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Politik als Beruf: Die politische Klasse in westlichen Demokratien PDF

503 Pages·1999·17.354 MB·German
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Politik als Beruf Reihe Europa- und Nordamerika-Studien Herausgegeben von Horst Kern Ernst Kuper Peter Lösche Ilona Ostner BandS Jens Borchert (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jürgen Zeiß Politik als Beruf Die politische Klasse in westlichen Demokratien Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1999 Gedruckt auf săurefreiem und altersbestăndigem Papier. ISBN 978-3-8100-2117-5 ISBN 978-3-663-11059-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-11059-0 © 1999 Springer Fachmedien Wiesbaden Urspriinglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 1999 Das Werk einschlie8lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt Jede Verwertung au8erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulăssig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhaltsverzeichnis Jens Borchert Politik als Beruf: Die politische Klasse in westlichen Demokratien ............... 7 !an McAllister Australien: Parteipolitiker als politische Klasse ............................................ 40 Lieven De Winter und Marleen Brans Belgien: Berufspolitiker und die Krise des Parteienstaates ........................... 61 Torben K. Jensen Dänemark: Berufspolitiker in einer egalitären politischen Kultur ................ 87 Jens Borchert und Lutz Golsch Deutschland: Von der "Honoratiorenzunft" zur politischen Klasse ............ 114 Ilkka Ruostetsaari Finnland: Von politischen Amateuren zur politischen Klasse .................... 141 Marcus Kreuzer und lna Stephan Frankreich: Zwischen Wahlkreishonoratioren und nationalen Technokraten .................................................. 161 UweJun Großbritannien: Der unaufhaltsame Aufstieg des Karrierepolitikers .......... 186 Michael Gallagher Irland: Parteiloyalisten mit persönlicher Basis ............................................ 213 UriRam Israel: Gründerväter, Bürokraten und Entrepreneure .................................. 232 Ettore Recchi und Luca Verziehe/li Italien: Kontinuität und Diskontinuität politischer Professionalisierung .... 255 Claudia Derichs und Harold Kerbo Japan: Politische Karriere zwischen Ministerialbürokratie und parlamentarischen Erbhöfen ..................................................... 283 6 Politik als Beruf David C. Docherty Kanada: Politische Karrieren zwischen Regierungsamt und Wahlkreisarbeit ...................................................................... 302 Elizabeth McLeay Neuseeland: Parlamentarische Karrieren und Wahlrechtsreform ............... 324 Monique Leijenaar und Kees Niemöller Niederlande: Politische Karrieren zwischen Parteienzugriff und neuen Unsicherheiten .................................................... 349 Hanne Marthe Narud Norwegen: Professionalisierung zwischen Partei- und Wahlkreisorientierung ...................................................... 372 Jose M Magone Portugal: Das patrimoniale Erbe und die Entstehung einer demokratischen politischen Klasse .................................... 396 Reto Wiesli Schweiz: Miliz-Mythos und unvollkommene Professionalisierung ............ 415 Maria Luz Moran Spanien: Übergang zur Demokratie und politische Professionalisierung ... 439 Jens Borchert und Gary Capeland USA: Eine politische Klasse von Entrepreneuren ....................................... 456 Dieter Segert Mittel-und Osteuropa: Eine neue politische Klasse? .................................. 482 Politik als Beruf: Die politische Klasse in westlichen Demokratien Jens Borchert (Universität Göttingen) Einleitung In allen westlichen Demokratien gibt es heute eine Gruppe von Berufspoliti kern, die in Max Webers einprägsamen Worten nicht nur wie die alten Hono ratioren "für die Politik", sondern auch "von der Politik" leben (Weber 1994: 42). Politik ist nicht nur Kampf um Macht, Tätigkeit für das Gemeinwohl oder Ausgestaltung kollektiver Lebensbedingungen, sondern eben auch ein Beruf. "Politik als Beruf'' war historisch durchaus nicht immer und nicht überall eine empirische Realität, sondern ist vielmehr das Ergebnis eines na tional recht unterschiedlich verlaufenden Professionalisierungsprozesses. Dieser Prozeß und seine - wie Weber bereits vorausschauend erkannte - weitreichenden Implikationen werden jedoch allzu häufig vernachlässigt. Ein Ziel des vorliegendes Bandes ist es daher, dieses Thema wieder zu aktualisie ren und auf seine Bedeutung hinzuweisen.1 Als Ergebnis der