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Pfarrkirche St. Rochus und Sebastian, Kirche des Oratoriums in Wien PDF

26 Pages·2013·2.766 MB·German
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Wien III. Landstraße Gnadenbild „Mutter vom guten Rat“ Pfarrkirche St. Rochus und Sebastian Kirche des Oratoriums 50 51 Grundriss der Pfarrkirche St. Rochus und St. Sebastian Kirche des Oratoriums Inhalt N I. Geschichte ............................... 2 Wien – III. Bezirk – Landstraße II. Baugeschichte ......................... 4 20 III. Architektur der Kirche Pfarrkirche zu St. Rochus und Sebastian Fassade .................................... 8 Kirche des Oratoriums 10 21 Innenraum .............................. 9 2 3 1 3 2 IV. Ausstattung im Presbyterium Patrozinium: 16. August 1 Hochaltar ....................... 10 Dekanat: Wien III – Erzbistum: Wien – Bundesland: Wien 2 2 2 Oratorienfenster ............ 18 4 4 3 Agnus-Dei-Leuchter ...... 19 5 19 4 Kommunionbank ........... 19 6 18 V. Ausstattung im Kirchenschiff 5 Herz-Jesu-Bild ............... 20 7 6 Philipp-Neri-Altar .......... 21 7 Kanzel ............................ 28 8 Antonius-Altar ............... 30 68 167 13 13 9 Taufkapelle .................... 32 10 Kreuzgang Ecce-Homo-Bild ............. 33 11 Bonatus-Altar ................ 34 Die Heiligen Rochus und Sebastian, Medaillons am Fuß des Rochuskelches 9 16 12 Orgel .............................. 36 13 Beichtstühle .................. 36 14 Mutter-Teresa-Kapelle ... 37 P. Paul Bernhard Wodrazka C.O. 15 Barbara-Altar ................. 38 P. Felix Selden C.O. 11 15 16 Kardinal-Newman-Altar 40 Huberta Eiselsberg 17 Nikolaus-von-Tolentino- Elisabeth Garms 13 13 Altar ............................... 42 Eleonore Cornides 12 18 Johannes-Nepomuk- 14 Altar .............................. 44 19 Mutter-Gottes-Statue ... 46 Fotografie: Josef Leithner VI. Sakristeien 20 Sommersakristei ............ 47 21 Wintersakristei .............. 47 52 53 I. Geschichte könnte, hinzugefügt worden sein. 1646 berichtete der Wie- ner Fürstbischof Philipp Fried- rich Graf Breuner (1597–1669) ••• Vom Konvent der Beschuhten Augustiner- nach Rom bereits von vierzig Eremiten zur Pfarrkirche auf der Landstraße Mönchen, die bei St. Sebastian und Rochus lebten. Ab den vier- Die heutige Pfarrkirche St. Rochus und Sebastian ziger Jahren des 17. Jahrhunderts geht auf die im 17. Jahrhundert für den Orden der Be- wurde an Kirche und Kloster gebaut (siehe schuhten Augustiner-Eremiten gegründete Kirche und das Baugeschichte). Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts bürgerte dazugehörige Kloster zurück. Dieser seit dem 14. Jahrhundert sich zunehmend der Name St. Rochus und Sebastian in Um- in Wien wirkende, etwa hundert Jahre zuvor in Italien entstan- kehrung der ursprünglichen Reihenfolge der Patrone ein. dene Bettelorden war sowohl in der theologischen Lehre an Kirchenrechtlich übten die Augustiner die Seelsorge nur im der Wiener Universität als auch in der Seelsorge zu St. Augus- Auftrag der Pfarre St. Stephan aus, zu der seit der Neueinteilung tin nächst der Hofburg tätig. Im Zeitalter der Rekatholisierung der Wiener Pfarren unter Bischof Breuner (1645) die sogenann- („Gegenreformation“) wurden von Kaiser Ferdinand II. (am- te Niklas-Vorstadt vor dem Stubentor gehörte. Dieser Name tiert 