung der südamerikanischen Psychoana- lyse beigetragen (1989, 1990), wie uns Ricardo Bernardi (Uruguay) vermittelte (mündliche Mitteilung 2005). Wissenschaf liche Kontakte zur Gruppe um Salvatore Freni aus Mailand im Rahmen der Ulmer internationalen Konferenz der Society for Psychotherapy Research im Jahr 1987 führten zur italienischen Übersetzung (1990, 1993). Wiederholte Seminare zur psychoa- nalytischen T erapieforschung des Junior-Autors in Porto Alegre/Brasilien resultierten 1992 in einer portugiesischen Ausgabe des ersten Bandes. Für die Übersetzung ins Tschechische sorgte Jan Zenaty, der uns bei seinen Studienaufenthalten Ulm und Frankfurt aufsuchte (1992, 1996). Anna Czownicka aus Warschau verantwortete eine polnische Übersetzung (1996, 1996). Unsere Beteiligung am Wiederauf au der Psychoanalyse in Moskau seit Beginn der 90er-Jah- re förderte den Beschluss der russischen Kollegen, unter der editorischen Federführung von Anna Kazanskaja und Igor Kadyrow das Ulmer Lehrbuch zu übersetzen (1997, 1997), welches inzwischen zum Standardtext in der früheren Sowjetunion wurde und illegal nachgedruckt wird. Der Kontakt zu dem rumänischen Analytiker und Verleger psychoanalytischer Literatur, Vasile Zamf rescu, führte zur rumänischen Ausgabe (1999, 2000). Selbst in armenischer Spra- che liegt dank des Engagements von Andrey Khatchaturian mithilfe einer Druckbeihilfe der DPV der erste Band seit 2004 vor, und der zweite wurde 2005 fertig gestellt. Die Ulmer Balint- Stif ung förderte dankenswerter Weise einige der genannten Übersetzungen. Statt selbst eine Bewertung dieser internationalen Anerkennung zu versuchen, zitieren wir aus einigen Rezensionen. Philip Rubovitz-Seitz (Washington, DC) hob die innovative Seite des Ulmer Lehrbuches mit folgenden Worten hervor: Although distinctly a textbook, this work is radically and refreshingly dif erent from any previous textbook of psychoanalysis (J Nerv Ment Dis 1988, S. 697). VII Vorwort zur 3. Aufl age Eine andere Stellungnahme aus dem hohen Norden, diesmal von Eivind Haga aus Norwegen, schließt sich der Auf assung an, dass dieses Werk keine einfach zugängliche Einführung für die Anfänger sei, aber It is more of an inspiring challenge for the advanced and experienced practitioner and (I hope) much of a stumbling block for the orthodox psychoanalyst (Nord J Psychia- try 1992, S. 202). Dass das Buch zum »stumbling block« für orthodoxe Psychoanalytiker geworden ist, können wir nur hof en; zumindest haben wir dies versucht. Deutschsprachige Rezensionen wurden in großer Zahl und mit recht positivem Tenor ver- fasst; pars pro toto wollen wir an die Besprechung durch Tilmann Moser in der FAZ vom Oktober 1986 erinnern: Zwischen Rigidität und Anarchie Wer sich über den Stand der psychoanalytischen T eorie und Technik informieren will, kommt um dieses groß angelegte Lehrbuch nicht herum: es stellt eine »sum- ma« dar, eine Zusammenfassung der internationalen Diskussion, der Entwicklungs- geschichte der Psychoanalyse, eine Sichtung der Schritte der Entdeckungen, der Kodi- f zierungen, der Verhärtungen, der Flügelkämpfe, des Schwankens zwischen »Behar- rung und Revolte«. Dabei kommt die Revolte vielleicht etwas zu kurz, dafür wird mit um so größerer Gelassenheit diskutiert, warum Psycho analyse nahe daran war und vielleicht immer noch ist, zu einem Regelsystem zu entarten, bei dem die Idealisierung der einmal festgelegten Standard-Methode massive Denkhemmungen setzte und das Zelebrieren der Methode fast wichtiger war als die Bedürfnisse des Patienten ... T omä und Kächele diskutieren diese Entwicklungen und Fehlentwicklungen mit einer erstaunlichen Gelassenheit. Die Fülle ihres Materials ist imponierend. Insofern enthält das Lehrbuch auch ein Stück Kulturgeschichte, und nicht umsonst betonen die Auto- ren, dass es nicht nur für Fachleute, sondern auch für die gebildeten Laien und neu- gierigen Patienten geschrieben ist, denen manche Denkrichtungen früher noch das Lesen psychoanalytischer Bücher verbieten wollten, weil man dachte, der Blick hinter die Kulissen werde sofort als