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Politik als Kampagne: Zur medialen Erzeugung von Solidaritat PDF

365 Pages·1998·14.077 MB·German
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Sigrid Baringhorst Politik als Kampagne Sigrid Baringhorst Politik als Kampagne Zur medialen Erzeugung von Solidarität Westdeutscher Verlag Alle Rechte vorbehalten © Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden, 1998 Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation GmbH. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. http://www.westdeutschervlg.de Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produk tion und Verbreitung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt ISBN 978-3-531-13155-9 ISBN 978-3-322-90763-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90763-9 Inhalt Einleitung .................................................................................................... 9 1. Solidarität in der Mediengesellschaft -Fragestellung der Arbeit .......... 9 2. Aufbau der Arbeit ................................................................................. 12 3. Methodisches Vorgehen......................................................................... 14 3.1. Selektion des Datenmaterials....................................................... 14 3.2. Anwendung des Framing-Konzepts auf die Analyse von Solidaritätskampagnen. ................................................................ 16 3.3. Visuelle Hermeneutik -zur Analyse der bildlichen Dimension von Kampagnen........................................................................... 22 Erster Teil: Was ist "Solidarität"? -Begriffsgeschichtliche und theoretisch-konzeptionelle Annäherungen................................................ 27 1. Zur politischen und sozialen Bedeutung des Begriffs im 19. Jahrhundert. 27 1.1. Solidarität in der sozialistischen Arbeiterbewegung ........ ........... 28 1.2. Der "Solidarismus" in der christlichen Soziallehre...................... 30 1.3. Von der "mechanischen" zur "organischen Solidarität" zur Soziologie der Solidarität Emile Durkheims.................... ..... 31 2. Solidarität -Grundpositionen gegenwärtiger sozialwissenschaftlicher und sozialphilosophischer Debatten.............. ............... .............................. 34 2.1. Solidarität als Antwort auf die Probleme moderner Gesellschaften.......... ... ... ............ ...... ............. ........ ........... ............ 34 2.2. Solidaritätsstiftung durch Rituale................................................. 40 2.3. Konzepte ziviler Solidarität......................................................... 46 2.4. Verhinderung von Grausamkeit und Schmerz - Solidarität als Problem ästhetischer Vermittlung................ ...... ...... .................... 56 2.5. Schlußfolgerungen....................................................................... 62 5 Zweiter Teil: Exemplarische Kampagnenanalysen .................................. 67 1. Zur symbolischen Konstruktion von Fremden-und Fernstenliebe in Social Ads und Social Spots .......................................... .......................... 67 1.1. Kampagnenkommunikation als Instrument des Social Marketing..................................................................................... 67 1.2. Solidarität mit Fremden im eigenen Land ................................... 75 1.2.1. Antirassistische Kampagnen ......................................... 76 1.2.2. Die "Wossi"-Kampagne ................................................ 87 1.2.3. Kampagnen zur Solidarität mit AIDS-Kranken............ 88 1.3. Solidarität mit den Fremden im fremden Land .......................... 99 1.3.1. Zeichen der Exotik -zur symbolischen Konstruktion von Fremdheit in kommerziellen Werbekampagnen..... 