Philosophie im Alten Griechenland von den Anfängen bis Platon 1 Das Bildnis von Xanthippe, der [späteren] Frau und Witwe des Sokrates Kupferstich von Guillaume Rouille (∼1518 – 1589) „Promptuarii Iconum Insigniorum“ 1553 [nach einem älteren Vorbild?] 2 Wilhelm K. Essler Philosophien im Alten Griechenland von den Anfängen bis Platon Ein Versuch, die Lehren der Weisen des Alten Griechenlands wiederherzustellen Wuhan-Universität Wuhan, VR China 2012 3 Bildnachweis: Die Wiedergaben der Abbildungen der Statuen von Sokrátes, Pláton und Aristoteles erfolgt mit freundlicher Genehmigung des © Museums für Abgüsse Klassischer Bildwerke [München], verbunden mit meinem Dank an Frau Dr. Ingeborg Kader. Die Wiedergaben der Abbildungen von Bildern von Xanthíppe, Hypathía und dem Indus-Tal erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Wikipedia. Die Wiedergabe der Abbildungen und Berechnungen zu den Fünf regulären Körpern erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Herrn Jürgen Köller © Wilhelm K. Essler, Goethe-Universität Frankfurt, 1-te – und noch zu überarbeitende – Auflage 2012 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort 9 Hinweise 11 Die Vorgeschichte der alt-griechischen Philosophien 13 Priester – Ärzte – Philosophen 13 Priester – Mathematiker – Astronomen 14 Die Philosophie-Politik der Griechen 16 Die Philosophie im Alten China 19 Die Priester im Alten Indien 20 Philosophen und Philosophien im frühen Altertum 21 Heilkunde und Weisheitslehren 23 Das Brahman als absolutes Sein 24 Die Erkenntnislehre Yājñavalkya‘s 27 Der Ursprung der alt-griechischen Philosophien in Ionien 30 Thales von Milet 31 Anaxímandros von Milet 33 Anaximénes von Milet 34 Pherekýdes von Syros 35 Xenophánes von Kolophon 36 Diogénes von Apollonia 39 Herákleitos von Ephesos 40 Pythagóras und die Pythagoräer 51 Pythagóras von Samos 51 Alkmaíon von Kroton 56 Híppasos von Metapont 57 Philólaos von Kroton 59 Hikétas von Syrakus 61 Archýtas von Tarent 62 Epícharmos von Syrakus 66 Parmenídes und die Eleaten 70 Parmenídes von Elea 70 Zenon von Elea 77 Melissos von Samos 78 Von Sizilien in die dorische Heimat 79 Empedokles von Akras 79 Von Ionien in die ionische Heimat 91 Anaxagóras von Klazomenai 91 Aspasía von Milet 101 5 Die Atomisten in Thrakien 103 Leýkippos von Milet 103 Demokritos von Abdera 105 Die unvergessenen Sophisten 124 Protagoras von Abdera 124 Metrodoros von Chios 135 Gorgías von Leontinoi 136 Hippías von Elis 139 Pródikos von Keos 139 Thrasýmachos von Korinth 140 Lykophron von Athen 140 Alkidamas von Athen 140 Phaleas von Chalkedon 140 Das Wirken des Sokrates 140 Archelaos von Milet 140 Kratýlos von Ephesos 141 Sokrátes von Alopeke 146 Die vergessenen Sokratiker 177 Xenophon von Erchia 177 Simon von Athen 178 Kriton von Alopeke 180 Aischínes von Athen 181 Phaídon von Elis 182 Aristíppos von Kyrenaia 182 Die Kyrenaiker 183 Die Hegesiaker 186 Die Annikereer 187 Die Theodoreer 187 Eykleídes von Megara 189 Eybylides von Milet 193 Ichthyas des Metallos‘ Sohn 193 Kleinomachos vonThyrinoi 193 Stilpon von Megara 193 Polyxénos von Megara 193 Antisthénes von Athen 193 Diogénes von Sinope 197 Krátes von Theben 197 Hipparchía von Maroneia 197 Zenon von Kition 197 Der große Sophist: Platon 199 Platon von Kolyttos 199 Pláton’s frühe Lebenszeit 199 Pláton’s Staats- und Gesellschaftsphilosophie 203 6 Pláton’s mittlere Lebenszeit 210 Pláton’s Lehre von den Ideen [= Unterschieden] 220 Pláton’s Lehre von der Sprache und von der Wahrheit 235 Pláton’s Lehre von der Psyché [= Seele] 250 Pláton’s Lehre von der Tugendhaftigkeit 250 Pláton’s Theologie und Kosmologie im Grundsatz 259 Pláton’s erste Lehre von den Elementarteilchen 264 Pláton’s Theologie und Kosmologie im Einzelnen 266 Pláton’s