Portfolio–Selektion: Die (analytische) Geometrie des effizienten Randes JochenWilhelm∗ JohannesGarhammer† Zusammenfassung Derherko¨mmlicheEffizienzbegriffderTheoriederPortfolioSelektionwirderweitertund imKontextvonnicht-linearenOptimierungsaufgabenausgewertet. NebenWertpapieranla- genwirdauchdieMo¨glichkeitberu¨cksichtigt,MittelinderKassezuhalten.Statteinerisi- kofreie Anlageform vorzusehen, werden vor dem Hintergrund des Konzeptes der stochas- tischen linearen Unabha¨ngigkeit risikofreie Hedge–Portfolios und Arbitrage–Portfolios be- ru¨cksichtigt.DiebekanntenSeparationsresultatewerdenindiesemKontextverallgemeinernd neuhergeleitet.AufderBasisderSeparationsergebnissewerdendieanalytischeGeometrie deseffizientenRandesunddieStrukturvoneffizientenGesamtpositionenausgeleuchtet.Eine dualeBeziehungzwischeneineralserwartungswertproportionalenBewertungdesMarktes undderExistenzriskantereffizienterGesamtpositonenergibtsichalsNebenresultat.DieRen- ditevonHedge–Portfolioserweistsichalsnicht–negativ, das“LawofOnePriceistebenfalls ” eineSchlussfolgerungausderEffizienz,dasvarianzminimalePortfolioistineffizient. 1 Einfu¨hrung und Problemstellung Lehrbu¨cherderFinanzierungstheoriebehandelnalseinesderKernstu¨ckedesFachesdieKon- struktion von (µ,σ)–effizienten Wertpapierportfolios, als Basiselement sowohl der Portfolio- Selection-TheoriealsauchdesCapitalAssetPricingModells(CAPM).1 (µ,σ)–effizientsindbe- kanntlichPortfolios,diebeieinemErwartungswertvonµeinegeringstmo¨glicheVarianzσ2und beieinerVarianzvonσ2einenho¨chstmo¨glichenErwartungswertµaufweisen,wobeidannnoch zupra¨zisierenbleibt,welcheunsichereGro¨ßedieGrundlagefu¨rdieBildungvonErwartungs- wert und Varianz bildet. Fu¨r eine ga¨ngige Vorgehensweise mo¨gen hier stellvertretend etwa ∗Universita¨tPassau–Lehrstuhlfu¨rBetriebswirtschaftslehremitSchwerpunktFinanzierung †Universita¨tPassau–Lehrstuhlfu¨rBetriebswirtschaftslehremitSchwerpunktFinanzierung 1BERNDRUDOLPH,demdieserBeitrag–eristinleichtgeku¨rzterForminderFestschriftzum65.Geburtstagdes Jubilars(SCHA¨FERETAL.(2009),WILHELMUNDGARHAMMER(2009))vero¨ffentlichtworden–zugeeignetist,geho¨rtzu derGenerationdererstenForscherundHochschullehrer,dieimdeutschsprachigenRaumdieSichtweiseaufgegriffen undweiterentwickelthaben,diediePha¨nomenederfinanziellenSpha¨redesUnternehmens(GUTENBERG)konsequent vordemHintergrundderFinanzma¨rktebetrachtetunddaherbetriebswirtschaftlicheFragestellungenmitErkenntnis- senundMethodenderKapitalmarkttheoriezubearbeitenanleitet(schoninseinerHabilitationsschrifthatsichRudolph mitFragenderoptimalenKapitalstrukturbeisegmentiertenKapitalma¨rktenbefasst).Dasistheuteselbstversta¨ndlicher StandardinderwissenschaftlichenebensowieinderLehrbuchliteratur,soauchinRUDOLPH(2006). 1 COPELANDETAL.