99 1.3.2. Zeichen des Elends - Kampagnen zur Solidarität mit der Dritten Welt ...................................................... 101 1.4. Solidarität mit den Stimmlosen der Natur- und Nachwelt .......... 116 1.4.1. "Sei ohne Sorge" - Umwelt-und Naturschutz in Kampagnen kommerzieller Unternehmer.. .......... ....... 116 1.4.2. Sorge statt Entsorgung: werbliche Risiko- kommunikation von Umweltverbänden zwischen Katastrophe und Hoffuung .......................................... 122 1.5. Bevorzugte Thematisierungs-und Problematisierungsstrategien 130 2. Benefiz und Heldenabenteuer - Solidaritätskampagnen als mediale Spektakel ....................................................................................... 139 2.1. Schau-Spiel und Ritual -Das Spektakel als öffentliches Drama 139 2.2. Help - Benefizkonzerte im Zeichen spektakulärer Wohltätigkeit...... ... ........ .... ...... ..... ... ............ ................ ... ........ .... 150 2.2.1. Zur Geschichte von Soli-Festivals ............................... 151 2.2.2. Benefizspektakel seit Mitte der 80er Jahre ................... 154 2.2.3. Abschied von der musikalischen Gegenkultur- Benefizkonzerte im massenmedialen Mainstream....... 161 2.2.4. Zum rituellen Charakter der Benefizveranstaltungen ... 167 2.3. Das Heldenabenteuer - spektakuläre Aktionsstrategien moralischer Unternehmer am Beispiel der Umweltorganisation Greenpeace .................................................................................. 172 2.3 .1. Mythos Greenpeace - sagenhafte Gründungserzählung 173 2.3.2. "Hierarchie ist unsere Stärke" -Struktur und Organisation.................................................................. 180 2.3.3. "Wasser, Schiffe und eine große Sauerei" - Merkmale spektakulärer Öffentlichkeitsarbeit.......... .................... 184 2.4. Benefizkonzerte und Greenpeace-Abenteuer - Gemeinsamkeiten und Differenzen.. ......................................... 197 6 Dritter Teil: Humanitärethos und sozialen Trägerschaft ........................ 207 1. "Seid umschlungen Millionen" -zum moralischen Ethos massenmedialer Solidaritätsaufrufe ............ ............... .............................. 207 1.1. Überlebensorientierung als normativer Minimalkonsens .. ......... 207 1.2. Zur doppelten Entgrenzung solidarischer Gemeinschaften........ 214 1.3. Sweet Charity -Hilfe als (Non)Politikon .................................... 219 1.4. Hilfe durch Spenden - Zur Monetarisierung von Solidarität ...... 224 1.5. Wandel durch Handel-Zur Kommerzialisierung von Solidarität am Beispiel der "FairTrade"-Kampagnen ................. 229 2. Prodesse et Delectare -Zu den Motivlagen von Adressaten, Darstellern und finanziellen Trägem.... ............ ................ ........................................... 238 2.1. Motive von Spendern und ethischen Konsumenten..................... 238 2.1.1. Solidaritätskampagnen als Ausdruck eines utilitaristischen Solidarismus ........................................ 238 2.1.2. Solidaritätskampagnen als Medien der Gemeinschaftsbildung ... ....... .................. ...................... 245 2.2. Solidarität als Imagewerbung rur neue Trägerschichten politisch-moralischer Mobilisierung ........................................... 250 2.2.1. Solidarität als "Celebrity-Brand" ................................. 254 2.2.2. Solidarität als unternehmerisches Imageprojekt und Teil "postmoderner Unternehmenskultur" .................... 267 Vierter Teil: Moral -Medien - Markt. Entdifferenzierung und ihre Auswirkung auf den Wandel politischer Kommunikation und ÖffentIichkeit........................................................... 283 1. Familienethos und öffentliche Moral. Zur Intimität des Politischen in massenmedialen Solidaritätskonstruktionen ...... ............. ........... .......... ..... 284 1.1. Humanitarismus als "Hypermoral" ............................................. 