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Private Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum: Formen und Folgen der Zusammenarbeit mit der Polizei in Berlin und Frankfurt am Main PDF

273 Pages·2003·7.263 MB·German
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Benno Kirsch Private Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum Benno Kirsch Private Sicherheits dienste ißl öffentlichen Raußl Formen und Folgen der Zusammenarbeit mit der Polizei in Berlin und Frankfurt am Main Westdeutscher Verlag Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. D 188 I. Aufb~e Mai 2003 Alle Rechte vorbehalten © Westdeutscher Verb~/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003 Lektorat: Nadine Kinne Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BerteismannSpringcr. www.westdeutscher-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Verviclf:i!tigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebr.llIchslumen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, lbss solche Neunen im Sinne der Welrenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder mann benutzt werden dürften. Umschlaggest:tlrung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN 978-3-531-14009-4 ISBN 978-3-322-90734-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90734-9 Inhalt Vorwort ................................................................................................................... 11 I. Einleitung ........................................................................................................ 13 1. Das Verhältnis zwischen privaten Sicherheitsdiensten und der Polizei ............ 13 1.1 Annäherung an ein Alltagsphänomen ....................................................... 13 1.2 Im Zentrum der Aufmerksamkeit ............................................................. 14 1.3 Welche Folgen hat die Zusammenarbeit? ................................................. 16 2. Demokratie, Öffentlichkeit und bürgerliche Freiheit ........................................ 17 2.1 Öffentlichkeit als zentrale demokratische Ressource ................. , ............. 17 2.2 Das Öffentlichkeitskontinuum .................................................................. 19 2.3 Verteidigung der Marktwirtschaft gegen ihre Fürsprecher. ...................... 21 3. Das Feld und die Bedingungen fiir empirische Sozialforschung ...................... 24 4. Gang der Untersuchung .................................................................................... 27 11. BerUn ............................................................................................................... 29 1. Nach dem Mauerfall: Armut überwindet die Teilung der Stadt ....................... 29 2. Flucht aus Berlin ............................................................................................... 31 2.1 Verdrängung durch Aufwertung im Quartier Pulvermühle ...................... 31 2.2 Das trügerische Idyll von Neu Karow ...................................................... 34 a) Die Konstruktion von Gemeinschaft .................................................... 35 b) Auftritt: Der Sicherheitsdienst... ........................................................... 38 c) Zusammenfassende Bewertung ............................................................ 43 2.3 "Daimler City, ,,sony Center" und andere shopping malls ....................... 44 a) Adieu Tristesse ..................................................................................... 44 b) "Jederzeit freundlich, hell, sauber, sicher" ........................................... 46 c) Einkaufen in der U -Bahn ...................................................................... 47 d) Bewertung ............................................................................................ 48 2.4 Weitere Varianten der Privatisierung öffentlichen Raums ...................... .49 2.5 Zwischenfazit: die Sicherheit von teil-öffentlichen Orten ........................ 51 3. Sicherheit in öffentlichen Verkehrsmitteln ....................................................... 52 3.1 Das ,,sicherheitskonzept rur den ÖPNV" ................................................. 53 3.2 Sicherheit durch Personaleinsatz .............................................................. 56 3.3 Wie die gemischten Streifen bei der BVG rur Ordnung sorgen ............... 59 3.4 Externes Sicherheitspersonal bei der BVG ............................................... 61 3.5 U-Bahn-Sicherheit durch Technik und Sauberkeit ................................... 62 3.6 Der Konflikt um die Obdachlosenzeitungen ............................................. 