(2007),INGERSOLL(1987)undauchTRAUTMANN(2007).Derdortgewa¨hlte Zugangistzweistufig: Auf der ersten Stufe werden Portfolios betrachtet, die nur aus riskanten Wertpapieren be- stehen(Markowitz–Theorie:MARKOWITZ(1952),MARKOWITZ(1959)),wa¨hrenderstaufeiner zweiten Stufe eine sichere Anlageform hinzutritt (mit dem Resultat der sogenannten TOBIN- Separation: TOBIN (1957)). Auf der ersten Stufe wird nicht nur ausgeschlossen, dass fu¨r die Mittelanlage auchrisikofreie Alternativenzur Verfu¨gung stehenko¨nnten, sonderndurch eine scheinbartechnischalserforderlicherscheinendeAnnahme–ExistenzderInversenderKova- rianzmatrix–auchverhindert,dassrisikofreiePositionenaufdemWegedesHedginggebildet werden ko¨nnen: es existieren keine Hedge–Portfolios”. Wertpapiere werden durch ihre Ren- ” dite charakterisiert, als Basis des Portfolio–Erfolges wird entsprechend die Portfolio–Rendite verwendet, die Ermittlung der effizienten Portfolios stu¨tzt sich bei der Optimierung auf die Multiplikatorenmethode nach LAGRANGE; auf diesem Wege ergeben sich notwendige Bedin- gungenfu¨reffizientePortfolios. DerindieserArbeitdarzustellendeAnsatzunterscheidetsichinmehrerleiHinsichtvondem skizzierten Lehrbuchstandard. Auf die spezifische Rolle einer explizit gegebenen risikofreien Anlageformwirdebensoverzichtet,wieaufdieVoraussetzungeinerinvertierbarenKovarianz- matrix(insoweitwirdtendenzielldemAnsatzvonROLL(1977)gefolgt).Zudemaberwirdhier nichtaufdieRenditen,sondernexplizitaufWertpapier–PayoffsundPreise(Zahlungsstromdar- stellung)abgestellt(soauchschonRUDOLPH(1979)).Zusa¨tzlichwirdkeinBudgetvorgegeben, vielmehr wird auch der investierte Betrag der Effizienzanforderung unterworfen. Schließlich wirdberu¨cksichtigt,dassInvestorenauchMittelinderKassehaltenko¨nnen. Diese Konstruktionsmerkmale fu¨hren auf einen neuartigen Effizienzbegriff (es wird von (µ,σ,w )–Effizienz gesprochen werden) und machen eine Erweiterung des mathematischen 0 Ru¨stzeugszurProblemformulierungund–lo¨sungerforderlich(dasKonzeptvon stochastisch ” linear (un–)abha¨ngigen” Payoffs findet Verwendung und die gewo¨hnliche Methode der LA- GRANGE-Mulitplikatoren wird durch die KUHN–TUCKER–Theorie der nichtlinearen Optimie- rungersetzt).IndiesemRahmenwirdderFragenachgegangen,wieeffizienteGesamtpositio- nen und wie die sie konstituierenden Portfolios beschrieben werden ko¨nnen. Wie sich zeigen wird,ko¨nnensiedurchein MaximumprinzipderEffizienz”charakterisiertundmitHilfeder ” KUHN–TUCKER–Bedingungenkonkretisiertwerden. Stochastische lineare Unabha¨ngigkeit ist das mathematische gegenstu¨ck zur Abwesenheit von (echten) Hedge–Portfolios. Der aus der linearen Algebra bekannte Begriff einer Basis” ” wird auf den hier vorliegenden Fall stochastischer Payoffs und stochastischer linearer Un- abha¨ngigkeit derselben