Pfadabhängigkeit in Geschäftsbeziehungen Raphael J. Mallach Pfadabhängigkeit in Geschäftsbeziehungen Raphael J. Mallach Berlin, Deutschland Dissertation Freie Universität Berlin, 2012 D188 ISBN 978-3-658-01131-4 ISBN 978-3-658-01132-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-01132-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- n a lbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 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So verwundert es nicht, dass Geschäftsbeziehungen und Geschäftsbeziehungsmanage- ment ein Feld darstellen, das in der wissenschaftlichen Literatur zum Business-to- Business-Marketing seit langer Zeit großen Raum einnimmt. Dabei wurden neben den Wirkungsmechanismen und den Erfolgsvoraussetzungen von Geschäftsbeziehungen auch deren Effekte auf Anbieter- und Nachfragerseite untersucht. Hier standen etwa die Entstehung und die Wirkung von Vertrauen, Zufriedenheit, Loyalität und Com- mitment, aber auch von Wechselkosten und Kundenbindung im Mittelpunkt des Inte- resses. Bislang kaum betrachtet worden sind demgegenüber mögliche negative Aspek- te von Geschäftsbeziehungen, die dadurch entstehen können, dass einer der Geschäfts- beziehungspartner sich im Verlauf einer Beziehung gleichsam zu sehr auf den anderen ausrichtet und sich damit selbst der Chancen beraubt, die mit einer Zusammenarbeit mit alternativen Partnern verbunden sein können. Jede Geschäftsbeziehung birgt somit grundsätzlich die Gefahr in sich, dass einer oder beide Partner aufgrund einer pfadab- hängigen Entwicklung in den Zustand eines „Lock-in“ mit entsprechend negativen Konsequenzen geraten. Dieser ‚dunklen Seite‘ von Geschäftsbeziehungen wendet sich der Autor in dem vorliegenden Buch zu, in dem er untersucht, ob und ggfs. wie in Ge- schäftsbeziehungen erzielte relationale Renten zu einer pfadabhängigen Bindung an einen Geschäftsbeziehungspartner führen können. Zusätzlich will er klären, ob in die- ser Hinsicht möglicherweise Unterschiede zwischen Geschäftsbeziehungen existieren, die in jeweils andere Kulturkreise eingebettet sind. Konkret geht es ihm dabei um Ge- schäftsbeziehungen, die deutsche Firmen auf der einen Seite mit anderen deutschen Firmen pflegen, und auf der anderen Seite um solche, die sie mit chinesischen Ge- schäftspartnern etabliert haben. IX Für die theoretische Fundierung seiner Untersuchung verbindet der Autor drei ver- schiedene Theoriebereiche kreativ und fachkundig miteinander: die Theorie der Pfadabhängigkeit, den Relational View und den Ansatz der Absorptive Capacity. Er zeigt hierzu auf, wie „Lock-ins“ im Zuge pfadabhängiger Prozesse durch selbstver- stärkende Effekte entstehen können und wodurch sie gekennzeichnet sind. Dabei hat sich im (inter-)organisationalen Kontext gezeigt, dass insbesondere vier solcher Effek- te pfadabhängige Prozesse verursachen können: Dies sind Koordinations-, Komple- mentaritäts- und Lerneffekte sowie adaptive Erwartungen. Wie aber kommen deren Wirkungen zustande? Zur Beantwortung dieser Frage zieht der Verfasser als theoreti- sche Basis den Relational View heran, der eine Weiterentwicklung des Resource Ba- sed View of the Firm in Bezug auf das Phänomen der Geschäftsbeziehungen darstellt. Das zentrale Konstrukt des Relational View bilden die relationalen Renten, die Ge- schäftsbeziehungspartner im Zuge einer Zusammenarbeit erzielen können und die für sie der wesentliche Grund für deren Fortführung bilden. Aufbauend auf dieser Grund- lage kann der Verfasser die folgenden Ursachen von relationalen Renten identifizieren: interorganisationale Routinen, beziehungsspezifische Investitionen, komplementäre Ressourcen- und Kompetenzausstattungen sowie effektive interorganisationale Steue- rung. Vertiefend geht der Verfasser zudem nochmals auf das Konzept der Absorptive Capacity als einen Teilbereich des Relational View ein und zeigt auf, welche positi- ven, aber auch negativen Effekte von Absorptive Capacity im interorganisationalen Kontext ausgehen können. Aufbauend auf diesen theoretischen Grundlagen entwickelt der Verfasser ein For- schungsmodell, das die Basis für eine quantitative empirische Überprüfung der theore- tisch abgeleiteten Zusammenhänge bildet. Den Kern des Modells bildet der positive Einfluss, den die Absorptive Capacity auf die Wechselkosten ausübt. Er ist eingebettet in zwei selbstverstärkende Effekte, welche diese beiden Größen betreffen: Sie bestehen erstens zwischen der Absorptive Capacity und dem aufgenommenen Wissen und zwei- tens zwischen den Wechselkosten und der Spezifität der geschlossenen Verträge. X Um das Untersuchungsmodell zu überprüfen, hat der Verfasser neben einer qualitativ ausgerichteten Vorstudie in China und Deutschland eine umfangreiche und methodisch anspruchsvolle quantitative empirische Untersuchung durchgeführt, die mit Hilfe eines state-of-the-art statistischen Verfahrens ausgewertet wurde. Die Ergebnisse des simulta- nen Strukturgleichungsmodells liefern interessante und weiterführende Erkenntnisse sowohl für die Anwendung der Theorie der Pfadabhängigkeit als auch des Konzepts der Absorptive Capacity im interorganisationalen Kontext. Dem Autor ist es gelungen, den selbstverstärkenden Prozess, welcher das Herzstück der Pfadtheorie darstellt, quantitativ darzustellen, womit er einen methodischen Beitrag zur Pfadforschung leistet. Da die Ausführungen eine sowohl praktisch als auch wissenschaftlich aktuelle und be- deutsame Problemstellung untersuchen und zudem vielfältige Ansatzpunkte für die praktische Umsetzung enthalten, wünsche ich dem Werk, dass es in Wissenschaft und Praxis die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält. Univ.