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Pietro und Ambrogio Lorenzetti PDF

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Pietro und Ambrogio Lorenzetti Pietro und Ambrogio Lorenzetti Welt der Kunst Maria Prokopp Pietro und Ambrogio Lorenzetti Mit neunzehn farbigen Tafeln und zweiundzwanzig einfarbigen Abbildungen Henschelverlag · Berlin 1985 Corvina · Budapest Arkady · Warszawa Originaltitel: Pietro es Ambrogio Lorenzetti Corvina Kiad6, 1984 Übersetzt von Airnos Csongar © Maria Prokopp, 1984 Siena gehört im 13. und 14. Jahrhundert zu den bedeutendsten Städten und Naturkatastrophen, Bankkonkurse, Dürre, Feuerbrände und die Italiens, ja sogar Europas. Die sicherste Verkehrsstraße, die Süditalien große Pestepidemie in der zweiten Hälfte des ft.inften Dezenniums hat mit Frankreich, Flandem und England verbindet, fUhrt über die Via ten die Entwicklung der Stadt gelähmt. Der Westfassade der Kathe Francigena, durch dieses Handelszentrum, dessen Bürger im 13. Jahr drale gegenüber war noch im 13. Jahrhundert das weiträumige städ hundert zunehmend die Lenkung dieses wichtigen Waren-und Geld tische Krankenhaus, Ospedale di Santa Maria della Scala, erbaut wor umschlagplatzes an sich reißen. Einige sienesische Familien gehören den. 1240 hatte die Universität ihre Tore geöffnet. Am Fuße des zu den namhaftesten Gläubigem der europäischen Märkte. Im zweiten Hügels errichtete man am Marktplatz zwischen 1288 und 1309 das Viertel des 13. Jahrhunderts wurde die Entwicklung durch Privile Rathaus, den Palazzo Pubblico - ein Wahrzeichen der Macht Sienas. gien, von den Hohenstaufen-Kaisem verliehen, beschleunigt. 1260 Die langgestreckte Fassade des im wesentlichen dreigeschossigen brachte das ghibellinische Siena seinem Rivalen Florenz, der roten Backsteingebäudes ist von Reihen spitzbogiger Fenster mit Führungsmacht der Guelfen, eine entscheidende Niederlage bei. Doch weißen Marmorrahmen durchbrechen. 1338-1344 entstand der hun die Früchte dieses Sieges konnte es nicht in vollem Umfang genießen, dertzwei Meter hohe, schlanke Turm des Rathauses-Torredel Man da die Hohenstaufen-Dynastie 1268 ausstarb. Die französischen gia. Währenddessen arbeiteten die großen Maler der Stadt, Sirnone Anjou, die durch die Unterstützung des Papsttums den Königsthron Martini und Ambrogio Lorenzetti, an der Ausschmückung der Innen von Neapel errungen hatten, gewannen auch die beiden wichtigsten räume.-Die Hauptstraßen Sienas laufen aufd em breiten, muschelför toskamsehen Städte Siena und Florenz als Verbündete. 1282 wurde in migen Platz vor dem Palazzo Pubblico, auf dem Campo, zusammen, Siena eine Guelfen-Regierung gebildet, die etwa siebzig Jahre lang die der auch noch heute von Palästen aus dem 13. und 14. Jahrhundert Geschicke des Gemeinwesens leitete. Diese Epoche ist die Glanzzeit gesäumt wird. Sienas; dort entfaltete sich eine Kunst von europäischer Bedeutung, es Neben dem Hauptplatz besitzt das mittelalterliche Siena einige mehr entstand die auf drei Hügeln großzügig angelegte, prachtvolle oder minder große Zentren reger künstlerischer Tätigkeit. Sie bildeten gotische Stadt. sich in der Umgebung einzelner Paläste, mehr noch von Kirchen und Auf dem höchsten Punkt steht die Kathedrale. Mit der Errichtung der Klöstern. Wir möchten lediglich einige wichtige Schauplätze der durch dunkelgrüne und blendend weiße Marmorbänder gegliederten Tätigkeit der Brüder Lorenzetti erwähnen: so das im 13. Jahrhundert Basilika wurde 1229 begonnen. Die stattliche hexagonale Kuppel, die erbaute Franziskanerkloster am östlichen Stadtrand in der Nähe der sich über der Vierung erhebt, wurde 1264 fertiggestellt. In