Politik im Kontext: Ist alle Politik lokale Politik? Jan W. van Deth • Markus Tausendpfund (Hrsg.) Politik im Kontext: Ist alle Politik lokale Politik? Individuelle und kontextuelle Determinanten politischer Orientierungen Herausgeber Jan W. van Deth, Markus Tausendpfund, Universität Mannheim, Mannheim, Deutschland ISBN 978-3-531-19248-2 ISBN 978-3-531-19249-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-19249-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus- drücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Inhalt Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einführung: Ist alle Politik lokale Politik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Jan W. van Deth und Markus Tausendpfund Teil I: Politische Orientierungen im lokalen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Lokale Orientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Sebastian Kuhn Wertorientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Sigrid Roßteutscher und Philipp Scherer Demokratische Bürgertugenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Simone Abendschön Soziales Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Sonja Zmerli Soziale Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Silke I. Keil Politische Mediennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Jens Tenscher, Gilg U.H. Seeber und Michael Hallermayer Wissen zur EU – Bedeutung/slosigkeit des lokalen Kontexts? . . . . . . . . . . . . . . . 215 Bettina Westle Haltungen zur Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Markus Tausendpfund Teil II: Lokale politische Orientierungen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Politisches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Jan W. van Deth Politisches Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Christian Schnaudt 6 Inhaltsverzeichnis Verbundenheit mit der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Marc Bühlmann Zufriedenheit der Bürger mit politischen Institutionen und der Demokratie . . . . . 359 Angelika Vetter Politische Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Oscar W. Gabriel Wahlbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Thorsten Faas Schlussbetrachtung: Warum ist nicht alle Politik lokale Politik? . . . . . . . . . . . . . . 441 Jan W. van Deth und Markus Tausendpfund Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Anhang 1: Fragebogen der Bürgerbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 Anhang 2: Informationen zu den Kontextdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 Die Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Vorwort der Herausgeber Seit Beginn des Denkens über Gesellschaft und Politik wird die Bedeutung der eige- nen Gemeinde für die Entwicklung politischer Einstellungen betont. Insbesondere in demokratischen politischen Systemen können Gemeinden als „Schule der Demokra- tie“ fungieren: wo die geringe geographische Distanz es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, natürliche Kontakte mit Nachbarn und Bekannten, beim Einkaufen oder im Sportverein zu pflegen und gemeinsame Interessen relativ einfach erkennbar sind, dort werden auch Gemeinsinn und Engagement gefördert. Trotz der breiten Unter- stützung dieser These liegen über den tatsächlichen Einfluss des lokalen Umfelds auf allgemeine politische Einstellungen nur wenige empirische Befunde vor. Zur empirischen Überprüfung der möglichen Bedeutung des lokalen Umfelds für europäische Orientierungen entstand Anfang 2007 das Projekt „Europa im Kontext“. In der Entwicklungsphase des Projekts spielte Julia Rathke eine wichtige Rolle und ge- meinsam haben wir einen ausführlichen Antrag für die Deutsche Forschungsgemein- schaft (DFG) zur Unterstützung des Projekts vorbereitet. Die erfolgreiche Einwerbung dieser Mittel ermöglichte eine sehr umfangreiche und systematische Erhebung von Daten in 28 Gemeinden und die Befragung von etwa 12.000 Bürgerinnen und Bürgern. Neben der ursprünglichen, auf europäischen Einstellungen fokussierten Fragestellung, bieten