erste Wahrnehmungs- und Erkenntnislehre 269 Pláton’s zweite Lehre von den Elementarteilchen 275 Pláton’s dritte Lehre von den Elementarteilchen 282 Pláton’s zweite Wahrnehmungs- und Erkenntnislehre 291 Pláton’s Lehre vom menschlichen Soma [= Leib] 297 Pláton’s Lehre von der Harmonie 303 Pláton’s Soteriologie [= Heilslehre] 305 Pláton als Poet 307 Pláton als Methodologe 309 Pláton’s Lebens-Abend 311 Die wichtigsten Schulen nach Pláton 314 Kyniker, Megariker, Kyrenaiker, Skepsis, Stoa, Epikureer, Aristotéles von Stageira [Peripathetiker] Nachwort 316 Anhänge 319 7 Sokrátes von Alopeke [469 – 399] 8 Vorwort Meiner Lateinlehrerin Gertrud Leuze verdank‘ ich es, dass ich mit fünfzehn Jahren damit begonnen habe, mich auf das Philosophieren hin auszurichten, nämlich: zunächst auf Sokrátes und Pláton hin. Und meinem Chemielehrer Hans Doppelbauer verdank‘ ich es, dass dabei mein Augenmerk auf die Schönheiten des chemischen Periodensystems sowie auf die der Biochemie gelenkt worden sind. Aber der Universität Wuhan verdank‘ ich es, dass ich – jetzt, am Abend meines Lebens – damit beginne, zu diesen Anfängen meines geisteswissenschaftlichen Stre- bens zurückzukehren, und mehr noch: diese beiden Bestrebungen zusammenzufüh- ren; denn von ihr ist der Wunsch an mich – den Philosophie-Systematiker – herange- tragen worden, an ihr ein Seminar zu den Anfängen der europäischen Philosophie abzuhalten. So erfreulich und ehrenvoll für mich diese Einladung auch gewesen ist, und so gern‘ ich sie deswegen auch angenommen habe, so sehr hat sie mich davon abgehal- ten, das sinneinbringende Zusammenstellen der Ergebnisse der modellsprachlich arbeitenden Philosophie des vergangenen Dutzends von Jahrzehnten ohne Unterbre- chung fortzuführen. Aber ich bin darüber nicht unglücklich; denn, wie so oft in frühe- ren Jahren, mag es sich nun auch hier ergeben, dass der Blick zurück meinen Blick nach vorne öffnet und weitet. Und dann ist dieses Rückblicke eben keine Unterbre- chung gewesen, sondern ein Verhindern sowohl des Wiederholens von Unzulänglich- keiten in den Philosophien der Alten als auch – und vor allem – des Vorbeigehens an wichtigen Einsichten der Alten; und zumeist ergibt es sich ohnehin, dass die Großen in der Geistesgeschichte selbst in ihren Unzulänglichkeiten noch größer sind als wir Mittleren und Kleinen in unseren Einsichten. Ich habe mich nicht entschließen können, diesem Seminar in Wuhan eines der gängigen Werke zur Geschichte der frühen und mittleren Philosophie der Alten Grie- chen zugrundezulegen; denn so philologisch genau und so übervorsichtig sie im Ein- zelnen auch sind, so sehr gehen sie nahezu allesamt davon aus, dass diese großen Al- ten in ihrem Denken nicht über das ihre hinausragen. Als Philosophie-Systematiker geh‘ ich hingegen davon aus, dass die uns überlieferten Fragmente ihres Denkens den Ruinen gleichen, anhand derer die Archäologen die vormaligen Ansiedlungen rekon- struieren. Zudem geh‘ ich davon aus, dass manche dieser Fragmente in den Generationen nach Sokrátes mutwillig zerhackt und sodann aus dem Zusammenhang gerissen und verkürzt und auf solche Art sinnentstellt wiedergegeben worden sind: Seit Jahrzehn- ten bin ich den Verdacht nicht losgeworden, dass Pláton in diesem unheilvollen Wir- ken seine Zeitgenossen überragt hat; und nicht ohne Befriedigung stell‘ ich daher nun fest, dass dies in den letzten Jahrzehnten auch anderen Philosophen nicht verborgen geblieben ist. Daher geh‘ ich in meinem Bestreben, den großen Alten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, so vor, (a) dass ich zunächst nahezu Alles an Überliefertem übernehme, (b) sodann aber darin mit der Lupe eines Kriminalisten nach Ungereimt- heiten wie auch nach Lücken suche, (c) dabei