1619-1637) viele neue Ordensfamilien nach Wien geholt, leitet sich von einem Gotteshaus ab, das am nordwestlichen darunter auch der strenge Reformzweig der Unbeschuhten Ende des heutigen Rochusmarktes gestanden sein dürfte und Augustiner-Eremiten, den der Kaiser in Prag kennengelernt dem ehemals im Bereich Salmgasse und Rasumofskygasse hatte, und dem er St. Augustin übertragen wollte (1630; 1634 gelegenen, wesentlich älteren Zisterzienserinnen-Kloster den formell zu Hofpfarrkirche und Hofkloster ernannt). Die „ver- Namen gegeben haben soll. Nach der Zerstörung von Kloster bannten“ Konventualen versuchten zwar noch einige Jahre und Kirche während der ersten Türkenbelagerung Wiens (1529) lang, die Übersiedlung auf das ihnen an der „Via Regia“ (der wurde das Nikolaus-Patrozinium gegen Ende des 17. Jahr- heutigen Landstraßer Hauptstraße) zugewiesene Grundstück hunderts für eine in etwa auf dem gleichen Areal erbaute zu vermeiden, mussten sich aber dann doch dem Willen des Kaisers beugen, der immerhin den Verlust der privilegierten Position in unmittelbarer Nähe des kaiserlichen Hofes durch eine großzügige Schenkung von Grund und Boden versüßte (1636): Das den Beschuhten Augustinern zugewiesene Areal erstreckte sich zwischen heutiger Landstraßer Hauptstraße, Rochusgasse, Ungargasse und Sechskrügelgasse und umfasste Obst-, Gemüse- und Weingarten sowie reichen Baumbestand. Darüber hinaus konnte die Ordensgemeinschaft auch den bis- herigen, nicht unbeträchtlichen Grundbesitz in der Umgebung Wiens für sich sichern, verbunden mit dem Auftrag, sich wei- terhin der Lehre der Theologie an der Universität, gleichzeitig aber auch der Seelsorge in ihrer neuen Umgebung zu widmen. Einer alten Tradition zufolge geht das Patrozinium auf eine ältere Sebastians-Kapelle zurück, die allerdings nicht eindeutig lokalisierbar ist. Der heilige Rochus als bekannter Pestheiliger soll in Folge eines Gelübdes, das Kaiser Ferdinand III. (amtiert 1637–1657) anlässlich einer Epidemie (1645) abgelegt haben • Augustinerkirche und -kloster auf der Landstraße nach Huber, 1769 2 3 ein Lazarett für französische Soldaten eingerichtet und 1809 wurde es eine Unterkunft für kriegsgefangene österreichische Soldaten, was nicht nur zu großen Schäden am Baubestand, sondern auch zum Ende der Ordensgemeinschaft führte: Durch Epidemien drastisch dezimiert, wurde sie 1812 aufgehoben. Bis heute ist allerdings an der Ausstattung der Kirche die Prä- gung durch die Augustiner ablesbar, die neben der vor allem in Pestzeiten wichtigen Rochus-Bruderschaft zwei weitere für ihren Orden charakteristische Bruderschaften ins Leben gerufen hatten: die Maria-Trost- oder Gürtel-Bruderschaft, die eng mit dem Gedenken an die heilige Monika, die Mutter des heiligen Augustinus, verbunden war, und die St.-Nikolaus-von-Tolen- tino-Bruderschaft, die sich der Verehrung dieses als Fieber- patron angerufenen Augustiner-Eremiten und dem Gebet für die Armen Seelen widmete. Diese Laienbewegungen waren nicht nur wichtige Elemente der Volksfrömmigkeit sowie trei- bende Kraft der karitativen Fürsorge, sie trugen auch durch die von den „Verbrüderten“ übernommenen religiösen Verpflich- • Nikolaikirche, im Hintergrund rechts die Rochuskirche. Stich von Joh. Ziegler, 1783 tungen und Messstiftungen wesentlich zur Unterstützung des Klerus bei, was nach Auskunft der Pfarrchronik bis ins 19. Jahr- Friedhofskapelle wieder aufgegriffen. Zwischen 1731 und 1745 hundert andauerte. Die lange amtierenden Pfarrer Sebastian wesentlich vergrößert und vermutlich 1759 mit einem ele- Schlager (1783–1812), Ferdinand Füß (1812–1850) und Kano- ganten Turm versehen, stand die Nikolaikirche kaum vier- nikus Karl Gold (1892–1920) führten die ihnen anvertraute Ge- zig Jahre der Klosterkirche St. Sebastian und Rochus gegen- meinde und das immer wieder renovierungsbedürftige Gottes- über. 1784 wurde sie abgerissen, der Friedhof, auf dem 1741 haus durch die Wirren der napoleonischen Kriege, der 1848-er der berühmte Bildhauer Georg Raphael Donner bestattet Revolution und den Ersten Weltkrieg, in dem St. Rochus seine worden war, aufgelassen, die Begräbnisse auf den heute als barocken Glocken zur Verfügung stellen musste (1916), sie aller- „Biedermeier-Friedhof“ bekannten Friedhof St. Marx verlegt. dings bereits 1924 ersetzt bekam. Ihr neuerlicher Verlust im Zwei- Die Dreifaltigkeits-(Pest-)säule, die zeitweilig den Platz zwi- ten Weltkrieg konnte 1955 unter dem langjährigen Pfarrer Prä- schen den beiden Kirchen geschmückt hatte, wurde im lat Erwin Hesse (amtiert 1946–1979) wieder gutgemacht werden. 19. Jahrhundert erneut versetzt (heute Radetzkystraße 1). Der 1979 wurde vom Wiener Erzbischof Kardinal Franz König Vikar der zerstörten Nikolaikirche, Sebastian Schlager, wurde (1905–2004) die Seelsorge an der Pfarrkirche St. Rochus und der erste Inhaber der im Zuge der josefinischen Pfarrregulie- Sebastian der Kongregation des Oratoriums des hl. Philipp Neri rung neu errichteten Pfarre St. Sebastian und Rochus, der auch übergeben. Diese Weltpriestergemeinschaft geht auf den ita- der reiche Paramentenschatz von St. Nikolaus zufiel. lienischen Heiligen Philipp Neri (1515–1595) zurück. Sie ist be- Da der Orden der Beschuhten Augustiner-Eremiten nicht von müht, die pastoralen Leitlinien ihres Gründers in zeitgemäßer den Klosteraufhebungen Josefs II. betroffen war, verblieben die Form in der Pfarrseelsorge umzusetzen (geistliche Begleitung, Patres im Konvent unter einem eigenen Prior, unterstanden Beichtdienst, Jugendseelsorge, religiöse Weiterbildung der aber, sofern sie als Kooperatoren (Kapläne) eingesetzt waren, Laien, Pflege geistlicher Musik und feierlicher Liturgie, För- dem Weltpriester und Pfarrer Schlager. Teile des Konvents derung der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes sowie mussten an eine staatliche Pflichtschule abgetreten werden, Verehrung des heiligsten Herzens Jesu und der Jungfrau und zudem wurde in den napoleonischen Kriegen im Kloster 1805 Gottesmutter Maria). 4 5 II. Baugeschichte der Klosterinsassen durch die Pest 1679 brachte die Tür- kenbelagerung von 1683 neuerliche Zerstörungen mit sich, die in erster Linie die Kirche betrafen. Der heu- tige Bau und vor allem die Ausstattung verdanken sich Nicht nur der Widerstand daher dem Zeitraum zwischen dem Ende der achtziger der Beschuhten Augustiner Jahre des 17. Jahrhunderts (Leuchter 1687, Hochaltar gegen ihre „Verbannung“ in ab 1689) und etwa 1730 (Türme 1721, Glocken 1726/27, die Vorstadt, auch die un- Seitenaltäre 1727). Der Bedeutung der Stiftungen sicheren Zeiten des Drei- Kaiser Ferdinands III. und vor allem Kaiser Leopolds I. ßigjährigen Krieges ver- tragen das in der Kirche zweifach