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Persönliche Netzwerke in Stadt und Land: Siedlungsstruktur und soziale Unterstützungsnetzwerke im Raum Halle/Saale PDF

222 Pages·2002·6.17 MB·German
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Soren Petermann Personliche N etzwerke in Stadt und Land Soren Petermann Personliche N etzwerke in Stadt und Land Siedlungsstruktur und soziale Unterstutzungsnetzwerke im Raum HallelSaale Westdeutscher Verlag Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhaltlich Gedruckt mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1. Auflage J anuar 2002 Aile Rechte vorbehalten © Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2002 Lektorat: Nadine Kinne Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BerteismannSpringer. www.westdeutschervlg.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Dbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jeder mann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN-13: 978-3-531-13750-6 e-ISBN-13: 978-3-322-85136-9 DOl: 10.1007/978-3-322-85136-9 Dankwort FUr konstruktive Anregungen, Hinweise und Diskussionen zu den verschiedenen Kapiteln dieser Arbeit mochte ich meinen Kollegen und Freunden danken. Ihre Unterstiitzung und das gUnstige Arbeitsumfeld am halleschen Institut fUr Soziologie trugen maI3geblich zum Zustandekommen der Arbeit bei. An erster Stelle gilt mein Dank meinem Betreuer Heinz Sahner. Er unterstiitzte mich nicht nur bei der Auswahl und Eingrenzung des Themas, sondem f6rderte auch nachdriicklich das riskante Unterfangen einer eigenen Datenerhebung. Er vermochte es, ein flir die DurchfUhrung der Studie und die Bearbeitung der Dissertation sehr gUnstiges Arbeitsklima zu schaffen. FUr seine Untersrutzung bei der Finanzierung der Studie, fUr sein Interesse am Fo rtschritt der Arbeit, flir seine Kommentare zu den verschiedenen Kapiteln der Arbeit und flir sein Vertrauen in das Gelingen des Dissertationsvorhabens bin ich ihm dankbar. Meinen Kollegen in Halle, allen voran Michael Bayer und Wolfgang Langer, bin ich dankbar, die Hohen und Tiefen des Fo rschungsalltags mit rnir geteilt zu haben. Sie hatten immer ein offenes Ohr flir meine spezifischen Probleme und Fragestellungen und waren stets bemiiht, eine entsprechende LOsung zu fmden. Thomas Voss, Bernhard Prosch, Per Kropp und Martin Abraham wiesen mir friihzeitig theoretische Perspektiven auf, die sich fruchtbar auf verschiedene soziologische Themen anwenden lassen. Diese Arbeit soIl daflir Zeugnis sein. Bernhard Prosch sei in ganz besonderer Weise gedankt. Nicht nur, weil er wichtige Teile der Arbeit kritisch kommentierte und diskutierte, sondem auch, weil ich unsere gemeinsamen Projekte und unsere Freundschaft stets als Vergnugen und gewinnbringende Abwechslung yom Arbeitsalltag zugleich empfand. FUr die Schulungen und intensiven Diskussionen uber die Feinheiten der sozialen Netzwerkanalyse und der Mehrebenenmodelle mochte ich mich bei Martin Everett, Kelvyn Jones und vor allem Wolfgang Langer bedanken. Wolfgang Langer flihrte rnir stets die Fa llstricke der statistischen Datenanalysen vor Augen, die in keinem Lehrbuch benannt werden. Diese Arbeit basiert auf einer empirischen Studie, deren Feldarbeit fmanziell durch die Deutsche Fo rschungsgemeinschaft untersrutzt wurde. Daflir sei der DFG gedankt. Den unentgeltlich teilnehmenden Befragten mochte ich fUr ihre Mitarbeit ebenso Dank aussprechen, wie den zahlreichen Interviewerinnen. SchlieBlich profitierte ich von der Untersrutzung durch meine Familie und meine Freunde. Die gemeinsamen Erlebnisse und guten Erfahrungen flihrten rnir vor Augen, dass ein personliches Netzwerk tatsachlich viel mehr ist als graue Theorie und nuchteme empirische Analyse. Soren Petermann Inhaltsverzeichnis Einleitung ....................................................... 11 Die Community Question . