ebook img

Politik und Geschichte. Schriften zur Theorie PDF

273 Pages·2001·2.897 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Politik und Geschichte. Schriften zur Theorie

Johannes Agnoli POLITIK UND GESCHICHTE Schriften zur Theorie 9a ira Johannes Agnoli - Gesammelte Schriften Band 6 Bislang erschienen: Die Transformation der Demokratie und andere Schriften zur Kritik der Politik {Band 1) Der Staat des Kapitals und weitere Schriften zur Kritik der Politik (Band 2) Subversive Theorie ,,Die Sache selbst" und ihre Geschichte {Band 3) Faschismus ohne Revision {Band 4) 1968 und die Folgen (Band 5) Außerdem erhältlich: Geduld und Ironie. Johannes Agnoli zum 70. Geburtstag Herausgegeben von Joachim Bruhn, Manfred Dahlmann und Clemens Nachtmann ( 1995) Kritik der Politik. Johannes Agno/i zum 75. Geburtstag Herausgegeben von Joachim Bruhn, Manfred Dahlmann und Clemens Nachtmann (2000) © ~a ira- Verlag 2001 Postfach 273 79002 Freiburg www. isf-freiburg.org Umschlaggestaltung: Volker Maas Druck: Druckwerkstatt im Grün, Freiburg ISBN: 3-924627-67-3 Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. Inhalt Vorbemerkung 7 Von der Pax Romana zur Pax Christiana Zum institutionellen Scheitern zweier Weltfriedensversuche 13 Alexis de Tocquevilles Wirkung auf das politische Denken in Deutschland 41 Vorträge über den deutschen Idealismus Vorbemerkung, vor allem semantisch 95 Die französische Revolution und das philosophische Deutschland Einleitung 100 Die Entdeckung des kritischen Subjekts: Kant, der „Alleszermalmer" 106 Vernunft und Praxis: Die Aufklärung bei Kant 121 Das souveräne Subjekt: Fichte und die Wiedererschaffung der Welt 140 Das reine Sein und das Nichts: Hegel und die Dialektik 157 Zwischen Revolution und Konservation Hegel: ,,Staatsphilosoph" oder „Drachensaat"? 173 Identität und Versöhnung: Schellings Rückkehr in die Vergangenheit 190 Literatur 203 Le regime parlamentaire en Allemagne de l'ouest 205 ,, Viva il socialismo proletario!" Drei Rundfunkvorträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung Italiens Linke bis 1914 216 Von Zimmerwald bis Lenin 224 Die Schweiz als Treffpunkt europäischer Revolutionäre 232 Wahrheit und Geschichte bei Gianbattista Vico 240 Nachbemerkung über die politische Sprengkraft des Zweifels 261 Nachweise 266 Vorbemerkung Wieder einmal hat der 9a ira-Verlag „am Bedarf vorbei", wie vor ei niger Zeit die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb, und also von allen Geistern des Marktes verlassen das Wagnis auf sich genommen, eine Reihe meiner Aufsätze zu veröffentlichen. In früheren, gebilde teren Zeiten hieße der Titel „miscellanea" - also Vermischtes, nicht nur thematisch, sondern auch zeitlich: von Kaiser August bis zu Toc quevilles Präsenz in Deutschland. Zugleich bedeutet diese Aufsatz sammlung für mich eine Art Ruhepause des Denkens, für mich, aber auch für den geneigten Leser, dessen Neigung allerdings enttäuscht werden könnte. Denn in dieser Schrift wird man so gut wie alles ver missen, woran sonst bei mir gedacht wird. Es kommen weder Sub version noch Revolution vor, weder Kapital noch Emanzipation - abgesehen von einigen Hinweisen vor allem bei Kant, Fichte und Hegel, wobei jedoch die Französische Revolution gemeint ist, kei neswegs also in einer Zukunftsperspektive. Da inzwischen abermals die Aufforderung vom Kürschners Deut schem Gelehrten-Kalender bei mir einging, Lebens- und sonstige Da ten zwecks Veröffentlichung mitzuteilen ( den Termin habe ich auch diesmal verpaßt), halte ich es für angebracht, hier eine Reihe von aus gesprochen gelehrten Abhandlungen vorzulegen. Was auch vermißt werden könnte, wäre die Kritik der Politik, die immer wieder bei mir in den Mittelpunkt zu rücken scheint. Dennoch wird der aufmerksame Leser sie doch finden, nebst einer Kritikdeut scher kultureller und politischer