Karl Hax Personalpolitik und Mitbestimmung Karl Hax Personalpolitik und Mitbestimmung Westdeutscher Verlag Köln und Opladen 1969 ISBN 978-3-663-00905-4 ISBN 978-3-663-02818-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02818-5 Verlags-Nr. 021071 © 1969 by Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen Gesamtherstellung: Dr. Friedrich Middelhauve GmbH, Opladen Umschlaggestaltung : Hanswerner Klein, Opladen Inhaltsverzeichnis Die menschlichen Beziehungen im Betrieb als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung .......................................................... 9 Grundfragen der betrieblichen Personalpolitik ............................ 18 Wandlungen der betrieblichen Personalpolitik unter dem Einfluß des Industriali- slerungsprozesses 30 Die menschliche Arbeit im Rahmen der Betriebsorganisation .................. 44 Die Personalpolitik japanischer Unternehmungen .......................... 60 Betriebliche Sozialpolitik als Teilbereich der Unternehmungspolitik ............ 78 Betriebliche Altersversorgung als Instrument der betrieblichen Sozialpolitik .... 98 Die volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung der "Mitbestimmung" ........ 106 Sind erfolgreiche Betriebsführung und Unternehmenspolitik mit wirtschaftlicher Mitbestimmung vereinbar? ............................................ 113 Die Aufgaben des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft unter dem Einfluß der qualifizierten Mitbestimmung .......................................... 128 Quellennachweis 142 Stichwortverzeichnis .................................................. 143 5 Vorwort Die Probleme der betrieblichen Personalpolitik, der Eingliederung des Menschen in die Betriebsorganisation und der Mitbestimmung sind von mir seit etwa zwei Jahrzehnten in einer Reihe von Einzeluntersuchungen behandelt worden. Diesen Arbeiten liegt die Konzeption einer personalen Unternehmenstheorie zugrunde. Da aber in jedem Auf satz in der Regel nur ein Teilaspekt behandelt wird und außerdem die Veröffentlichun gen sich auf eine Reihe von Zeitschriften und Sammelwerken verteilen, ist es für den interessierten Leser schwierig, sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Einer Anre gung meiner Mitarbeiter folgend bringe ich deshalb die Aufsätze über diesen Problem bereich nochmals gesammelt und in systematischer Ordnung heraus. Den Verlagen, die mir die Erlaubnis zu dem Nachdruck gegeben haben, bin ich zu besonderem Dank ver pflichtet. Dank schulde ich weiterhin meinen Mitarbeitern am Seminar für Industrie wirtschaft der Universität Frankfurt a. M. für ihre Hilfe bei der Gestaltung des Buches. Die Aufsätze erscheinen, von einigen Kürzungen abgesehen, in ihrer ursprünglichen Form. Auch die statistischen Angaben sind so geblieben, wie sie im Zeitpunkt der Ver öffentlichung als Grundlage der einzelnen Untersuchungen dienten. Auf diese Weise wird erkennbar, wie die allgemeinen Schlußfolgerungen, auf die es allein ankommt, aus der jeweiligen Zeitlage abgeleitet worden sind. Sie sind offenbar unabhängig von der Tagessituation und besitzen daher heute noch unverminderte Aktualität. Im Mittelpunkt aller Untersuchungen steht die Unternehmung als die Trägerin des gesellschaftlichen Produktionsprozesses. Die Unternehmung wird aber nicht als bloße Kapitalanlage angesehen, deren Zweck es ist, eine möglichst hohe Rendite abzuwerfen. Sie erscheint vielmehr als eine Ausdrucksform menschlicher Aktivität. Bei dieser betont personalen Betrachtungsweise stehen die Fragen des sinnvollen Einsatzes der mensch lichen Arbeitskraft im Unternehmen und der organisatorischen Gestaltung des Zusam menwirkens aller Beteiligten im Vordergrund. Derartige überlegungen gehen von der Tatsache aus, daß die Unternehmung ein gesellschaftliches Gebilde ist, in dem Men schen zusammenwirken, die dort ihre Existenzgrundlage finden und sich zugleich ihren menschlichen Eigenarten entsprechend betätigen wollen. Es ist allerdings zu fragen, wie derartige soziale Zielsetzungen mit den ökonomischen Zielen der Unternehmung abge stimmt werden können. Die Lösung liegt darin, daß man den Menschen so in den Pro duktionsprozeß