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 Kritische Betrachtung der Community-Diskussion ..................... 13 Ubersicht ..................................................... 16 Teil I Siedlungsstruktur und soziales Kapital 1 Community Lost: der Niedergang traditioneller sozialer Beziehungen •.. 21 1.1 Definition der Stadt .......................................... 23 1.2 Verlust der sozialen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1.3 Verlust der Verwandtschaftsbeziehungen ......................... 25 1.4 Verlust der N achbarschaftsbeziehungen .......................... 26 2 Community Liberated: die Bedeutung moderner sozialer Beziehungen ••. 28 2.1 Kritik an der Definition der Stadt ................................ 29 2.2 Allgemeine Entwicklungen .................................... 30 2.3 Kritik am Verlust der sozialen Gemeinschaft ....................... 31 2.4 Stadt-Land-Differenzen ....................................... 33 2.5 Kritik am Verlust der Verwandtschaftsbeziehungen ................. 34 2.6 Kritik am Verlust der Nachbarschaftsbeziehungen .................. 35 3 Soziales Kapital . • • • • • • • • • • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • . . . . • • .• 38 3.1 Konzeptionen des sozialen Kapitals .............................. 39 3.2 Kapitalbegriff ............................................... 41 3.3 Formen sozialen Kapitals ...................................... 42 3.4 Community Question und soziales Kapital ........................ 43 3.5 Personliche Netzwerke als soziale Strukturen ...................... 45 3.6 Informelle soziale Unterstiitzung als sozialer Austausch .............. 47 8 Inhaltsverzeichnis Teil II Die Form des sozialen Kapitals: personliche Netzwerke 4 Soziale Netzwerkanalyse ......................................... 51 4.1 Der Begriff des sozialen Netzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 4.2 Vorteile sozialer Netzwerkanalysen .............................. 53 4.3 Erhebung sozialer Netzwerke ................................... 54 4.4 Aufbau sozialer Netzwerke .................................... 56 4.5 Formalistische Netzwerkanalyse ................................ 58 4.6 Strukturalistische Netzwerkanalyse .............................. 61 5 Ein Constrained-Choice-Modell perstinlicher Netzwerke •••••••••••••• 64 6 Hypothesen zu Unterschieden zwischen perstinlichen Netzwerken •....•• 73 6.1 NetzwerkgroBe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.2 Netzwerkdichte .............................................. 76 6.3 Netzwerkzusammensetzung .................................... 78 Teil III Der Inhalt des sozialen Kapitals: informelle soziale Un terstfttzung 7 Soziale Unterstiitzungsanalyse •••.......•...••••..•••..••....•..•.. 85 7.1 UnterstUtzungsarten und UnterstUtzungsdimensionen . . . . . . . . . . . . . . .. 87 7.2 Multiplexitat der informellen sozialen UnterstUtzung ................ 90 8 Ein Austauschmodell informeller sozialer Unterstutzung ••••••••••••.• 92 8.1 Das Aogebot informeller sozialer UnterstUtzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 8.2 Nutzen-und Kostenaspekte informeller sozialer UnterstUtzung ....... 101 8.3 Kooperationsabsicherung informeller sozialer UnterstUtzung . . . . . . . .. 103 8.3.1 Losungen des Vertrauensproblems ......................... 106 8.3.2 Zeitliche Einbettung ..................................... 109 8.3.3 Netzwerkeinbettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111 8.3.4lnstitutionelle Einbettung ................................. 112 8.3.5. Kooperationsabsichemde Effekte .......................... 113 9 Hypothesen zu Unterschieden innerhalb perstinlicher Netzwerke •••••• 117 9.1 Emotionale UnterstUtzung .................................... 117 9.2 Instrumentelle UnterstUtzung .................................. 