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Philologus: Band 113, Heft 3/4 PDF

177 Pages·2022·53.424 MB·German
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Preview Philologus: Band 113, Heft 3/4

P H I L O L O G US ZEITSCHRIFT FÜR DAS KLASSISCHE ALTERTUM Im Auftrage des Instituts für griechischirömische Altertumskunde bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Herausgegeben von WOLFGANG SCHMID • OTTO LUSCHNAT ERNST GÜNTHER SCHMIDT Redaktion: Eberhard Hechenberg Band 113 Heft 3/4 1969 AKADEMIEiVERLAG / BERLIN in Arbeitsgemeinschaft mit der DIETERICH'SCHEN VERLAGSBUCHHANDLUNG G.m.b.H. WIESBADEN INHALT von Band 113, Heft 3/4 Seite JOACHIM EBERT, Die Gestalt des Thersites in der Ilias . . . . , 159 WERNER BIEHL, Euripides'Troerinnen 1287—1301 (1299). Metrische Analyse . . . 176 ERNST A. SCHMIDT, Hirtenhierarchie in der antiken Bukolik 183 GERHARD PERL, Sallust und die Krise der römischen Republik 201 DETLEV FEHLING, Noch einmal der passer solitarius und der passer Catulls . . .. 217 STEFAN BORZSAK, Bemerkungen zu Horazens Briefen 225 CHARLES SEGAL, Horac, Odes 2.6 (Septimi, Oadis aditure mecum). Poetic Landscape and Poetic Imagination 235 OTTO ZWIERLEIN, Kritisches und Exegetisches zu den Tragödien Senecas. Bemerkungen anläßlich einer neuen Ausgabe 254 Miszellen WALTER F. DONLAN, A Note on Aristos as a Class Term 268 HANS DIETZ, Drei byzantinische Konjekturen. Euripides, Or. 606, Hek. 1055 und Aischylos, Sept. 803 270 KEVIN H. LEE, Euripides, Iphigenia in Tauris 754 273 WOLFGANG LTJPPE, Mißverstandenes TCTO? bei drei Dramenfragmenten. Kratinos fg 253 K/E, Anaxilas fg 4 K/E, Euripides fg 513 N2 273 WOLFGANG LUPPE, Ein neues Antiphon-Fragment • 279 HANNELORE WERNER, Zur Bedeutung von txx.oüto bei Arat 281 OTTO SCHÖNBERGER, Versuch der Gewinnung eines Cato-Fragmentes 283 JÜRGEN DEININGER, Kritolaos und die Eröffnung des Achaiischen Krieges. Zur Ein- ordnung von Polyb. 38, 16, 11-12 B.-W 287 LUDWIG BRAUN, Adynata und versus intercalaris im Lied Dämons (Vergil, ecl. 8) . . 292 WALTER K. SHERWIN JR., Livy and the De viris illustribus 298 FRIEDRICH WALTER LENZ Zu den neuen Aristeidespapyri 301 WILLY SCHETTER, Merkverse zur Fünfbücherausgabe der Achilleis des Statius . . . 306 Eingegangene Druckschriften 310 Register 311 Die Mitarbeiter werden gebeten, die Manuskripte an einen der Herausgeber, Professor Wolfgang Schmid, 53 Bonn- Röttgen, Am Kottenforst 39, oder Professor Otto Luschnat, 1 Berlin 41, Lessingstr. 4, oder Dozent Ernst Günther Schmidt, 69 Jena-Nord, Straße des 8. Mai 30, Korrekturen und sonstige geschäftliche Post an Dr. E. Bechenberg, Deutsche Akademie der Wissenschaften, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4, zu senden und am Schluß der Manuskripte ihre Adresse stets genau anzugeben. Der Verlag liefert den Verfassern 30 Sonderdrucke eines Jeden Beitrages unentgeltlich. Bestellungen auf weitere Sonderdrucke gegen Berectnung bitten wir spätestens bei der Übersendung der Korrektur aufzugeben; ihre Bezahlung erfolgt durch Abzug vom Honorar. Verlag: Akademie-Verlag GmbH, in Arbeitsgemeinschaft mit der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung GmbH, Wiesbaden; 108 Berlin, Leipziger Str. 3-4, Fernruf 22 04 41, Telex-Nr. 011 2020, Postscheckkonto: Berlin 350 21. Bestellnummer der Zeitschrift: 1031. Die Zeitschrift erscheint jährlich in einem Band zu vier Heften. Bezugspreis je