jenen Porta Ovile. Für den offenen Kreuzgang und den Kapitelsaal malten Jahren 1265-1268 schufNiccolo Pisano eines der ersten Meisterwerke Pietro und Ambrogio in den zwanziger Jahren umfangliehe Fresken der italienischen gotischen Plastik, die mit Reliefs und Statuen gezierte zyklen. Sicherlich waren die Brüder auch 1326 bei der Grundsteinle Kanzel. Sein Sohn Giovanni Pisano, einer der großen Bildhauer der gung der Kirche zugegen. reifen Gotik, war 1284-1298 Dombaumeister. Von seiner Hand stam Im südöstlichen Weichbild der Stadt, in der Nähe der Porta Romana, men die expressiven Statuen ftir die Fassade. Zwischen 1317 und 1325 wurde im 13. Jahrhundert die dreischifEge Basilika Santa Maria dei wurde auf der östlichen Seite des Kathedralhügels die unterkirchenar Servi erbaut. 1260/61 malte der berühmte Florentiner Coppo di Mar tig angelegte dreischifEge Taufkapelle erbaut. 1313 führte man den covaldo ft.ir sie das großformatige Altarbild der thronenden Madonna, nahezu hundert Meter hohen, beherrschenden Glockenturm über das auch heute der Stolz der Kirche ist. Pietro Lorenzetti schmückte dem südlichen Querschiff auf Im Jahre 1311 wurde im Rahmen eines die Chorkapellen mit Fresken, von denen "Der Kindermord in Beth großen Stadtfestes der Hauptaltar des Doms, die "Maesta"-ein Mei lehem" und "Das Gastmahl des Herodes" erhalten sind. sterwerk der europäischen gotischen Malerei von Duccio di Buonin Südwestlich vom Marktplatz war 1253 die Kirche der Augustiner segna - aufgestellt. Die anderen Altäre wurden von den namhaften mönche entstanden. Hier wurde 1328 zu Ehren des wenige Jahre Künstlern der Stadt geschaffen: von Sirnone Martini, von Pietro und zuvor verstorbenen Seligen Agostino Novello aus Siena ein Altar von Ambrogio Lorenzetti. Sirnone Martini errichtet. Um 1333-1335 malte Ambrogio Lorenzetti Kaum waren die Bauarbeiten beendet, beschloß der Stadtrat bereits in der Piccolomini-Kapeile ein Fresko, das Maria mit Engeln und 1339 den Umbau der Kathedrale, wobei die neunzig Meter lange, Heiligen darstellt. Im 14. Jahrhundert wurden noch Fresken von ihm dreischifEge Basilika das Querhaus der neuen Kirche bilden sollte. erwähnt, die sich an der Kirchenfassade und im Kapitelsaal des Klo Unverzüglich begann man mit der Errichtung der Mauem. Doch um sters befanden. Ein wenig weiter westlich erhebt sich die Kirche der 1348 stellte man die Tätigkeit daran ein. Wirtschaftlicher Niedergang Karmeliter aus dem 14. Jahrhundert, deren Hauptaltar 1328/29 von 5 Pietro Lorenzetti gemalt wurde. Gleichzeitig schuf Ambrogio für sie der Passion durch weitere achtzehn Bilder aus dem LebenJesu ergänzt. das nahezu drei Meter hohe Croce dipinta, das heute in der Gemäl Die Vortragsweise Duccios war von der neuen Religiosität der degalerie von Siena aufbewahrt wird. Auf dem Hügel im Nordosten Epoche, von der in Italien besonders lebendigen franziskanischen der Stadt wurde in der Nähe der Kathedrale 1309 mit dem Bau der Mystik, durchdrungen. Das veranlaßte die Ausbildung einer neuen Doppelkirche der Dominikaner begonnen. Die Forschung erschloß Formensprache, in die er die alten byzantinischen Züge, die Dynamik auch hier in jüngster Zeit Fragmente von Fresken Ambrogios. Dieser der französischen Gotik sowie ihre lyrische Empfindsamkeit inte kurze Spaziergang zeigt, daß sich die politische und wirtschaftliche grierte. Duccio starb 1319; seine Werke und die seiner Schüler übten in Glanzzeit Sienas im 13./14. Jahrhundert auch in der Architektur und in der Folge noch einen nachhaltigen Einfluß auf die Malerei der ersten den an sie gebundenen bildenden Künsten würdig offenbart. Die Hälfte des 