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Plasma-Experimente im Weltraum: Gemeinsame Sitzung der Klasse für Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften und der Klasse für Geisteswissenschaften am 26. September 1973 in Düsseldorf. Leo-Brandt-Vortrag PDF

42 Pages·1974·1.22 MB·German
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Rheinisch -Westfälische Akademie der Wissenschaften Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften Vorträge . N 242 Herausgegeben von der Rheinisch -Westfälischen Akademie der Wissenschaften REIMAR LÜ ST Plasma-Experimente im Weltraum Westdeutscher Verlag Gemeinsame Sitzung der Klasse für Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften und der Klasse für Geisteswissenschaften am 26. September 1973 in Düsseldorf Leo-Brand t-Vortrag © 1974 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag GmbH ISBN 978-3-663-01771-4 ISBN 978-3-663-01770-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-01770-7 Inhalt 1. Einleitung 7 2. Die Entwicklung der Methode ... ....... .... ........ ....... 9 3. Die Strömung eines Plasmas in einem elektrischen Feld ....... .. 16 4. Der Ursprung elektrischer Felder in der Ionosphäre und in der Magnetosphäre ... ......... ..... ... .. ... ........ ...... .. 17 5. Messungen des elektrischen Feldes .............. .. ..... ..... . 19 6. Messungen in der Magnetosphäre und künstliche Kometenschweife . 24 7. Ausblick ..... .. ..... ............... ........ .... ...... .. 30 Diskussionsbei träge Professor Dr.-Ing. August Wilhelm Quick; Professor Dr. rer. nato Reimar Lüst; Professor Dr. phi!. Walter Weize!; Professor Dr. rer. nato Hans Kar! Paetzold; Professor Dr. rer. nato Vlrieh Hauser; Professor Dr. rer. nato Hans-Jürgen Engel!; Professor Dr. phi!. Mar tin Schmeißer; Dr. rer. nato Hermann L. Jordan; Professor Dr. phi!. Dr. theo!. h. C. Jose! Pieper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 . . . . . . 1. Einleitung Der Zustand der Materie im Kosmos ist recht verschieden von demjeni gen, den wir normalerweise hier auf der Erdoberfläche vorfinden. Auf der Schule haben wir gelernt, daß die Materie auf der Erde in drei Aggregat zuständen in Erscheinung tritt, nämlich als fester Körper, als Flüssigkeit und als Gas. Diese drei Erscheinungsformen reichen zur physikalischen Beschrei bung der kosmischen Materie jedoch nicht aus, und es wäre vernünftig, sie durch eine vierte zu ergänzen, den sogenannten Plasmazustand. Er ist dadurch gekennzeichnet, daß die Atome oder Moleküle eines oder mehrere ihrer Schalenelektronen verloren haben. Die positiv geladenen Restionen und die negativ geladenen freien Elektronen bilden so ein Gas, das ganz beson dere Eigenschaften hat. Vor allem wird ein solches Gas auch durch elektri sche und magnetische Felder beeinflußt. Wirkungen extraterrestrischer Plas men hier auf der Erde wurden zum erstenmal systematisch von Gauß in Göttingen gemessen, der 1833 die erste erdmagnetische Beobachtungsstation aufbaute. Damit konnten die Veränderungen des Erdmagnetfeldes registriert werden, die durch Plasmaströme in großem Abstand von der Erde verur sacht werden. Bemerkenswert ist für unsere Zeit beim Studium dieser ersten Statistik auch, in welch kurzer Zeit diese Messungen realisiert werden konn ten. Am 29. Januar 1833 stellte Gauß einen Antrag an den Kurator, der sofort genehmigt wurde. Das Gebäude konnte dann schon im selben Jahr seiner Bestimmung übergeben werden und kostete 197 Taler. Die Mittel der Weltraumtechnik haben uns die Möglichkeit eröffnet, extraterrestrische Plasmen auf direktem Wege zu studieren. Die hierbei