Heft im Abonnement 12,— M zuzüglich Bestellgeld. Einzelheft 12,— M, Preis des Doppelheftes 24, — M. Sonderpreis für die DDR 18, — M. Veröffentlicht unter der Lizenznummer 1297 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. Gesamtherstellung: VEB Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg. P H I L O L O G US ZEITSCHRIFT FUR DAS KLASSISCHE ALTERTUM Im Auftrage des Instituts für griechisch»römische Altertumskunde bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Herausgegeben von WOLFGANG SCHMID • OTTO LUSCHNAT ERNST GUNTHER SCHMIDT Redaktion: Eberhard Rechenberg Band 113 19 6 9 AKADEMIE«VERLAG / BERLIN in Arbeitsgemeinschaft mit der DIETERICH'SCHEN VERLAGSBUCHHANDLUNG G.m.b.H. WIESBADEN Die Mitarbeiter werden gebeten, die Manuskripte an einen der Herausgeber, Professor Wolfgang Schmid, 53 Bonn-Röttgen, Am Kottenforst 39, oder Professor Otto Luschnat, 1 Berlin 41, Lessingstr. 4, oder Dozent Ernst Günther Schmidt, 69 Jena-Nord, Straße des 8. Mai 30, Korrekturen und sonstige geschäftliche Post an Dr. E. Rechenberg, Deutsche Akademie der Wissenschaften, 108 Berlin 8, Leipziger Straße 3 — 4, zu sen- den und am Schluß der Manuskripte ihre Adresse stets genau anzugeben. Der Verlag liefert den Verfassern 30 Sonderdrucke eines jeden Beitrages unentgeltlich. Bestellungen auf weitere Sonderdrucke gegen Berechnung bitten wir spätestens bei der Übersendung der ersten Korrektur aufzugeben; ihre Bezahlung erfolgt durch Abzug vom Honorar. Verlag: Akademie-Verlag GmbH, in Arbeitsgemeinschaft mit der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung GmbH, Wiesbaden; 108 Berlin, Leipziger Str.3-4, Fernruf 220441,Telex-Nr.0112020, Postscheckkonto:Berlin35021. Bestellnummer der Zeitschrift: 1031. Die Zeitschrift erscheint jährlich in einem Band zu vier Heften. Bezugspreis je Heft im Abonnement 12, — M zuzüglich Bestellgeld. Einzelheit 12, — M, Preis des Doppelheftes 24, — M. Sonderpreis für die DDR 18, — M. Veröffentlicht unter der Lizenznummer 1297 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. Gesamtherstellung: VEB Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg. INHALT von Band 113 Seite WERNER BIEHL, Euripides' Troerinnen 1287 — 1301 (1299). Metrische Analyse . . . 176 STEFAN BORZSÄK, Bemerkungen zu Horazens Briefen 225 ALAN CAMERON, The Date of Zosimus' New History 106 OSKAR DREYER, Schelling philologus. Schellings bisher unbeachtete Konjekturen zu Arnobius und anderen antiken Autoren 111 JOACHIM EBERT, Die Gestalt des Thersites in der Ilias 159 DETLEV FEHLING, Noch einmal der passer solitarius und der passer Catulls . . .. 217 REINHARD HÄUSSLER, Zum Umfang und Aufbau des Dialogus de oratoribus . . .. 24 ADOLF LIPPOLD, Orosius, christlicher Apologet und römischer Bürger 92 PHILIP MERLAN t, Zwei Untersuchungen zu Alexander von Aphrodisias. Mit einem Anhang: Zur sog. Diktiertheorie 85 GERHARD PERL, Sallust und die Krise der römischen Republik 201 ERNST A. SCHMIDT, Hirtenhierarchie in der antiken Bukolik 183 ERNST GÜNTHER SCHMIDT, ZU Karl Marx' Epikurstudien (Doktordissertation und Vorarbeiten) 129 CHARLES SEGAL, Horace, Odes 2.6 (Septimi, Oadis aditure mecum). Poetic Landscape and Poetic Imagination 235 JÜRGEN WERNER, Aristophanische Sprachkunst in den „Fröschen" (V. 1—30) . .. 