64 3.7 Zwischenfazit: Sicherheit durch Sauberkeit? ............................................ 67 4. Sicherheit, Sauberkeit und Kriminalität... ......................................................... 70 4.1 Die Kampagne "Saubere Stadt Berlin" ..................................................... 70 5 4.2 Annut und Sucht als polizeiliche Ordnungsprobleme .............................. 74 4.3 Die Vmweltstreifen der Berliner Bezirksämter. ........................................ 75 4.4 Strategien der ,Sicherheit' und ihre Implikationen ................................... 79 5. Die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit durch die Polizei .......................... 81 5.1 Strategien und Befugnisse der Berliner Polizei ........................................ 82 5.2 Vorbereitungen für den Ausnahmezustand? ............................................. 87 6. Der Bundesgrenzschutz und die Deutsche Bahn AG ........................................ 88 6.1 Der Bundesgrenzschutz: Geschichte und Struktur. ................................... 88 6.2 Die Bundespolizei in Berlin ...................................................................... 90 6.3 Die durchaus intendierten Folgen des Wandels der Bundesbahn zum "Unternehmen Zukunft" ................................................................... 90 6.4 Die Zusammenarbeit von BGS und Wachdienst ...................................... 94 6.5 Zusammenfassende Bewertung ................................................................ 96 7. Police Private Partnership in der City West ...................................................... 97 7.1 Der Niedergang des Kurfiirstendamm ...................................................... 97 7.2 Ein Sicherheitsdienst in den Straßen von Berlin ....................................... 99 7.3 Der Senat zieht nach: eine Spezial einheit gegen Hütchenspieler. ........... 100 7.4 Zusammenfassende Bewertung .............................................................. 102 8. Zwischenfazit: Es kommt auf den Begriff an ................................................. 103 111. Frankfurt am Main .....................................•.................................................. 107 1. Der Landeplatz für spekulatives KapitaL ...................................................... 107 2. Die Privatisierung von Öffentlichkeit... .......................................................... 109 3. Sicherheit in Frankfurts S-und V-Bahnen ...................................................... 112 3.1 Das Sicherheitsnetzwerk im ÖPNV ........................................................ 112 3.2 Der kleine Betrug .................................................................................... 114 4. Der Frankfurter Präventionsrat ....................................................................... 117 4.1 Präventionsarbeit mit Bürgerbeteiligung ................................................ 118 4.2 Problembewusstsein wecken .................................................................. 121 4.3 Vnd im Hintergrund die Polizei .............................................................. 123 5. Die Männer vom Ordnungsamt ...................................................................... 124 5.1 Bürokratische Verortung der "Ganzheitssachbearbeiter" ....................... 125 5.2 Ruhe und Ordnung in den Straßen von Frankfurt ................................... 129 5.3 Die Stellung der HiPOs innerhalb des Gewaltmonopols ........................ 131 5.4 Die Ausdehnung kommunaler Sicherheitsstrukturen .............................. 134 6. Die Gewährleistung von Sicherheit durch die Polizei .................................... 135 6.1 Eine hochdifferenzierte Behörde ............................................................ 136 6.2 Kooperation mit dem Bundesgrenzschutz .............................................. 141 6.3 Der Kooperationsvertrag zwischen Polizei und Bewachungsgewerbe ... 143 6.4 Informelle Zusammenarbeit im 1. Revier ............................................... 146 7. Zwischenfazit: ein engmaschiges Netz ........................................................... 148 IV. Zwischenfazit: kommunale Kriminalpolitik .............................................. 151 1. Die Ausgangslage in den beiden Städten ........................................................ 151 2. Die ordnungspolitische Rolle der Kommunen ................................................ 153 3. Die Risiken der kommunalen Sicherheits strategie ......................................... 154 6 V. Wachleute bei der Arbeit ............................................................................. 156 1. Die empirische Erforschung der Lebenswelt von Wachleuten ....................... 