einschaltet, wie es seiner spezifischen Eigenart entspricht. Das gibt ihm die gewünschte Entfaltungsmöglichkeit und bewirkt zugleich das langfristig erreichbare Höchstmaß an wirtschaftlicher Leistung. Im einzelnen werden in den Aufsätzen folgende Bereiche behandelt. Zunächst geht es um Fragen der Betriebsorganisation. Das Kernproblem ist dabei die Möglichkeit einer dezentralen Organisation, die zwei der für den Produktionsprozeß wichtigsten mensch lichen Eigensdlaften nutzbar zu machen versucht, nämlich sein Denkvermögen und die 7 Fähigkeit, Verantwortung zu tragen. Damit eng verbunden sind die Fragen der be trieblichen Personal- und Sozialpolitik. Es geht dabei vor allem um die Gewinnung, die Ausbildung und den zweckmäßigen Einsatz der Mitarbeiter. Dabei stehen im Vor dergrund die Grundsätze der Identifikation des Mitarbeiters mit seinem Unternehmen auf der einen Seite und die Sicherung der Mobilität auf der anderen Seite. Beide Prin zipien scheinen sich zu widersprechen; denn das eine bedeutet Bindung an das Unter nehmen, das andere dagegen weitgehende Freizügigkeit. Eine Synthese ist denkbar, wenn man die Mobilität innerhalb des Unternehmens - horizontal wie vertikal - in die überlegungen einbezieht. Ganz aufheben läßt sich dieser Gegensatz nicht. Die Analyse der Personalpolitik in japanischen Unternehmungen zeigt das unterschiedliche Gewicht bei der Prinzipien in Japan im Vergleich zu den westlichen Industrieländern. Der dritte Problembereich betrifft die Betriebsverfassung. Es geht dabei um die Schaf fung eines rechtlich verbindlichen Rahmens für die organisatorischen und personalpoli tischen Gestaltungsmöglichkeiten. Man spricht in der Regel von Mitbestimmung, wobei dieser Begriff im weitesten Sinne zu verstehen ist. Er umfaßt sowohl die »einfache« Mitbestimmung auf Grund des Betriebsverfassungsgesetzes als auch die »erweiterte« Mitbestimmung nach den für die Montanindustrie geltenden Vorschriften. In diesem Zusammenhang interessiert die Mitbestimmung allein in organisatorischer und ökono mischer Beziehung. Es geht hier um die Frage, wie die wirtschaftliche Leistungsfähig keit der Unternehmung durch den sinnvollen Einsatz der menschlichen Arbeitskraft gesteigert werden kann. Es wäre denkbar, daß diese zusammenfassende Betrachtung der Probleme aus dem Bereich der Unternehmensorganisation, der betrieblichen Personalpolitik und der Be triebsverfassung dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen und Lösungen vorzubereiten, die im Rahmen einer freien Gesellschafts-und Wirtschaftsordnung erwünscht sind. Frankfurt a. M., Februar 1969 Kar! Hax 8 Die menschlichen Beziehungen im Betrieb als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung I. Die Erforschung der menschlichen Beziehungen im Betrieb als sozialpolitische und betriebspolitische Forderung Die nicht abreißende Diskussion über die Stellung des Menschen im Betrieb ist nicht etwa nur eine Modeangelegenheit; sie ergibt sich vielmehr zwangsläufig aus der gesam ten sozialpolitischen Situation unserer Zeit. Unsere Sozialstruktur ist seit Beginn des industriellen Zeitalters in ständiger Bewegung, wobei das Ende der Entwicklung noch nicht abzusehen ist. Es handelt sich darum, einen neuen Gleichgewichtszustand herbei zuführen, vor allem ein Gleichgewicht zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Unter nehmerschaft (Managertum) und Arbeitnehmerschaft. Diese Aufgabe ist aber nicht allein auf der sozialpolitischen Ebene zu lösen; sie stellt sich für jeden Betrieb und jedes Unternehmen und erfordert in jedem Einzelfalle eine den besonderen Verhältnissen angepaßte Lösung. Aus diesem Grunde hat die Frage der menschlichen Beziehungen in den Betrieben heute ein wesentlich größeres Gewicht als noch vor einigen Jahrzehnten. Dazu kommen rein betriebspolitische Erwägungen. Die Unternehmungen sind größer geworden und damit komplizierter im Aufbau und im Arbeitsablauf. Das führt zu einer erhöhten Anfälligkeit gegen Störungen, sei es aus dem technischen, dem wirt schaftlichen oder dem persönlichen Bereiche. Wenn man sich gegen solche Störungen abschirmen will, muß man die Ursachen erforschen. Im technischen und