u¨bertragen, wodurch sich in natu¨rlicher Weise eine Aufteilungsmo¨g- lichkeit der Wertpapiere in Basis– und Nichtbasiswertpapiere ergibt. Als damit in engem Zu- sammenhangstehendwerdensichHedge–undArbitrage–Portfolioserweisen. Wesentliche Ergebnisse unserer U¨berlegungen betreffen die Zusammensetzung effizienter Gesamtpositionen aus Basiswertpapieren, Hedge–Portfolios und Kassenhaltung: Die TOBIN- Separation wird in diesem recht allgemeinen Kontext nachgewiesen; weiter wird ein Zusam- menhang zwischen der Existenz effizienter (riskanter) Gesamtpositionen und dem sogenann- ten LawofOnePrice”einerseitsundeinernicht–trivialenBewertungderWertpapieredurch ” den Finanzmarkt andererseits nachgewiesen. Die Mo¨glichkeit, Mittel in der Kasse zu halten, 2 beschra¨nkt die Rendite von Hedge–Portfolios, so sie existieren, auf nicht–negative Werte und machtdasvarianzminimalePortfoliostetszueinemineffizienten,dasanderPortfolio–Bildung imU¨brigenimmernurinderFormeinerShort–Position,niemals long”,beteiligtist. ” Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut: Nach Darstellung der Modellbausteine werden in Ab- schnitt2effizienteGesamtpositionen(bestehendausWertpapier-PortfoliosundKassenhaltungs- positonen)alsLo¨sungeinesdrei-dimensionalenVektormaximumproblemscharakterisiert.Das sogenannte MaximumprinzipderEffizienz”gestattetdieCharakterisierungdurchdreisimul- ” tane KUHN–TUCKER Bedingungssysteme.AufdieserGrundlagewerdeneffizienteGesamtpo- sitionen (mit und ohne die Existenz von Hedge–Portfolios) konstruiert und in Unterabschnitt 2.6 die Beziehung zwischen Struktur der Marktbewertung und der Existenz von effizienten GesamtpositionenmitpositiverVarianzherausgearbeitet.InAbschnitt3wirddieZusammen- setzungderineffizientenGesamtpositionenenthaltenenPortfoliosaufzweiSeparationsfonds zuru¨ckgefu¨hrt,fu¨rderenExistenzinderGegenwartvonrisikolosenHedge–Portfolioszuna¨chst einmalderNachweisgefu¨hrtwerdenmuss.InAbschnitt4schließtsichdieZusammenfu¨hrung der Ergebnisse in die analytisch–geometrische Darstellung an, wobei zugleich nach der zu- vor behandelten Strukturfrage die Volumenfrage in Hinsicht auf die aufzunehmenden Port- folios beantwortet wird. Abschnitt 5 verdeutlicht die Zusammenha¨nge mit graphischer Un- terstu¨tzung an zwei Beispielen, wovon insbesondere das zweite eine Bru¨cke zur Theorie der Derivatebewertung schla¨gt. Eine thesenfo¨rmige Zusammenfassung in Abschnitt 6 beschließt dieArbeit. 