156 1.1 Theorie und Praxis teilnehmender Beobachtung .................................... 156 a) Distanz und Empathie als modus operandi ......................................... 157 b) On the beat ......................................................................................... 158 1.2 Der Wachmann als Experte in Sachen Sicherheit.. ................................. 159 2. Wachleute in der Berliner S-Bahn .................................................................. 163 2.1 Monotonie, ein eingeschränktes Blickfeld und selektives Interesse ....... 163 2.2 Kunden, Kollegen und Klienten ............................................................. 164 a) Das berufliche Netzwerk .................................................................... 164 b) Die zu beschützen sind ....................................................................... 164 c) Unter Beobachtung ............................................................................. 165 d) Unsichtbar und doch stets präsent: die Leitstelle ................................ 166 e) Die ,Kollegen' von der Polizei ........................................................... 166 2.3 Dienstablaufund Arbeitsbedingungen .................................................... 167 a) Einweisung und Dienstbeginn ............................................................ 167 b) Zugbegleitung und -bewachung ......................................................... 168 c) Dienstschluss, Kehrfahrten, Besonderheiten meiner Beobachtung .... 168 d) Reflexion am nächsten Morgen: ein ruhiges Wochenende ................. 169 3. "Wenn die Oma mit dem Koffer kommt ... "- Elemente bewachungs gewerblicher Tätigkeit ................................................ 170 3.1 Präsenz zeigen ........................................................................................ 170 3.2 Der Doppelcharakter der helfenden Dienstleistung ................................ 171 3.3 Facility Management .............................................................................. 172 3.4 Wahrnehmung des Hausrechts und Ordnungsmaßnahmen ..................... 173 a) Steter Tropfen höhlt den Stein ............................................................ 175 b) Die Punker gehorchen ........................................................................ 176 3.5 Die Fahrscheinkontrolle und ihre Folgen. ............................................... 177 3.6 Sicherung des Betriebsablaufs, Verhinderung von Personenschäden ..... 181 a) Großeinsatz beim Fußballspiel ........................................................... 181 b) Unbefugte auf den Gleisen ................................................................. 183 c) Ein Jugendlicher hat keinen Fahrschein ............................................. 184 d) Alltägliche Bagatellen ........................................................................ 185 3.7 Der Krieg in den Kehren ......................................................................... 186 3.8 Zwischenfazit: das zum Teil eingelöste Versprechen ............................. 188 4. Konflikte und Gewalt gegen Wachleute ......................................................... 189 5. Fehlverhalten von Wachleuten ....................................................................... 192 5.1 Zwei gewaltsame Vorfälle ...................................................................... 193 a) Die Misshandlung von "Oz" ............................................................... 193 b) Ein Festgenommener wird abgeführt und verletzt sich selbst ............ 195 5 .2 Wachleute als rassistische Gewalttäter? ................................................. 197 5.3 Kompetenzanmaßungen .......................................................................... 197 5.4 Unterlassene Hilfeleistung? .................................................................... 198 5.5 Todesgefahr durch Asphyxie .................................................................. 199 5.6 Zwischenfazit: Freispruch aus Mangel an Beweisen .............................. 200 7 6. Zwischenfazit: Wachleute und Gewalt ........................................................... 200 6.1 Ziele, wie sie erreicht werden und welche Konflikte daraus entstehen .. 200 6.2 Das Gewaltkontinuum ............................................................................ 202 6.3 Strukturelle Gewalt und individuelle Verantwortung ............................. 205 VI. Integration in die Rechtsordnung ............................................................... 207 1. Die privatrechtlichen Grundlagen sicherheitsgewerblicher Tätigkeit ............. 207 1.1 Aus dem Eigentum abgeleitete Rechte ................................................... 