284 1.2. "Identifikatorische Solidarität" und "Betroffenheitskult" ........... 287 1.3. Geruhl versus Interesse -Zur Unverbindlichkeit emotionaler Mobilisierung.... ...... .......... ..... ....... ......... .......... ....... .... .... ...... ....... 290 1.4. Intimisierung gleich Feminisierung? Zur Verfestigung geschlechtsspezifischer Ethikdifferenzen.................................... 295 2. Solidarität durch Medienspektakel? -Ambivalente Folgen massenmedialer Vermittlungsprozesse....................................................... 300 2.1. Sinn und soziale Leistung -spektakuläre Medienereignisse aus der Sicht der Ritualforschung.... .............. ..................................... 301 7 2.2. Zur Komplementarität ritueller, narrativer und kognitiv- diskursiver Kommunikationsstrategien... ................................ ..... 304 2.3. "Schule der Empfindsamkeit" oder "Ende des Sozialen"? - Zu den dissoziativen Wirkungen massenmedialer Kommunikation nach Baudrillard........................... ..... ........................... ..... .... ....... 308 2.4. Widerspruch zwischen Möglichkeiten und Aktualisierung - das Fernsehen als ambivalente Solidaragentur............. ...................... 313 3. Öffentlichkeit als Marktplatz - Solidarität durch Marketing?................... 324 3.1. Der "Spot" als Leitmedium -zu den kommunikativen Folgen der Kommerzialisierung von Massenmedien.... ........ ................... 324 3.2. Der Markt als ambivalente Solidaragentur.................................. 330 3.3. Warentest statt Gesellschaftskritik? Zur Aufhebung kritischer Gegenöffentlichkeit im Kommerz................... ........... .................. 334 Literatur........................................................................................................ 343 Abbildungsverzeichnis................................................................................. 366 8 Einleitung 1. Solidarität in der Mediengesellschaft -Fragestellung der Arbeit "Wir suchen das Politische am falschen Ort, mit falschen Begriffen, in den falschen Etagen, auf den falschen Seiten der Tageszeitungen." (Beck 1993: 157) Politik findet nicht nur in den staatlichen Zentren der Macht statt. Als Folge radikalisierter Modernisierung verlagert sich, so eine zentrale Annahme von Ulrich Beck, das Politische zunehmend in Sphären subpolitischer, parlamentarischer Kontrolle entzogener Entscheidungsfindung. Gemeint sind dabei nicht nur privat wirtschaftliche Großunternehmen und Forschungslaboure, in denen etwa im Bereich von Gentechnologie geradezu unter Ausschluß der Öffentlichkeit häufig irreversible zukunftsrelevante Entscheidungen getroffen werden, sondern auch zivilgesell schaftliche Akteure, die wie etwa die Umweltschutzorganisation Greenpeace in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Angesichts nur schwacher, insti tutionell gesicherter Einflußchancen versuchen sie insbesondere durch die Erzeu gung öffentlicher Aufmerksamkeit vernachlässigte politische, soziale oder öko logische Probleme zu thematisieren und auf deren Lösung zu drängen. Die etablierten politischen Parteien haben angesichts oft lähmender gegenseitiger Blockierung, aber auch aufgrund von Klientelismus, Korruption und anderen Fällen des Machtmißbrauchs an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der bundesdeutschen Bevölkerung verloren. Demgegenüber erfreuen sich Nichtregierungsorganisationen (NROs) wie Greenpeace oder Arnnesty International oder auch geringer organisierte zivile Initiativen wachsender Unterstützung und Beliebtheit. Die breite Zustimmung, die dieses subpolitische, d.h. jenseits der etablierten Institutionen-Demokratie gelagerte, Engagement zivilgesellschaftlicher Akteure findet, widerspricht nicht nur dem pauschalen Vorwurf einer allgemein grassierenden Politikverdrossenheit, sondern auch der von Wissenschaft, Feuilleton und Politik immer wieder heraufbeschworenen