2 Effiziente Gesamtpositionen 2.1 Vorbereitung: Modellbausteine, Portfolios und Gesamtpositionen, Effi- zienz AmMarktsolleinebeliebigeAnzahl n von(beliebigteilbaren2)AnlageformenzurVerfu¨gung stehen, die durch ihre Preise P (i = 1,...,n, zusammen gefasst zum Vektor P) im Betrach- i tungszeitpunkt und die auf sie entfallenden Ru¨ckstro¨me (Payoffs) am Periodenende – gleich ob sie sicher sind oder nicht – charakterisiert werden ko¨nnen; daneben ist noch Kassenhal- tung mo¨glich. Die Payoffs sind Zufallsvariablen Z (i = 1,...,n, zusammen gefasst zum Zu- i fallsvektor Z), deren erste und zweite (multivariate) Momente E(Z) (Erwartungswerte) und COV(Z,Z)(Kovarianzmatrix,abgeku¨rztnotiertmitC)existieren. Definition1. EinPortfolioisteinVektorx ∈ Rn,derPayoffdiesesPortfoliosistZT·x,seinPreis PT·x. Definition 2. Eine Gesamtposition ist ein Paar (x,yc) ∈ Rn×R+, bestehend aus einem Portfolio xundeinerKassenpositiony .DerPayoffderGesamtpositionistZT·x+y ,ihrPreis(dasBudget) c c PT·x+y . c 2Fragen,diemangelndeTeilbarkeitoderNichtmarktfa¨higkeitvonTeilpositionenimVermo¨gendesInvestorsbetref- fen,werdenhierausgespart(vgl.etwaMAYERS(1972)BRITO(1977);RUDOLPH(1982)hatsichindiesemZusammen- hangmitdemProblemeinespreisbeeinflussendenmonopolistischenInvestorsbefasst). 3 Wirsindnunfu¨rdieDefinitionderEffizienzvonGesamtpositionengeru¨stet: Definition 3. Eine Gesamtposition (x¯,y¯ ), bestehend aus dem Portfolio x¯ und der Kassenposition c y¯ ≥ 0, heißt (µ,σ,w )–effizient (im Folgenden gewo¨hnlich effizient” ohne Zusatz), wenn die fol- c 0 ” gendeBedingungerfu¨lltist: Fu¨rallex ∈Rn undy ∈R+ folgtausdemUngleichungssystem E(ZT)x¯+y¯ E(ZT)x+y c −x¯TCx¯ ≤ −xTCx −PTx¯−y¯ −PTx−y c dasGleichungssystem E(ZT)x¯+y¯ E(ZT)x+y c −x¯TCx¯ = −xTCx −PTx¯−y¯ −PTx−y c Diese Definiton fordert, dass die betreffende Position effizient im Sinne eines Vektormaxi- mumproblemsist,dasalsZielsetzungendieErwartungswertmaximierung,Varianzminmierung undBudgetminimierungaufweist.DerklassischeBegriffder(µ,σ)–Effizienzbetrachtetnurdie beidenerstenZielsetzungen:dieErwartungswertmaximierungunddieVarianzminmierung. WirkommennunzueinemerstenResultat: Proposition1. DieGesamtposition(x¯,y¯ )istgenaudanneffizient,wennesw ,w ,s ∈Rgibtmit c 1 0 1. w1 =E(ZT)x¯+y¯c =max(cid:8)E(ZT)x+y| (x,y) ∈Rn×R+,xTCx ≤ s,PTx+y ≤ w0(cid:9) (cid:110) (cid:111) 2. w0 = PTx¯+y¯c =min PTx+y| (x,y) ∈Rn×R+,xTCx ≤ s,E(Z)T·x+y ≥ w1 (cid:110) (cid:111) 3. s = x¯TCx¯ =min xTCx| (x,y) ∈Rn×R+,E(Z)T·x+y ≥ w1,PT·x+y ≤ w0 KorollarzuProposition1: Sei(x¯,y¯ )eineeffizienteGesamtpositionmitw ,w ,s ∈RwieinPropo- c 1 0 sition1.DannsinddiefolgendenMengennichtleer (cid:110) (cid:111) (x,y) ∈Rn×R+|E(ZT)x+y = w1,xTCx ≤ s,PTx+y ≤ w0 (cid:110) (cid:111) (x,y) ∈Rn×R+|PTx+y = w0,xTCx ≤ s,E(Z)T·x+y ≥ w1 (cid:110) (cid:111) (x,y) ∈Rn×R+|xTCx = s,E(Z)T·x+y ≥ w1,PT·x+y ≤ w0 Beweis:DerBeweisergibtsichunmittelbarausdemMaximumprinzipderEffizienz(vglA.1). q.e.d. DieBedingungen1bis3derProposition1konstituierenjeweilseinnichtlinearesOptimie- rungsproblem;diezugeho¨rigenKuhn-Tucker-Bedingungen(vgl.A.2)notierenwirwiefolgt: 4 Erwartungswertmaximierung