207 1.2 Die Not-und ledermannrechte stehen auch den Wachleuten zu ............ 208 1.3 Sanktionierung von Schwarzfahrten ....................................................... 211 1.4 Bewertung: Ein Netz von Regelungen .................................................... 213 2. Spezielle Normierung durch Gewerbeordnung und Gesetzesvollzug ............. 213 2.1 Der Zugang zum Bewachungsberuf. ....................................................... 213 2.2 Normierung der Berufsausübung in der Bewachungsverordnung .......... 216 2.3 Auch die Berufsgenossenschaft nimmt Einfluss ..................................... 217 2.4 Übersetzung fiir die Wachleute durch die Dienstanweisung .................. 218 2.5 Behördliche Kontrolle der Sicherheitsdienste ......................................... 219 2.6 Bewertung: Defizite sind nicht zu erkennen ........................................... 222 3. Die Grenzen der Privatisierung ....................................................................... 222 3.1 Eine "rechtsstaatlich saubere Kooperationsalternative"? ........................ 223 a) Ein traditionsreiches Instrument ......................................................... 223 b) Beleihung als Perspektive ................................................................... 225 3.2 Die dritte Gewalt schreitet ein ................................................................ 226 a) Eine KontrollsteIle im Hessischen: "Das Gewaltmonopol ist unteilbar" .................................................... 227 b) Parkraumbewirtschaftung in Berlin: "Der Kembereich der Staatlichkeit" ................................................... 228 c) Die Reichweite des Gewaltrnonopols ................................................. 229 4. Die Diskussion über ein "Sicherheitsgewerbegesetz" .................................... 230 4.1 Ansätze zu einer gesetzlichen Regelung ................................................. 231 4.2 Bewertung: unklarer Zweck, ungute Folgen ........................................... 233 4.3 Verbrechensbekämpfung durch private Sicherheitsdienste? .................. 234 4.4 Nachtrag: die Änderung von 2002 .......................................................... 236 5. Zwischenfazit: verschiedene Nicht-Zusammenhänge .................................... 238 5.1 Integration ohne Gesetz .......................................................................... 238 5.2 Die Stellung der Polizei bleibt erhalten .................................................. 240 VII. Das Bewachungsgewerbe im ,System Innerer Sicherheit' ........................ 242 1. Grundelemente sicherheitsgewerblicher Tätigkeit... ....................................... 242 1.1 Aufgaben und Tätigkeiten der Privaten .................................................. 242 1.2 Sicherheit ohne Bezug zu Kriminalität ................................................... 244 1.3 Von zentraler Bedeutung: hybride Formen von Öffentlichkeit .............. 244 1.4 Die Rolle der Kommunen ....................................................................... 246 2. Die Folgen des Einsatzes von Sicherheits diensten in dreifacher Perspektive ..................................................................................................... 247 2.1 Polizei: Fortsetzung der präventiven Kehre ............................................ 248 8 2.2 Die Randgruppen bleiben police property .............................................. 250 2.3 Bürger: subtile Verhaltens steuerung durch Kontrolle ............................. 251 3. Gemeinsamer Grundkonsens privater und öffentlicher Sicherheitsstrategen ........................................................................................ 253 3.1 Unsicherheit als Konsequenz privater Sicherheitsgewährleistung .......... 253 3.2 Strategien der ,Inneren Sicherheit' ......................................................... 255 4. Die Integration des Bewachungsgewerbes in das ,System Innerer Sicherheit' ............................................................................ 257 4.1 Ein weiterer Wachstums ring der Polizei ................................................. 257 4.2 Die Geschichte des Bewachungsgewerbes als Geschichte staatlicher Interventionen ......................................................................................... 259 4.3 Die Zukunft des Nationalstaats im Angesicht der Privatisierung ........... 262 4.4 Zur Kommodifizierung von Sicherheit in Foucaultscher Perspektive .... 264 4.5 Die Folgen neoliberaler Regierungstechniken ........................................ 267 Literatur ................................................................................................................ 