im wirtschaft lichen Bereiche ist das seit langem schon systematisch geschehen; die gewonnenen Er fahrungen werden durch die Fachwissenschaft gesammelt, ausgewertet, in Publikatio nen festgehalten und der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Bei den menschlichen Pro blemen des Betriebes fehlt diese systematische fachwissenschaftliche Behandlung bisher. Man war vielfach der Meinung, es handele sich hier in erster Linie um eine Frage des persönlichen Geschicks und der persönlichen Erfahrung, die man nicht lernen könne. Dabei sind die menschlichen Probleme für das Gedeihen des Unternehmens von der gleichen Bedeutung wie die technischen und wirtschaftlichen Fragen. Störende Einflüsse von dieser Seite treten nicht nur durch Arbeitsstreitigkeiten, etwa in Form von Streiks und Aussperrungen, auf, sondern auch ohne einen solchen akuten Anlaß kann die Lei stung der Belegschaft als Folge einer ungünstigen Stimmungslage im Betrieb erheblich beeinträchtigt werden. Menge und Güte der Erzeugung werden auf jeden Fall wesent lich durdl die seelische Atmosphäre im Betrieb beeinflußt. Es liegt kein Anlaß vor anzunehmen, daß sich in diesem menschlichen Bereich nicht ebenfalls durch systematisches Vorgehen Erfahrungsregeln gewinnen lassen, die in der praktischen Betriebsarbeit mit Nutzen verwendet werden können. Die wissenschaft lichen Aufgaben, die sich hier ergeben, sind also nicht nur sozialpolitisch bedeutungs voll, sondern haben zugleich auch eine erhebliche betriebspraktische Bedeutung. Um so wichtiger ist es, daß sie unverzüglich und mit zureichenden Mitteln in Angriff genom men werden. Es fragt sich nur, welche Stellen diese Aufgaben übernehmen sollen. An sich handelt es sich um Betriebsprobleme, und es liegt nahe, daß man zunächst an 9 die Fachwissenschaften denkt, die sich mit der Erforschung des Betriebslebens beschäf tigen. Das sind die Betriebswissenschaft für die technischen Probleme und die Betriebs wirtschaftslehre für die wirtschaftliche Seite des Betriebsgeschehens. In dieser Glie derung kommt eine Eigenart der wissenschaftlichen Betrachtungsweise zum Ausdruck. Das Erfahrungsobjekt »Betrieb« wird jeweils nur unter einem ganz bestimmten Ge sichtspunkt untersucht, weil nur so die einzelnen Erscheinungen isoliert und auf ihre Ursache zurückgeführt werden können. Da bisher nur die technische und die wirt schaftliche Seite des Betriebsgeschehens wissenschaftlich beachtet wurden, entwickelte sich die Wissenschaft vom Betrieb zunächst in zwei Formen, als technische und als wirt schaftliche Betriebslehre. Daraus ergibt sich aber die Konsequenz, daß die systema tische Erforschung des Betriebsgeschehens von einem grundsätzlich neuen Gesichtspunkt, d. h. von der menschlichen und sozialen Seite aus, zur Entwicklung einer neuen Form der Betriebslehre führen muß. Neben die technische und wirtschaftliche Betriebslehre würde als dritte die soziale Betriebslehre treten, was dem Charakter des Betriebes als einer technischen, wirtschaftlichen und sozialen Einheit entspräche. Nun haben sich aber sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Betriebslehre schon von ihrer Entstehung an ständig mit den menschlichen Problemen des Betriebs geschehens beschäftigt, da diese sich von den technischen und wirtschaftlichen Fragen nicht trennen lassen. Es liegt nahe und ist auch rationeller, zunächst einmal die hier vorhandenen Ansatzpunkte weiterzuentwickeln. Dazu wäre allerdings zu prüfen, ob die bei den Wissenschaften ihrer ganzen Struktur nach überhaupt in der Lage sind, die neuen Aufgaben zureichend zu lösen. Bevor diese Frage grundsätzlich untersucht wird, soll zunächst einmal geprüft werden, welche Erfahrungen in den Vereinigten Staaten vorliegen, wo man sich schon seit mehr als zwei Jahrzehnten mit der wissenschaftlichen Erforschung der menschlichen Seite des Betriebslebens beschäftigt. II. Das amerikanische Vorbild Die Bedeutung, welche eine richtige Personalführung für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hat, wurde in den Vereinigten Staaten schon im Ersten Weltkrieg von Regierungskreisen und der Unternehmerschaft erkannt. Der Wechsel in der Einstellung der Betriebspraxis