DieBedingungenfu¨rdasProblem1lauten E(Z)T−µ PT−µ x¯TC =0 0 2 1−µ ≤0 0 y¯ ·(1−µ ) =0 (E →max) c 0 y¯ ,µ ,µ ≥0 c 0 2 w −µ w −µ s =0 1 0 0 2 Budgetminimerung DieBedingungenfu¨rdasProblem2lauten PT−ν E(Z)T+ν x¯TC =0 1 2 −1+ν ≤0 1 y¯ ·(1−ν ) =0 (P →min) c 1 y¯ ,ν ,ν ≥0 c 1 2 w −ν w +ν s =0 0 1 1 2 Varianzminimierung DieBedingungenfu¨rdasProblem3lauten x¯TC+λ PT−λ E(Z)T =0 0 1 −λ +λ ≤0 0 1 y¯ ·(λ −λ ) =0 (V →min) c 1 0 y¯ ,λ ,λ ≥0 c 0 1 s+λ w −λ w =0 0 0 1 1 ImFolgendenwerdenwirdieseOptimierungsproblemeundihreBedingungensystematisch auswerten. 2.2 EffizienterisikoloseGesamtpositionen? Risikolose Gesamtpositionen sind in den Bedingungssystemen (E-max), (P-min) und (V-min) durch s = 0 gekennzeichnet. Insbesondere muss fu¨r das effiziente Portfolio in einer solchen Gesamtposition x¯TCx¯ = 0 gelten; da C als Kovarianzmatrix positiv semidefinit ist, muss also Cx¯ =0gelten.DieBedingungssystemelautendaher E(Z)T−µ PT =0 0 1−µ ≤0 0 y¯ ·(1−µ ) =0 (E →max−r ) c 0 f y¯ ,µ ≥0 c 0 w −µ w =0 1 0 0 5 PT−ν E(Z)T =0 1 −1+ν ≤0 1 y¯ ·(1−ν ) =0 (P →min−r ) c 1 f y¯ ,ν ≥0 c 1 w −ν w =0 0 1 1 und λ PT−λ E(Z)T =0 0 1 −λ +λ ≤0 0 1 y¯ ·(λ −λ ) =0 (V →min−r ) c 1 0 f y¯ ,λ ,λ ≥0 c 0 1 λ w −λ w =0 0 0 1 1 DieseBedingungenlassensichwiefolgtineinemSatzzusammenfassen: Proposition 2. Effiziente risikolose Gesamtpositionen exisitieren nur dann, wenn der Preis- und der Erwartungswertvektorlinearabha¨ngigsind,d.h.wenneineRelationα·E(Z)−β·P = 0gegebenist. IstineinersolchenGesamtpositionderKassenbestandpositiv,sogiltα = β.IstderKassenbestandgleich null,sokannman0≤ α ≤ βwa¨hlen. Definition 4. Wenn die Vektoren E(Z) und P linear abha¨ngig sind, sagen wir, der Markt bewerte erwartungswertproportional.DieseDefinitionbeziehenwirauchaufTeilmengenderWertpapiere. Definition5. Beigegebenemλ ∈R+sprechenwirvonE(Z)−λPalsvomVektorderRisikopra¨mien bezu¨glichderRenditeλ−1. Der Markt bewertet erwartungswertproportional, wenn es eine Rendite λ−1 gibt, fu¨r die alleRisikopra¨miengleichnullsind. Korollar:EffizienterisikoloseGesamtpositionengibtesnur,wennderMarkterwartungswertproportio- nalbewertet. Beweis:Fu¨rβ (cid:54)=0giltP = α ·E(Z),fu¨rα (cid:54)=0giltE(Z) = β ·P. q.e.d. β α 2.3 EffizienteGesamtpositionen,wennkeineHedge–Portfoliosexistieren Definition 6. Ein von null verschiedenes Portfolio, dessen Varianz gleich null ist, heißt ein Hedge– Portfolio. GibtesunterdenherrschendenMarktbedingungenkeineHedge–Portfolios,danngilt x (cid:54)= 0 =⇒ xTCx (cid:54)= 0, aber auch x (cid:54)= 0 =⇒ xTC (cid:54)= 0. Gibt es keine Hedge-Portfolios, kann eine risikolose Gesamtposition folglich nur aus der Kassenhaltung bestehen. Wir ko¨nnen nun das folgende Strukturergebnis fu¨r Portfolios in effizienten Gesamtpositionen mit Kassenhaltungs- beteiligungmitteilen: 6 