Pharmakokinetik und Arzneistoffmetabolismus Mit freundlichen Empfehlungen iiberreicht von DR. KARL THOMAE GMBH Chemisch-pharmazeutische Fabrik BIBERACH AN DER RISS Helmut Pelzer Pharmakokinetik und Arzneistoffmetabolismus Mit 38 Abbildungen und 3 Tabellen Dr. Dietrich SteinkopffVerlag . Darmstadt Dr. rer. nat. Helmut Pelzer, geboren 1927, studierte 1947-1953 Chemie an der Universitiit Mainz, Promotion in Biochemie und Pharmakologie bei Fritz Turba und Gustav Kuschinsky. 1954-1958 am Physiologisch-chemi schen Institut in DUsseldorf bei Karl Hinsberg, 1958-1963 am Max Planck-Institut fUr Biologie TUbingen bei Wolfhard Weidel, seit 1963 Forschungstatigkeit in der pharmazeutischen Industrie (Dr. Karl Tho mae GmbH). 1972-1975 Lehrauftrag fUr Pharmazie (Arzneistoff-Meta bolismus) an der Universitiit Freiburg, 1975 Habilitation fUr Biochemi sche Pharmakologie. Seitdem Privatdozent an der Universitiit Ulm mit Lehrtiitigkeit in Allgemeiner Pharmakologie. CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Pelzer, Helmut: Pharmakokinetik und Arzneistoffmetabolismus I Helmut Pelzer. - Darmstadt, Steinkopff, 1981. ISBN-13: 978-3-7985-0589-6 e-ISBN-13: 978-3-642-95974-5 DOl: 10.1007/978-3-642-95974-5 © 1981 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag GmbH & Co. KG., Darmstadt Aile Rechte vorbehalten. Jede Art der VervieWiltigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzuliissig. Gesamtherstellung: Druckerei Winter, Darmstadt Vorwort Form und Inhalt des vorliegenden Taschenbuchs gehen auf eine Vorlesung zuriick, die in den Jahren 1972 bis 1975 an der Universitat Freiburg gehalten worden ist. Mit dem Titel "Meta bolismus von Arzneimitteln" deckte diese Vorlesung den Teil des Pharmaziestudiums ab, der das Schicksal von Arzneistoffen im Organismus zum Inhalt hat. Das Hauptgewicht lag dabei auf der qualitativen Beschreibung der enzymatischen Umwandlungen von Arzneistoffen im Organismus und der schlieBlich mit dem Ham ausgeschiedenen Metaboliten. Pharmakokinetische Ge sichtspunkte wurden nur beilaufig gestreift. Ais 3 Jahre spater das Vorlesungsmanuskript zu einem Band in der Reihe "Pharma zie in Einzeldarstellungen" umgearbeitet werden sollte, ergab sich die Notwendigkeit einer besseren Verbindung zur allgemei nen Pharmakologie, die gerade fUr Pharmazeuten von wachs en der Bedeutung ist. Das war moglich durch eine inhalt1iche Erwei terung des Kapitels Pharmakokinetik und den Verzicht auf die detaillierte Darstellung der Methoden zur Isolierung und Struk turaufklarung von Arzneistoffmetaboliten aus biologischem Material. Einer gemeinsamen Darstellung von Kinetik und Metabolis mus kommt zugute, daB die Biotransformation ohnehin als Teil gebiet der Pharmakokinetik zu betrachten ist, da sich die Elimi nation eines Arzneistoffs aus Metabolisierung und Ausschei dung zusammensetzt und zudem pharmakologisch wirksame Metaboliten die Blutspiegel-Wirkungsrelation eines Arzneistof fes maBgeblich beeinflussen konnen. Damit sind grundlegende Kenntnisse zum Metabolismus von Arzneistoffen nicht nur fUr Pharmazeuten von Bedeutung. Auch der praktizierende Arzt wird bei der rationalen Erstellung von Dosierungsplanen auf grund pharmakokinetischer Parameter die metabolische Umwandlung des betreffenden Arzneimittels immer ins Auge fassen miissen. Eingedenk dieses Zusammenhangs entstand aus einer betont chemisch ausgerichteten Vorlesung iiber Metabolismus von Arzneimitteln ein starker biologisch-medizinisch ausgerichtetes Biichlein iiber Pharmakokinetik und Arzneistoffmetabolismus, das den gemeinsamen Interessen von Apotheker und Arzt besser gerecht werden solI. Es umfaBt gleichgewichtig beide Gebiete, v ist aber in seinem Aufbau so konzipiert, daB jedes von ihnen ohne Kenntnis des anderen fUr sich verstandlich bleibt. Wie sehr jedoch erst die Kombination beider Betrachtungsweisen das tat sachliche Geschehen bei der Auseinandersetzung des Organis mus mit dem Arzneistoff wiedergibt, wurde in einem Kapitel iiber Metabolitenkinetik aufzuzeigen