14. Jahrhunderts aus. Die drei großen sienischenMeister der Malerei erwies sich dabei als empfindsamste Gattung, die den nächsten Generation, Sirnone Martini und die Brüder Lorenzetti, europäischen Rang Sienas im 14. Jahrhundert am deutlichsten zum entwickelten die verschiedenen Seiten seines Erbes weiter. Sirnone Ausdruck brachte. Guido da Siena, Duccio di Buoninsegna, Sirnone Martini fühlte sich von künstlerischen Möglichkeiten angezogen, die Martini und die Brüder Lorenzetti wurden in dieser Stadt geboren; alle in der dekorativen flächigen Komposition und dem geschmeidigen ließen sich von der Schönheit der Farben und Linien betören. In den Linienrhythmus lagen und die in den Details die Poesie der Realität siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts unternahm Guido da Siena erste offenbarten. Pietro Lorenzetti war ftir die Tiefe des Ausdrucks emp Schritte, um die bis dahin in der italienischen Malerei herrschende fänglich, während Ambrogio ebenfalls von dem Farb- und Linien "maniera greca", die byzantinische Tradition, mit neuem Leben zu rhythmus der Flächengliederung bezaubert war, wobei er allerdings erfüllen. Er löste die starren Konturen durch eine zwanglose, sanfte mit diesen Mitteln wie ein Bildhauer plastische Formen erstrebte und Linienführung ab, gestaltete die Flächen mit lichteren, transparenteren mit großer Sorgfalt die räumliche Umgebung seiner Figuren wirk Farben und ersetzte die steifen frontalen Kompositionen durch lebens lichkeitsgetreu einzufangen suchte. Über beider Leben wissen wir nur nähere, beweglichere Formen. Man kann das an seinem großformati sehr wenig; auf die wahre Bedeutung ihres fragmentarisch erhaltenen gen Madonnenbild von 1271 im Palazzo Pubblico von Siena gut Gesamtwerks wurde man nicht vor dem 20. Jahrhundert aufmerk beobachten. sam. 1903, 1930 und 1933 erschienen die ersten monographischen Stu Duccio entwickelte diese Bestrebungen weiter. Die Gefühlsintensität dien, denen zahlreiche Einzeluntersuchungen und weitere zusammen der französischen klassischen Gotik und ihre dekorative Linien fassende Arbeiten folgten. Die Kunstgeschichte wies damit dem führung, die er dank der unmittelbaren Beziehungen seiner Heimat CEuvre von Pietro und Ambrogio Lorenzetti einen würdigen Platz in stadt zu Frankreich kennengelernt haben mochte, waren ausschlag der Malerei des Trecento zu. Den hohen Rang der Kunst Ambrogios gebend ftir ihn. Allerdings ist auch der Einfluß des byzantinischen hatte bereits Lorenzo Ghiberti, der namhafte Florentiner Bildhauer Erbes nicht zu leugnen, das sich vor allem auf den repräsentativen und zugleich der erste Kunstschriftsteller der Renaissance, klar Darstellungen der Gottesmutter zeigt. Duccio modelliert jedoch die erkannt. Davon zeugen einige Abschnitte seiner um 1450 entstande Gesichter nach und nach empfindsamer, er bewegt die Falten der nen "Commentarii". Es ist keine übertriebene Schwärmerei, wenn er Mäntel immer spielerischer und lebendiger. Seine Kompositionen Ambrogio mit einer ganzen Reihe von Superlativen bedenkt, ihn werden im Verlaufe der Jahre räumlicher. Der Maler genießt die "excellentissimo, famosissimo et singularissimo maestro" (den Pracht der Farben und die Feinheiten der Nuancen. In seinen Gemäl ausgezeichnetsten, berühmtesten und einzigartigsten Meister) nennt, den und Freskenzyklen spielt das Erzählerische, das durch eine Fülle der "unzählige Werke" geschaffen habe. Unter ihnen hebt Ghiberti von genrehaften Details bereichert wird, eine immer größere Rolle. den Freskenzyklus im Kreuzgang des-Franziskanerklosters in Siena Diese Eigenart wird schließlich zu einem der wichtigsten