Professionalisierung fmden wir heute überall in den westlichen Demokratien ein gesteigertes Interesse der politischen Akteure, ihre Karriere in der Politik zu einer dauerhaften Angelegenheit zu machen (Schlesinger 1966). Dabei unterscheiden sich die Karrieremuster jedoch deutlich. So sind politische Karrieren in den USA-mindestens auf nationaler Ebene - mehr oder weniger parlamentarische Karrieren im Kongreß. In vie len europäischen Ländern, besonders jenen mit Verhältniswahlrecht, ist hin gegen die Karriere innerhalb des Parteiapparates mindestens ebenso wichtig -und sei es nur, weil sie die Voraussetzung für einen sicheren Listenplatz bei den Parlamentswahlen darstellt. Und dieses ist nur einer von vielen wichtigen Unterschieden, die in diesem Buch festgehalten werden. Was hier unter nommen wird, ist der Versuch einer Kartierung des Terrains professioneller Politik in verschiedenen politischen Systemen, Was dagegen aus Platzgrün den unterbleiben muß, ist eine wirklich vergleichende Analyse, die jedoch an anderer Stelle nachgeholt werden solP Erklärungsbedürftig ist, warum einerseits die Struktur der politischen Klasse und ihre Orientierung sowohl auf Positionen in Regierungen, Paria- 8 Borchert menten, Parteien und Interessengruppen als auch auf die nationale, regionale oder lokale Ebene als variabel angenommen wird, andererseits der gemein same Fokus aller Beiträge in diesem Buch das nationale Parlament ist. Dieser scheinbare Widerspruch ist durch zwei Faktoren bedingt: Zum einen läßt sich beim Lesen der einzelnen Länderartikel schnell feststellen, daß die nationalen Parlamente für politische Karrieren zwar eine ganz unterschiedliche Bedeu tung haben, man aber in jedem Fall konstatieren muß, daß sie eine Rolle spielen - sei es nun als Ziel oder als Sprungbrett. Der zweite Grund ist, daß es eben die nationalen Parlamente sind, welche die Tätigkeit der Berufspoli tiker regulieren und damit auch entscheidenden Einfluß auf die Rahmenbe dingungen politischer Professionalisierung haben. Um die Grundlage für einen Vergleich zu legen und auch den Leserinnen und Lesern Vergleichsmöglichkeiten zu bieten, folgen die Darstellungen der folgenden Länderartikel einem einheitlichen Schema. Im folgenden werde ich versuchen, die theoretischen und konzeptionellen Hintergründe dieses Schemas zu erhellen. M.E. muß eine vergleichende Betrachtung des Themas Politik als Beruf mindestens die folgenden Aspekte berücksichtigen: (a) die verschiedenen historischen Prozesse politischer Professionalisie rung, (b) die unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen, unter de nen eine politische Klasse entsteht und agiert, (c) die jeweiligen nationalen Muster in puncto Größe der politischen Klasse, Rekrutierungsbasis und Karrierepfade sowie Einkommens möglichkeiten in der und durch die Politik (einschließlich der funk tionalen Äquivalente, die sich aus der Sicht potentieller Berufspoliti ker ergeben mögen) und schließlich ( d) den Einfluß der politischen Klasse und ihres kollektiven Eigeninter- esses auf jede wesentliche institutionelle Reform. Das Konzept der politischen Klasse dient dabei als Instrument zur Integration sowohl amerikanischer und europäischer Ansätze als auch bislang getrennter Themengebiete wie Rekrutierung, Repräsentation, Karrieren, Parteien- und Wahlkampffmanzierung, Professionalisierung, institutionelle Reformen und Politikstile (vgl. dazu programmatisch Borchert und Golsch 1995). Im fol genden werde ich zunächst das Konzept der politischen Klasse, seine Ur sprünge und theoretischen Implikationen kurz skizzieren. Danach sollen die genannten vier Aspekte des Themas ,Politik als Beruf einzeln diskutiert werden. Mein Ziel ist es bei alldem, die analytische Tragfähigkeit des Kon zeptes zu demonstrieren, indem ich einen kategorialen Rahmen zur verglei chenden Analyse der politischen Klasse entwickle. Politik als Beruf 9 1. Das Konzept der politischen Klasse Die classe politica ist - passenderweise - eine italienische Erfmdung. Es war Gaetano Mosca, der den Begriff ursprünglich prägte. Für ihn war die politi sche Klasse weitgehend synonym mit der herrschenden Klasse, wobei diese allerdings nicht nur mit der "Staatsführung" beschäftigt war, sondern auch mit dem eigenen "Lebensunterhalt" (Mosca 1950: 53). Während die perso nelle Identität zwischen herrschender Klasse oder politischer Elite und politi scher Klasse ein historisch überholtes Phänomen ist, konstituiert gerade das kollektive Interesse an einem stetigen und verläßlichen Einkommen aus der politischen Tätigkeit, an realistischen Chancen der Karrieresicherung sowie an