versucht. Die Aufnahme der Pharmakokinetik in ein urspriinglich nur fUr Metabolismus gedachtes Buch war nicht ohne Risiko. Die Pharmakokinetik hat sich namlich im vergangenen lahrzehnt zu einer eigenstandigen Wissenschaft mit enormer mathematisch fundierter Theorie entwickelt, was sie fUr AuBenstehende eher als ein Teilgebiet der Mathematik denn als eines der Pharmazie oder Medizin erscheinen laBt. Das hatte zur Folge, daB heute zum tieferen Verstandnis pharmakokinetischer Prozesse spe zie11e Kenntnisse in hoherer Mathematik unumgangliche Vor aussetzung sind, die von Apothekern und A.rzten in der Regel nicht erworben werden. In vorliegendem Biichlein wurde des halb versucht, die a11gemein giiltigen Ergebnisse der theore tischen Pharmakokinetik in eine dem Arzt und Apotheker ver standliche Sprache zu iibersetzen. Das geschah besonders in den Kapiteln 2 und 3 in der Art, daB der Leser ohne besonderes mathematisches Werkzeug unter Anwendung weniger a11gemei ner Gleichungen in die Lage versetzt wird, aus vorhandenen MeBdaten (z. B. Blutspiegel) die wichtigsten pharmakokine tischen Parameter und Konstanten selbst zu ermitteln. Darauf aufbauend kann dann mit ebenso einfachen Mitteln die Berech nung von Dosierungsplanen fUr Mehrfachapplikation und Infu sion erfolgen. Bei einer derart vereinfachten Darste11ung zum Zwecke der praktischen Anwendung der Pharmakokinetik muBte auftheore tischen (mathematischen) Balast verzichtet werden. Urn dem interessierten Leser dennoch die Theorie zuganglich zu machen, werden in einer Appendix am SchluB des Biichleins die mathe matischen Ableitungen der in Kapitel 3 benutzten Formeln im Detail beschrieben. Durch diese Trennung von Praxis und Theo rie sol1 es dem Apotheker und Arzt ermoglicht werden, pharma kokinetische Prozesse auch dann zu verstehen und anzuwenden, wenn ihm Zeit und Geduld fehlen, all die mathematischen Grundlagen fUr die Theorie noch einmal zu erlernen. 1m Kapitel Metabolismus wurde auf eine raumliche Trennung von Grundlagen und Beschreibung der enzymatisch gebildeten VI Endprodukte verzichtet. Es sind lediglich die flir das Verstandnis nicht unbedingt erforderlichen Abschnitte durch Kleindruck gekennzeichnet. Auch konnte ein urspriinglich geplantes zusatz liches Kapitel "Beispiele aus der Praxis", welches dann auch ent sprechend ausflihrliche Angaben zur Fachliteratur enthalten hatte, aus Platz- und Zeitgriinden nicht mit aufgenommen werden. Das Biichlein hiitte nicht entstehen k6nnen ohne den FleiB und die groBe Geduld von Renate Gnann und Christa Kowalik beim wiederholten Schreiben des Manuskripts bis zu seiner endgiiltigen Fassung, ohne die Hilfe von Dagmar Knauth, die die graphische Reinzeichnung der Abbildungen iibernommen hat und ohne das Verstandnis der Familie des Autors flir dessen "Freizeitgestaltung" iiber viele Monate. Herr Klaus-Dieter Wil lim besorgte die Simulation der Blutspiegel in Abb. 4.5. an einem Tischrechner WANG 700. Ihnen allen gilt besonderer Dank. Biberach an der RiB, im Friihjahr 1981 Helmut Pelzer VII Inhalt v Vorwort . Verwendete Abkiirzungen XIII 1. Einleitung 2. Grundbegriffe und Definitionen in der Pharmakokinetik . 6 2.1. Allgemeines........ 6 2.2. Applikation und Applikationsort. . . 7 2.3. Resorption und Invasion. . . . . . 8 2.4. Resorptionsquote und Resorptionsrate . 9 2.5. Verteilung (Distribution) . 9 2.6. Disposition......... II 2.7. Verteilungsvolumen...... 11 2.8. Kompartimente (Verteilungsrliume) . 12 2.9. Biologische Membranen und Diffusionsbarrieren . 13 2.10. Wirkort und Biophase . . . . 17 2.11. Elimination und Ausscheidung 18 2.12. Ausscheidungsbilanz. . . 20 2.13. Arzneistoff-Clearance. . . . 20 2.14. Enterohepatischer Kreislauf . 22 2.15. Biotransformation (Metabolismus) 22 2.16. First Pass Effekt (prlisystemische Transformation) . 23 2.17. Durchblutung und Blut-Minuten-Volumen 24 2.18. Blut-(Serum-, Plasma-)spiegel. . . . . 24 2.19. Proteinbindung. . . . . . . . . . 25 2.20. Prinzip der korrespondierenden Fllichen . 