diese Daten die einzigartige Möglichkeit, die Bedeutung des lokalen Umfelds für politische Orientierungen und Verhalten im Allgemeinen zu untersuchen. Zur Aus- schöpfung dieses Analysepotenzials haben wir 2011 Experten aus verschiedenen Be- reichen eingeladen, die Bedeutung des lokalen Umfelds auf Basis unserer Daten zu untersuchen. Damit wurde aus dem „Europa im Kontext“-Projekt das „Politik im Kon- text“-Buch. Der vorliegende Band enthält die Ergebnisse der verschiedenen Analysen zur Be- deutung des lokalen Umfelds für politische Orientierungen und Verhalten. Damit die verschiedenen Beiträge ein kohärentes Bild dieser Einflüsse bieten können, wurden die Autorinnen und Autoren gebeten, ihre Analysen vergleichbar durchzuführen und die Präsentation weitgehend einheitlich zu gestalten. Zur Besprechung dieser gemein- samen Vorgehensweise fand am 15. Juli 2011 am Mannheimer Zentrum für Europäi- sche Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim ein Autorentreffen statt. Als Herausgeber sind wir den Kolleginnen und Kollegen für ihre Bereitschaft, die themen- spezifischen Beiträge nach den vereinbarten Vorgaben zu systematisieren und zu prä- sentieren, zu großem Dank verpflichtet. Sie alle haben nicht nur unsere Einladung, einen Beitrag zu liefern, begeistert akzeptiert, sondern auch unser beharrliches Drän- gen, den gemeinsamen Richtlinien zu folgen, mit viel Geduld und Hilfsbereitschaft er- tragen. Neben den Autorinnen und Autoren haben verschiedene andere Personen im Rah- men des Projekts wichtige Aufgaben übernommen, für deren Mitarbeit wir uns herz- 8 Vorwort der Herausgeber lich bedanken möchten. Unser besonderer Dank gilt Tristan Klingelhöfer, der als studentische Hilfskraft an der Formatierung des Bands beteiligt war. In den verschie- denen Projektphasen waren außerdem Sabrina Braun, Julia Hoffmann, Eva Jungkind, Rebecca Meier, Julia Suppliet und Christoph Uhl als studentische Hilfskräfte tätig. Schließlich möchten wir uns für die Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemein- schaft (Nummer DE 630/14-1) sowie die Unterstützung des MZES ganz herzlich be- danken. Ohne diese großzügigen Ressourcen und die kontinuierliche Bereitschaft, die vielen praktischen Probleme zu lösen, wäre die Durchführung eines Projekts in diesem Umfang nicht möglich gewesen. Mannheim, im Juni 2012 Jan W. van Deth und Markus Tausendpfund Einführung:Ist alle Politik lokale Politik? Jan W. van Deth und Markus Tausendpfund 1 Thema und Ziel Für die meisten Menschen ist Politik abstrakt und hat nur wenig Bedeutung für das All- tagsleben. Statt „großer Themen“ wie Staatsverschuldung, Erderwärmung oder Völker- mord ist vielen Bürgern1die Gestaltung des unmittelbaren Umfelds viel wichtiger. Sie verbringen daher auch mehr Zeit damit, sich mit Freunden zu treffen und in Vereinen zu engagieren als Partei- oder Wahlprogramme zu lesen. Politische Orientierungen entste- hen auch in diesen direkten Kontakten mit Nachbarn und Bekannten und manche Bür- ger sammeln ihre ersten politischen Erfahrungen in und mit der Kommunalpolitik. Für viele Menschen sind Gemeindeverwaltung, lokale Politiker und Bürgermeister zudem die einzigen politischen Institutionen, mit denen sie in ihrem Leben unmittelbar in Be- rührung kommen. Der Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses Tip O’Neill fasste die Bedeutung der lokalen Politik mit der Phrase „All politics is local“ sehr gut zusammen. Die durch das lokale Umfeld geprägten politischen Orientierungen bilden anschließend eine wichtige Grundlage für die Haltungen gegenüber nationalen und supranationalen Institutionen. Lokalpolitik hat somit eine Bedeutung, die weit über die Grenzen der kommunalpolitischen Entscheidungsprozesse hinaus geht. Der vorliegende Band analysiert die Orientierungen der Bürger gegenüber Politik und Demokratie – ihre Wahrnehmung der politischen Wirklichkeit, ihre Bewertung und ihre Verhaltensabsichten. Die Publikation bietet dabei einen Überblick verschie- dener politischer Orientierungen, die sich nicht nur auf Kommunen oder