Proposition3. ExistierenkeineHedge-Portfolios,danngiltfu¨rdasPortfolio x¯ ineinereffizientenGe- samtposition(x¯,y¯ )mit(aktiver)Kassenhaltung(y¯ >0) c c µ x¯ =C−1{E(Z)−P}, µ ≥0 2 2 Beweis: Man betrachte (E-max-r ) und (P-min-r ). Ist y¯ > 0, muss µ = ν = 1 sein. Die f f c 0 1 Bedingungenfu¨rdieProbleme(E-max-r )und(P-min-r )implizierenjeweilsdieBehauptung. f f q.e.d. Korollar: Strukturell bestimmen die Risikopra¨mien bezu¨glich der Kassenrendite (d.h. bezu¨glich einer Renditevonnull)dasPortfolioineinereffizientenGesamtposition. EinentsprechendesErgebniskennzeichnetdenFallohne(aktive)Kassenhaltung: Proposition4. ExistierenkeineHedge-Portfolios,danngiltfu¨rdasPortfolio x¯ ineinereffizientenGe- samtposition(x¯,y¯ )ohneKassenhaltung(y¯ =0) c c x¯ = λ C−1E(Z)−λ C−1P 1 0 mitλ ,λ ≥0, λ ≤ λ , λ +λ (cid:54)=0. 1 0 1 0 1 0 Beweis:DasfolgtdirektausdenKuhn-Tucker-BedingungendesProblems(V-min). q.e.d. Korollar:IstunterdenVoraussetzungenderProposition4λ >0,sowerdendiePortfoliosineinereffi- 1 zientenGesamtpositionstrukturelldurchdieRisikopra¨mienbezu¨glichderRenditeλ /λ −1bestimmt. 0 1 2.4 Hedge–Portfolios,wenneffizienteGesamtpositionenexistieren Wenn der Markt effiziente Gesamtpositionen bereit stellt, gibt es fu¨r Hedge–Portfolios Ein- schra¨nkungen.WiruntersucheneineeffizienteGesamtposition(x¯,y¯ )undeinbeliebigesHedge– c Portfolio ξ. Die Bedingungen (E-max), (P-min) und (V-min) fu¨hren durch Multiplikation mit demHedge–PortfoliozufolgendenGleichungen E(Z)Tξ−µ PTξ = 0 0 PTξ−ν E(Z)Tξ = 0 1 λ PTξ−λ E(Z)Tξ = 0 0 1 Darausfolgernwir: Proposition5. IneinemMarkt,indemeffizienteGesamtpositionenexistieren,giltfu¨rHedge–Portfolios: 1. IstderPreisdesHedge–Portfoliosgleichnull,soistsein(erwarteter)Payoffgleichnull. 2. Istder(erwartete)PayoffdesHedge–Portfoliosgleichnull,soistseinPreisgleichnull. 3. Hedge–PortfoliosmiteinemvonnullverschiedenenPreisbzw.(erwarteten)Payoffhabendieselbe Rendite E(Z)Tv 1 λ r = −1= µ −1= −1= 0 −1≥0. f PTv 0 ν λ 1 1 7 Bemerkung. Proposition5lieferteineVariantedes LawofIndifference”(JEVONS(1888),S.87u.S. ” 90),heutemeistunterderBezeichnung LawofOnePrice”verwendet. ” Bemerkung. DieVariantenvonHedge–Portfolios,fu¨rdiedieVoraussetzungvon2inderProposition 5zutrifft,heißen Arbitrageportfolios”(MERTON(1973)).Zweilinearunabha¨ngigeHedge–Portfolios ” lassensichstetszueinemArbitrageportfoliokombinieren. 2.5 EffizienteGesamtpositionen,wennHedge–Portfoliosexistieren SchließlichbetrachtenwireineeffizienteGesamtposition(x¯,y¯ )(dieeinepositiveVarianzauf- c weist),wennzugleichHedge–PortfolioszurVerfu¨gungstehen.Hierko¨nnenwirfeststellen: Proposition6. ExstierenHedge–Portfoliosundist(x¯,y¯ )eineeffizienteGesamtpositionmitpositiver c Varianz,soist (cid:110) (cid:16) (cid:17) (cid:111) Cx¯ = λ E(Z)− 1+r P 1 f Beweis:WendetmandieBedingungendesProblems(V-min)aufeinHedge-Portfolioξ anund multipliziert mit diesem durch, ergibt sich λ0PTξ = λ1E(Z)Tξ. Daraus folgt der Rest, wenn manbedenkt,dassλ undλ nichtbeidegleichnullseinko¨nnen,weildieeffizienteGesamtpo- 0 1 sitionsonstrisikofreiwa¨re. q.e.d. Korollar:UnterdenVoraussetzungenvonProposition6werdendiePortfoliosineinereffizientenGe- samtpositionstrukturelldurchdieRisikopra¨mienbezu¨glichderrisikofreienRendite(RenditederHedge– Portfolios)bestimmt. 2.6 EffizienzundErwartungswertproportionalita¨tderPreise Unabha¨ngigdavon,obHedge–Portfoliosexistierenodernicht,hatdieExistenzvoneffizienten GesamtpositionenmitpositiverVarianzeineImplikationfu¨rdieBewertungderPayoffsdurch denMarkt.EineeffizienteGesamtpositionmitpositiverVarianzerfordertnach(V-min)λ w − 1 1 λ w = s >0,alsoλ w > λ w ,wobeiλ ≥ λ ≥0,λ +λ >0gilt. 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 Proposition7. Sei(x¯,y¯ )eineeffizienteGesamtpositionmitpositiverVarianz.Dannsindλ >0und c 1 λ2 >0,esseidennPundE(Z)sindproportional,d.h.derMarktbewerteterwartungswertproportional. Beweis:Esgiltx¯TC+λ0PT−λ1E(Z)T = 0.AusderTatsache,dassdasPortfolioeinepositive Varianz aufweist, folgt C·x¯ (cid:54)= 0; daher kann man die Bedingungen von Problem (V-min) mit denenvonProblem(E-max)und(P-min)derartkombinieren,dass E(Z)(1−µ λ ) = P (µ −µ λ ) 2 1 0 2 0 E(Z)(ν −ν λ ) = P (1−ν λ ) 1 2 1 2 0 resultiert; sind P und E(Z) linear unabha¨ngig, folgt daher insbesondere 1−µ λ = 0 und 2 1 1−ν λ =0;daherkannwederλ =0nochλ =0gelten. q.e.d. 2 0 0 1 8 Zusammenfassung. WennderMarktnichterwartungswertporportionalbewertet,isteinineinereffi- zientenGesamtpositionenthaltenesPortfoliomitpositiverVarianzstetsLo¨sungderGleichung Cx = λ E(Z)−λ P 1 0 mitstriktpositivenFaktorenλ undλ undλ ≤ λ ,.WirbezeichnenalsSeparationsfondsLo¨sungen 0 1 1 0 der Gleichungen Cz = P bzw. Cz = E(P ). Die in einer effizientenGesamtposition enthaltenen 0 0 1 1 PortfoliosmitpositiverVarianz,positivemErwartungswertundpositivemBudgetlassensichauchals Linearkombinationx¯ = λ z −λ z derSeparationsfondsschreiben,fallssieexistieren. 1 1 0 0 Wegen der Vorzeichen von λ ,λ ist dabei jedes in einer effizienten Gesamtposition ent- 1 0 haltene Portfolio durch den Kauf des Fonds z (im Umfang von λ ) und den (Leer-)Verkauf 1 1 desFondsz (imUmfangvonλ )gekennzeichnet,insbesonderewirdderFondsz alssolcher 0 0 0 niegekauft.AufExistenzundBedeutungdieserFondskommenwirimna¨chstenAbschnittzu sprechen. 