vorhandene kaiser- zögerten den Baubeginn liche Wappen sowie deren Namen samt denjenigen ihrer von Kirche und Kloster. Gemahlinnen über den Oratorien Rechnung. Am 11. Au- 1637 berichtete der Wiener gust 1727 wurde die Rochuskirche von Fürsterzbischof Fürstbischof Anton Wolfradt Sigismund Graf Kollonitz (1677–1751), dem ersten Erz- (1582–1639) nach Rom, dass bischof von Wien, feierlich konsekriert (Kirchweihe). die Augustiner-Eremiten ei- Nach der Auflösung des Konvents 1812 wurden all- nige Häuser „in loco Land- mählich Teile des Klosters wie des unmittelbar an- strass“ erworben hätten, wo schließenden Grundbesitzes durch den Religionsfonds sie in Erwartung des Neu- veräußert. Bereits 1816 versteigerte man die an den baus von Kirche und Klos- heutigen Eingang zum Pfarrgebäude (Landstraßer ter bereits einen Raum für Hauptstraße 56) angrenzenden Teile des Klost ers, wäh- • Statue des hl. Augustinus mit die Abhaltung von Gottes- rend sich Pfarrer und Kooperatoren mit den im Klos- Kirchenmodell am Giebel der Pfarrkirche diensten hergerichtet hät- ter untergebrachten Schulen verschiedenen Typs und ten. 1642 soll die Grundsteinlegung durch Ferdinand III. er- deren Lehrer die Räumlichkeiten zu teilen hatten. Die folgt sein, der 1651 eine vierteljährlich auszubezahlende groß- in der Pfarrchronik detailliert beschriebenen Umbauten zügige Stiftung erließ, vielleicht in Zusammenhang mit und die damit verbundenen Streitigkeiten erlauben seinem Besuch beim Patroziniumsfest, das am Sonntag nach Rückschlüsse auf die ursprüngliche Raumverteilung dem Gedenktag des heiligen Rochus (16. August) gefeiert wur- und die zahlreichen Verän- de. Daraus wird man schließen dürfen, dass die Kirche zu die- derungen. So erfährt man sem Zeitpunkt weitgehend fertiggestellt war, während das zum Beispiel, dass sich das Kloster 1652 anlässlich eines Provinzialkapitels ausdrücklich heute in der Kirche befind- als noch in Bau befindlich bezeichnet wurde. Bereits 1656 liche Mariahilf-Bild bis 1817 brannte die Kirche nach einem Blitzschlag ab, alten Berichten in einer eigenen, kleinen Ka- zufolge bis auf die Grundmauern, doch dürfte der Wieder- pelle neben der Sakristeitüre aufbau wohl einen Teil der vorherigen Bausubstanz in ihrer befand. 1815 entfernte man ursprünglichen Ausdehnung eingeschlossen haben. Dass zwei einen Seitenaltar, um wegen mit 1642 bezeichnete Glocken den Brand überlebt hätten, des großen Andrangs einen beruht allerdings auf einer falschen Lesung der in der Pfarr- weiteren Zugang zur Kir- chronik überlieferten Chronogramme (richtig: 1726). 1664 che zu schaffen – den heu- dürfte der Wiederaufbau soweit gediehen gewesen sein, dass tigen Seitenausgang in den man Kaiser Leopold I. (amtiert 1658–1705) zum Patroziniums- • Kaiserliches Wappen an der Kreuzgang des ehemaligen fest empfangen konnte. Nach einer schmerzlichen Dezimierung Fassade Klosters. 