10 MARTIN L. WEST, Echoes and Imitations of the Hesiodic Poems 1 ANTONIE WLOSOK, Zur Einheit der Metamorphosen des Apuleius 68 OTTO ZWIERLEIN, Kritisches und Exegetisches zu den Tragödien Senecas. Bemerkungen anläßlich einer neuen Ausgabe 254 Miszellen PIERRE VAN BENEDEN, Poseidonios von Apamea, Fr. 36 (Athenaios V, 214a—b) . . 151 LUDWIG BRAUN, Adynata und versus intercalaris im Lied Dämons (Vergil, ecl. 8) . . 292 JÜRGEN DEININGER, Kritolaos und die Eröffnung des Achaiischen Krieges. Zur Ein- ordnung von Polyb. 38, 16, 11 — 12 B.-W ' 287 HANS DIETZ, Drei byzantinische Konjekturen. Euripides, Or. 606, Hek. 1055 und Aischylos, Sept. 803 270 WALTER F. DONLAN, A Note an Aristos as a Class Term 268 KEVIN H. LEE, Euripides, Iphigenia in Tauris 754 273 FRIEDRICH WALTER LENZ f, Zu den neuen Aristeidespapyri 301 WOLFGANG LUPPE, Mißverstandenes IACO? bei drei Dramenfragmenten. Kratinos fg 253 K/E, Anaxilas fg 4 K/E, Euripides fg 513 N2 273 WOLFGANG LUPPE, Ein neues Antiphon-Fragment 279 WILLY SCHETTER, Merkverse zur Fünfbücherausgabe der Achilleis des Statius . . . 306 OTTO SCHÖNBERGER, Versuch der Gewinnung eines Cato-Fragmentes 283 WALTER K. SHERWIN JR., Livy and the De viris illustribus 298 OTTO SKUTSCH, Lygdamus 1,19 156 HANNELORE WERNER, Zur Bedeutung von dbcoüco bei Arat 281 MARTIN L. WEST, An Atomist Illustration in Aristotle 150 Eingegangene Druckschriften 152, 310 Register * 311 JOACHIM EBERT DIE GESTALT DES THERSITES IN DER ILIAS* Daß die Interpretation einzelner homerischer Gestalten1 von der Frage der Entstehung dieser Epen weder absehen kann noch darf, ist schon mehr- fach hervorgehoben worden; es bedarf daher keiner weiteren Rechtfertigung, wenn auch in den folgenden Ausführungen zum Thersites der Ilias versucht wird, „die Erklärung des Gegenwärtigen in seiner Entstehung zu suchen"2. Man hat in jüngster Zeit mit Nachdruck zu beweisen versucht, daß die kyklischen Epen bzw. deren dichterische Vorlagen älter als die Ilias sind. Die ersten Schritte in diese Richtung sind die Unitarier gegangen. Doch die von ihnen zugestandene Benutzung älterer kyklischer Stoffe in der Ilias bleibt für sie in relativ engen Grenzen und beschränkt sich im wesentlichen auf die Annahme einer alten vorhomerischen Achilleus- bzw. Memnon- dichtung, die man aus der Aithiopis rekonstruiert hat3. Einen weiteren, energischen Vorstoß unternahm W. In seinem Buch „Die KTJLLMANN. Quellen der Ilias" (Wiesbaden i960)4 untersucht er die kyklischen Epen Schritt für Schritt und mit Scharfsinn, vergleicht sie mit der Ilias und kommt zu dem im ganzen m. E. überzeugenden Ergebnis, daß sich die Ilias in weit stärkerem Maße, als bisher angenommen, an epische Vorbilder anlehnt, in denen die kyklischen Stoffe behandelt waren. Er hat den Weg weiter gebahnt für eine solche Methode der Iliasuntersuchung, die es er- laubt, die von den Analytikern in der Ilias gefundenen Anstöße als Uneben- heiten zu erklären, die durch Quellenbenutzung bedingt sind. Diese Methode * Im Haupttext gekürzte Fassung meines am 22. 1. 1969 vor der Philosophischen Fakul- tät der Martin-Luther-Universität Halle—Wittenberg gehaltenen Habilitations-Probe- vortrageS; hinzugekommen ist der größte Teil der Anmerkungen. 1 Eine Reihe derartiger Arbeiten findet man z. B. in dem Homerbericht von H. J. METTE» Lustrum 1, 1956, 47f., zusammengestellt. Es sei hier noch die analytische Behandlung der „Gestalt der Penelope in der Odyssee" von B. STOCKEM (Diss. Köln 1955) hinzugefügt. Beiträge zum Thersites werden noch unten zitiert. 