Kennzeichen hervor, dessen einzelne Gemälde er ausfUhrlieh beschreibt. Mit sienesischer Malerei. Das bedeutendste Werk Duccios ist das Hauptal Bewunderung spricht er über Ambrogios edle Kompositions tarbild der Kathedrale von Siena. Seine ursprüngliche Form, die methode, von dessen Fähigkeit, Naturerscheinungen, wie den furcht Zusammensetzung und die Anzahl der Tafeln ist uns nicht bekannt. einflößenden Gewittersturm, ausdrucksvoll wiederzugeben, von der Wie man vermutet, war jedoch die 2x4 m große Mitteltafel mit der Liebe zur antiken Kunst und von der philosophischen Bildung des Madonna zwischen Engeln und Heiligen von zwölf Szenen aus dem Malers. Ghiberti betrachtet Ambrogio als Vorbild, das selbst Giotto in Leben Marias umgeben. In die Giebelfelder malte Duccio Engel; auf den Schatten gestellt habe. Er lernte Ambrogios Werke in Siena ken der Rückseite des Altarwerks wurden die sechsundzwanzig Szenen nen, als er 1427 zusammen mitJacopo della Quercia und Donatelloam 6 Taufbrunnen des Baptisteriums der Kathedrale arbeitete. Den Bruder künstlerische Kraft dieser Bilder den Betrachter und Leser dennoch Pietro erwähnt er mit keinem Wort. Allerdings dürfen wir dieser Tat berühren und die großen Persönlichkeiten der europäischen Kunst sache keine größere Bedeutung beimessen, weil Ghiberti eine voll geschichte ft.ir ihn lebendig werden. Die erste Pietro Lorenzetti be ständige kunsthistorische Übersicht nicht anstrebte. Es ist treffende Mitteilung stammt aus dem Jahre 1305, als eines seiner heute anzunehmen, daß ihm die harten, plastischen Formen Pietros, dessen verschollenen Bilder ft.ir den Rat der Stadt Siena erwähnt wird. Da scharfe Linienführung und expressive Dramatik weniger lagen. Gior mals mag er bereits ein anerkannter Künstler gewesen sein, so daß gio Vasari, der italienische Kunstbiograph des 16. Jahrhunderts, ein man die Zeit seiner Geburt um 1280 ansetzen darf. Sein erstes mit Schüler Michelangeles und begeisterter Verehrer der Florentiner Namen und Entstehungsjahr (1320) signiertes Werk ist das Poly Kunst, folgt in seiner Biographie Ambrogio Lorenzettis dem Text ptychon ft.ir den Hauptaltar der Kirche Santa Maria della Pieve in Ghibertis. Er war der erste, der auch das Gesamtwerk Pietros zusam Arezzo (Tafel 2). Der Altar steht heute noch an seinem Platz. Vasari menstellte. Für ihn war er ein Nachfolger Giottos, der dessen Stil ver schreibt, daß Pietro den Chor mit weiteren Bildern geschmückt habe. breitete. Den Auftrag hatte er von keinem geringeren als dem Bischof Guido Seit Beginn des 17. Jahrhunderts ändert sich die Einschätzung Tarlati erhalten, der der kirchliche wie weltliche Herr Arezzos und Ambrogios durch die Kunstkenner aus Siena. Sie halten ihn ft.ir den Führer der toskamsehen Ghibellinen war. Der Altar von Arezzo Nachfolger Giottos und Pietros. In seinem um 1650 verfaßten Werk repräsentiert eine neue Form dieses Genres im italienischen Trecento: verzeichnete U gurgieri mehrere heute verlorene Aufschriften. Daher das Polyptychon, aus Tafeln in verschiedenen Formaten mehrreihig kennen wir die Signatur der Fassadenfresken des Ospedale in Siena zusammengesetzt und von Giebeln gekrönt. - Hoc opus fecit Petrus Laurentii et Ambrosius eius frater Das erste bekannte Denkmal dieses Typus wurde um 1315 von Duccio MCCC:XXXV -, aus der ersichtlich ist, daß Pietro und Ambrogio geschaffen (Siena, Pinacoteca). Allem Anschein nach führte er die Geschwister waren. reichgegliederte, dekorative Altarform ein. Das im letzten Drittel des Nach 1780 definiert G. Della Valle, ein vorzüglicher Kenner der 13. Jahrhunderts bekannte waagerechte Schema, das die Halbfiguren