120 9.3 GeselligkeitsunterstUtzung .................................... 123 9.4 Multiplexe UnterstUtzung ..................................... 125 Inhaltsverzeichnis 9 Teil IV Empiriscbe Uberpriifung: soziale Unterstiitzungsnetzwerke im Raum Halle/Saale 10 Forschungsdesign •••..•................•.••......•••....•••.•• 133 10.1 Die Erhebungsmethode ..................................... 133 10.2 Das Erhebungsinstrurnent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134 10.3 Die Stichprobenziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 135 10.4 Der Riicklauf ............................................. 138 11 Datenbasis ••••••..•....•••••...••...........•••.....•••....•• 141 11.1 Beschreibung der Sozialstruktur Egos .......................... 141 11.2 Beschreibung der personlichen Netzwerke ...................... 149 11.3 Beschreibung der informellen sozialen UnterstUtzung .............. 158 12 Hypothesenpriifung der drei Netzwerkmodelle .•..•.••..•.•••••..•• 161 12.1 NetzwerkgroBe ............................................ 161 12.2 Netzwerkdichte ............................................ 164 12.3 Netzwerkzusammensetzung .................................. 167 13 Hypothesenpriifung der vier Unterstiitzungsmodelle •••••••••.....•. 172 13.1 Exkurs zur Mehrebenenanalyse ............................... 172 13.2 Emotionale UnterstUtzung ................................... 176 13.3 Instrumentelle UnterstUtzung ................................. 179 13.4 GeselligkeitsunterstUtzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183 13.5 Multiplexe Untersrutzung .................................... 186 14 Ergebnisdiskussion ••••...........................••••••..••..• 192 14.1 Die Form des sozialen Kapitals: personliche Netzwerke ............ 192 14.2 Der Inhalt des sozialen Kapitals: informelle soziale UnterstUtzung .... 197 Fazit ••.............................................•••..••••••• 203 Methodischer Anhang ...........•.••....•..•••.•.....•••••••••..• 205 A. Auszug aus dem Fragebogen mit den verwendeten Variablen ......... 205 B. Missing-Value-Analyse ....................................... 212 Literaturverzeichnis ••••..........•••...•............•••••••••••• 215 Personenverzeichnis •••......................•........•••.•••..••• 227 Stichwortverzeichnis .................................••.......... 231 Einleitung Die Community Question Soziale Untersrutzungsnetzwerke sind soziale Strukturen privater sozialer Beziehungen, durch die einzelne Personen in die Gesellschaft integriert sind. Diese personlichen Netzwerke bilden die Menge von Interaktions-und Kommunikationsbeziehungen, die eine Person zu anderen Personen, wie Verwandte, Freunde, Nachbarn usw., unterhalt. Die Gesamtheit der privaten sozialen Beziehungen -oft als personliches Netzwerk beschrieben -stellt den sozialen Kontext dar, tiber den eine Person in die Gesellschaft integriert ist (Fischer 1982a: 2). Vor dem Hintergrund zunehmender Verstadterung scheint es, als wtirde sich die soziale Integration tiber die personlichen Netzwerke auflosen, zumindest aber verandem. Die Erforschung dieses Verlusts beziehungsweise Wandels wird durch die Community Studies betrieben. Einen Schwerpunkt dieser Arbeiten bildet der Zusammenhang zwischen Siedlungsstruktur und dem Sozialgefiige personlicher Netzwerke. Jahrzehntelang war dieser soziologische Forschungszweig durch die Debatte tiber Art und Richtung des Zusammenhangs gepragt. Eine erste systematische Ubersicht legte Wellman 1979 vor, indem er drei verschiedene Argumentationslinien der Community Question unterscheidet: die Community-Lost-These, die Community Saved-These und die Community-Liberated-These (y.I ellman 1979, Wellman/Leighton 1979, Wellman 1988). In der Diskussion urn den Einfluss smdtischer Strukturen auf die sozialen Beziehungen setzt die Community-Lost-These den chronologisch ersten