6 7 III. Architektur der Kir- che ••• Fassade Bei der Renovierung 1835 wurden in den Turmhelmen Doku- mente gefunden, denen zufolge die Fassade von einem Militär - ingenieur namens Kollmann sowie einem sonst nicht weiter bekannten Architekten und Steinmetz Kaspar Offel erbaut und 1721 fertiggestellt wurde. Der letztere Name hat wohl zu der Vermutung geführt, der Architekt könnte Anton Ospel ge wesen sein, der etwa gleichzeitig die Kirche des Spanischen Spitals in der Boltzmanngasse (heute Priesterseminar) errichtete. Ein- deutig ist jedenfalls die Zuweisung der Statuen an den Bild- hauer Georg Anton Eberl. Der figurale Schmuck der Zweiturm- fassade weist diese als eine Kirche der Beschuhten Augustiner aus: Der Giebel ist von einer Statue des Kirchenvaters Augusti- nus (s. Abb. S. 7) gekrönt, der ebenso wie die beiden flankie- • Die Heiligen Sebastian und Rochus, Statuen in den Nischen der Fassade renden heiligen Mönche (wohl Thomas von Villanova und Niko- laus von Tolentino) die Ordenstracht „mit den weiten Ärmeln“ Fassade und Hochaltarbild, auf dem die gleichen Heiligen mit trägt. Ein Putto reicht Augustinus ein Modell der Fassade. Drei Maria als Fürsprecher für das pestgeplagte Volk aufscheinen, goldene Sterne (Stemma der Familie Neri) in den Kartuschen sind somit durch die Pest-Thematik eng miteinander verbun- an den Basen der Türme rufen dezent den hl. Philipp Neri ins den. Bewußtsein. Im großen Giebelfeld, das heute nur eine Uhr trägt, befand sich ••• Innenraum bis 1816 eine Darstellung des Mose und der auf einer Stange befestigten ehernen Schlange. Durch die Erinnerung an die Die einschiffige frühbarocke Kirche ist dem Typus nach eine Schlangenplage, unter der das Volk Israel während seines Wandpfeilerkirche mit eingestellten Bögen, die mit Ausnahme Zuges durch die Wüste zu leiden hatte, wird die Pest-Thematik des vierten Jochs Emporen mit Balustraden tragen. Das Pres- angesprochen, die den unteren Teil der von Pilastern geglie- byterium ist durch einen Triumphbogen vom Kirchenschiff derten Fassade bestimmt. abgesetzt. Das Tonnengewölbe mit Gurten und Stichkappen Die Marienstatue Im Mittelfeld über der Eingangstür wird weist Reste der Stuckdekoration vom Ende des 17. Jahrhun- flankiert von den für die Kirche namengebenden Heiligen derts auf. Erhalten ist die große, von Engeln getragene Kar- Sebastian (links, von Pfeilen durchbohrt, die als Bilder der Pest- tusche mit dem kaiserlichen Wappen am Scheitel des Triumph- ansteckung galten) und Rochus (rechts, nach aufopfernder bogens. Die Doppelpilaster aus rotem Stuckmarmor tragen Krankenpflege selbst pestkrank und von seinem treuen Hund kräftiges, vielfach profiliertes Gebälk. Im vierten Joch ist durch versorgt) die als Fürsprecher bei Seuchen und Epidemien das Fehlen der Emporen ein Querschiff angedeutet. Der Chor verehrt werden. Darüber die Figuren der Pestpatrone Rosalia ist schmäler und niedriger, die ganze Breite der Rückwand wird (rechts, einer frühchristlichen Märtyrerin aus Sizilien, deren vom Aufbau des Hochaltars eingenommen. Eingezogen ist Fürsprache das Ende einer Epidemie 1624 zugeschrieben auch das Eingangsjoch mit der Orgelempore. Der Rundgang wurde) und des heiligen Bischofs Ulrich von Augsburg (links). beginnt im Herzen der Rochuskirche, mit dem Hochaltar. 8 9 IV. Ausstattung im Presbyterium ••• Hochaltar Der prächtige Hochaltar wurde von Kaiser Leopold I. 1689 ge- stiftet. Im Sockelgeschoss führen zwei Türen seitlich der Altar- mensa in die dahinterliegende Sommersakristei. Mächtige gestaffelte Pilaster und Spiralsäulen tragen gesprengte Giebel mit reich gegliedertem verkröpften Gebälk, das in der Mitte mit dem kaiserlichen Doppeladler bekrönt ist. Blatt- und Band- ornamente, Akanthusschnitzwerk, Blumengirlanden und Volu- ten schmücken die Säulenordnung. Die