Perspekti ven der Europaischen Integration Forschungen zur Europaischen Integration Band 1 Manfred Janssen/Frank Sibom (Hrsg.) Perspektiven der Europaischen Integration Soziookonomische, kulturelle und politische Aspekte Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2000 Gedruckt auf saurefreiem und alterungsbestandigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz flir diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhaltlich ISBN 978-3-8100-2698-9 ISBN 978-3-663-11028-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-11 028-6 © 2000 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprunglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 2000. Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla ges unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, MikroverfiImungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhaltsverzeichnis Werner Fiedler: Vorwort ......................................................................................................... 7 Manfred Janssen, Frank Sibom: Perspektiven der europaischen Integration -Einleitung................................ 9 Frank Sibom: Die "Wissens-und Informationsgesellschaft" als politisches Leitbild gesellschaftlicher Integration in der Europaischen Union.. .... ........ ............. 21 Manfred Janssen: Arbeitsmarkte im europaischen IntegrationsprozeB: Internationale Mobilitat und Mobilitatsbereitschaft in Deutschland und den Niederlanden............................................................................................... 55 Alexandra Baum: Deutsche Gewerkschaftspolitik im Zeitalter des Euros: Anforderungen an die Lohnpolitik................ .......... ...... .............. ..................... ... ...... ... ........ 77 Maike Koops: Der Streik, die Republik und die europaische Integration: Soziologische Oberlegungen zur franzosischen Streikbewegung im November/ Dezember 1995................................................................... 97 Birgit Steckelberg: Bildungsherausforderung Europa -Die bildungspolitische Verankerung der Interkulturalitat in den Mitgliedstaaten.......................... III 5 Udo Llinnemann: Vielfalt und Gemeinschaft in der Schule -Der Jenaplan als mogliche Antwort auf die Bildungsherausforderung "Europa"................................ 123 Wilhelm Knelangen: Die europaische Zusammenarbeit im Politikfeld Innere Sicherheit an der Integrationsschwelle? ............. .................... .................................... 147 Joey-David Ovey: Europaisierung der Parteien: SPD und New Labour im Spannungsverhaltnis zwischen nationaler und europaischer Ebene.......... 171 Iris Weber: Umweltpolitik in der Europaischen Union: Auf dem Weg zu einer "Partnerschaft fur Integration"?. .................... ................ ............. 191 Die Autoren............. ............ ..... ................ ............ ................ .... ............ ..... 227 6 Vorwort Die Integration Europas ist eine Aufgabe im politischen, kuiturellen und ins besondere im wissenschaftlichen Sinne. Die Schwierigkeit und Dynamiken des Integrationsprozesses sowie die damit zusammenhangenden Interessen der verschiedenen Akteursgruppen bedUrfen der wissenschaftlichen Bearbei tungjenseits und in Distanz zum alltaglichen Geschehen in Wirtschaft, Politik und Kultur. Darum haben Wissenschaft und Forschung im ,Haus Europa' einen besonderen Platz. Je groBer die Unsicherheiten Uber die Gegenwart und die Zukunft, desto groBer auch die Notwendigkeit, Visionen, Strategien und Entwicklungspfade zu explizieren und zu begrUnden, wissenschaftliche Erkenntnisse nicht im Elfenbeinturm zu bearbeiten und dort zu belassen, sondem nah am Realge schehen zu plazieren und somit fur politische Planung und BUrgerengagement nutzbar zu machen. Prognosen sind gleichwohl schwierig und zum Teil wis senschaftlichen Zielsetzungen widersprechend, aber Konturen konnen sicht bar gemacht und Gestaitungspotentiale erOffuet werden. Ein derartiges Wis senschaftsverstandnis benOtigt aber besondere Rahmenbedingungen, die den traditionellen akademischen Rahmen transzendieren. Diesen Weg beschreitet die Hans-Bockler-Stiftung durch die Forderung von Dissertationsprojekten in Form von Promotionskollegs. Die BUndelung von Dissertationsthemen und die besonderen Arbeitsformen eines Kollegs sind Startbedingungen fur eine exzellente Nachwuchsforderung. Die themati sche Auswahl folgt den Zielsetzungen einer gesellschaftspolitischen Verant wortung der Begabtenforderung und setzt auf die Fahigkeit zur Kooperation und praxisnahen Bearbeitung von Forschungsfragen. Die einzelnen For schungsarbeiten, gefordert durch gemeinsame Exkursionen, Klausurtagungen und selbstorganisierte Arbeitsformen der Kollegiaten und der beteiligten Hochschullehrer mit der Hans-Bockler-Stiftung, sind ein erster Beweis fur die Produktivitat der Kollegforderung. Mit diesem Band werden erste Zwischenergebnisse des Promotionskol legs "Europaische Integration" an der Universitat OsnabrUck dokumentiert. Der vorliegende Band erOffuet zugleich die Schriftenreihe "Forschungen zur europaischen Integration', in welcher die abgeschlossenen Dissertationen sukzessive publiziert werden. FUr das groBe Engagement sei allen Beteiligten an dieser Stelle ein Dank ausgesprochen. DUsseldorf, im Februar 2000 Werner Fiedler (Leiter der Promotionsforderung) 