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Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung : Transformativ, inklusiv und verantwortlich? PDF

30 Pages·2017·0.497 MB·German
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SWP-Studie Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit Marianne Beisheim / Anne Ellersiek Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Transformativ, inklusiv und verantwortlich? S 22 Dezember 2017 Berlin Alle Rechte vorbehalten. Abdruck oder vergleichbare Verwendung von Arbeiten der Stiftung Wissenschaft und Politik ist auch in Aus- zügen nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung gestattet. SWP-Studien unterliegen einem Begutachtungsverfah- ren durch Fachkolleginnen und -kollegen und durch die Institutsleitung (peer review). Sie geben die Auffassung der Autoren und Autorinnen wieder. © Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin, 2017 SWP Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit Ludwigkirchplatz 3­4 10719 Berlin Telefon +49 30 880 07-0 Fax +49 30 880 07-100 www.swp-berlin.org [email protected] ISSN 1611-6372 Inhalt 5 Problemstellung und Empfehlungen 7 Partnerschaften für die 2030-Agenda 9 Fragestellung: Meta-Governance 10 Empirische Grundlage 11 Meta-Governance für Multi-Stakeholder- Partnerschaften 11 Meta-Governance durch die Vereinten Nationen 15 Meta-Governance durch Geber-Institutionen 21 Meta-Governance auf nationaler und lokaler Ebene 24 Meta-Governance durch private Initiativen 27 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 30 Abkürzungen Dr. Marianne Beisheim und Dr. Anne Ellersiek sind Wissen- schaftlerinnen in der Forschungsgruppe Globale Fragen. Diese Studie präsentiert die Ergebnisse des Teilprojekts D1 »Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung«, das von 2006 bis 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 700 »Gover- nance in Räumen begrenzter Staatlichkeit« finanziert wurde (www.sfb-governance.de/ppp). In den ersten beiden Projekt- phasen lag der Schwerpunkt darauf, die Effektivität von Partnerschaften zu erforschen, vor allem deren Erfolgsbedin- gungen in Räumen begrenzter Staatlichkeit. In der dritten und letzten Projektphase (2014–2017) untersuchten wir, inwiefern relevante Akteure – basierend auf ihren Erfahrun- gen und der Kenntnis dieser Erfolgsbedingungen – eine passende »Meta-Governance« für Partnerschaften fordern bzw. schon bereitstellen, die dazu beiträgt, dass Partnerschaf- ten ihre Governance-Leistungen effektiv, inklusiv und ver- antwortlich erbringen. Wir danken der DFG für die groß- zügige Projektförderung und Lars Berger, Robin Faißt, Lukas Goltermann, Pauline Kiamba, Jasmin Lorch, Lili Mundle und Nils Simon für ihre wertvollen Beiträge zu unserer Forschung. Weitere Informationen zum Projekt sowie eine Übersicht aller Publikationen finden sich unter <http://bit.ly/SWPdossier_nachhaltigkeit_partner> Problemstellung und Empfehlungen Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Transformativ, inklusiv und verantwortlich? Die »Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung« der Vereinten Nationen (UN) benennt Multi-Stakeholder- Partnerschaften als ein wesentliches Instrument, um die mit der Agenda verabschiedeten Ziele für nach- haltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zu realisieren. Die bisherigen Erfahrungen mit diesen Partnerschaften zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren – Letztere aus Privatwirt- schaft und/oder Zivilgesellschaft – sind jedoch ge- mischt. Es gibt zwar wichtige Erfolge, doch werden sie durch zu viele Fehlschläge getrübt. Inwiefern grei- fen die Politik und andere relevante Akteure beste- hende Erkenntnisse zu Multi-Stakeholder-Partner- schaften auf, vor allem hinsichtlich ihrer Erfolgs- bedingungen, wenn nun neue Partnerschaften für die SDGs gefordert und gefördert werden? Die Studie stellt unter anderem die Ergebnisse einer Befragung ausgewählter internationaler Akteure vor, die aus vier Bereichen stammen: den Vereinten Natio- nen und ihrem Umfeld, aus Geber-Institutionen, Regierungen und privaten Initiativen. Wir analysieren zunächst die Urteile der Interviewpartner