Materie, zum erstenmal die eigenständigen Werte der sienesischen der Madonna und der Heiligen in einem einzigen Rahmen aneinander Kunst. Er verwirft die Idee von der Überlegenheit der Florentiner fügt, wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts durch die sienesischen Meister. Die Bedeutung der Künstler aus Siena sei keine geringere ft.ir Meister aufgelockert und bereichert. Im Zentrum von Duccios Altar die Kunstgeschichte, sondern nur eine andere: "Siena ist die Heimat befinden sich - durch ihre größeren Maße betont - halbfigurige der Dichter, Florenz die der Wissenschaftler", schreibt er. Das Schaf Heiligendarstellungen, die durch schlanke Säulen voneinander ge fen von Giotto, Sirnone Martini, Ambrogio und anderen analy trennt sind. Ihnen sind darüber und darunter weitere Bildreihen in sierend, stellt er fest, daß die Kunst Ambrogios in gewisser Hinsicht gleicher Komposition zugeordnet, die ebenfalls durch Säulen ge über der von Sirnone Martini stehe. gliedert und halbkreisförmig abgeschlossen werden. Den einzelnen Das 19. Jahrhundert bekennt sich dann erneut zum Vorrang der Bildern der mittleren Reihe sind in gleichbleibendem Rhythmus Florentiner Kunst; unter den Meistern aus Siena gibt man weniger den jeweils zwei kleinere beigegeben. Die Giebelfelder heben die Ver Brüdern Lorenzetti als Sirnone Martini den Vorzug. Eine neue Be tikalität des Retabels hervor; die vorher gebräuchliche Form des trachtungweise beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit gleichseitigen Dreiecks für die Gesamtkomposition wird von einem der positivistischen Kunstgeschichtsschreibung: Sie untersucht mit spitzbogig geschlossenen Quadrat abgelöst. objektiven wissenschaftlichen Methoden einzelne Entwicklungspha Diese neue Altarform, die durch Sirnone Martini und Pietro Loren sen und künstlerische Schulen. In "A New History of Painting in zetti noch bereichert wurde, breitete sich mit der Spätgotik in ganz Ita Italy" ("Eine neue Geschichte der Malerei in Italien"), 1864, von lien aus. Pietros Altar ft.ir Arezzo entstand gleichzeitig mit dem Cavalcaselle und Crowe, zwei Vertretern dieser Richtung, wird den Sirnone Martinis in Pisa. Beide Werke bezeugen, daß ihre Schöpfer Künstlern eine neue würdige Einschätzung zuteil. Unter den Schöp Schüler Duccios waren. Dennoch haben wir es mit sehr unterschied fungen Pietro Lorenzettis findet sich hier erstmalig der Passionszyklus lichen Künstlerpersönlichkeiten zu tun. Während Sirnone die in der Unterkirche San Francesco in Assisi erwähnt, der seitdem als dekorativen Elemente weiter entwickelt und einen möglichst nuan eines seiner wichtigsten Werke registriert wird. cierten lyrischen Ausdruck anstrebt, gibt Pietro den Darstellungen Wir möchten uns darauf beschränken, die Hauptwerke der beiden eine dramatische Note und modelliert seine Gestalten mit scharfen Meister in einer Auswahl vorzustellen, in der Hoffuung, daß die Konturen; seine monumentalen Formen scheinen den Rahmen 7 beinahe zu sprengen. Die Farben und dekorativen Details spielen bei dergrund, der hinten in der rechten Zimmerecke sitzenden Maria Pietro eine untergeordnete Rolle. Im gleichmäßigen Rhythmus und in zugewandt. Einfallende Lichtstrahlen lenken unser Augenmerk auf der rundbogigen Rahmung der Bildfelder folgt er Duccio, wobei er die aus Wolken hervorragende Hand des himmlischen Vaters. Die allerdings die Vertikalität des Altars steigert: Die Haupttafeln sind Raumkomposition wird so durch einen in die Tiefe vorstoßenden Keil hochrechteckig, die in der oberen Reihe erhalten trapezförmige verdeutlicht, wodurch Dynamik und Dramatik des Bildes gesteigert