7 Perspektiven der europaischen Integration - Einleitung Manfred Janssen, Frank Sibom 1. Einfiihrungl In der unmittelbaren Nachkriegszeit trat die prekare wirtschaftliche Situati on der europiiischen Nationalstaaten in den Vordergrund der Einigungsbe miihungen. Auch die durch den Weltkrieg verlorene Dominanz der europai schen Staaten im Weltsystem und die Auseinandersetzungen im Ost-West Konflikt konkretisierten den Gedanken einer europiiischen Einigung. Grundlegend fur die Einigungsbemiihungen war die Konzentration auf die wirtschaftliche Zielsetzung der Integration, die dem gemeinsamen Interesse der beteiligten Staaten entsprach. Daher war es politisch vergleichsweise leicht durchzusetzen, dem wirtschaftlichen Aufschwung mittels einer ge meinsamen Freihandelszone Impulse zu verleihen. Diese nach wie vor zent rale Teilintegration wurde bereits zu Beginn der Einigungsbemiihungen im Kontext eines teleologischen Entwicklungsprozesses gesehen, der auch die politische, rechtliche und soziale Vergemeinschaftung der europaischen Nationalstaaten einschliefit. In diesem Verstandnis beschreibt die europiii sche Integration einen zielorientierten Prozefi, wonach nationalstaatliche Kompetenzen im Rahmen eines supranationalen Institutionensystems inklu sive autonomer Rechtsordnung fusionieren und so den Ubergang von vor mals nationalstaatlichen Gesellschaften zu einer europaischen Gemeinschaft ermoglichen. In der Realitat stehen aber der Implementierung des europaischen Bin nenmarktes sowie der 1999 umgesetzten Wirtschafts- und Wahrungsunion (WWU) innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten der Europaischen Union erhebliche soziale Disparitaten gegeniiber, die auch aus der Erweite rung und damit auch Heterogenisierung der Gemeinschaft resultierten. Wahrend die sechs Griindungsstaaten einander in soziookonomischer Hin sicht relativ ahnlich waren, nahmen insbesondere durch die Stiderweiterung die okonomischen Disparitaten deutlich zu. Die gegenwartigen Bemiihun gen, die EU auf mittel- und osteuropiiische Lander auszudehnen, verstarken diese Entwicklung und riicken die Diskussion urn die Flexibilisierung des Integrationsprozesses in den Vordergrund. Die Herausgeber danken Wilhelm Knelangen f'ilr die kritische Durchsicht des Manuskriptes. 9 Obwohl seit der Einheitlichen Europaischen Akte die politischen und sozialen Aspekte der europaischen Integration an Relevanz in den Ver tragswerken der EGIEU gewannen und zuletzt im Amsterdamer Vertrag jene Gemeinschafts- bzw. Unionspolitiken eine deutliche Bedeutungsauf wertungen erfuhren, die auch Beschiiftigung und Soziales, Bildung und Kultur sowie Umweltschutz und Inneres einschliefien, wird die Europaische Union nach wie vor in erster Linie als Wirtschaftsgemeinschaft wahrge nommen. Verstarkte Anstrengungen im Rahmen des europaischen Integra tionsprozesses treffen aber in den genannten Bereichen in der Regel auf grofiere Hindernisse und Widerspriiche als in okonomischer Hinsicht. Die europaische Integration wird daher weiterhin durch eine sogenannte ,nega tiver Integration', also die Reduzierung auf eine europaische Wirtschaftsge meinschaft ohne entsprechende soziale und politische Integration, gepragt. Ein Automatismus, wonach die wirtschaftliche Integration friiher oder spa ter positive Effekte im politischen und sozialen Bereich nach sich zieht (,spill over') ist empirisch nicht verifizierbar und theoretisch hOchst um stritten. Europa laBt sich jedoch nicht nur als einheitlicher Wirtschaftsraum spe zifizieren, sondern auch als politisches und kulturelles Phanomen. Die Ge sellschaften Europas weisen unterschiedliche historische Entwicklungen sowie eine grofie kulturelle und soziale Vielfalt auf, die sich beispielsweise in divergierenden Lebensbedingungen, Sprachraumen, Politik- und Rechts systemen widerspiegeln. Diese Vielfalt erweist sich aber bisweilen auch als Wettbewerbsnachteil, so daB okonomische Interessen auch die tibrigen In tegrationsbereiche beeinflussen. Die vermeintliche Dysfunktionalitat des Nationalstaates, dem in einer sich zunehmend internationalisierenden Welt ordnung nur eingeschrankte Handlungsmoglichkeiten zugesprochen werden, gilt daher als ein wesentlicher Integrationsimpuls. Die hieraus resultieren den supranationalen Handlungsebenen sind Teil der politischen Bestrebung, Europa eine seinem grofien wirtschaftlichen Gewicht entsprechende politi sche Stellung in der Welt zu geben und die Wohlstandssicherung der Mit gliedstaaten zu gewahrleisten. Es stellt sich allerdings zunehmend die Frage, unter welchen Bedingun gen es zu einem ,integrativen Gleichgewicht' in Europa kommen kann, da mit der Implementierung des Binnenmarktes und der WWU weder der intraeuropaische Handelswettbewerb noch tradierte Arbeitsmarktstrukturen in den Nationalstaaten obsolet werden. Auch die Kohasion der europaischen Regionen laBt sich allein tiber eine rein okonomische Integration nicht reali sieren. Die Umsetzung der soziookonomischen und soziokulturellen Kohasi on sowie die Integration entsprechender Politiken erfordern jedoch eine adaquate Umsetzung auf intergouvernmentaler Ebene. Die politischen Be dingungen einer Vertiefung der Union stellen allerdings hohe Anforderun gen an den Integrationsprozefi, da eine zumindest teilweise Souveranitats- 10
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