ge wonnenen Ergebnisse können dann indirekt sowohl zu einem besseren Ver ständnis der entfernten kosmischen Plasmen, die nicht mehr direkt erreichbar sind, beitragen, als auch etwas über das Verhalten von Plasmen im Labora torium aussagen. Die Untersuchungen von extraterrestrischen Plasmen können auf zweierlei Weise unternommen werden, nämlich mit sogenannten passiven und mit 8 Reimar Lüst aktiven Experimenten. Die passive Methode ist die üblichere und bedeutet, daß man einen Detektor oder ein anderes Meßgerät dazu benutzt, um be stimmte physikalische Parameter des Plasmas zu messen, ohne daß man sei nen Zustand dabei zu stark stört. Unter der aktiven Methode versteht man Experimente, bei denen das Plasma ganz bewußt gestört wird, um die Reaktion auf diese künstliche Störung zu untersuchen. In dieser Weise ist es einem Laboratoriumsexperiment ähnlicher. Der Vorteil diesem gegenüber besteht darin, daß man solche extraterrestrischen Experimente unter physi kalischen Bedingungen durchführen kann, die im Laboratorium nicht zu realisieren sind, z. B. um hochverdünnte Plasmen, bei denen die Zusammen stöße der Teilchen keine Rolle mehr spielen, zu untersuchen. Ebenso kann man damit die im Laboratorium so schwierig zu handhabenden Einflüsse aus schalten, die von den Wänden der das Plasma einschließenden Behälter und anderen Randbedingungen ausgehen. Die Ausnutzung des extraterrestrischen Raumes als ein großes "Laboratorium" geschah schon bei den ersten An fängen der Weltraumforschung, indem man in großen Höhen Atombomben für wissenschaftliche Zwecke zur Explosion brachte. Abgesehen davon hat man bisher praktisch nur passive Experimente im Weltraum durchgeführt. Die Experimente, von denen hier berichtet werden soll und die vom Max Planck-Institut für extraterrestrische Physik unternommen werden, haben beide Aspekte, sowohl den passiven als auch den aktiven, abhängig von der Höhe, in der sie ausgeführt werden, und von der Menge des benutzten Mate rials. Es gibt aber auch noch einen anderen allgemeinen Aspekt, unter dem diese Experimente gesehen werden sollten: Wenn man das Geschwindigkeits feld einer homogenen Flüssigkeit beobachten möchte, so ist es eine übliche Methode, dieser Flüssigkeit einen Farbstoff oder Metallstaub beizumengen. Im allgemeinen verwendet man nur so geringe Mengen, daß die Bewegung und das Verhalten der Flüssigkeit nicht gestört werden. Die meisten kosmischen Plasmen sind so verdünnt - mit Ausnahme der Konzentration in Sternen -, daß sie nicht sichtbar sind. Denn sie be stehen zum überwiegenden Teil aus ionisiertem Wasserstoff und Helium, die einen extrem geringen Querschnitt gegenüber gestreutem Licht haben und daher das von den Sternen ausgesandte Licht nicht genügend streuen, um sichtbar zu werden. Aus diesem Grunde wäre es von Interesse, in ein kosmi sches Plasma ein geeignetes Material zu injizieren, das einen sehr viel grö ßeren Wirkungsquerschnitt für Lichtstreuung aufweist, um damit die Be wegung kosmischer Plasmen sichtbar zu machen. Für ein Plasma sehr hoher elektrischer Leitfähigkeit ist dies von besonderem Interesse, da jede Bewe gung senkrecht zu den magnetischen Feldlinien beschrieben werden kann als Plasma-Experimente im Weltraum 9 eine Bewegung der magnetischen Kraftlinien. Der schwedische Astrophysiker Hannes Alfven hat bei einem Plasma mit unendlicher elektrischer Leitfähig keit dafür das sehr anschauliche Bild eingeführt, daß die magnetischen Feld linien im Plasma "eingefroren" sind. Man kann jedoch die beobachtete Bewegung auch durch die Wirkung eines elektrischen Feldes beschreiben. Beide Beschreibungen