Abschlüsse und daraufgestellte noch kleinere Tafeln mit Dreipaßbo werden. Im Mittelpunkt des Altars von Arezzo steht in Halbfiguren gen und SpitzgiebeL Der innere Rahmen wird durch Säulen mit darstellung die Madonna mit dem Kind auf dem Arm. Die scharfe Kapitell und Basis bereichert. Auch die frontal dargestellten Engel Zickzacklinie, die die Achse des Bildes ist, geht von dem Blick des über den Rundbögen der größeren Tafeln beschwören den Geist Duc Kindes aus und lenkt das Auge des Betrachters über das Giebelbild mit Cios. der "Himmelfahrt" nach oben. Der Gesichtsausdruck der Mutter ist Der Aretiner Altar Pietros erhob sich ursprünglich über Predellenbil ernst und verschlossen, da sie die Sendung des Sohnes kennt. Jetzt, da dem, die wir nicht kennen. Die Authentizität des Werks bekräftigt das Kind noch ihr gehört, drückt sie es mit ihrer Linken fest an sich; außer der Signatur auf dem Rahmen unter der Madonna auch ein diese plastisch geformte Hand wird durch das Licht besonders betont. Dokument des Florentiner Archivs, mit dem Bischof Guido Tarlati Eine mächtige innere Spannung durchglüht die Assistenzfi.guren; diese am 17. April1320 den "Magister Petrus pictor quondam Lorenzetti" Teile des Altars sind als Begleitakkorde für die beherrschende Stimme mit der Schaffung des Altars der heiligen Maria della Pieve in Arezzo der mittleren Tafel zu verstehen. Die leidenschaftliche, suggestive For beauftragt. Vasari beschreibt anerkennend Pietros Altar und die mensprache des Bildhauers Giovanni Pisano übte auf dieses Werk dazugehörigen Nischenfresken, die mit lebensgroßen Figuren in Pietro Lorenzettis einen starken Einfluß aus. Pietro mochte schon seit zwölf Szenen das Leben Marias schilderten und von Giottos Einfluß der Kindheit die Bauarbeiten am Dom von Siena aufmerksam verfolgt zeugten. Mit Begeisterung spricht er von der Himmelfahrt Marias, die haben. Er sah, wie an der Fassade nach und nach die expressiven die Wölbung der Apsis zierte. Er lobt die Schönheit der Köpfe und Propheten und Sibyllen, die Evangelistensymbole entstanden sowie Kleider, die Ausdruckskraft der Bewegungen: "In den Gesichtern die anderen Statuen, von denen wir im Dommuseum von Siena nur einer Engelschar, die in der Luft um die Madonna schwebend, in noch Fragmente sehen können. Der große Künstler starb im Jahre reizenden Bewegungen tanzt und zu singen scheint, ist eine wirklich 1319, kurz vor der Vollendung von Pietros Aretiner Altar. engelgleiche göttliche Heiterkeit ausgedrückt." Engel spielen auf ver Pietro Lorenzetti könnte noch vor diesem Werk das Mittelbild des ein schiedenen Instrumenten beziehungsweise heben Maria über die Wol stigen Altars ftir den Dom von Cortona, die Tafel mit der thronenden ken. Dieses Fresko ist zwar vernichtet, doch scheint Pietro die Kom Madmma, geschaffen haben (heute im Diözesanmuseum, Cortona; position auf dem mittleren Giebelbild des Altars von Arezzo Tafel 1). Das Erbe Duccios ist hier noch greifbarer, sowohl in der wiederholt zu haben. Verwandt mit dem Fresko ist auch die Komposition als auch in dem byzantinischen Typus der majestäti monumentale Formensprache der "Verkündigung" des Altars. Zwar schen Engel, die den Thron umstehen. Doch in der unmittelbaren weisen die dramatische Spannung, die blockartige Geschlossenheit der Beziehung zwischen Mutter und Kind deutet sich bereits die neue, Gestalten sowie die Raumkomposition auf den Stil Giottos hin, aber selbständige Formensprache Pietros an. Der Thron ähnelt dem von Pietro legt das Gewicht stets auf die Darstellung von Empfindungen. Duccios "Maesta", folgt ihm aber nicht in der übertriebenen Dekora Das kommt nicht