Schwerpunkt. Der Community-Lost-Ansatz beinhaltet einen Verlust sozialer Gemeinschaften und sozialer Beziehungen in modemen Gesellschaften im Allgemeinen und in Stadten im Besonderen. Aufgrund zunehmender Arbeitsteilung und Spezialisierung werden diese Formen sozialer Beziehungen ausgedi.innt. Stadtbewohner leben nicht mehr in traditionellen sozialen Gemeinschaften. Sie sind eher locker verbundene Mitglieder multipler und loser Ne tzwerke (y.I ellman 1979: 1204). Dieser Argumentationsschwer punkt kritisiert die stadtischen Lebensformen und sozialen Beziehungen. Die Community-Lost-These betont, dass die starken, lokal begrenzten sozialen Gemeinschaften, bestehend aus Beziehungen zu Familienmitgliedem, Verwandten und Nachbarn, verloren gehen beziehungsweise teilweise durch spezialisierte, oberflachliche Beziehungen ersetzt werden. An die Stelle starker emotionaler Beziehungen treten sachliche Motivationen. Dieser Verlust enger Bindungen ftihrt in die soziale Isolation. Informelle Netzwerke und damit der soziale Rtickhalt der 12 Einleitung einzelnen Individuen sind weggebrochen. Vertreter dieser GroBstadtkritik: sind unter anderenRiehl (1908), Spengler (1922), Park (1925), Mitgau (1941), Wirth (1974) und Simmel (1993). Die Community-Saved-Theorie entwickelte sich zeitlich spater als der Community Lost-Ansatz. Sie bildet den Gegenpol zur Community-lost-These. Die Vertreter des Community-Saved-Ansatzes argumentieren nichtnur, sondem belegen auch empirisch, dass trotz der Arbeitsteilung die aus nachbarschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen bestehenden starken sozialen Gemeinschaften auch in modemen Gesellschaften bestehen (Whyte 1955, YoungIWillrnott 1957, Gans 1962, 1967, Liebow 1967, Bien 1994). Diese Gemeinschaften konnen weiterhin bestehen, weil sie eine hohe EffIzienz hinsichtlich der Verfugbarkeit von UnterstUtzung und GeseIligkeit sowie informeller sozialer Kontrolle besitzen. Der Community-Saved-Ansatz sieht die soziale Integration der Stadtbewohner durch den Fo rtbestand sozialer Beziehungen aus primaren Kontexten und deren soziale UnterstUtzung gewahrleistet. Es konnte nachge wiesen werden, dass es keinen Zusammenhang zwischen Desintegration und Armut gibt, denn gerade in den armeren, von Minderheiten bewohnten Teilen nordamerikani scher GroBstadte bestehen dichte Solidaritatsnetze. Wellman (1979: 1205f.) raurnt jedoch einen wesentlichen Nachteil des Community-Saved-Ansatzes ein. Das Problem liegt darin, dass man iiberwiegend nach sozialen Beziehungen und sozialen Gemein schaften in primaren Kontexten, das hellit in N achbarschaften und unter Verwandten, gesucht hat, die fUr sich nur Segmente der sozialen Beziehungsstruktur darstellen und somit nicht reprasentativ aIle sozialen Beziehungen einer Person nachbilden. Der Community-Liberated-Ansatz bewegt sich zwischen den beiden Extrempolen der Community-Lost-und der Community-Saved-Thesen. Die befreite Gemeinschaft betont die Bedeutung der primaren Kontexte, aber weist gleichzeitig daraufhin, dass die meisten sozialen Beziehungen nicht in dicht gekniipften sozialen Gemeinschaften organisiert sind. Kempunkte der Community-liberated-Argumentation sind einerseits die groBere Zahl an Interaktionsmoglichkeiten in stadtischen Siedlungsstrukturen und andererseits die Losung der lokalen Bindung. In modemen Gesellschaften wird aufgrund der GroBe und Dichte der Stadte im Zusammenhang mit einem breiten Facher an Interaktionsmoglichkeiten ein groBerer Zugang zu lose abgegrenzten sozialen Netzwerken moglich. Die multiplen sozialen Netzwerke weisen nur schwache solidarische Komponenten auf, da die Netzwerkmitglieder iiber einen groBeren Raurn verteilt sind. Die wichtigen sozialen Beziehungen formen ein kaurn verkniipftes, raumlich verteiltes, weit verzweigtes soziales Netzwerk, statt aus einer einzigen dichtverkniipften sozialen