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Professionalisierung als biographisches Projekt: Professionelle Deutungsmuster und biographische Ressourcen von Waldorflehrerinnen und -lehrern PDF

364 Pages·2011·2.424 MB·German
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Katharina Kunze Professionalisierung als biographisches Projekt Schule und Gesellschaft Band 49 Herausgegeben von Franz Hamburger Marianne Horstkemper Wolfgang Melzer Klaus-Jürgen Tillmann Katharina Kunze Professionalisierung als biographisches Projekt Professionelle Deutungsmuster und biographische Ressourcen von Waldorflehrerinnen und -lehrern Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich 02, Sozialwissenschaften, Medien und Sport der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Jahr 2008 als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Laux VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältig ungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinn e der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17831-8 Dank Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass ich dieses Promotionsprojekt realisieren konnte – mehr als ich an dieser Stelle erwähnen kann. Mein erster Dank gilt denjenigen, die ich namentlich nicht nennen kann: meinen Interview- partnern. Ohne ihre Bereitschaft, sich auf ein für sie unkalkulierbares Wagnis einzulassen, und ohne das mir damit entgegengebrachte Vertrauen wäre mein Forschungsvorhaben nicht reali- sierbar gewesen. Was das heißt, lässt sich vielleicht erst vor dem Hintergrund der Schwierigkeit ermessen, die es bedeutete, überhaupt Waldorfklassenlehrer zu finden, die sich darauf einzulas- sen bereit waren, mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen und diese zu Forschungszwecken zu überlassen. Fritz-Ulrich Kolbe und Heiner Ullrich haben mir in vielen Diskussionen geholfen, diese Arbeit voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen – nicht zuletzt im Rahmen des gemeinsam mit Carla Schelle und Bernhard Stelmaszyk geleiteten Forschungskolloquiums. Sylke Bartmann verdanke ich sehr viel mehr, als „nur“ eine forschungsleitende Kategorie. Mit ihrer unermüd- lichen Diskussions- und Unterstützungsbereitschaft hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass – so würde man es in der Sprache der Biographieforschung wohl sagen – ‚die Promotionsphase von mir positiv evaluiert werden kann‘. Explizit erwähnen möchte ich auch Bernhard Stelmaszyk und Till-Sebastian Idel, die mir sowohl in fachlicher wie auch in nicht-fachlicher Hinsicht einen kontinuierlichen Gesprächs- und Unterstützungszusammenhang boten. Ich hatte das Privileg, im Mainzer Institut für Erziehungswissenschaft in einen vielfältigen und anregungsreichen Diskussions- und Kooperationszusammenhang eingebunden zu sein, und weiß es zu schätzen, dass die Forschungskolloquien von Detlef Garz und Franz Hamburger sowie die Narrationsanalyse-Werkstatt von Heide von Felden und Sylke Bartmann mir offen standen. Viele Kolleginnen und Kollegen, nicht nur aus Mainz, waren an der Interpretation mei- ner Daten mitbeteiligt. Ohne sie alle namentlich aufzuführen möchte ich mich herzlich bei ihnen bedanken. Neben den Mainzer Foren gab es unterschiedliche Interpretationszusammenhänge, im Rahmen derer ich meine Arbeit vorstellen und mein Datenmaterial interpretieren konnte. Ei- nen besonderen Anteil daran haben die maßgeblich von Detlef Garz initiierten Dubrovniker Sommer-Kurse zur interpretativ-verstehenden Sozialforschung und die von Andreas Wernet geleiteten Interpretationswerkstätten in Potsdam und Hannover. Ihnen verdanke ich wichtige Impulse. Inhaltsverzeichnis Dank...................................................................................................................................................... 5 Inhaltsverzeichnis..................................................................................................................................7 Einleitung............................................................................................................................................11 1 Zum Aufbau des Bandes....................................................................................................... 11 2. Gegenstandstheoretische Orientierungen und Entwicklung der Fragestellung .......................................................................................13 2.1. Professionalisierungstheoretische Ansätze zur Bestimmung der Strukturlogik professionalisierten Lehrerhandelns.......................................... 13 2.2. Wissen, Können, Handeln – Überlegungen zur Struktur professioneller Wissensformen............................................................................................................. 20 2.2.1 Die Wissensbasis aus Sicht der kognitionspsychologischen Lehrerwissforschung............................................................................................20 2.2.2 Die Wissensbasis aus Sicht der soziologischen Wissens- verwendungsforschung........................................................................................25 2.2.3 Die Perspektive der (strukturtheoretischen) Professionalisierungstheorie...............................................................................26 2.3. Biographie und biographische Bedeutungs- und Sinnerzeugung als Theorie- und Forschungsperspektive qualitativer Professionsfor- schung............................................................................................................................ 