2 U. v. WILAMOWITZ, Die Heimkehr des Odysseus, Berlin 1927, 48. 3 S. bes. H. PESTALOZZI, Die Achilleis als Quelle der Ilias, Erlenbach-Zürich 1945; W. SCHADEWALDT, Einblick in die Erfindung der Ilias (Ilias und Memnonis), in: Von Homers Welt und Werk, Stuttgart 31959, 155ff. — Weiteres zur Stoffgeschichte der Ilias mit Literaturangaben bei A. LESKY, Homeros, RE Suppl.-Bd. XI, 1968, 757ff. 4 Hermes-Einzelschriften, Heft 14. 1 Zeitschrift „Philologus" 3/4 160 Joachim Ebert ist „Neoanalyse" genannt worden1. Analytisch ist dabei freilich nur die Methode der Untersuchung; denn wenn sich auch hier und da eine — teil- weise sogar wörtliche — Übernahme älteren epischen Gutes wahrscheinlich machen läßt, so schließt das die Annahme eines umdichtenden und im ganzen genial neuordnenden Iligisdichters keineswegs aus. Daher haben sich denn auch dieser Methode gerade eine Reihe von Unitariern verschrieben. Im folgenden soll nun die neoanalytische Methode an der Gestalt und Rolle des Thersites in der Ilias erprobt werden. Dabei gilt es zunächst, das Bild des Thersites darzustellen, wie es uns in der Ilias entgegentritt. Sodann sei versucht, seinem voriliadischen Ursprung nachzuspüren, und schließ- lich, es in seiner iliadischen Zeichnung zu begreifen. Hier zuerst eine kurze Skizze der Iliashandlung vor dem Auftreten des Thersites im zweiten Buch (212ff.); er tritt in der Ilias nur an dieser einzigen Stelle in Erscheinung. Nach dem Streit zwischen Agamemnon und Achill bittet Thetis Zeus, ihrem Sohn Ge- nugtuung zu verschaffen (A 503ff.). Das Mittel, dies zu erreichen, Sei: die Griechen bei ihren Kämpfen in Bedrängnis zu bringen; diese würden sich dann schmerzlich des Beleidigten entsinnen und Ehre auf ihn häufen, um ihn zum Kampfe zu bewegen. Zeus sagt dies zu und sendet, um das Ganze ins Werk zu setzen, dem Agamemnon einen trügerischen Traum (B 1 ff.): Agamemnon Solle am folgenden Tag das Heer rüsten; er könne jetzt nach dem Willen der Götter Troja erobern. Am Morgen beruft Agamemnon zuerst eine Versammlung der höheren Fürsten (B 48ff.), teilt ihnen den Traum mit und beschließt, das Heer in einer Versammlung zu .versuchen', d. h. seine Kampfbereitschaft auf die Probe zu stellen. Er tut dies in der Form, daß er vorgibt, er halte das troische Unternehmen für hoffnungslos. Das Vorhaben mißlingt. Wenn Agamemnon auch in seine bewußt gefälschte Erzählung des Traumes (nämlich: Zeus befehle die Heimfahrt der Achaier) hier und da einstreut2, welche Schande der vergebliche Feldzug für sie alle bedeute, dennoch: der erwartete Widerspruch bleibt aus bzw. den ein- geweihten Geronten bleibt keine Zeit, Argumente für die Fortführung des Kampfes vor- zubringen3. Bei Agamemnons letzten — nicht ernst gemeinten — Worten: <peiiy{jj[XEV <rüv vTjuat tpiXrjv ic, noccpiSa yociav (B 140), gerät das versammelte Heer in höchste Erregung und stürzt zu den Schiffen. Und dennoch gelingt es, diese Flut zu dämmen: Auf Drängen der Hera treibt Athene Odysseus an, die Massen mit schmeichelnden Worten zu hemmen. Dieser ergreift das Szepter Agamemnons, das Symbol höchster Herrschergewalt, stürmt dem Heere nach, überredet die Vornehmen zur Umkehr, schlägt auf die Gemeinen ein, und — alles flutet zurück. Das Lärmen erstirbt allmählich, man sitzt schon wieder in Reih' und Glied, nur einer nicht: Thersites. 