sind in eInem Plasma unendlicher Leitfähigkeit identisch. Dabei gilt die Beziehung: V =-c- ~E XB---+ ~E---+ +-1 V---+ XB---+ =O 1. B2 C ' V E wobei 1. die Ges~hwindigkeitskomponente senkrecht zum Magnetfeld, das elektrische Feld, B das magnetische Feld und c die Lichtgeschwindigkeit ist. Mißt man also die Geschwindigkeit eines Plasmas, so erhält man damit auch Aufschluß über die Komponente des elektrischen Feldes senkrecht zum Ma gnetfeld, falls dieses bekannt ist. Das Ziel der Arbeiten des Instituts in Garching war es, künstliche Plasma wolken im Weltraum zu erzeugen, um ihre Wechselwirkung mit den um gebenden elektrischen und magnetischen Feldern zu studieren. Nach Ent wicklung dieser Methode war es möglich, hiermit bestimmte qualitative Messungen am extraterrestrischen Plasma durchzuführen und die beobachte ten Phänomene zu analysieren. Das künstliche Plasma wurde hauptsächlich von Höhenforschungsraketen aus in Höhen von etwa 200 km oberhalb der Erdoberfläche injiziert. Die Wahl dieses Höhenbereiches, in dem der pas sive Charakter entscheidend ist, wird noch begründet werden. Einige Experimente wurden jedoch in viel größeren Höhen (1000, 2000 und 33000 km) sowie eines von einem Satelliten aus in 74000 km Höhe durchgeführt. Bei diesen Höhen spielt auch der aktive Charakter dieser Experimente eine wichtige Rolle. 2. Die Entwicklung der Methode Der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Methode ergab sich aus Fragestellungen, die bei der Untersuchung von ionisierten Kometenschwei fen aufgetreten waren. Schon 1951 hatte L. Biermann aus der Richtung die ser Schweife, die fast radial von der Sonne wegzeigen, sowie aus den beob achteten hohen Beschleunigungen der ionisierten Schweifmaterie auf die Existenz einer kontinuierlichen solaren Korpuskularstrahlung geschlossen, die inzwischen direkt nachgewiesen werden konnte und die man allgemein 10 Reimar Lüst als "solaren Wind" bezeichnet. Aus diesem Grunde können die ionisierten Kometenschweife auch als natürliche Sonden für den solaren Wind ausge nutzt werden. Um mehr über den Mechanismus der Wechselwirkung zwischen dem Plasma des solaren Windes und demjenigen der Kometen zu lernen, wurde Anfang der sechziger Jahre vorgeschlagen, ähnliche Prozesse mit Hilfe von künstlichen Plasmawolken zu untersuchen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es am attraktivsten, wenn man die gleichen Substanzen, d. h. die gleichen Moleküle, benutzen könnte, die wir auch in den Kometenschweifen beobachten (z. B. Kohlenmonoxyd). Jedoch sind die Mengen, die man zur Erzeugung einer sichtbaren Wolke im Welt raum benötigt, so hoch, nämlich mehrere Tonnen, daß Experimente dieser Art kaum möglich erscheinen. Um das Nutzlastgewicht niedrig zu halten, wurde schon zu Beginn der Entwicklung angestrebt, als Energiequelle für die Ionisation und Anregung der Atome einer künstlichen Wolke die Sonnen strahlung auszunutzen. Außerdem sollte eine solche Wolke vom Erdboden aus beobachtbar sein. Diese Bedingungen führten zu einer Reihe von An forderungen bei der Auswahl geeigneter chemischer Substanzen: 1. Die Resonanzlinien der Ionen müssen im sogenannten "optischen Fenster" der Erdatmosphäre liegen; 2. die Zeitskala für die Anregung der Spektrallinien der Ionen und 3. für die Photoionisation der neutralen Atome muß relativ kurz sein; 4. da für die Freisetzung der Elemente ein chemischer Prozeß ausgenutzt werden sollte, wäre eine niedrige Verdampfungstemperatur wünschens wert. Die in dieser Hinsicht vielversprechendsten Elemente sind einige Erd alkalimetalie, insbesondere Barium, sowie wahrscheinlich einige