27 2.4. Gegenstandskonzeptionierung.................................................................................. 31 2.4.1 Biographische Ressourcen...................................................................................31 2.4.2 Professionelle Orientierungs- und Deutungsmuster...................................... 32 2.4.3 Fragestellung der Studie.......................................................................................35 3. Die Waldorfpädagogik und ihre anthroposophischen Grundlagen als program- matische Hintergründe der Berufskultur............................................................................ 35 3.1. Waldorfschulen: selbstverwaltete Freie Schulen.......................................................36 3.2. Anthropologische Grundlagen der Waldorfpädagogik.......................................... 36 3.3 Das Konzept des Klassenlehrers an der Waldorfschule........................................ 40 3.4. Der „entwicklungsgemäße“ Lehrplan....................................................................... 40 3.5. Die soziale ,Wirklichkeit‘ der Waldorfschule........................................................... 41 8 INHALTSVERZEICHNIS 4. Methodischer Zugang.............................................................................................................44 4.1 Zum Stand einer Lehrerbiographieforschung......................................................... 44 4.2 Methodische Anlage.................................................................................................... 49 4.2.1 Datenkorpus und Fallauswahl............................................................................ 49 4.2.2 Auswertung........................................................................................................... 51 4.3. Die objektiv-hermeneutische Sinnrekonstruktion nach Ulrich Oevermann..............................................................................................52 4.4. Das narrationsstrukturelle Biographieanalyseverfahren nach Fritz Schütze........................................................................................................56 Fallstudien...............................................................................................................................................63 5. Sophie von Löwental..............................................................................................................65 5.1 Objektiv-hermeneutische Rekonstruktion der professionellen Deutungsmuster............................................................................................................65 5.1.1 Rekonstruktion des Zeugnisses der Zweitklässlerin Lisa.............................. 67 5.1.2 Rekonstruktion des Zeugnisses der Zweitklässlerin Kian............................. 81 5.1.3 Auswertung der schülerbezogenen Äußerungen im Rahmen des Interviews....................................................................................... 95 5.1.4 Lehrerin-Sein als Erwecken charismatischer Gaben – Rekonstruktion eines Interviewausschnitts................................................... 100 5.1.5 Zusammenfassung der kennzeichnenden Merkmale und Muster der professionellen Deutungsbasis.................................................... 107 5.2 Biographische Rekonstruktionen Sophie von Löwental...................................... 111 5.2.1 Narrationsstrukturelle Analyse der Haupterzählung.................................... 112 5.2.2 Biographische Gesamtformung....................................................................... 199 5.2.3 Ausbildung und Entwicklung der biographischen Ressourcen.......................................................................................................... 215 6. Benedikt Müller..................................................................................................................... 230 6.1 Objektiv-hermeneutische Rekonstruktion der professionellen Deutungsmuster......................................................................................................... 230 6.1.1 Rekonstruktion des Zeugnisses der Achtklässlerin Klara........................... 230 6.1.2 Rekonstruktion des Zeugnisses des Zweitklässlers Manuel........................ 241 6.1.3 Rekonstruktion des Zeugnisses der Zweitklässlerin Mila............................ 249 6.1.4 Zusammenschau der Zeugnisrekonstruktionen............................................2 55 6.1.5 Auswertung der schülerbezogenen Äußerungen im Rahmen des Interviews.................................................................................... 257 6.1.6 Zusammenfassung zentraler Befunde aus der Rekonstruktion der Interviewpassagen zu Manuel und Mila..................................................271 6.1.7 Lehrer-Sein als ,Schonraum‘ – Rekonstruktion eines Interviewausschnittes.............................................................................. 272 6.1.8 Zusammenfassung der kennzeichnenden Merkmale und Muster der professionellen Deutungsbasis.....................................................281 INHALTSVERZEICHNIS 9 6.2 Biographische Rekonstruktionen Benedikt Müller............................................... 