26 2.21. Halbwertszeit . . . . . . . . . . 27 2.22. Pharmakokinetische Konstanten (System- und Mikro- konstanten) . . . . . . . . . . . . . 27 2.23. Dosis-Linearitlits-Bereich und Systemslittigung . 28 2.24. Das pharmakokinetische Modell. . . . . . 30 3. Pharmakokinetik in der therapeutischen Praxis. . . . . . 32 3.1. Bedeutung der Pharmakokinetik fUr die Pharmakotherapie. . . . . . . . 32 3.2. MeBmethoden in der Pharmakokinetik . 33 3.3. Bestimmung pharmakokinetischer Konstanten . 37 IX 3.4. Erstellung von Dosierungspliinen fUr repetitive Appli- kation und Infusion. . . . . . . 42 3.5. Pharmakokinetik und Nierenfunktion. . . . . . 49 3.6. BioverfUgbarkeit und Bioiiquivalenz. . . . . . . 55 3.7. Quantitative Beurteilung pharmakokinetischer Daten 60 4. Arzneistoffmetabolismus (Biotransformation). . . . . 64 4.1. Biologische Bedeutung der Biotransformation. 64 4.2. Die beiden Phasen der Biotransformation. . . 65 4.3. Orte der Biotransformation im Organismus. . . 71 4.4. Enzyme der Phase I (Prii-synthetische Reaktionen) . 71 4.4.1. Mischfunktionelle Oxidasen (Monooxygenasen). 71 4.4.1.1. C-Oxidation. . 71 4.4.1.2. N-Oxidation. . 82 4.4.1.3. Nitro-Reduktion 82 4.4.2. Azoreduktase 83 4.4.3. Hydrolasen . . 84 4.5. Enzyme der Phase II (Konjugationsenzyme) . 85 4.5.1. Allgemeines. . . . . . . . 85 4.5.2. Konjugation mit Glucuronsiiure. . . . 86 4.5.3. Konjugation mit Schwefelsiiure. . . . 87 4.5.4. Konjugationen mit Glycin oder Essigsiiure. 88 4.5.5. Konjugationen mit Cystein. . 89 4.5.6. Methylierungs-Konjugation. . 91 4.6. Inhibierung und Induktion von Biotransformations-Reaktionen 91 4.7. Metaboliten-Kinetik.... 94 5. APPENDIX: Mathematische Ableitung pharmakokinetischer Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5.1. Hydrodynamische Modell-Apparatur. . . . 98 5.2. Plasmaspiegel-Verlauf nach vaskuliirer (intravenoser) Applikation . . . . . 99 5.2.1. Grundlagen. . . . . 99 5.2.2. Ein-Kompartmentsystem 101 5.2.3. Zwei-Kompartmentsystem 105 5.2.4. Multi-Kompartmentsysteme 111 5.3. Plasmaspiegelverlauf nach nicht-vaskuliirer Applikation . . . . . . . . . . . 114 5.3.1. Grundlagen . . . .. . . . . . . 114 5.3.2. Ein-Kompartmentsystem mit Resorption. 116 5.3.3. Zwei-Kompartmentsystem mit Resorption. 119 x 5.3.4. Multi-Kompartmentsysteme mit Resorption . 120 5.4. Kinetik der Ausscheidung . . . . . . . 120 5.5. Repetitive Applikation . . . . . . . . 123 5.5.1. Kumulationsgrenzwerte und Dosierungsintervall 123 5.5.2. Kumulationsfaktor und Initialdosis. . 128 5.5.3. Kontinuierliche Applikation (Infusion). . . . 133 6. Weiterflihrende Literatur . . . . . . . . . . . . . . 136 6.1. Kurze und 1eicht verstlindliche Zusammenfassungen. 136 6.2. Anspruchsvolle Artike1, Monographien und Handbiicher. . 136 6.3. Originalarbeiten 137 Sachregister. . . . . . 139 XI Verwendete Abkiirzungen In den zahlreichen Originalpublikationen und Standardwerken zur Pharmakokinetik sind bis heute die Abklirzungen nicht einheitlich. Flir das vorliegende Buch wurden folgende verwendet (Dimensionen in [ j): Gew Gewicht in mg, Ilg, ng. . AUe [G~r hJ area under the curve = Flache unter der Plasmaspiegelkurve. a[h-l] Geschwindigkeitskonstante der Invasion. ct, P, y [h -1] Geschwindigkeitskonstante der ersten, zweiten und dritten Phase der Elimination. [Gew] ABe Koeffizienten fUr die Hohe der Plasmaspiegel in " ml der IX, P und y-Phase. DefinitionsgemaB ist die Summe dieser Koeffizienten eines Plasmaspiegels immer gleich Cpo" C [G~wJ Konzentration des FarbstotTs in der Modellapparatur. c [G~~] ArzneistotTkonzentration im Plasma. p ArzneistotTkonzentration im Plasma zum Zeit punkt Null. minimale und maximale ArzneistotT konzentrationen im Plasma bei repetitiver Applikation (cpo: nach der n-ten Applikation). dasselbe nach Erreichen des Kumulations grenzwertes. Plasmakonzentration des ArzneistotTs wahrend der Anstiegs- bzw. Abklingphase bei kontinuierli cher Applikation (Infusion). d!.S Plasmakonzentration des ArzneistotTs beim p Steady State der Infusion. el[~J Clearance. mm XIII