Altarraumwände sind in Elfenbeintönen blaß marmoriert und durch einfache rote Stuckmarmorpilaster gegliedert. Das Hochaltarbild wurde 1690 bei dem bedeutenden österreichischen Barockmaler Peter Strudel (um 1660–1714), kaiserlicher Kammermaler und Begründer der Wiener Kunst- akademie, von Kaiser Leopold I. persönlich in Auftrag ge- geben. Im unteren Viertel des Bildes liegen Kranke neben Sterbenden, Trauernde sind über sie gebeugt – es zeigt das Grauen der Wiener Pest epidemie im Jahre 1679. Bei genaue- rem Hinsehen kann man sogar den Stephansdom erkennen. • Wiener Pestepidemie, im Hintergrund der Stephansdom, Hochaltarbild (Detail) Blick zum Hochaltar • 10 11 Nur vom Himmel, zu dem ein Kranker hoff- nungsvoll aufschaut, kann Hilfe kommen. Auf einer wuchtigen Wolkenbank sind die traditio - nellen Pestpatrone zu erkennen (von links nach rechts): der betende Bischof Ulrich von Augs- burg; daneben der kühne Offizier der römi- schen Leibgarde, der hl. Sebastian, der während der diokletianischen Christenverfolg ung sein Leben für Christus gegeben hat; dahinter steht, mit einem Kranz von Rosen auf dem Haupt die hl. Rosalia. Vor ihr sieht man, im schwarzen Ge- wand mit Pilgerstab, den hl. Rochus, der, bis er selbst erkrankte, unermüdlich die Pestkran- ken pflegte. Der Hund unter ihm (mit Brot im Maul) hat den nach der Ansteckung Verstoße- nen mit Nahrung versorgt. Dahinter wird die Gruppe dieser Heiligen noch von Papst Gregor dem Großen mit Tiara und Papstkreuz ergänzt. Im Gegensatz zum Pilgerstab des hl. Rochus ragt das Papstkreuz fast senkrecht in die obere Region überirdischen Lichtes. Von Engeln um- geben, legt die Gottesmutter Maria Fürsprache bei ihrem göttlichen Sohn ein. Sie blickt bit- tend zur Dreifaltigkeit auf und weist zugleich mit ihren abwärts gesenkten Händen auf die schwer betroffene Stadt Wien; Jesus Christus, den Kopf zum neben ihm sitzenden Gott Vater gewandt, scheint im Begriff, aufzustehen und seiner Mutter Maria entgegenzu- eilen und dadurch die Gewährung der Bitte zu verbürgen. Über dem Altar- bild prangt das kai- serliche Wappen, der gekrönte Doppel- Hochaltargemälde von Peter Strudel, 1690 adler. 12 13 Das ovale Bild im Altaraufsatz, ebenfalls von Peter Strudel, Gebeinen des hl. Märty- zeigt die Glorie des hl. Augustinus, der, von Engeln umgeben, rers Bonatus (Donatus) auf Wolken schwebt. von Rom nach Wien ge- bracht und fand zunächst auf dem Altar dieses Heili gen in der Rochus- kirche seinen Platz. Auf persönlichen Wunsch der Kaiserin Maria Theresia, die anläss- lich ihrer Ausfahr ten in den Prater oft vor dem Gnadenbild ihre Andacht verrichtet ha- ben soll, übertrugen es die Augustiner patres im Jahre 1759 auf den Hoch- altar. Der reiche Taber- nakelaufbau ist wohl aus • Glorie des hl. Augustinus, Hochaltaraufsatzbild von Peter Strudel (1690) Anlass der Übertragung umgestaltet worden. Den Der vergoldete, mit Rokoko-Ornamentik vers ehene Tabernakel aus vergoldet em Kupfer ist in einem zentralbau artigen Architekturprospekt eingelas- verfertigten Ramen mit • Gnadenbild „Mutter vom guten Rat“ sen. Da rüber befindet sich ein Aussetzungsthron mit einem be- gekröntem Marienmono- weglichen Zelebrationskreuz und zwei adorierenden Engels- gramm, Füllhörnern der Gnade und Strahlenkranz, der einen figuren. Teil des Altarblattes verdeckt, stiftete 1823 Anton Ballauf, Zentraler