285 6.2.1 Biographische Gesamtformung....................................................................... 287 6.2.2 Ausbildung und Entwicklung der biographischen Ressourcen.......................................................................................................... 312 Kontrastierung / Theoretisierung................................................................................................ 325 7. Kontrastierung...................................................................................................................... 325 7.1. Verhältnis von Biographie und Beruf..................................................................... 326 7.2. Zugang zur Lehrertätigkeit....................................................................................... 327 7.3 Mandatsverständnis................................................................................................... 330 7.4. Umgang mit berufskulturell geteilten Wissensbeständen.................................... 332 7.5. Schülerbild................................................................................................................... 337 7.6. Adressierungsmodus..................................................................................................3 39 7.7. Strukturmerkmale der Handlungsebene ............................................................... 340 8. Das Verhältnis von biographischen Ressourcen und professionellen Orientierungs- und Deutungsmustern als reziproke Beziehung................................... 344 8.1. Zusammenfassung und Verallgemeinerung der empirisch dokumentierbaren Verweisungszusammenhänge.................................................344 8.2. Anschlussfragen für Folgestudien und Ausblick................................................... 348 Literaturverzeichnis.........................................................................................................................3 51 Einleitung 1. Zum Aufbau des Bandes Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit ist die Frage nach dem Verhältnis von Biographie und Profession. Zwar bezeichnen Fabel/Tiefel (2004: 11) Biographie als eine „Schlüsselkate- gorie qualitativer Professionsforschung“, dennoch sind Versuche, die Zusammenhänge und das Wechselverhältnis von biographischen Erfahrungen und professionellem Handeln empirisch auszuweisen oder gar begrifflich näher zu bestimmen, noch immer eher rar gesät (einen Über- blick über entsprechende Projekte aus der Schulforschung gibt Kapitel 4 dieser Arbeit). Insbe- sondere eine substantielle Fokussierung der Gesamtbiographie stellt ein Desiderat dar. Anliegen des vorliegenden Forschungsbeitrags ist es, ein Baustein zum Schließen dieser Lücke zu sein. Die Studie versteht sich als eine professionstheoretische Arbeit im Kontext der Waldorf- pädagogik. Sie lässt sich an der Schnittstelle von Professionalisierungs- und Biographiefor- schung verorten (vgl. zum Gegenstand „Biographie und Profession“ den gleichnamigen Band von Kraul/Marotzki/Schweppe 2002, aber auch Reh/Schelle 2000, Fabel/Tiefel 2004). Ziel ist eine empirisch fundierte Bestimmung des Verhältnisses von biographischen Ressourcen (vgl. Bartmann 2006), verstanden als basale, biographisch erworbene, regulative Prinzipien für die Wahrnehmungs- und Deutungsaktivitäten des Einzelnen, und professionellen Deutungs- und Orientierungsmustern, verstanden als kognitive Bewusstseinsformationen, die sich im Laufe der berufsbezogenen Erfahrungsaufschichtung im Sinne von Wahrnehmungs- und Interpretations- routinen ausgebildet haben. Mit der begrifflichen Präzisierung dieses Wechselverhältnisses soll eine Basis für weiterführende grundlagentheoretische Überlegungen zum Verhältnis von Biogra- phie und Profession geschaffen werden. Zur Waldorfpädagogik führen mich dabei zwei Wege – man könnte sagen ein inhaltlicher und ein ‚biographischer‘. Der biographische Weg nimmt seinen Ursprung in einem Arbeits- zusammenhang rund um die Antragsvorbereitung zum mittlerweile abgeschlossenen DFG- Projekt „Lehrer-Schüler-Beziehungen an Waldorfschulen“ (Helsper, Ullrich, Stelmaszyk, Graß- hoff, Höblich, Jung 2007). In diesem Rahmen konturierte sich mein Forschungsinteresse, und ich entwickelte die Grundidee für dessen empirische Umsetzung. Inhaltlich führt der Weg zu Waldorflehrern,1 weil deren professionelle ‚Subkultur‘ mit der Waldorfpädagogik und ihrer anth- ropologischen Grundlegung den für mein Vorhaben interessanten Umstand eines vergleichswei- se kanonisierten ‚pädagogischen Programms‘ bietet, das für die Professionellen eine konstitutive Bezugsgröße darstellt. Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich folgendermaßen: In Kapitel 2 erfolgt eine grundlagen- theoretische Bestimmung des hier zu Grunde gelegten Verständnisses von „Profession“ und „Biographie“, sowie eine daran anschließende Konzeptionalisierung der forschungsleitenden 1 Der sprachlichen Einfachheit halber beschränke ich mich auf das generische Maskulinum zur Bezeichnung männlicher und weiblicher Akteure. K. Kunze, Professionalisierung als biographisches Projekt, DOI 10.1007/978-3-531-92911-8_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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