Gemeinschaft zu bestehen (Wellman 1979: 1207). Diese Netzwerke bieten eine groBe Auswahl an direkten und indirekten Beziehungen zu unterschiedlichen und dispersen sozialen Ressourcen. Mit dieser Argumentation erreicht die Diskussion urn die soziale Integration der Stadt-und Landbewohner eine neue Qualitat. Aufgrund der gewonnenen Flexibilitat in der Gestaltung sozialer Beziehungen sei ein Uberleben in der Stadt moglich. Die soziale Integration der Stadtbewohner sei gesichert, weil die soziale UnterstUtzung von Beziehungen aus primaren und aus sekundaren Kontexten iibemommen wird. Die Community-Liberated These hat die Community Question von der lokalen Verankerung einer geschlossenen Einleitung 13 sozialen Gemeinschaft befreit (vgl. vor allem die Arbeiten von Laumann 1973, Fischer u.a. 1977, Verbrugge 1977, Wellman 1979, Fischer 1982a, Burt 1984, Campbell! MarsdenIHurlbert 1986, Marsden 1987, Willmott 1987, PappiIMelbeck 1988 und WellmanlCarringtonIHall 1988). Kritische Betrachtung der Community-Diskussion Setzt man sich jedoch kritisch mit diesen drei Community-Positionen auseinander, treten Mangel zutage, die sich sowohl auf einzelne Positionen beziehen, als auch die Community-Diskussion insgesamt betreffen. In der kritischen Auseinandersetzungmit den Arbeiten der Community Question wird oft eine mangelnde theoretische Anbindung konstatiert. Sind die ersten Publikationen der GroBstadtkritiker noch stark ideologiegeleitet, so sind spatere Arbeiten yom Unvermogen gezeichnet, die makro soziologischen Merkmale der Stadt mit den mikrosoziologischen Merkmalen sozialer Integration und sozialer Beziehungen zu verkniipfen (vgl. die kritischen Arbeiten von Bahrdt 1961, Dewey 1974, Konig 1977). Wurde zunachst gegen die stadtische Lebensweise polemisiert, stUtzen sich spatere Arbeiten auf die theoretische Annahme, dass Variablen der Siedlungsstruktur ursachlich die Variationen sozialer Beziehungen bewirken, ohne zu erkliiren, wie die Beziehungen iiberhaupt strukturiert sind beziehungsweise die soziale Integration ermoglichen. Von entscheidender Bedeutung ist deshalb die Feststellung Fischers (1982a), dass die Siedlungsstruktur nicht direkt die sozialen Beziehungen und Interaktionen beeinflusst, sondem nur indirekt Einfluss auf die Gestaltungsmoglich keiten sozialer Netzwerke nimmt. Eine Losung der mangelnden theoretischen Fundie rung ist meiner Meinung nach in der theoretischen Verbindung makrosoziologischer Merkmale der Sozialstruktur mit mikrosoziologischen Merkmalen der individuellen Netzwerkgestaltung zu suchen (vgl. Serbser 1997). Eine solche Verbindung leistet die auf dem struktur-individualistischen Programm basierende Konzeption des sozialen Kapitals (vgl. Coleman 1995a: 1. Kapitel, 1995b: 22. Kapitel, Haug 1997, Flap 1999). Soziales Kapital ist eine produktive Ressource. Es verkniipft makrosoziale mit mikrosozialen Merkmalen durch zwei wesentliche Elemente: Soziale Strukturen, zum Beispiel personliche Netzwerke, die soziale A ustauschhandlungen , zumBeispiel der Austausch informeller sozialer UnterstUtzung, ermoglichen. Ich gehe davon aus, dass sowohl die personlichen Netzwerke als auch der Austausch informeller sozialer UnterstUtzung durch individuelle Entscheidungen gepragt sind. Soziale Beziehungen kommen durch bewusste Investitionsentscheidungenzustande. Es wird angenommen, dass diese Entscheidungen auf einemAbwagen von Nutzen und Kosten einer sozialen Beziehung beruhen (Busschbach 1996). Daneben ist wichtig, dass Personen in der Gestaltung ihrer Netzwerke durch Merkmale der Sozialstruktur mehr oder weniger eingeschriinkt sind (Fischer 1982a). Von besonderem Interesse ist dabei die Siedlungsstruktur als eine Dimension der Sozialstruktur, weil in Stiidten mehr Menschen aus vielfaltigeren sozialen Kontexten zur Verftigung stehen. Stiidtische

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