Widerstand und Barrikade benutzt. Der Autoritarismus hat nicht haltgemacht vor einer Wissenschaf , die auch angetreten war, um ihn zu ent- larven. Das »Lehrbuch« ist nicht antiautoritär, aber liberal, von Neugier und Erstaunen getragen und nur noch in ganz milden Weihrauchduf gehüllt, der sonst eher in Schwa- den über der »Bewegung« hing ... Leon Wurmser aus Baltimore bilanzierte 1986 extensiv seinen Eindruck, aus dem wir den Anfang und den Schluss in Erinnerung bringen wollen: Obwohl schlicht Lehrbuch benannt, stellt dies Werk eine gewaltige Synthese der analy- tischen Erfahrung und des analytischen Denkens dar und überschreitet in seiner kri- tischen Fragestellung, der großen Vielfalt der miteinbezogenen Gesichtspunkte und der neuartigen Integration der Erkenntnisse von neun Jahrzehnten den bescheideneren Rahmen eines Lehrbuches. Eher könnte man es als eine kritische Untersuchung des gesamten Lehrgebäudes und der Praxis der modernen Psychoanalyse bezeichnen. Damit rückt es die forschungstheoretischen und praktischen Bemühungen des Ulmer Forschungszentrums in den Mittelpunkt der analytischen Diskussion und erweist von VIII Vorwort zur 3. Aufl age neuem die überragende Bedeutung der T omä-Gruppe für die heutige Psychoanalyse. 1 Es stellt einerseits eine nichtpolemische Herausforderung an die dogmatischen Rich- tungen und rigiden technischen Auf assungen innerhalb der Analyse dar; anderer- 2 seits bietet es eine neue Grundlage für eine Erwiderung an die wissenschaf sphiloso- phischen Kritiker ... (Psyche 40, S. 1030). 3 Gerne haben wir uns die Hof nung von Walter Bräutigam – ein Weggefährte von uns bei- den – zu Eigen gemacht, der hier abschließend zu Wort kommen soll. 4 Im Ganzen wird hier mit einem hohen und strengen wissenschaf lichen Anspruch psy- 5 choanalytische T erapie behandlungstheoretisch vertreten, dabei aber frei und souve- rän gehandhabt. – Bücher haben ihr eigenes Schicksal, wie Kinder. Man kann hof en, dass dieses für die wissenschaf liche Entwicklung wie für die psychoanalytische Aus- 6 bildung sicher einf ussreiche Buch nicht zu einer weiteren Isolierung der Psychoanaly- se von anderen wissenschaf lichen Disziplinen und nicht zu einer größeren Idealisie- 7 rung der klassischen psychoanalytischen Technik unter Psychoanalytikern führt. Es sollte den Nachwuchs ermutigen, mit ihren Patienten experimentierend eigene und 8 neue psychotherapeutische Erfahrungen zu machen, wenn angezeigt, auch ausdrück- lich über Freud hinauszugehen und dies zu bekennen (Nervenarzt 1990, S. 447). 9 Schon bevor es den Begrif der Globalisierung gab, hatte sich die Psychoanalyse internationa- lisiert und jeweils lokal und regional modif ziert. Im Erscheinungsjahr des ersten Bandes hat 10 Wallerstein (1985) seiner präsidialen Rede in Montreal den Titel gegeben: »One psychoanaly- sis or many ?« Zwei Jahre später beschwor er in Rom den »common ground«. In unserer Sicht liegt dieser in der Vergangenheit, nämlich im Werk S. Freuds als Gründungsvater. Noch mehr 11 als in der Erstausgabe versuchen wir nun, den vielen Psychoanalysen unserer Zeit gerecht zu werden. Die Entwicklungen in den letzten 20 Jahren haben sich in der von uns thematisierten 12 Weise vollzogen. In der internationalen Literatur werden heutzutage so gut wie alle Probleme erörtert, die wir zur Diskussion gestellt hatten. Unsere Auswahlkriterien werden in der Einlei- 13 tung ausführlich begründet. Durch die von uns oben erwähnten Übersetzungen ist das Ulmer Lehrbuch zum Inbegrif selbstkritischer, forschungsorientierter Psychoanalyse geworden. Unsere Danksagung gilt vielen Kollegen in aller Welt, die uns mittelbar angeregt haben. 14 Wir danken all denjenigen besonders, die durch kritische Beratung und Mitwirkung unmit- telbar zur Aktualisierung beigetragen haben. Als federführende Autoren möchten wir beson- 15 ders hervorheben, dass das Buch seine jetzige Form nicht gefunden hätte, wenn unsere Mitar- beiter und externe Kollegen uns nicht wieder an vielen Stellen die Hand geführt, eigenständig 16 Abschnitte eingefügt und Korrekturen angebracht hätten. Dem Springer-Verlag danken wir für die engagierte Unterstützung, insbesondere bei den vielfältigen Übersetzungen. Wir übergeben diese dritte Auf age mit Dank an alle, die uns geför- 17 dert haben, nunmehr dem Leser und hof en, dass es weiterhin denen zugute kommen wird, für die wir es geschrieben haben: den Patienten. 