Aufstiegsmöglichkeiten die moderne politische Klasse in repräsentativen Demokratien. Darauf wurde bereits von Max Weber hingewiesen, der zwar das Kon zept nicht benutzte, jedoch besonders in "Politik als Beruf'' (1994 [1919]) den Prozeß politischer Professionalisierung sehr genau beschrieb. Jene tradi tionellen Politiker - im wesentlichen lokale Honoratioren - die "fiir die Poli tik" lebten, wurden zunehmend durch Politiker neuen Typs ersetzt, Partei funktionäre, die "von der Politik" lebten.3 Weber glaubte noch, daß diese Tendenz, die er im Deutschland seiner Zeit beobachtete, sich ausbreiten und ein universelles Merkmal demokratischer Systeme werden würde. Diese An nahme erwies sich jedoch nur zum Teil als zutreffend, da sich zwar die Pro fessionalisierung der Politik fortsetzte und in allen westlichen Demokratien zur Entstehung einer wachsenden Berufspolitikerschicht führte, der Parteibü rokrat jedoch nicht zum Archetyp des Berufspolitikers wurde. Der Begriff der politischen Klasse selbst war in der internationalen Poli tikwissenschaft lange Zeit verschüttet. In Italien blieb er dank Mosca immer im politischen und wissenschaftlichen Diskurs präsent (vgl. Cotta 1979; 1982 sowie Verzichelli und Recchi in diesem Band), dabei jedoch ungenau defi niert. Auch andere Sozialwissenschaftler, die den Begriff von Zeit zu Zeit benutzten, gebrauchten ihn in lockerer Form als Synonym fiir ,politische Elite' (vgl. etwa Dahrendorf 1965). Der französische Politologe Georges Burdeau nahm den Begriff 1958 auf und verknüpfte ihn mit Kriterien, die man auch in anderen Kontexten mit dem Klassenbegriff verbindet (Burdeau 1975). Besonders hob er jene Elemente in Lebensweise und Denken hervor, die allen modernen Politikern gemein sind und damit Unterschiede in puncto Parteizugehörigkeit, Ideologie und sozialer Herkunft überlagern (1975: 258- 260). Er war es auch, der darauf hinwies, daß die Zugehörigkeit zur politi schen Klasse nicht notwendigerweise mit politischer Macht verbunden ist (1975: 263). Daher besteht die politische Klasse fiir ihn "aus der Gesamtheit 10 Borchert der Personen oder Gruppierungen, die, sieht man gänzlich von den von ihnen verfolgten Zielen ab, an den mit der politischen Autorität verknüpften Vor rechten teilhaben" (258). Obwohl diese Definition für unsere Zwecke sicherlich zu breit angelegt ist - so würde sie z.B. jeden beinhalten, der von politischer Patronage profi tiert-, erweist sie sich dennoch als sehr nützlich, da sie a) eine klare Unter scheidung zwischen politischer Klasse und politischer Elite trifft, die insbe sondere auch auf die materiellen Eigeninteressen rekurriert, und b) über W e bers soziologische Definition des Berufspolitikers hinausgeht, indem sie eine strukturell definierte Kategorie an ein kollektives Bewußtsein und an kollek tives Handeln knüpft. Das verweist aufMarx' Unterscheidung zwischen einer "Klasse an sich" und einer "Klasse flir sich", wobei die erstere objektiv nach strukturellen Kriterien definiert wird, während letztere in der gesellschaftli chen Realität als kollektiver Akteur auftritt (vgl. ähnlich auch Beyme 1993: 156). Wenn man die politische Klasse als ein analytisch sinnvolles und fruchtbares Konzept entwickeln will, muß sie m.E. als ,Klasse flir sich' kon zipiert werden, weil man nur so um mehr oder minder verschwörungstheore tische Zuschreibungen gemeinsamer Interessen herumkommt. Natürlich ist es mehr als ironisch, daß die marxistische Klassentheorie gerade auf die Gruppe der Politiker passen sollte, nachdem sie sonst stets an der Schwierigkeit scheiterte, die Verbindung zwischen strukturell definierten Gruppen und realen Akteuren herzustellen. Jedenfalls ergibt sich aus der Kombination der von Marx und Weber entwickelten Unterscheidungen eine m.E. konzeptionell höchst interessante Einteilung der verschiedenen sozial wissenschaftlichen Versuche, sich dem Thema ,Politiker' analytisch zu nä hern (vgl. Tabelle 1). Dabei ist jedoch stets zu berücksichtigen - und dies wird immer wieder übersehen -, daß die verschiedenen Zugänge zum Thema naturgemäß durchaus die gleichen Personen thematisieren (vgl. Beyme 1993: 29). Tabelle 1: Eine Taxonomie derA nsätze zur Analyse von Politikern Leben for die Politik Leben von der Politik (Macht v. Gemeinwohl) (Eigeninteresse v. Professionalitlit} Klasse an sich (strukturelle Ebene) politische Elite (positional) Berufspolitiker Klasse for sich ~!:.' (strukturelle und Elite, Machtelite, politische Klasse Akteursebene) herrschende Klasse Quelle. Borchert und Golsch 1995. 614,letcht modtfiz1ert.

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