der selte nen Erden, nämlich Europium und Ytterbium. Mit Strontium und Barium wurden zunächst Vorexperimente durchgeführt, die zeigten, daß man mit Barium sichtbare Wolken erzeugen kann. Die benötigten Mengen sind sehr gering, sie liegen bei nur einigen 10-100 g Barium. Um einen effektiven Weg für die Verdampfung zu finden, wurden eine ganze Reihe von Experimenten im Laboratorium sowie verschiedene theore tische Untersuchungen durchgeführt. Als be~te Methode erwies sich dabei eine Reaktion zwischen Barium und Kupferoxyd: (n + l)Ba + CuO-+ BaO+ Cu+nBa (als Dampf). Bei dieser Reaktion wird ein Teil des Bariums verbrannt und liefert dabei die notwendige Energie für die Verdampfung des restlichen Bariums. Es Plasma-Experimente im Weltraum 11 konnte schließlich eine Effektivität von etwa 10 bis 20 Q/o erreicht werden, d. h., 10-20 % des verdampften Bariums konnten in Form von Ba-Atomen beobachtet werden. Die Ba-Ionen wurden durch Photoionisation mit einer Zeitskala von etwa 19,5 sec erzeugt. Hierbei ist ein metastabiles Energie niveau des atomaren Bariums entscheidend. Die Ionisation kann nicht nur spektroskopisch, sondern auch direkt mit bloßen Augen beobachtet werden, da die Wolke sowohl ihre Farbe als auch ihre Gestalt während der Übergangsphase verändert. Der nicht ionisierte An teil der Wolke strahlt in verschiedenen grünen, gelben und roten Linien des sichtbaren Spektrums. Die grüne Strahlung ist die intensivste, deshalb ist Grün die vorherrschende Farbe, und man sieht sie am längsten, wenn die Wolke allmählich verblaßt. Die ionisierten Bariumatome strahlen im violet ten, blauen und roten Spektralbereich; dies ergibt eine Purpurfarbe der ioni sierten Wolke. Auf diese Weise lassen sich ionisierter und neutraler Anteil leicht voneinander unterscheiden, da zusätzlich eine unterschiedliche Ver formung stattfindet. Diese Verformung wird auf folgende Weise hervorgerufen: Die neutrale Wolke ist kugelförmig, und ihr Durchmesser nimmt zunächst rasch zu. Von einem bestimmten Zeitpunkt an wird diese schnelle Expansion durch Stöße zwischen Bariumatomen und anderen Atomen und Molekülen der Erd atmosphäre gebremst. Deshalb wächst die neutrale Wolke von da an sehr viel langsamer durch Diffusion. Inzwischen gehen in dem ionisierten Anteil der Bariumwolke ganz andere Veränderungen vor sich: Die positiv gelade nen Ionen und die negativen Elektronen werden im Erdmagnetfeld ein gefangen und führen eine spiralenförmige Bewegung um die magnetischen Feldlinien aus. Deshalb wächst die Plasma wolke nur in der Richtung der Feldlinien an; sie wird zigarrenförmig auseinandergezogen und kann auch dadurch leicht von der neutralen Wolke unterschieden werden. Allerdings kann später eine erhebliche Verzerrung dieser typischen Form durch ein in homogenes elektrisches Feld hervorgerufen werden. Noch ein weiterer Effekt wird sichtbar. Das bei diesen Versuchen verwendete Barium enthält immer eine sehr geringe (weniger als 1 %) Verunreinigung durch Strontium. Das Strontium wird nicht ionisiert, und dadurch bleibt eine blaue Strontium wolke sichtbar, wenn bereits das Barium völlig ionisiert worden ist. Bisher hat unser Institut an 59 Bariumwolken-Experimenten mit Höhen forschungsraketen teilgenommen. Wir haben dabei verschiedene Raketen benutzt: die französischen Centaure-, Dragon- und Rubis-Raketen, die eng lische Skylark-Rakete, die kanadische Black-Brant-Rakete und die amerika nischen Javelin-, Nike Tomahawk- und Nike Apache-Raketen. Starts wur den von weit auseinanderliegenden Plätzen aus durchgeführt: von der alge-

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