keines der Bruchstücke als unverzicht- bar erachte, (d) aber unverzichtbar davon ausgehe, dass diese Bruchstücke Teile ei- nes großartigen Gebäudes gewesen sind, und (e) nicht den philosophie-philologisch- einfachsten Plan, sondern den philosophie-systematisch-sinnbringendsten Plan zum 9 Versuch einer Wiederherstellung der jeweiligen Gedankengebäude für mein Arbeiten verwende. Da, wo ich in diesem Vorgehen erfolgreich gewesen bin, mögen sodann Andere weiterwirken; denn keinesfalls bin ich mit diesem Arbeiten bereits an dessen Ziel an- gelangt, ganz im Gegenteil: dieser Versuch ist allenfalls der Anfang. Und da, wo mir bei diesem Vorgehen dieses und jenes Missgeschick widerfahren ist, da mögen Andere dieses ermitteln und – im Korrigieren desselben – daraus entsprechend lernen. Die genauen Belegstellen kann ich aus Zeitgründen diesem Text jetzt noch nicht hinzufügen; dies wird – wie ich hoffe – von mir bei irgendeiner Neuauflage erfolgen. Für den Unterrichtszweck ist das Fehlen der genauen Quellenangaben für die Hörer und Leser – ungewollterweise – insofern nutzbringend, als sie dann selber nach die- sen Stellen in den Quellen zu suchen haben, dabei wohl auch manches Andere entdek- ken, und dadurch teils zu Ergänzungen und teils zu – geringeren oder vielleicht auch durchaus erwünschten – Abänderungen dieses Entwurfs gelangen; denn solches wäre beim bloßen Nachschlagen nach den genauen Textstellen nicht unbedingt zu erwar- ten. Ich darf es aber nicht verabsäumen, den geneigten Leser darauf aufmerksam zu machen, worauf ich mich bei diesem Arbeiten hauptsächlich stütze, nämlich: ⋆ auf die Sammlung der Fragmente durch Hermann Diels mit den Ergänzungen von Walter Kranz; ⋆ auf die Sammlung der Fragmente durch Wilhelm Capelle mit den Anmerkungen von Christof Rapp; ⋆ auf die Sammlung von Lebensdaten durch Diogénes Laértios in der Übersetzung durch Otto Apelt samt seiner Anmerkungen und Hinweise; ⋆ auf die Werke Pláton’s in der Übersetzung durch Otto Apelt samt seiner Anmer- 1 kungen und Hinweise; ⋆ auf das Werk „Metaphysik“ des Aristotéles, hierbei hauptsächlich auf seine Dar- stellung der Sichtweisen der ihm bekannten Vorgänger, soweit sie ihm eben bekannt gewesen sind. Und nicht versäumen darf ich, dass ich auch den Untersuchungen von Darstel- lungen der Philosophien der Vorsokratiker von Wolfgang Röd sowie von Charles Kahn vieles an Anregungen verdanke, und dies auch dort, wo ich daraufhin eine andere 2 Richtung eingeschlagen habe. Mancherlei an Anregungen verdank‘ ich zudem den Gesprächen mit meinem Kollegen und Freund Philipp Brandenburg. 1 Den Wert der umfangreichen Hinweise Apelt’s wird der, welcher sie liest, rasch und mühelos erkennen. Dass ich mich auf seine Übersetzung stütze, und dies, wiewohl sie in einigen wenigen Fällen der Korrektur bedarf, hat diese Bewandtnis: Die früheren Übertragungen sind zu poetisch aus- gerichtet und zeigen das zu Übersetzende nicht gebührend auf. Die – mir bekannten – späteren Übersetzungen sind zu sehr an die gegenwärtigen westlichen Sprachen angeglichen und zei- gen das Denken und Schreiben der antiken Autoren nur undeutlich auf. Apelt hingegen hat es geschafft. den Denk- und Schreib-Stil der Autoren ins Deutsche hinüberzubringen, ohne dabei der philologischen Erstarrung zu erliegen, sondern – ganz im Gegenteil – vielmehr die Drama- tik jenes Denkens und Schreibens vorzustellen. 2 Ich verzichte darauf, an den jeweiligen Stellen jeweils darauf hinzuweisen; denn dies würde zur Folge haben, dass manche Seiten – von zwei bis drei Zeilen Text abgesehen – nur noch aus Fußnoten bestehen würden. Vielmehr vertrau‘ ich darauf, dass der kundige Leser die – ungenannten – Bezüge bei Bedarf ohne größere Mühen rasch selber herausfinden wird. 10