Blickpunkt ist das gekrönte Gnadenbild der Mutter k.k. Hof-Schmalzlieferant und Hausinhaber auf der Land- vom guten Rat in goldenem Strahlenkranz, eine barocke straße. Nachbildung des Freskos aus dem 14. Jahrhundert in der Vier monumentale Figuren heiliger Herrscher stellen den Be- Augustiner-Eremiten-Kirche in Genazzano bei Rom. Die zug zwischen der habsburgischen Dynastie und der kaiser- Legende erzählt, dass das Original dieses Bildes auf die Mauer lichen Altarstiftung her. Sie stammen aus der Schule des Hof- einer Kirche zu Scutari in Albanien gemalt worden sei. Als bildhauers Paul Strudel (1648–1708), der auch der Schöpfer sich die Türken dieses Landes bem ächtigten und die Kirche der mächtigen Habsburgerfiguren im Prunksaal der Öster- zerstörten, soll sich das Bild von der Mauer losgelöst haben, reichischen Nationalbibliothek und eines Großteils der Figuren über Meer und Land bis nach Genazzano bei Rom geschwebt der Pestsäule am Wiener Graben ist. Auf der linken Altarseite, in und in der dortigen Kirche der Augustiner am 25. April Rüstung mit bodenlangem Mantel befindet sich der 1146 1467 zu Tage gekommen sein. Das Fresko von Genazzano heiliggesprochene Kaiser Heinrich II. (973–1024) mit Krone könnte von dem Künstler Antonio Vivarini († um 1476) und Reichsapfel. Daneben erkennt man in Brustharnisch und stammen, wie eine Inschrift auf der Borte, die den Hals- Hermelin den hl. Leopold (s. Abb. S. 16; Leopold III., Mark graf ausschnitt des Kleides des Jesuskindes ziert, nahelegt. Eine von Österreich, um 1073–1136) mit Herzogshut, Fahne und Kopie dieses Bildes wurde im Jahr 1754 von dem Augus - Kirchenmodell, das ihn als Stifter von Klöstern (Klosterneuburg, tiner-Eremiten-Pater Caspar Scheurer zusammen mit den Heiligenkreuz und Kleinmariazell) ausweist. Rechts folgen 14 15 in Harnisch und wehen- hl. Augustinus zugeteil- dem Mantel der hl. Wen- tes Attribut, das aber zel von Böhmen (909– in der Erbauungszeit 929) sowie in ungari- der Rochuskirche auch scher Tracht der hl. Ste- anderweitig für den phan von Ungarn (um hl. Josef verwendet wird 969–1038), der die Chris- – in der Linken den blü- tianisierung Ungarns ein- henden Lilienstab, durch leitete. den er der Legende Ebenfalls aus dem Um- nach als der von Gott kreis von Paul Strudel bestimmte Bräutigam kommen die fünf Skulp- Mariens erkennbar ist. turen auf dem Altar- Links neben dem Auf- aufsatz: Ganz oben in satzbild mit der Glorie der Mitte bekrönt der des hl. Augustinus er- hl. Josef mit Lilienstab, blickt man die hl. Maria flankiert von zwei En- Magdalena mit Toten- geln mit Siegeskranz kopf, rechts die hl. Kar- und Palmwedel, den melitin Maria Magda- Hochaltar. 1675 hatte lena de’ Pazzi mit Kreuz Kaiser Leopold I. Öster- und flammendem Her- reich, 1677 im Besonde- zen. Die prominente ren das Haus Habsburg Position auf dem Altar unter den Schutz des kommt den beiden Bräutigams der Mutter- Heiligen wohl als gottes gestellt. Als Attri- Namenspatroninnen bute hält der Heilige in der Kaiserin Eleonora der rechten Hand ein Magdalena Theresia, der brennendes Herz – ein dritten Gemahlin Kaiser seltenes, meist dem Leopolds I., zu. • Hl. Leopold III., Hl. Wenzel von Böhmen, • monumentale Figur monumentale Figur am Hochaltar am Hochaltar von Paul Strudel von Paul Strudel 16 17

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