18 Ulm, im Frühjahr 2006 19 Helmut T omä Horst Kächele 20 IX Inhaltsverzeichnis 1 Zur Lage der Psychoanalyse – 4.5 Sekundärer Krankheitsgewinn. . . . . . . . . . . . . 152 eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4.6 Identitätswiderstand und Sicherheitsprinzip . . . 153 1.1 Über unseren Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Der Beitrag des Psychoanalytikers als Leitidee. . . 9 5 Traumdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1.3 Theoriekrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.1 Traum und Schlaf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1.4 Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.2 Traumdenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1.5 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5.3 Tagesrest und infantiler Wunsch . . . . . . . . . . . 163 1.6 Richtungen und Strömungen . . . . . . . . . . . . . 41 5.3.1 Wunscherfüllungstheorie als einheitliches 1.7 Soziokulturelle Veränderungen . . . . . . . . . . . . 46 Erklärungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1.8 Konvergenzen und Divergenzen . . . . . . . . . . . 48 5.3.2 Selbstdarstellung und Problemlösung . . . . . . . 168 5.4 Selbstdarstellungstheorie und ihre 2 Übertragung und Beziehung . . . . . . . . . . . 61 Konsequenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2.1 Die Übertragung als Wiederholung . . . . . . . . . 62 5.5 Technik der Traumdeutung. . . . . . . . . . . . . . . 178 2.2 Übertragung als unbewusstes Schema . . . . . . . 65 5.5.1 Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . 178 2.3 Suggestion, Suggestibilität und Übertragung . . . 67 5.5.2 Freuds technische Empfehlungen zur 2.4 Die Abhängigkeit der Übertragungsphänomene Traumdeutung und einige Erweiterungen . . . . . 181 von der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.5 Die Übertragungsneurose als operationaler 6 Das Erstinterview und die Dritten im Bunde 187 Begrif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 6.1 Problemlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2.6 Eine zerstrittene Begrif sfamilie: reale Beziehung, 6.2 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 therapeutische Allianz, Arbeitsbündnis 6.3 Therapeutische Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . 196 und Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.4 Entscheidungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2.7 Das neue Objekt als Subjekt. Von der Objektbezie- 6.5 Die Angehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 hungstheorie zur Zweipersonenpsychologie . . . 84 6.5.1 Die Belastung der Angehörigen. . . . . . . . . . . . 211 2.8 Die Anerkennung aktueller Wahrheiten. . . . . . . 86 6.5.2 Typische Situationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2.9 Das »Hier und Jetzt« in neuer Perspektive . . . . . 88 6.6 Fremdf nanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2.10 Intersubjektivität, Bifokalität der Übertragung 6.6.1 Psychoanalyse und deutsches und der, die, das »Dritte« . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Krankenversicherungssystem . . . . . . . . . . . . . 216 6.6.2 Auswirkungen der Krankenkassenregelung 3 Gegenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 auf den psychoanalytischen Prozess . . . . . . . . . 224 3.1 Die Gegenübertragung als Aschenputtel und die Geschichte seiner Verwandlung. . . . . . . . . . . . 98 7 Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3.2 Die Gegenübertragung im neuen Gewand. . . . . 102 7.1 Die mehrfache Funktion psychoanalytischer 3.3 Folgen und Probleme der ganzheitlichen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Auf assung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 7.2 Freie Assoziation als Grundregel der Therapie . . . 