zeigt sich in dem Aufkommen neuer Bezeichnungen. Statt von »Employment Management« spricht man seitdem von »Personnel Management«. Die Arbeitsgesetzgebung führt gleichzeitig die Bezeichnung »human relations in industry«, abgekürzt »industrial relations« ein, die in der weiteren Folge auch von der Praxis als Sammelbezeichnung für alle mit der Regelung der Arbeitsverhältnisse und der mensch lichen Beziehungen im Betrieb zusammenhängenden Fragen übernommen wurde. Das »Personnel department« geht in ein »Industrial relations department« auf, das aller dings eine wesentlich erweiterte Aufgabe übernimmt 1. Die systematische Pflege des neuen Fachgebietes an den Hochschulen setzte nur zögernd ein. Die Sektion für Industrial relations, die 1922 an der Princeton Universität be- 1 L. A. H. Geck, Förderung der personellen Betriebsführung in den Vereinigten Staaten durch Organisationen und Institute. Praktischer Betriebswirt, 1938, S. 694. 10 gründet wurde, blieb zunächst vereinzelt. Erst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg folg ten eine Reihe weiterer Hochschulen (University of Michigan 1935, Stanford Univer sity 1936, Massachusetts Institute of Technology 1937, California Institute of Tech nology 1939). Nach dem Kriege setzte dann eine weitere Gründungswelle ein (Cornell University New York State School of Industrial and Labor Relations 1944, Univer sity of California, University of Chicago und University of Minnesota 1945, Univer sity of Wisconsin 1948). In welcher Weise hat man in den Vereinigten Staaten organisatorisch die neue Aufgabe gelöst? Man ist auch hier von den bestehenden Einrichtungen ausgegangen und suchte lediglich die Ergebnisse im Interesse einer besseren praktischen Auswertung systema tisch zusammenzufassen. Die neue Einrichtung ist grundsätzlich keine selbständige Stu dienrichtung, sondern dient als Institut allen anderen Fakultäten. In der Regel ist sie entweder dem Department of Economics and Social Science oder der School of Business Administration angeschlossen. Bei den Gründungen aus der letzten Zeit hat man die Bezeichnung »Industrial Relations Center« gewählt, um die besondere Stellung des Instituts zwischen den Fakultäten zum Ausdruck zu bringen. Die Studierenden aller Fachrichtungen haben hier die Möglichkeit, sich von Professoren der beteiligten Fakul täten über alle Spezialfragen, die mit der Regelung der Arbeitsverhältnisse und den menschlichen Problemen im Betrieb zusammenhängen, unterrichten zu lassen. Sie er werben aber in der Prüfung den akademischen Grad, der ihrer allgemeinen Fachrich tung entspricht, entweder in Economics (Wirtschaftswissenschaften), Business Admi nistration (Kaufmännische Betriebslehre), Engineering, Psychology, Sociology usw. Das geschieht schon aus praktischen Gründen, weil eine allzu enge Spezialisierung beim übertritt in den späteren Beruf hinderlich sein könnte. Ein Musterbeispiel für diese Regelung bietet das Industrial Relations Center der Universität von Wisconsin. Die Zusammensetzung der mitwirkenden Professoren, Dozenten und Assistenten zeigt ebenfalls, daß keine neue Studienrichtung entwickelt werden soll. Aus einer übersicht, welche die Industrial Relations Counselors, New York, 1948/49 aufgestellt haben, ergibt sich über die Fachrichtung der beteiligten Dozenten folgendes. Genannt werden 81 Namen; bei 17 ist die Fachrichtung nicht klar erkennbar. Von den 64 übrigen sind 41 Vertreter der verschiedenen Grundwissenschaften, die für die Probleme der Indus trial Relations von Bedeutung sind. 12 sind Vertreter der Economics, 1 der Statistics, 5 der Business Administration, 4 des Industrial Management (Technische Betriebslehre), 3 der Rechtswissenschaft, 7 der Psychologie, 2 der Psychiatrie, 5 der Soziologie und 2 der Erziehungswissenschaft. Von den restlichen 23 werden 17 als Vertreter der Fadl richtung »Industrial Relations«, je 2 für »Personnel Administration« und für »Per sonnel Management« genannt und 2 für »Social Welfare«. Diese besonderen Professu ren für »Industrial Relations« sind aber in der Regel in die Fachrichtung »Business Administration« eingegliedert. Das bedeutet also, daß in diesen Fällen die Erforschung der menschlichen Beziehungen im Betriebe im Rahmen der kaufmännischen Betriebs lehre erfolgt. Eine abweichende Entwicklung zeigt nur die Cornell University, die eine eigene School of Industrial and Labor Relations besitzt. Diese völlige Verselbständigung der neuen Fachrichtung ist aber vorläufig noch ein Ausnahmefall. Von Interesse ist es auch festzustellen, welche Arbeitsgebiete im einzelnen in den Auf gabenkreis des »Industrial relations center« fallen. Dieser Kreis ist sehr weit gespannt. 