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Produktive Ambivalenz PDF

486 Pages·2018·4.182 MB·German
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A r t n e r Lucia Artner Produktive P Ambivalenz r o d u k t i v e Die soziale Herstellung von Selbsthilfe A m in der Entwicklungszusammenarbeit b i v a l e n z Produktive Ambivalenz Lucia Artner Produktive Ambivalenz Die soziale Herstellung von Selbsthilfe in der Entwicklungszusammenarbeit Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Stephan Wolff Lucia Artner Hildesheim, Deutschland Zgl. Dissertation an der Stiftung Universität Hildesheim, 2017 ISBN 978-3-658-22903-0 ISBN 978-3-658-22904-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-22904-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Danksagung Mit dem Schreiben einer Doktorarbeit begibt man sich auf eine lange Reise. Diese Reise tritt man zwar alleine an, doch begegnet man dabei vielen anderen Men- schen. Manche dieser Reisebekanntschaften sind intensiver als andere, manche von längerer und manche von kürzerer Dauer. Manche prägen einen stärker als andere. Dankbar ist man jedoch für jede einzelne dieser Begegnungen. Diese Arbeit verdankt ihre letztgültige Form vielen sehr schlauen Köpfen, die meine (zuweilen ungewisse) Reise begleitet haben. Meine wichtigsten Reisebe- gleiter, denen mein größter Dank gilt, waren die beiden Betreuer meiner Promo- tion, Prof. Stephan Wolff und Prof. Wolfgang Schröer. Ihnen danke ich nicht nur für die unzähligen konstruktiven Anregungen, sondern auch für den intellektuellen und persönlichen Austausch. Eine weitere sehr wichtige Begleiterin war Dr. Annett Bochmann: Meine Arbeit verdankt ihrem kritischen Blick unglaublick viel. Danke für die schöne und inten- sive Zeit und die immer sehr hilfreiche Kritik. Diese Reisebekanntschaft wurde für mich zu einer besonderen Freundschaft. Mein Dank gilt darüber Hinaus meinen geschätzten (aktuellen und ehemaligen) Kolleginen und Kollegen am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim: Allen voran (meiner guten Freundin) Alice Altissimo, Dr. Andreas Wagner, Dr. Christian Schröder für die intensiven Analysesessions, sehr konstruktiven Tür-und-Angel-Gespräche und den mental support. Darüber hinaus gilt mein Dank den Mitgliedern des DFG-Graduiertenkollegs „Transnationale So- ziale Unterstützung“, insbesondere Dr. Gavaza Maluleke. Danken möchte ich auch Dr. Franziska Dübgen der Universität Koblenz-Landau. VI Danksagung Nicht zuletzt gilt mein Dank meiner Familie, ohne die ich meine Reise bereits mehrfach vorzeitig abgebrochen hätte. Meinem Mann und meinen Kindern widme ich diese Arbeit. Geleitwort Es ist ein viel diskutierter Grundtatbestand sozialer Hilfe und pädagogischer In- tervention, mit dem sich Lucia Artner hier beschäftigt: das Paradoxon der Hilfe zur Selbsthilfe (HzSH). HzSH ist ein Evergreen in der konzeptionellen Fachwelt, ein unzählige Konjunkturen überdauernder normativer Bezugsrahmen moderner pädagogischen Bemühungen – sei es im schulischen, sozialpädagogischen oder, wie hier, im inter- bzw. transnationalen Kontext. So wie gut wie jede (kritische) Theorie hat sich in den unterschiedlichen Epochen mit diesem Konzept auseinan- dergesetzt, es regelmäßig als falsche Rhetorik des zu Kritisierenden entlarvt, aber dann fast im selben Atemzug im neuen Mantel organisationaler, sozialer oder ge- sellschaftlicher Reformen wieder selbst eingesetzt. Beim Blick auf die Praxis der HzSH erblickt man natürlich überall Abweichungen vom Ideal, um dann reflex- haft mit einer neuen Runde normativer Forderungen zu reagieren. Dieses alte Spiel macht die Autorin nicht mit. Sie wechselt die Perspektive und behandelt das Problem mit der HzSH nicht als eine theoretisch-konzeptionell lös- bare Frage, sondern als praktisches Problem der unmittelbar daran Beteiligten. Sie sieht sich an, wie diese dieses Problem praktisch zu ‚lösen‘ versuchen, d.h., wie sie HzSH durch ihr Reden, Handeln, Positionieren gemeinsam in ihrer Praxis so- ziale Realität werden lassen. Aus diesem Blickwinkel fällt an dieser Praxis ein weiteres Mal das Scheitern am hehren Ideal ins Auge. Stattdessen sieht man ein komplexes Prozessgeschehen, in dem die beteiligten Menschen gemeinsam Lö- sungen erarbeiten, freilich keine generellen, optimalen und allgemein gültigen, sondern angesichts der Situation vorläufig akzeptablen. Die Beteiligten erscheinen als kompetente Mit-Produzenten einer sozialen Praxis und nicht als einzelne Ak- teure, die das gesetzte Ziel notorisch verfehlen oder gar schon aus strukturellen VIII Gleitwort Gründen verfehlen müssen. Ethnomethodologisch informiert rekonstruiert Lucia Artner entsprechende Herstellungsprozesse