240 3.4 Konkordanz und Komplementarität der Gegenüber- 7.2.1 Merkmale und Entwicklung der Methode . . . . . 240 tragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 7.2.2 Mitteilung der Grundregel . . . . . . . . . . . . . . . 243 3.5 Soll man die Gegenüber t ragung bekennen 7.2.3 Das freie Assoziieren im analytischen Prozess . . . 248 oder nicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 7.3 Gleichschwebende Aufmerksamkeit . . . . . . . . . 252 7.4 Der psychoanalytische Dialog und die 4 Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Gegenfrageregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4.1 Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . 120 7.4.1 Begründung des Stereotyps und seine 4.1.1 Klassif kation der Widerstandsformen . . . . . . . . 121 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 4.1.2 Die beziehungsregulierende Funktion 7.4.2 Kooperations- und Diskursregeln . . . . . . . . . . . 264 des Widerstands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 7.4.3 Objektf ndung und Dialog . . . . . . . . . . . . . . . 267 4.1.3 Widerstand und Abwehr . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.2 Die Schutzfunktion des Widerstands und 8 Mittel, Wege und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . 271 die Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 8.1 Zeit und Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 4.3 Verdrängungs- und Übertragungswiderstand. . . 132 8.2 Psychoanalytische Heuristik . . . . . . . . . . . . . . 278 4.4 Es- und Über-Ich-Widerstand . . . . . . . . . . . . . 136 8.3 Unspezif sche und spezif sche Mittel. . . . . . . . . 281 4.4.1 Die negative therapeutische Reaktion. . . . . . . . 138 8.3.1 Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . 281 4.4.2 Aggression und Destruktivität – jenseits der 8.3.2 Erinnern und Rekonstruktion . . . . . . . . . . . . . 282 Triebmythologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 8.3.3 Intervention, Reaktion und Einsicht . . . . . . . . . 287 8.3.4 Neubeginn und Regression . . . . . . . . . . . . . . 292 X Inhaltsverzeichnis 8.4 Übertragungsdeutung und Realität . . . . . . . . . 295 8.5 Schweigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 1 8.6 Agieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 8.7 Durcharbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 2 8.8 Lernen und Umstrukturieren. . . . . . . . . . . . . . 329 8.9 Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 8.9.1 Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . 335 3 8.9.2 Dauer und Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 8.9.3 Kriterien der Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . 341 8.9.4 Die nachanalytische Phase . . . . . . . . . . . . . . . 342 4 9 Der psychoanalytische Prozess . . . . . . . . . 347 9.1 Zur Funktion von Prozessmodellen. . . . . . . . . . 348 5 9.2 Merkmale von Prozessmodellen . . . . . . . . . . . 351 9.3 Modelle des psychoanalytischen Prozesses . . . . 354 9.4 Das Ulmer Prozessmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 361 6 10 Zum Verhältnis von Theorie und Praxis . . . . 369 10.1 Freuds Preisfrage 1922–2006 . . . . . . . . . . . . . 370 7 10.2 Die psychoanalytische Praxis im Lichte der Junktimbehauptung . . . . . . . . . . . . . . . . 372 8 10.3 Der Begründungsz usammenhang des Änderungs- oder Therapiewissens . . . . . . . 376 10.4 Die unterschiedlichen Ansprüche 9 grundlagen- und anwendungs- wissenschaftlicher Theorien . . . . . . . . . . . . . . 379 10.5 Konsequenzen für das psychoanalytisch- 10 therapeutische Handeln und für die wissenschaftliche Rechtfertigung der Theorie . . . 382 11 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Namensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 12 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 13 14 15 16 17 18 19 20 XI Einleitung Wiewohl die Psychoanalyse weit über die T erapie in den besetzten Gebieten Europas. Freud konnte hinausgewachsen ist, hat sie »ihren Mutterboden sich mit seiner engeren Familie hochbetagt ins eng- nicht aufgegeben und ist für ihre Vertiefung und lische Exil retten. Seine zurückgebliebenen Schwes- Weiterentwicklung immer noch an den Umgang tern starben im Konzentrationslager. Deutsche mit Kranken gebunden.