Krise der Moral. Schon seit geraumer Zeit werden abnehmende Mitgliederzahlen in nahezu allen sozialen und politischen Großorganisationen, den politischen Parteien, den Gewerkschaften wie den Kirchen als Indikatoren für ein abnehmendes politisches und soziales Engagement und für eine sinkende Solidarbereitschaft der Bevölkerung gewertet. Beschleunigte Prozesse ökonomischer und sozialer Modernisierung erzeugen, so eine verbreitete Annahme unter Sozialwissenschaftlern, nicht nur individuelle Autonomiegewinne und vermehrte Handlungsoptionen, sondern zugleich eine Auflösung tradierter Solidarge meinschaften, Furcht vor neugewonnener Freiheit und wachsende Orientierungs losigkeit angesichts einer zunehmenden Unübersichtlichkeit sozialer Verhältnisse. 9 Nicht nur der erstaunliche Greenpeace-Erfolg bei der massenhaften Mobilisierung gegen den Energie-Multi Shell im Jahr 1995, auch zahlreiche andere massenmedial vermittelte Solidaritätskampagnen, wie nicht zuletzt die Aktionen zur Katstrophenhilfe fiir die von Überflutung bedrohten Bewohner des Oderbruchs oder der außerordentliche globale Erfolg der Spendenaktionen rur die nach dem Tod der Princess ofWales ins Leben gerufene Charity-Stiftung im Jahr 1997, dokumentieren einen augenfälligen Widerspruch zu gängigen Thesen der Entsolidarisierung, des egoistisch-hedonistischen Rückzugs aus der öffentlichen in die private Sphäre oder der - wie es der amerikanische Politologe Robert Putnam prägnant auf den Begriff brachte - "strange disappearance of social capital" (Putnam: 1995). Auch wenn es zweifellos auf der politisch-institutionellen Ebene etwa im Bereich von Sozial- und Gesundheitspolitik Indizien fiir einen Abbau sozialer Sicherheits leistungen gibt, vermittelt ein Blick auf die allgemeine Spendenentwicklung wie aber auch ein genauerer Blick auf die Anzeigenseiten der deutschen Presselandschaft ein nicht ganz so eindeutiges Bild einer Erosion der knappen Ressource Solidarität. Sozialmoralische Botschaften, wie vor allem Spendenaufrufe, Appelle zu politisch korrektem Konsum, Menschenrechts- und Toleranzkampagnen erleben in den Marketingstrategien gemeinnütziger wie aber auch kommerzieller Unternehmen in den 90er Jahren geradezu eine erstaunliche Konjunktur. Zwar wird der Gesamteindruck der Werbewelt noch immer von einer Ikonographie des Schönen und Erfolgreichen, der Jungen und stets Dynamischen bestimmt. Doch haben sich in den letzten Jahren unter die Heile-Welt-Bilder der kommerziellen Kaufappelle zunehmend professionell gestaltete moralische Appelle gemischt, die die Solidaritätsbereitschaft der Rezipienten mobilisieren wollen. Die zahlreichen medial vermittelten Solidaritätsappelle werden im folgenden als Beispiele fiir eine sich vollziehende Transformation und Anpassung sozial-moralischer und politischer Mobilisierung gedeutet, als Teil einer "culture of constant adjustment" (Eco 1987: 84) an die Bedingungen einer akzellerierten gesellschaftlichen Modernisierung. Im Medienzeitalter, so die hier vertretene Auffassung, folgt die soziale Konstruktion von Solidarität neuartigen Bedingungen und bringt neue politische Artikulations- und Kommunikationsformen mit sich. In deren Kontext haben, wie exemplarisch aufgezeigt werden soll, kampagnenförmig geplante und spektakulär inszenierte Medienaktionen kommerzieller wie nicht-profitorientierter Träger und Initiatoren an Bedeutung gewon nen. Im Gegensatz zu Vorstellungen "organischer Solidarität", die gesellschaftliche In klusionsprozesse moderner Gesellschaften wie binnengesellschaftlicher Interessengrup pen aus der funktionalen Differenzierung ableiten, wird davon ausgegangen, daß Soli darität aus symbolischen Konstruktionsprozessen resultiert und erfolgreiche Strategien der Mobilisierung öffentlicher Meinung voraussetzt. Solidarität ist in funktional diffe renzierten Gesellschaften an gelungene Prozesse persuasiver