1 Vgl. J. Th. Kakridis, Homeric Researches, Lund 1949, 7 ff. 2 Die Doppelgesichtigkeit der Agamemnonrede ist schon im Altertum richtig erkannt worden: s. Hermogenes, Ilepl (j.eä68ou Seiv6tt)to<; 22, [Dionys v. Halikarnaß], Te/v?) pyjxo- pudj VIII 15. Vgl. auch W. Theiler, Noch' einmal die Dichter der Ilias, in: Festschrift für Ida Kapp, München 1954, 127f., u. bes. W. Kullmann, Mus. Helv. 12, 1955, 254ff. 3 Agamemnon hatte ja ihre Hilfeleistung erwartet, vgl. B 75 ujjtcti; 8' äXXo-9-ev Sc/Xoc, ¿pvjTueiv ¿TtlEaaiv. Die Gestalt des Thersites in der Ilias 161 Es folgt der bekannte Auftritt des Thersites (B 212 ff.), eingeleitet mit einer ihn verächtlich zeichnenden Charakteristik und einer Schilderung seiner Häßlichkeit, bei dem er in einer Schmährede Agamemnon Hab- und Selbst- sucht vorwirft und schließlich das Heer auffordert, Agamemnon, den zu töten Achills Schlappheit versäumt habe, den Gehorsam aufzusagen und die Schiffe zur Heimfahrt zu besteigen. Für seinen Abgang sorgt auf drasti- sche, ja brutale Weise Odysseus (245ff.). Zunächst beläßt er es bei Schmä- hungen und Drohen: Einen sinnlosen Schwätzer nennt er ihn und den schimpflichsten Wicht, der nach Troja gekommen sei. Er solle sich nicht mehr erdreisten, Fürsten in der Versammlung zu lästern und für Heim- kehr zu sprechen. Er hetze nur aus Neid gegen Agamemnon, weil diesem am meisten gegeben würde von den Achaiern. Schließlich schwört Odysseus, wenn er Thersites ein weiteres Mal bei solchem Tun ertappe, so werde er ihn nackt aus der Versammlung prügeln. Doch es bleibt nicht bei der Drohung. Mit dem Szepter schlägt er ihn auf Rücken und Schultern. Thersites krümmt sich unter Tränen, eine blutige Strieme schwillt auf dem Rücken hoch auf unter der Wucht des Szepters. Er setzt sich bebend und verschwommenen Blicks und wischt sich die Tränen ab. Nach Art des alten Epos sind die Empfindungen des Thersites, Angst und Schmerz, ganz sinnfällig gezeichnet. Und dies die Reaktion des Heeres (270ff.): Verabscheuungswürdig ist ihm der wüste Schwätzer, und man lobt diese Tat des Odysseus als seine beste. Vergessen ist, daß die Masse selber mit Szepterschlägen zum Ver- sammlungsort zurückgetrieben worden ist. Die kümmerliche, vollendet häßliche Gestalt, die jetzt mutlos zittert, vermag nicht Mitleid zu wecken. Nein, der sich in seine Demütigung schickende Schwächling ruft beim Heere Heiterkeit hervor. Dieses (homerische) Lachen hat hier — wie auch sonst — seine dramatische Funktion: es löst die Spannung der Situation und schafft mit die Voraussetzung für den Erfolg der weiteren Reden des Odysseus, Nestor und Agamemnon, die schließlich die erneute Kampf- bereitschaft des Heeres erreichen1. Die Rede des Thersites enthält gewiß manche auch von der Versammlung anerkannte Wahrheit. Aber seinem mutigen Auftreten wird kein Beifall zuteil, ja man wertet es nicht einmal als mutiges Auftreten; bei einer solchen Jammergestalt ist Widersetzlichkeit gegen den Herrscher ungebührliches Lästern, das Strafe verdient. Achill hatte nicht viel anders gesprochen zu Agamemnon beim Streite im A2, ja war weit drohender und schmähender aufgetreten, aber es ist nicht das- selbe, was ein Held wie Achill und was ein Thersites tut. Das rednerische Geschick, die Demagogie des Thersites, z. B. das immer wiederkehrende 1 B 453f. toTot 8' &pap 7io>,E|xos yXoxkov ylvcz' rjt vssa&a i/ ev vtjucI yXcwpupfjai tpöjjv iq mxTpiSa yaiav. 2 Vgl. S. 174, Anm. 4. 1*

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