Zustände. Im Tocqueville-Aufsatz etwa kommen die Schwierigkeiten zum Vorschein, die die deutsche politische Literatur mit den Problemen und der Perspektive eines bürgerlichen Verfassungsstaates, also der sogenannten Demokratie hatte. In dem Aufsatz über Pax romana und Pax christiana wird man lesen können, was es heißt, Gesellschaft politisch ohne tragfähige, dazu noch völlig verfehlte Institutionen zu regeln. Es handelt sich um eine problematische Seite des linken Denkens, die mich immer ver blüfft hat: die Unfähigkeit, zu begreifen, daß es nicht genügt, Vorhan- 7 denes zu kritisieren und abzulehnen; man muß sich auch Gedanken darüber machen, wie nach einer radikalen Veränderung die Gesell schaft organisiert werden kann. Man hat immer wieder dieses Pro blem mit der Begründung beiseite geschoben, Politik und Staat seien bloße Erscheinungen, ohnehin Überbau. Die jahrzehntelange Folge mit der entsprechenden Schlußkatastrophe des realen Sozialismus kennt man zur genüge. Daß ich mich mit der Philosophie des deutschen Idealismus, also, in der Sprache Friedrich Engels', mit der „klassischen deutschen Philosophie", beschäftigt habe, hat - abgesehen von dem Anlaß mei ner Vortragsreihe - damit zu tun, daß ohne die Kenntnis dieser Philo sophie das Verständnis der Marx.sehen Analysen immer unvollstän dig bleibt. In diesem Punkte gebe ich Lenin ausnahmsweise Recht: man könne das „Kapital" von Marx nicht verstehen, wenn man He gels „Logik" nicht kenne. Ob Lenin freilich Hegels Logik richtig verstanden hat, ist eine andere Frage. Es genüge der Hinweis, daß ein wesentlicher Satz von Hegels Großer Logik in der Leninschen Schluß folgerung außer acht blieb: ,,Das Wesen muß erscheinen". Über die Folgen dieser Vergeßlichkeit siehe oben. Man wird in diesen Abhandlungen noch stärker und schmerzlicher vermissen, was auch in anderen Schriften zu fehlen scheint: die Ab leitung der einzelnen Probleme, Ereignisse, Theorien aus der Wert form und die Verbindung von Denkform und Warenform. Eigentlich hat Alfred Sohn-Rethel das Problem hinlänglich behandelt, und an dere haben es weiterentwickelt und verwässert. Der Vorwurf mir ge genüber bleibt aber bestehen. Und hier liegt genau der Punkt, zu klä ren, was es mit diesem Vorwurf auf sich hat. Daß diese Lücke zum Teil terminologisch ist, sei nebenbei bemerkt. In meiner „Transfor mation der Demokratie" weise ich zwar auf den Marktcharakter des politischen Angebots hin, dies wurde aber von vielen Lesern offen sichtlich übersehen, weil das rituelle Zauberwort „ Warenförmigkeit" fehlt. Indessen wurde immer der gleiche Vorwurf erhoben, der Staat erschiene bei mir nicht als aus der Wertform abgeleitet, sondern sei „einfach vorausgesetzt". Ich antworte auf diesen Vorwurf auf meine Weise und beziehe mich (wie der linke Anstand es gebietet) auf Karl Marx. Im ersten Band des „Kapital" geht Marx auf die Selbstzerstö rung des Kapitals ein und läßt den Staat in die Ökonomie eingreifen, 8 um das Kapital „an die Ketten des Gesetzes" zu binden. Dabei wird der Staat in keiner Weise abgeleitet: er ist da, ,,einfach vorausgesetzt". Das gleiche gilt auch für Marxens Darstellung philosophischer und ökonomischer Theorien und für seine Analyse politischer Ereignis se. In beiden Fällen verflihrt er - wie man so zu sagen pflegt imma nent, ohne auf die unsichtbare Hand der Wertform und der Warenför migkeit zurückzugreifen. Ich befllnde mich also durchaus in guter Ge sellschaft. In der Tat wurde auch bei Karl Marx die Lücke entdeckt, und in den 70er Jahren stellten einige Gralsh0ter der richtigen Mei nung (zu deutsch Orthodoxie) fest, Marx habe in solche Analysen seinen eigenen Anspruch (offensichtlich die Ableitung) nicht einge löst. Welch ein Glück, daß inzwischen andere Gralshüter sich anhei schig machen, solche Lücken zu schließen. Was bei mir - zugestandenerweise - als