Lokalpolitik beziehen, sondern auch auf das politische Interesse und Wissen, das soziale und poli- tische Vertrauen, die Unterstützung von Bürgertugenden, den Haltungen zum Natio- nalstaat und zur Europäischen Union sowie zur sozialen und politischen Partizipation. Der Schwerpunkt der einzelnen Beiträge liegt auf der Beschreibung und Erklärung möglicher Unterschiede und Ähnlichkeiten dieser Orientierungen in unterschiedlichen Gemeinden.2Dabei ist es ein wesentliches Anliegen zu klären, welche Bedeutung das lokale Umfeld für politische Orientierungen hat und wie mögliche wechselseitige Ab- hängigkeiten und Beeinflussungen von individuellen und kontextuellen Merkmalen zu- stande kommen. 1Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Band nicht durchgängig eine geschlechterneutrale Sprache verwendet. Mit Begriffen und Bezeichnungen wie „Bürger“ oder „Politiker“ sind selbstverständ- lich immer auch Frauen gemeint. 2Die Begriffe Kommune und Gemeinde werden hier als Synonyme für lokalpolitische Einheiten und nicht als „kommunale Gebietskörperschaften“ im verfassungsrechtlichen Sinn verwendet (Walter-Rogg et al. 2005). Jan W. van Deth, M. Tausendpfund (Hrsg.), Politik im Kontext: Ist alle Politik lokale Politik? DOI 10.1007/978-3-531-19249-9_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 10 Jan W. van Deth und Markus Tausendpfund Für die empirischen Analysen stehen Primärdaten des Projekts „Europa im Kon- text“ (EiK) zur Verfügung.3 Im Rahmen der Studie wurden im Frühjahr 2009 in 28 zufällig ausgewählten hessischen Gemeinden insgesamt 12.064 Bürger ab 15 Jahren telefonisch befragt.4 Neben einer Kommunalpolitikerbefragung fand in diesen Ge- meinden zudem eine umfangreiche Sammlung von statistischen Informationen zur po- litischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation in diesen Kommunen statt. Da alle Gemeinden in einem Bundesland liegen sind die überregionalen Rahmen- bedingungen für alle Kommunen konstant. Insbesondere die Kombination dieser außergewöhnlichen Datensammlungen ermöglicht es, die Einflüsse individueller Merkmale und lokaler Besonderheiten auf politische Orientierungen empirisch zu untersuchen. Wichtig dabei sind sicherlich auch Fragen nach der relativen Bedeutung individueller und lokaler Merkmale für die Einstellungen der Bürger sowie die Suche nach möglichen Übertragungseffekten (Spillover-Effekte) von der lokalen auf die na- tionale und supranationale Ebene. 2 Der lokale Kontext Positive Effekte der Gemeinde und der lokalen Politik auf die allgemeinen politischen Orientierungen der Bürger sind von Aristoteles und Alexis de Tocqueville über Robert Dahl und Benjamin Barber bis hin zu Amitai Etzioni und Robert Putnam immer wie- der betont worden. Weil in kleinen politischen Einheiten soziale Kontakte einfacher zu realisieren sind und gemeinsame Interessen meistens direkt wahrgenommen werden können, verschwinden die Grenzen zwischen privaten und sozialen Kontakten sowie zwischen individuellen und kollektiven Interessen. In großen politischen Einheiten geht der einzelne Bürger viel einfacher in der Anonymität auf und ist sich der Notwen- digkeit, sich um gemeinsame Interessen zu kümmern, viel weniger bewusst. Die Be- reitschaft, sich politisch und sozial zu engagieren – sich also für das Gemeinwohl zu interessieren und sich dafür einzusetzen – sollte daher in Gemeinden deutlich stärker ausgeprägt sein als in größeren politischen Einheiten wie Regionen, Bundesländern oder Staaten. Dabei ist jedoch nicht nur die einfachere Lösung des Kollektivgut- problems in kleineren politischen und sozialen Einheiten relevant, wichtig sind insbe- sondere auch die Chancen für die Entfaltung demokratischer Freiheiten der Bürger. In seiner berühmten Betrachtung der „townships“ in Massachusetts Anfang des 19. Jahr- hunderts wies Alexis de Tocqueville bereits auf die außerordentliche Bedeutung von Gemeinden für den „Geist der Freiheit“ hin: 3Die Studie „Europa im Kontext“ wurde mit einer Sachbeihilfe von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Nummer DE 630/14-1) sowie der Unterstützung des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialfor- schung der Universität Mannheim durchgeführt. Für diese großzügige Unterstützung möchten wir uns ganz herzlich bedanken. Für weitere Informationen zum Projekt siehe www.europa-im-kontext.de und die ausführlichen Darstellungen in Tausendpfund (2012). 