« Diese Worte Freuds Psychoanalytiker aller Generationen sind durch (1933a, S. 163; Hervorhebung durch die Autoren) die Geschichte in einer Weise belastet, die über die nehmen wir zum Ausgangspunkt eines Versuchs, allgemeinen Folgen des Holocaust hinausgeht, wie in die Grundlagen der psychoanalytischen Metho- sie R. von Weizsäcker (1985) in seiner Rede zum de einzuführen. 40. Jahrestag der Beendigung des 2. Weltkrieges Die Psychoanalyse hat sich in den letzten Jahr- zum Ausdruck gebracht hat. Denn als Analytiker zehnten immer mehr ausgedehnt. Seit den 50er- ist man in eine jüdische Genealogie eingebunden. Jahren zweigen vom Hauptstrom zahlreiche psy- Man erwirbt seine beruf iche Identität auf dem chodynamische Flussarme ab. Das von Freud Weg der Identif zierung mit Freuds Werk. Daraus (1933a, S. 164) durch die Metapher der Verwässe- ergeben sich zahlreiche tief ins Unbewusste hinein- rung der Psychoanalyse angeschnittene Problem reichende Schwierigkeiten, die deutsche Psychoa- hat fast unüberschaubare Ausmaße erreicht. Als nalytiker seit 1945 auf die eine oder andere Weise deutsche Autoren eines psychoanalytischen Lehr- zu lösen versuchten. buchs glauben wir, uns nicht auf einige einführen- Diese Probleme werden durch Überlegungen de Bemerkungen und Danksagungen beschränken verständlicher, die Klauber 1976 bei einem vom und die Geschichte übergehen zu dürfen. Vorstand der Internationalen Psychoanalytischen Die Psychoanalyse lebt als T erapie und Wis- Vereinigung (IPV) einberufenen Symposium über senschaf davon, dass sich der Erkenntnisprozess die Identität des Psychoanalytikers vorgetragen auf die Wiederf ndung eines Objekts richtet, das hat (Joseph u. Widlöcher 1983). Klauber (1980) hat im Augenblick des Bewusstwerdens, im Moment überzeugend aufgezeigt, welche nachhaltigen Aus- der interpretativen Beleuchtung, eine neue Gestalt wirkungen die Identif zierung mit Freud auf seine annimmt. Im Kleinen wie im Großen, in der per- Schüler und damit auf die Geschichte der Psycho- sönlichen Lebensgeschichte und im therapeu- analyse hatte. Der geistige Vater der Psychoanaly- tischen Prozess wie in den psychosozialen Wis- se hat die Folgen der identif katorischen Übernah- senschaf en kann man nicht zweimal in denselben me in Trauer und Melancholie (1917e) und in Ver- Fluss steigen: Die Objektf ndung ist nicht nur eine gänglichkeit (1916a) beschrieben. Klauber glaubt, Wiederf ndung, sondern im Wesentlichen auch dass Psychoanalytiker nicht mit Freuds Tod fertig eine Neuf ndung. Dem mit Freuds Werk vertrauten werden konnten. Diese unbewussten Prozesse füh- Leser wird nicht entgangen sein, dass wir eben auf ren einerseits zu einer Einengung des eigenen Den- seine Formulierung »Die Objektf ndung ist eigent- kens und andererseits zur Unfähigkeit, das Ausmaß lich eine Wiederf ndung« (1905d, S. 123) angespie- der Vergänglichkeit abzuschätzen, der alle wissen- lt haben. Die Psychoanalyse ist Teil der Geistes- schaf lichen, philosophischen und religiösen Ideen, geschichte geworden und somit wiederzuf nden, also auch Freuds T eorien ausgesetzt sind. Klau- wenn auch historische Umstände dazu führen kön- bers Interpretation macht verständlich, warum in nen und in Deutschland dazu geführt haben, dass der Geschichte der Psychoanalyse Beharrung und die Überlieferung unterbrochen wurde und das Revolte nebeneinander herlaufen und warum seit Werk Freuds den meisten Deutschen während des geraumer Zeit die Frage der Identität des Psycho- Dritten Reichs verborgen blieb. Die von dem Juden analytikers in den Mittelpunkt gerückt ist. Gerade Sigmund Freud begründete Wissenschaf war ver- am T ema des Symposiums selbst wurde deutlich, femt. Jüdische Psychoanalytiker traf das Schick- dass wir uns nicht mehr auf unsere Identif kation sal aller Juden im nationalsozialistischen Staat und mit Freuds Werk verlassen können. Die Psychoa