-Prof. Dr. Michael Kleinaltenkamp XI Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs „Pfade or- ganisatorischer Prozesse“. Das Pfadkolleg hat mir neue Wege eröffnet, mich vor Her- ausforderungen gestellt und mir viel abverlangt. Hier habe ich nicht nur engagierte Kollegen zur Diskussion und Inspiration, sondern auch gute Freunde gefunden. Mein Dank gilt allen meinen Kollegen, die mich mit Rat und Tat unterstützt haben. Ebenso zu Dank verpflichtet bin ich Prof. Michael Kleinaltenkamp, der mich in mei- nem gesamten Studium begleitet hat. Durch seine freundliche und herzliche Art hat er mir die Begeisterung und die Freude an Wissenschaft und Lehre vermittelt. Seinem Einsatz und seiner Expertise verdanke ich diese Arbeit. Auch Prof. Carolin Decker und Prof. Martin Eisend möchte ich dafür danken, dass sie sich stets viel Zeit genommen haben, um meine Arbeit mit ihrem Sachverstand zu be- gleiten. Meinen Eltern gebührt besonderer Dank für ihre umfassende und fortwährende Unter- stützung in allen Lebenslagen. Ihr Beistand und ihre Liebe haben mir die Kraft gege- ben, diese Arbeit zu verfassen. Von ganzem Herzen möchte ich Anne K. Petscha danken, die mir mit ihrer bedin- gungslosen Liebe und Geduld zur Seite stand, mich stets unterstützt und entlastet und so diese Arbeit erst ermöglicht hat. XIII Inhaltsverzeichnis Geleitwort ..................................................................................................................... IX Vorwort .......................................................................................................................XIII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................ XV Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... XIX Tabellenverzeichnis ................................................................................................... XXI Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................... XXVII 1. Einleitung ................................................................................................................. 1 1.1 Relevanz und Problemstellung .......................................................................... 1 1.2 Zielsetzung und Aufbau ..................................................................................... 4 2. Theoretische Grundlagen ......................................................................................... 8 2.1 Pfadabhängigkeit ............................................................................................... 8 2.1.1 Ursprünge des Konzepts der Pfadabhängigkeit ...................................... 8 2.1.2 Die Pfadabhängigkeit in der Kritik ....................................................... 15 2.1.3 Organisationale Pfadabhängigkeit ........................................................ 20 2.1.4 Selbstverstärkende Mechanismen ......................................................... 22 2.1.5 Interorganisationale Pfadabhängigkeit ................................................. 24 2.2 Der Relational View ........................................................................................ 27 2.2.1 Interorganisationale Routinen zum Austausch von Wissen als Quelle relationaler Renten .................................................................... 29 2.2.2 Beziehungsspezifische Investitionen als Quelle relationaler Renten ... 31 2.2.3 Komplementäre Ressourcen- und Kompetenzausstattungen als Quelle relationaler Renten .................................................................... 33 2.2.4 Effektive interorganisationale Steuerung als Quelle relationaler Renten ................................................................................................... 35 2.3 Das Konzept der Absorptive Capacity ............................................................ 39 2.3.1 Konzeptioneller Hintergrund der Absorptive Capacity ........................ 39 2.3.2 Selbstverstärkende Mechanismen der Absorptive Capacity ................ 44 2.4 Pfadabhängigkeit in Geschäftsbeziehungen .................................................... 47 3. Explorative Qualitative Untersuchung ................................................................... 57 XV