nur in verklärten Gesichtern und Händen sowie tion, sondern hebt vielmehr die Räumlichkeit hervor. Auch die Hal einer sprechenden Körperhaltung zum Ausdruck, sondern auch durch tung der Madonna ist natürlicher und ungezwungener als bei Duccio. die feine, hellleuchtende warme Farbigkeit der Bilder. Die Blicke der Von der Forschung wird angenommen, daß das Bild um 1315 entstan Jungfrau und des Engels kreuzen sich, man spürt, daß es hier um ein den sei. schicksalträchtiges Ereignis geht. Die Gestalt der erschütterten Maria In den zwanziger Jahren arbeitete Pietro Lorenzetti vermutlich in wird in die dekorative Architektur des Hintergrundes, die Duccios Assisi. Die zweigeschossige Kirche, die über dem Grab des volkstüm Werk in Erinnerung ruft, eingebunden. Die Komposition ist überra lichsten Heiligen der Epoche, Franz von Assisi, errichtet wurde, schend streng. Der plastisch betonte Rahmen, die Rundbogenarkaden erlebte 1253-noch vor ihrer völligen Fertigstellung-die Weihe. Für teilen das Bild, so daß beiden Akteuren ein eigener Wirkungsraum ihre Ausstattung wurden die bedeutendsten Meister Italiens verpflich zugeteilt scheint. Der enge Kontakt zwischen ihnen wird durch die tet. Zwischen 1270 und 1280 schuf der Florentiner Cirnabue die suggestive Kraft der Blicke hergestellt. Der Engel kniet links im Vor- Wandgemälde im Chor der Oberkirche, während im Schiff narnhaftl 8 römische und toskanische Meister an den Bildzyklen zum Alten und Die jüngste Forschung hält die Gewölbebilder fiir Jugendwerke Pie Neuen Testament arbeiteten. Unter ihrer Aufsicht bildete sich in den tros und datiert sie in das zweiteJ ahrzehnt. neunziger Jahren des 13. Jahrhunderts der junge Giotto, der bereits an Die Wandgemälde von Assisi sind der einzige monumentale Zyklus, vierundzwanzig Gemälden über das Leben des Heiligen aus Assisi den der Freskant Pietro hinterließ. Von den in den zwanziger Jahren mitwirkte. Im Schiff der Unterkirche malte ein Umbrier, bekannt als fiir den Kapitelsaal des Franziskanerklosters in Siena gemalten Werken "maestro di San Francesco", um 1270 die prägnantesten Szenen aus kennen wir lediglich die fragmentarisch erhaltene Darstellung der dem Leben Jesu und des Franziskus. Nach 1310 errichtete man zu "Kreuzigung", aber auch dieses Stück findet sich nicht mehr an seinem Ehren des heiligen Martin von Tours eine Kapelle, deren herrliche ursprünglichen Platz, sondern in der Kirche desselben Konvents (Tafel Gemälde die Kunst des Sirnone Martini preisen. 5). Vonjenen Fresken, die Pietro 1335 zusammen mit seinem Bruder Im zweiten und dritten Jahrzehnt arbeitete Pietro Lorenzetti an den Ambrogio an die Fassade des heute noch betriebenen Ospedale di Fresken des linken Querschiffs der Unterkirche. Der Altar in der Santa Maria della Scala aufd em Domplatz malte, blieb nichts erhalten. Kapelle ist mit einem Triptychon in Freskotechnik geschmückt, unter Die beiden Fragmente, die von den Fresken der Chorkapelle in Santa dessen in Cosmaten-Manier gemalter Rahmung die Halbfiguren der Maria dei Servi in Siena überdauerten, wurden von Pietros Schülern Madonna, Johannes des Täufers und des heiligen Franziskus sichtbar vollendet. Der Stil Pietros knüpft an die Errungenschaften der älteren werden. Die detaillierte Darstellungsweise der empfindsam, dennoch wie der zeitgenössischen Meister des italienischen Trecento an und präzise umrissenen Formen deutet auf einen frühen Abschnitt im erschließt zugleich durch seine künstlerische Kraft einen neuen Weg in Schaffen Pietros hin. Am Triumphbogen der Kapelle sieht man in der Geschichte der Malerei. Die schweren plastischen Formen Giottos zwei Reihen