268 9 Vorwort Die nachfolgende Arbeit wurde im Juni 2002 vom Fachbereich Politik- und Sozial wissenschaften der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, sie zu schreiben, wenn mir nicht zahlreiche Menschen in verschiedener Weise geholfen hätten. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, der das Vorhaben von der ersten Ideenskizze bis zum fertigen Manuskript begleitete und mir immer wieder behutsam neue Wege wies. Ebenfalls bedanke ich mich bei Herrn Priv.-Doz. Dr. Norbert Pütter, der mir insbesondere bei der Konzeption des empirischen Teils zur Seite stand, und bei Frau Prof. Dr. Barba ra Riedmüller, die das Zweitgutachten anfertigte. Freunde haben mich in verschiedenen Phasen unterstützt, vor allem indem sie Passagen der Arbeit lasen und konstruktive Kritik übten. Zu erwähnen sind hier ins besondere Dipl.-Pol. Albrecht von Lucke, Dr. Hiltrud Wallenborn, Dipl.-Soz. Jutta Kirsch und Dr. Michael Haus. Meine Eltern haben nicht nur mein Studium großzü gig finanziert, sondern meinen Weg auch immer ideell unterstützt. Von der Konrad Adenauer-Siftung habe ich ein Stipendium erhalten, das mich in die komfortable Lage versetzte, mich ganz auf meine wissenschaftlichen Arbeit zu konzentrieren. Was aber hätte ich machen können, wenn mir nicht die zahlreichen genannten und nicht genannten Experten aus Polizei, Bewachungsunternehmen, Lokalverwal tungen und sozialen Diensten für Gespräche und teilnehmende Beobachtungen zur Verfiigung gestanden hätten? Nichts! -, denn das Objekt meiner wissenschaftlichen Begierde wäre in einem undurchdringlichen Nebel verschwunden, der alle Anstren gungen zum Verstehen unmöglich gemacht hätte. Ich bedanke mich deshalb auch bei ihnen, die meinem Vorhaben ausnahmslos aufgeschlossen und interessiert ge genüber standen und mir bereitwillig Einblick in eine fremde Welt gewährten. Berlin, im März 2003 Benno Kirsch 11 I. Einleitung 1. Das Verhältnis zwischen privaten Sicherheitsdiensten und der Polizei I.I Annäherung an ein Alltagsphänomen Wer wachen Auges durch die Städte unserer Tage streift, dem wird die Präsenz von uniformiertem Personal nicht entgangen sein, das nicht der Polizei angehört. Mit dem Anblick der seit Jahrzehnten grün gewandeten Schutzpolizisten ist man ver traut, zumal man erste Kontakte bereits bei der vorschulischen Verkehrserziehung sammelt. ,Die Polizei, dein Freund und Helfer,' lernen wir früh. Aber nun wird ihr assistiert von den Wachmännern und Wachfrauen, deren Bedeutung man nicht so recht einschätzen kann, weil sie nicht in ein bewährtes Schema einzuordnen sind: Polizisten sind sie nicht, und doch üben sie offenbar eine sicherheitsrelevante Funk tion aus. Sie sind, weder Fisch noch Fleisch', ambivalent, unentschieden. Lediglich eins scheinen sie sicher zu indizieren: dass sich die Formen formalisierter Sozial kontrolle wandeln, wenngleich Ursprung und Ausgang dieses Wandels ungewiss bleiben. Man stellt sich Fragen wie: Ist die Gegend, in der die Wachleute auftau chen, unsicher? Warum ist die Polizei nicht anwesend? Und vom Versuch, eine konkrete Alltagssituation zu deuten, gelangt man schnell zu Fragen wie diesen: Deu tet die Anwesenheit der Wachleute auf ein Versagen der Polizei hin? Können wir überhaupt noch sicher leben, wenn der Staat uns nicht mehr schützt? Angesichts solcher Fragen und um eine erste Schneise in den Dschungel der Ungewissheit zu schlagen, erscheint es sinnvoll, dürre Fakten über das Bewa chungsgewerbe sprechen zu lassen (vgl. Tab.!). Das ehedem wenig angesehene Nachtwächtertum hat sich seit seiner Gründung 1901 zu einem veritablen Industrie zweig mit einem Marktvolumen bei den Wach- und Sicherungsdiensten von 4,54 Mrd. DM (1996) entwickelt.1 Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Mitarbei ter wird vom Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) mit 140.000 angegeben. Es handelt sich jedoch bei den Dienstleistungen, die im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion stehen und mit denen sich die vorlie gende Arbeit befasst, nur um einen Teil des gesamten Marktes. Detekteien und Aus kunfteien sind ebenso hinzu zu rechnen wie die Hersteller und Errichter von mecha nischen und elektronischen Sicherungssystemen wie Türbeschlägen, Videokameras und Zugangskontrollsystemen. Ebenfalls ins Gewicht fallen Geld- und Werttrans porteure. Das Volumen des gesamten Sicherheitsmarktes, der an den Rändern aus franst, ist also wesentlich größer. Bereits für 1994 wird es auf insgesamt 14,8 Mrd. DM beziffert? I BBE-Unternehmensberatung: Branchenreport Sicherheitsmarkt, Jahrgang 1997/98, S. 662. 2 Mauersberger: Volumen und Gliederung des Sicherheitsmarktes, S. 765. 13

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