Lücke erscheint, wird allerdings bei einem in Nürnberg tätigen kritischen Verein zu einem Vergehen, das des Todesurteils würdig ist. Die „Krisis" zu Nürnberg verkündete und vollstreckte das Urteil, und deren Mitglied Peter Klein besorgte - wie ich vom Hörensagen erfahre - meine Beerdigung auf das freundlichste. Nun zu den einzelnen Aufsätzen. Die Tocqueville-Arbeit ist ein Forschungsbericht, den ich im Auf trag von Theodor Eschenburg verfaßte. Eschenburg sollte filr die Deutsche Verlagsanstalt die Herausgabe eines der Hauptwerke von Alexis de Tocqueville besorgen und gab mir den Auftrag, auf die Spuren der Wirkung dieses großen Franzosen auf die deutsche politi sche Literatur zu kommen. Ganz zufrieden war Eschenburg mit mei nem Bericht nicht. Er bemängelte, daß ich eine ganze Reihe von Namen nennen würde, ohne genauer zu sagen, um wen es sich dabei handele. In meinem damals noch jugendlichen Übermut erwiderte ich, entweder wüßte der Leser ohnehin, um wen es sich handle oder aber ihm stünde gewiß der Brockhaus zur Verfügung. Der Aufsatz über Pax romana und christiana erschien in der Fest schrift für Ossip K. Flechtheim, einen tapferen Mann und einen der besten Menschen, den ich in meinem Leben kennen gelernt habe. Ich gestehe, daß es mir dabei Spaß gemacht hat, die Bruchpunkte in den als wohlgeordnet geltenden Ordnungssystemen der Vergangenheit zu finden. Anscheinend kann ich es nicht sein lassen. 9 Mit den RIAS-Vorträgen über die Arbeiterbewegung hat es ein besonderes Bewenden, nicht im Hinblick auf den Inhalt, sondern auf die Reaktion, die darauffolgte. Es gab beim RIAS einigen Wirbel, da Zuhörer gegen die Sendung mit dem Argument protestierten, man habe geglaubt, einen „Zonensender" (so war damals die politisch korrekte Sprachregelung) zu hören. Ich vermute, daß die Sprache für den nor malen damaligen Zuhörer einige ihm fremde Ausdrücke enthielt. Das Deutsch der Adenauer-Zeit klang eben anders. Erst seit 1967 und im Zusammenhang der Revolte fand die deutsche Sprache Anschluß an die Frankfurter Schule und erreichte ein internationales Niveau. Heute ist es anders herum: das internationale Niveau ist beibehalten wor den, und die Sprache hat sich nach Maßgabe der angloamerikanischen Wissenschaft verwandelt. Und damit hat der französische Aufsatz zu tun. Zunächst eine Bemerkung: es ist einer der wenigen Aufsätze, in denen ich mich aus drücklich mit der Politik der damaligen Bundesrepublik auseinander setze. Überdies: da ich in einigen, in Deutschland erschienenen Sam melbänden sozialwissenschaftlicher Art feststellen konnte, daß eini ge Autoren es sich nicht nehmen ließen, auf Englisch zu veröffentli chen: warum soll ich nicht Französisch reden? Es ist ein leider zu leichtes Gegengewicht gegen die sich ausbreitende Anglomanie. Die übrigens zuweilen seltene Blüten treibt. Nur ein Beispiel dafür: ich stieß einige Male auf den Ausdruck „Reifikation". Die Autoren ha ben offensichtlich nicht gewußt, daß dieses Wort nicht nur im Engli schen, sondern auch in den romanischen Sprachen, nichts weiter ist als die Übersetzung des deutschen (und hegelschen) Worts Verding lichung. Unverschuldet nicht gewußt, denn inzwischen gehören sie nicht mehr zur altmodischen Gelehrtenrepublik, sondern zur scienti fic comunity. Und nun komme ich zum längsten Beitrag: zur Vortragsreihe über den Deutschen Idealismus. Die mühevolle, sprachlich sehr schwie rige Arbeit der Übersetzung übernahmen Babette Margherita Agnoli (alles bis aufSchelling) und Uli Krug (Schelling und Nachwort). Uli Krugs Übersetzung war übrigens ergänzt durch überaus erheiternde Kommentare. Die Vorträge fanden vor einem mir unbekannten Pu blikum statt. Die Veranstalter hatten mich zuvor aufgefordert, nicht allzu marxistisch zu verfahren. Meine Antwort: Geschichte der Phi- 10

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.