die vier letzten Stationen der Passion: "Kreuzabnahme" erhalten bei ihm einen neuen Sinn und werden infolge der Wirkung (Tafel 4), "Grablegung", "Auferstehung" und "Höllenfahrt". Ihnen der scharfen Konturen, der Einsetzung des Lichts in den Dienst der schließt sich die erschütternde, dramatische Szene der Kreuzigung, die Malerei und der feurigen Farbigkeit zu Trägern lyrischen Ausdrucks. sich über die gesamte linke Wand des Querschiffs erstreckt, an. Pietro entwickelt daneben die empfindsame Flächengliederung von Darunter sehen wir ein Altarfresko im Breitformat, das die Madonna Sirnone Martini weiter. Zu der expressiven Gestaltung des Gesichts zwischen dem heiligen Franziskus und Johannes dem Evangelisten ausdrucks, der Hände und der Bewegungen regte ihn die Kunst zeigt (Tafel 3); die zugehörige Mensa ist nicht mehr vorhanden. Auf Giovanni Pisanos an, doch die Leidenschaft Pietros wird zunehmend einen ehemaligen Altar an dieser Stelle deutet auch die bemalte Nische gedämpfter und tiefgründiger vorgetragen. Während aufd er "Kreuzi mit der Darstellung von Krügen in der Art eines Stillebens hin. Das gung" die Engel noch verzweifelt weinen, sind die Umstehenden von Gewölbe des Querschiffs ist ebenfalls mit Episoden der Passion ge verinnerlichten Geftihlen erfaßt, von stummer Bestürzung, von schmückt. Vom "Abendmahl" bis zur "Kreuztragung" werden die tiefem Schmerz, von Mitleid und Mitgefiihl; sie stehen in sich versun Ereignisse in sechs Bildern erzählt. Die vielfigurigen, epischen Szenen ken, still und nachdenklich unter dem Kreuz. Pietro schildert weisen auf den Einfluß der Kunst Duccios hin. Die Maße der Details ergreifende Varianten von seelischen Zuständen. Die Beobachtungs und der Figuren sowie die Gruppenregie ordnen sich der "Kreuzi gabe vertieft sich bei Pietro, seine Ausdrucksmöglichkeiten sind viel gung" unter. Die Autorschaft Pietros steht außer Zweifel; aber die fältiger und dramatischer. Er beachtet dekorative Details, die Formen voneinander abweichende Komposition und künstlerische Formen vielfalt der Gewänder, der Kopfbedeckungen, der Waffen, der Rüstun sprache in einzelnen Wandbildern ließen unterschiedliche Zu gen und des Pferdegeschirrs. Er interessiert sich für die Ausdrucks schreibungen und Datierungen zu. Cavalcaselle gab Pietro den gesam kraft der Augen, für die Mimik, fiir die Prägnanz der Gesten; bei ihm ten Passionszyklus, in dem Vasari noch Werke von Pietro Cavallini, steigert die treueWiedergabeder realen Welt die Glaubwürdigkeit und Giotto und Puccio Campanna gesehen hatte. Die neueste Forschung Aussagefähigkeit der künstlerischen Darstellung. In sich geschlossene läßt in der Regel nur die "Kreuzigung" und die Bilder der Querschiff Bildorganismen verbindet Pietro mit dynamischer Kraft zu einer wände als authentische Schöpfungen Pietros gelten. Die Gewölbefres überschaubaren Einheit; die geometrisch strenge Komposition lenkt ken halten einige Kunsthistoriker fiir Werkstattarbeiten, während dabei unseren Blick und verhilft zu einem vollkommeneren Verständ andere sie alsJugendwerke Pietros bezeichnen; gelegentlich zieht man nis des Gehalts. Auf der "Kreuzabnahme" und der "Grablegung" ist einen Meister aus Siena in Erwägung, der Pietro nachahmte und der Stil Pietros noch konzentrierter. Der tote Jesus ist nur von seiner "Maestro di Assisi" signierte. Hinsichtlich der Entstehungszeit im Mutter und seinen treuen Anhängern umgeben. Der Schmerz, das dritten Jahrzehnt sind sich die meisten Forscher mit Cavalcaselle einig. Mitgeftihl erreichen hier ihren Höhepunkt: Jedes menschliche Wort ist 9

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