3 DieStrukturderineffizientenGesamtpositionengehaltenen Portfolios: Separationsfonds 3.1 MarktohneHedge-Portfolios Es ist unmittelbar ersichtlich, dass Separationsfonds existieren, wenn keine Hedge-Portfolios existieren, dann lassen sie sich na¨mlich durch Matrixinversion wie folgt bestimmen (in dem FallstimmenCundC∗ u¨berein) z = C−1P 0 z = C−1E(Z) 1 3.2 MarktmitHedge-Portfolios Betrachten wir nun den Fall, in dem Hedge-Portfolios konstruiert werden ko¨nnen. In diesem Fall sind die Payoffs Z der Wertpapiere stochastisch linear abha¨ngig. Zum Versta¨ndnis die folgendeDefinition(RICHTER(1966)): (cid:8) (cid:9) Definition7. EineendlicheMengevonZufallsvariablen X ,...,X heißtstochastischlinearun- 1 p p (cid:80) abha¨ngig,wenndaraus,dass α X (fast)sichereinesichereGro¨ßeist,folgt,dassalleα (i =1,...,p) i i i i=1 gleichnullsind.SonstheißtdieMengestochastischlinearabha¨ngig. DawirindiesemBeitrag(unausgesprochen)stetsdavonausgehen,dassfu¨rallerelevanten Zufallsvariablen die ersten beiden Momente existieren, ko¨nnen wir die stochastische lineare Unabha¨ngigkeitauchdurcheineEigenschaftderKovarianzmatrixcharakterisieren: 9 (cid:8) (cid:9) Proposition 8. Eine endliche Menge von Zufallsvariablen X ,...,X ,deren erste und zweite Mo- 1 p menteexistieren,istgenaudannstochastischlinearunabha¨ngig,wenndieKovarianzmatrix X X 1 1 . . CX :=COV .. , .. X X p p nichtsingula¨rist. Beweis:Zuna¨chstmachtmansichklar,dassdiestochastischelineareUnabha¨ngigkeitunterder VoraussetzungderPropositiona¨quivalentmitderImplikation (α ∈ Rp,α (cid:54)= 0 =⇒ var(cid:0)αTX(cid:1) >0)ist.Nungiltvar(cid:0)αTX(cid:1)= αTC α. X Seinunzuna¨chstdieKovarianzmatrixsingula¨r:DannexistiertnachDefinitioneinα ∈Rp,α (cid:54)=0 mitC α =0,dannistabererstrechtαTC α =0. X X p Sei umgekehrt αTC α = 0 fu¨r ein α ∈ Rp,α (cid:54)= 0. Dann ist (cid:80)α X (fast) sicher und folglich X i i i=1 (cid:18) p (cid:19) cov (cid:80)α X,X =0fu¨rallej =1,...,p.ZusammengefasstergibtsichαTC =0. i i j X i=1 BeideAnnahmenfu¨hrendaherzueinemWiderspruch,womitderBeweisgefu¨hrtist. q.e.d. (cid:8) (cid:9) Es ist einfach einzusehen, dass die stochastische lineare Unabha¨ngigkeit von X ,...,X 1 p (cid:8) (cid:0) (cid:1)(cid:9) mitder(gewo¨hnlichen)linearenUnabha¨ngigkeitvon X −E(X ),...,X −E X a¨quiva- 1 1 p p lent ist. Daher ko¨nnen wir ohne eine ins Einzelne gehende Erla¨uterung von einer stochasti- (cid:8) (cid:9) (cid:8) (cid:9) schenlinearenBasisvon X ,...,X sprechen,diedieMenge X ,...,X aufspannt”.Wir 1 p 1 p ” wa¨hleneinesolchestochastischlineareBasisderWertpapier–Payoffsaus,fassensieindemVek- torZ∗zusammen(vondenzugeho¨rigenWertpapierensprechenalsden Basiswertpapieren”), ” wa¨hrendwirdieu¨brigenWertpapier–PayoffsindemVektorZ¯ zusammenstellen( Nicht-Basis- ” wertpapiere”).Wirnehmeno.B.d.A.diefolgendeAnordnungvor: Z¯ Z = . Z∗ P¯ Entsprechendverfahrenwirmitdenu¨brigenGro¨ßen(z.B.P = ; C∗ = COV(Z∗,Z∗); P∗ COV(Z¯,Z¯) COV(Z¯,Z∗) C = ). Es gibt bei einmal gewa¨hlter Basis eine eindeutig be- COV(Z∗,Z¯) C∗ stimmtMatrix A¯,diedenZusammenhang Z¯ −E(Z¯) = A¯ (Z∗−E(Z∗)) 10
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