4Für die Analysen stehen Angaben von 11.870 Befragten zur Verfügung (siehe dazu den Abschnitt 4.2). Einführung: Ist alle Politik lokale Politik? 11 „Und doch ruht die Kraft der freien Völker in der Gemeinde. Die Gemeindeinstitutionen sind für die Freiheit, was die Volksschulen für die Wissenschaften sind; sie machen sie dem Volke zugänglich; sie wecken in ihm den Geschmack an ihrem friedlichen Gebrauch und gewöhnen es daran. Ohne Gemeindeinstitutionen kann sich ein Volk eine freie Regie- rung geben, aber den Geist der Freiheit besitzt es nicht.“ (Tocqueville [1835] 1985, S. 52) Allerdings haben kleinere politische Einheiten nicht nur positive Konsequenzen für die Lebenschancen einer Demokratie. Bereits vor fast vier Jahrzehnten fassten Robert Dahl und Edward Tufte (1973, S. 13–15) in ihrer bahnbrechenden Studie nach den Zusammenhängen zwischen Size and Democracy die „main claims“ und „counter claims“ in diesem Bereich zusammen: manchmal fördern kleine politische Einheiten die Demokratie; manchmal aber auch nicht. Dabei verwendeten die Autoren insbeson- dere zwei Kriterien, um die ideale Größe eines politischen Systems festzustellen. Ers- tens soll das politische System für die Bürger effektiv sein, das heißt sie müssen tatsächlich die Möglichkeit haben, die Entscheidungen zu bestimmen („citizen effecti- veness“). Zweitens soll das System über die Kapazitäten verfügen, um die kollektiven Wünsche der Bürger zu realisieren („system capacity“) (Dahl u. Tufte 1973, S. 20–22). Nach ausführlichen Betrachtungen über die demokratischen Lebenschancen politi- scher Einheiten verschiedener Größe sehen Dahl und Tufte letztendlich keine Möglich- keit, die beiden Kriterien zu vereinbaren: „No single type or size of unit is optimal for achieving the twin goals of citizen effectiveness and system capacity“ (1973, S. 138; Kursiv im Original). Auch andere Autoren lehnen die einfache These, dass kleine politische Einheiten positivere Effekte für die Demokratie haben als größere, ab. In ihrem Bericht über den Zustand der Demokratie für die American Political Science Association benennen Ma- cedo und seine Kollegen (2005) zwei „dillemas“ oder „challenges“: der „dillema of scale“ (kleinere Einheiten sind nicht immer in der Lage, Dienstleistungen effektiv an- zubieten oder politische Ziele zu erreichen) und der „challenge of diversity or hetero- geneity“ (kleinere Einheiten tendieren zu Homogenität und Exklusivität). Beide Herausforderungen sind potentielle Bedrohungen für eine lebhafte Demokratie. Insbe- sondere das soziale und politische Engagement der Bürger und ihre Verbundenheit mit der eigenen Kommune können sich in kleineren politischen Einheiten weniger positiv entwickeln, weil sie nicht in der Lage sind, gewünschte Maßnahmen durchzuführen oder Auseinandersetzungen mit verschiedenen Meinungen und Interessen fehlen (Ma- cedo et al. 2005, S. 70–72). Die von Dahl und Tufte und vielen anderen Autoren unternommene Suche nach der optimalen Größe demokratischer Systeme betrifft meistens alle möglichen Varianten vom kleinen Dorf bis globaler Großmacht. Diese Frage kann man allerdings auch für Gemeinden stellen und da sind die empirischen Befunde offensichtlich eindeutiger. Oli- ver (2000) untersuchte in amerikanischen Kommunen den Einfluss von Stadtgröße auf die Bereitschaft sich zu engagieren und betont eindeutig die positiven Effekte von klei- neren Gemeinden. Im allgemeinen lassen sich solche Effekte auf den Charakter mensch- lichen Zusammenlebens zurückführen, der eine geographische Nähe voraussetzt: „… the key localizing force derives from the essential ‘socialness’of human activities and
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