Kommunikation gebunden und kann nicht, wie etwa in vertikal differenzierten, staatssozialistischen Gesellschaften zentral verfugt und allein mit Hilfe Angst erzeugender staatlicher Sanktionen durchge setzt werden. Auch in komplexen westlichen Gesellschaften wird Solidarität einerseits in hohem Maße staatlich verordnet und vermittels Steuern oder anderer "Solidarbeiträ- 10 ge" abgefiihrt und andererseits in Relikten traditionaler Loyalitätspflichten vor allem in familialen Gemeinschaften eingefordert. Doch ist die Legitimität allgemeiner, den Familienbereich transzendierender Solidarleistungen prinzipiell von öffentlicher Zu stimmung abhängig und setzt somit gelungene Persuasionsprozesse voraus. Diese Abhängigkeit von gelungener Überzeugungskommunikation gilt um so mehr fiir die im folgenden untersuchten nicht-staatlich initiierten Solidaritätsappelle. Aus der Analyse gegenwärtiger Sozialtheorien zur Solidarität lassen sich, wie im ersten Kapitel heraus gearbeitet werden soll, drei alternative Kommunikationstypen als Solidarität erzeugende und vermittelnde symbolische Strategien ableiten: die rituelle Gemeinschaftsinszenierung, die diskursive Konfliktaustragung und die Erzeugung von Betroffenheit durch narrative Strategien, vor allem in Form mitleiderregender Erzäh lungen. Die "Solidaritätskampagne", so die in dieser Arbeit erläuterte These, kenn zeichnet einen weiteren und bisher in der Literatur nur wenig thematisierten Modus kommunikativer Solidaritätsstiftung. 1 Solidaritätskampagnen entstehen als innovative Strategien politisch-moralischer Mobilisierung in den Überlappungszonen systemischer Kommunikation (Münch 1991), d.h. in den Überschneidungsfeldern von Ökonomie, Politik, Kultur und Moral. Die kampagnenförmigen, spektakulären Solidaritätsinszenie rungen verknüpfen Elemente aller drei genannten Kommunikationstypen zu einem neuen Typus öffentlicher Kommunikation. Entstanden als synthetisches Resultat einer zunehmenden Durchdringung öffentlicher Kommunikation durch Medien, Markt und Moral, lassen die kampagnenförmigen Konstruktionen gemeinschaftlicher Verantwor tungsgefiihle die Grenzen zwischen der ästhetischen, ökonomischen, moralischen und politischen Dimension dieser Kommunikation zunehmend unschärfer werden. Die Entgrenzung der strukturellen Dimensionen öffentlicher Kommunikation geht, wie am Beispiel der Solidaritätskampagnen gezeigt werden soll, einher mit einer fortschreiten den Entgrenzung der vorherrschenden Artikulationsmodi: Kritische und kognitiv diskursive Elemente der öffentlichen Mobilisierung sind eng verbunden mit affIrmati ven, affektiven und rituellen Formen der Solidaritätserzeugung. Dabei ist ein deutliches Übergewicht von Elementen ritueller, spektakulärer Inszenierungen und emo tionalisierender Mitleidsappelle gegenüber diskursiven Verständigungsprozessen festzustellen. Die Entgrenzung der strukturellen Dimensionen und Artikulationsmodi öffentlicher Kommunikation entspricht einer Entgrenzung der sozial-räumlichen Ausweitung der konstruierten solidarischen Wir-Gemeinschaften in planetarische Dimensionen: Die zunehmende Expansion der Reichweite massenmedialer Kommunikationsprozesse hat, wie die Analyse der Solidaritätsaufrufe zeigen soll, mit der Konstruktion einer Weltöf fentlichkeit die technischen und sozialen Voraussetzungen einer Globalisierung von Solidaritäts inszenierungen möglich gemacht. Ein globaler Humanitarismus, eine gren zenlose Fernsten- und Fremdenliebe, ist zum bevorzugten moralischen Ethos massen medialer Inklusion avanciert. Die sozial-geographische Ausweitung von Solidarge meinschaften korrespondiert dabei mit einer Entgrenzung des Subjekt-Objekt-Ver hältnisses des Menschen zu seiner natürlichen Umwelt. Die potentiell als Weltgesell- I Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Christi an Lahusen 1996 11

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