11 Es gehören hierhin Fragen der Wirtschaftstheorie (Labor Economics: Theorie der Löhne, Struktur der Arbeitsmärkte) und der Sozialpolitik (Geschichte und Probleme der Arbeiterbewegung, Organisation der Arbeiterschaft, Struktur, Aufgaben und Or ganisation der Gewerkschaften, Labor relations, d. h. Beziehungen zwischen Gewerk schaften und Management). Damit steht in engem Zusammenhang das wichtige Son dergebiet der sozialen Sicherheit (Social Security) und der Sozialversicherung. Weiter gehört hierin das gesamte Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts. Die technische Be triebslehre (Industrial Management) steuert Untersuchungen über Arbeits-, Zeit- und Bewegungsstudien, über Arbeitsbewertung und Lohnsysteme, insbesondere über Lei stungslöhne (incentive wages), bei. In Vorlesungen über Personnel Administration wer den Funktionen und Organisation der Personalverwaltung behandelt; die Sozialpsycho logie und die industrielle Psychologie liefern für die Vorlesungen über Personnel Man agement Unterlagen über Auswahl, Anstellung und Einarbeitung der Arbeiter und des aufsichtführenden Personals, entwickeln die für die Personalführung in den Vereinigten Staaten so wesentliche Technik des Interviews. Eine bedeutsame Rolle spielt im Aus bildungs- und Forschungsprogramm die Soziologie, die in engem Zusammenhang mit der Lehre von der Betriebsorganisation behandelt wird. Aus dem Gebiet der Politischen Wissenschaften werden vor allem die Fragen der öffentlichen Verwaltung, insbeson dere der Arbeitsverwaltung, der Public relations und die Erforschung der öffentlichen Meinung berücksichtigt 2. Die Industrial Relations Centers der amerikanischen Hochschulen beschränken sich bei ihrer Tätigkeit nicht nur auf Forschung und Ausbildung von Studenten. Sie veranstal ten darüber hinaus regelmäßig Kurse und Konferenzen für die Geschäftswelt, für jün gere Angestellte, für leitende Kräfte und Unternehmer, und auf der anderen Seite ebenso für Gewerkschaftsfunktionäre und sonstige Vertreter der Arbeiterschaft. III. Die Struktur der deutschen Betriebswirtschaftslehre Die Darstellung der Entwicklung in den Vereinigten Staaten hat gezeigt, daß dort die Fragen der menschlichen Beziehungen im Betrieb zunächst einmal von den bisherigen Fachwissenschaften behandelt werden. Es ist jetzt zu klären, ob wir in Deutschland ebenso verfahren sollen und können. Diese Frage soll hier nur für die kaufmännische Betriebslehre, d. h. also für die Betriebswirtschaftslehre, untersucht werden. 2 Es ist für den Außenstehenden nicht immer ganz leicht, die verschiedenen Bereiche dieser »Beziehungslehre« auseinanderzuhalten. »Industrial relations« ist offensichtlich die um fassende Bezeichnung, die Wortmarke für den ganzen Bereich. »Labor relations« meint die Beziehungen zwischen Unternehmungen und Gewerkschaften, seltener die Beziehungen zwi schen dem einzelnen Arbeitgeber und seiner Belegschaft. »Human relations« erfaßt die zwi schenmenschlichen Beziehungen innerhalb eines Unternehmens, zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, zwischen Gleichgestellten innerhalb der einzelnen Gruppen und zwischen den verschiedenen Gruppen. »Publje relations« haben insofern enge Beziehungen zu den »human relations« und den "labor relations«, als die tlffentlichkeit sozusagen im eigenen Betrieb beginnt, nämlich mit der eigenen Belegschaft, ihren Familienangehörigen, Verwandten und Freunden. Dort soll man ansetzen, wenn man die öffentliche Meinung günstig für das Unter nehmen beeinflussen will. Erst dann kommen die Beziehungen zur Gemeinde, in der das Werk liegt und zu den weiter entfernten gesellschaftlichen Gruppen. 12