und die dort eingesetzten Praktiken in verschiedenen Settings der Entwicklungszusammenarbeit in afrikanischen Län- dern, in denen HzSH programmatisch umgesetzt werden soll. Die Unausweichlichkeit von Selbsthilfe, um am modernen Markt der Entwick- lungszusammenarbeit bestehen zu können, wird zu einer organisationalen Kern- herausforderung aller Beteiligten erklärt, die es mehr oder weniger produktiv zu nutzen gilt und die alle Ambivalenzen pädagogischen Handelns umschließt. Von diesem Ausgangspunkt hat Lucia Artner unterschiedliche encounters organisatio- nalen Agierens in der Entwicklungszusammenarbeit aufgesucht und jenseits gro- ßer Erzählungen ein differenziertes Bild der Vorder- und Hinterbühnen, des In- Szene-Setzens und gekonnten Ausweichens in der alltäglichen Entwicklungszu- sammenarbeit herausgearbeitet. Berücksichtigt werden verschiedene hierarchi- sche Ebenen des organisatorischen Ensembles der Entwicklungszusammenarbeit: von der Programmsitzung des Wohlfahrtsverbandes in der europäischen Zentrale über die Planungsgespräche von Beratern und Projektkoordinatoren in den Haupt- städten des Empfängerlandes bis hin zu Treffen der Projektverantwortlichen mit den Mitgliedern der Initiativen in entlegenen Dörfern tief im Landesinneren. Die neue Perspektive auf dortige und hiesige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Konstellatio- nen führt zu einer Vielzahl weiterführender Einsichten: etwa zur materialgestütz- ten These, dass die Gestaltung von Zeitlichkeit bei solchen Treffen typischerweise so erfolgt, dass eine Notwendigkeit weiterer HzSH signalisiert wird, d.h., dass so- ziale Hilfen über keine eingebaute Stoppregel verfügen, was die notorischen Schwierigkeiten Hilfeprozesse abzuschließen plausibel macht. Erhellend auch die Rekonstruktion der sequenziellen Herstellung und Suspendierung von Gleichheit und Differenz der Beteiligten in unterschiedlichen Zeitabschnitten der Treffen. Gleitwort IX Wie sich zeigt, kann man selbst schon durch die Einnahme bestimmter Sitzpositi- onen, durch die Verteilung von Mitgliedergruppen im Raum oder durch sequenti- elle Einnahme von Raumpositionen Sinn im Sinne von HzSH machen. Manche der betreffenden Konstellationen sind durch eine Kombination verschiedener so- zialer Handlungsmuster gekennzeichnet, so dass es zu einer angestimmten Kom- bination von asymmetrischen und symmetrischen Handlungsformen kommt: Be- ratung, Prüfung, Wissensvermittlung, Gottesdienst u.a. bilden dann ein geglieder- tes Ganzes. Bei ihrer Suche nach Vermittlungsmechanismen und Grenzobjekten stößt Frau Artner auf eingespielte Sprachcodes, quasi-religiöse Überzeugungen, Modelle ‚richtigen‘ Handelns und Formen regelmäßiger Überprüfung. Die soziale Konstruktion von Selbsthilfe und die Reproduktion ihres Paradoxes erweist sich als ein Prozessgeschehen mit der Unlösbarkeit des Paradox‘ als struk- turell verankerter Antriebsenergie. Eben durch ihre Unauflösbarkeit wird die Am- bivalenz produktiv. Dadurch löst sich die scheinbar objektive und homogene so- ziale Tatsache der HzSH auf in ein vielfältiges Prozessgeschehen mit unterschied- lichen Handlungsforen, Praktiken und Realisierungsformen, die teilweise univer- seller Natur sind, zu einem guten Teil aber auch vor Ort erst erfunden werden. Die Ambivalenz ist nicht das Problem, sondern ein wesentliches Element der Lösung, insofern sich das Problem HzSH weder moralisch noch kognitiv als erledigt still- stellen, sondern nur immer neu traktieren lässt. HzSH muss auf den unterschiedli- chen Ebenen stetig reproduziert und dabei jeweils den sich ändernden Bedingun- gen angepasst werden. Ihre je unterschiedliche Realisierung ist geradezu Voraus- setzung für ihre Anerkennung als einheitlicher sozialer Tatsache. Ihre situative Varianz und ihre Unabgeschlossenheit sind Bedingungen der Sicherstellung von Angemessenheit. Diese Ambivalenz im Blick zu haben und produktiv werden zu lassen ist sicherlich eine eigene und durchaus sozial- und organisationspädagogi- sche Kunst. X Gleitwort Frau Artner erweist sich als ausgezeichnete Beobachterin. Ihr Blick auf Details ist erhellend, ihre Funde sind aufschlussreich und – nicht zuletzt durch instruktive Fotos – gut belegt. Ihr Stil macht die Lektüre nicht nur für LeserInnen aus den mit der Thematik befassten Disziplinen, sondern auch für die PraktikerInnen aus Ent- wicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik zu einem Vergnügen. Bei al- ledem ist in der Darstellung immer wieder der große Respekt und die Achtung zu erkennen, den die Autorin den unterschiedlichen Beteiligten in ihrem Untersu- chungsfeld entgegenbringt. Stephan Wolff

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