über die bisherige Leistung von Partnerschaften. Dann wird untersucht, welche Rahmenbedingungen die Befrag- ten für künftige Partnerschaften empfehlen, um diese gemäß den Ansprüchen der 2030-Agenda zugleich transformativ, inklusiv und verantwortlich zu ge- stalten. Alle Gesprächspartner sind sich einig, dass Part- nerschaften hinsichtlich dieser Kriterien verbessert werden müssen – doch ob und wie das gelingen kann, darüber gehen die Ansichten auseinander. Eine Gruppe aus Vertretern kritischer NGOs und einigen Entwicklungsländern lehnt Partnerschaften, vor allem mit der Privatwirtschaft, eigentlich ganz ab. Wenn überhaupt, sollten dabei Regierungen die Gestaltungs- hoheit behalten und einen strikten Regulierungs- und Überprüfungsrahmen vorgeben. Im Gegensatz dazu befürchtet eine andere Gruppe – mit teils eher wirt- schaftsaffinen, aber auch realpolitischen Sichtwei- sen –, dass zu viel Bürokratie potentielle Partner ab- schrecken sowie Flexibilität und Innovation verhin- dern wird. Zudem müsse man die Möglichkeit, dass Partnerschaften scheitern, gegen das Risiko stellen, SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 5 Problemstellung und Empfehlungen die SDGs bis 2030 nicht zu erreichen. Zwischen diesen Außerdem hat Deutschland seit Ende 2016 zusam- Positionen befindet sich die (größte) Gruppe derer, die men mit Bangladesch und Uganda den Ko-Vorsitz der Partnerschaften gestalten will – aber oft nicht genau Globalen Partnerschaft für Effektive Entwicklungs- weiß, wie sie dies zielgerecht und ausgewogen errei- zusammenarbeit (Global Partnership for Effective chen kann. Die vorliegende Studie baut auf früheren Development Cooperation, GPEDC) inne. Ein wichtiger Forschungsergebnissen auf, die zeigen, dass Partner- Arbeitsschwerpunkt der GPEDC ist es, Partnerschaften schaften effektiv, inklusiv und verantwortlich sein gemäß den Prinzipien der »aid effectiveness«-Agenda können, dies aber zahlreiche Voraussetzungen hat, zu entwickeln. Deutschland sollte als Ko-Vorsitzender weshalb eine gezielte Rahmensetzung samt kontinu- das Thema weiterführen und dabei auf den Vorarbei- ierlicher Lernprozesse wichtig ist. ten aufbauen, die der bisherige Co-Chair Niederlande Neben den subjektiven Einschätzungen der befrag- zu Partnerschaften geleistet hat. So wäre eine gut ten Akteure untersuchen wir, inwiefern die Vereinten ausgestattete Plattform unter dem Dach der GPEDC Nationen, Geber-Institutionen, Regierungen und pri- sinnvoll, damit sich Partnerschaften über ihre Arbeit, vate Akteure bereits de facto eine »Meta-Governance« Regierungen wiederum über ihre Meta-Governance für erbringen, um Partnerschaften gezielter zu entwi- Partnerschaften austauschen und beide ihre Anstren- ckeln, zu steuern und zu überprüfen. Unter Meta- gungen bündeln können. Governance verstehen wir übergeordnete Prinzipien Sowohl die Vereinten Nationen als auch die GPEDC und Regeln, die helfen sollen, die Arbeit von Partner- sollten sich außerdem darauf konzentrieren, Regie- schaften anzuleiten, zu begleiten oder auszuwerten. rungen bei ihren Vorkehrungen auf nationaler Ebene Auch hier sind die Ergebnisse gemischt. Zwar fanden zu unterstützen, damit sie Partnerschaften transfor- wir viele Bausteine einer Meta-Governance, aber diese mativ, inklusiv und verantwortlich entwickeln und ergeben ein eher fragmentiertes denn kohärentes umsetzen können. Gerade auf Länderebene fehlt es Gesamtbild. Aus den Befunden zu Einsichten, Forde- sowohl an Unterstützung und Orientierung als auch rungen und Lücken ergeben sich unsere Handlungs- an Monitoring und Kontrolle von Partnerschaften. empfehlungen. Weil die Meta-Governance für Partnerschaften ins- Bereits in der Vergangenheit hat sich Deutschland gesamt schwach und fragmentiert ist, drohen sich die sowohl auf UN-Ebene als auch in der bi- und multila- Probleme der Vergangenheit zu wiederholen – damit teralen Politik stark für Multi-Stakeholder-Partner- wären Partnerschaften eben kein effektives Mittel für schaften engagiert. In der UN-Generalversammlung die Umsetzung der 2030-Agenda und die Ziele nach- erarbeitet Deutschland traditionell die Entwürfe für haltiger Entwicklung. die Resolution »Towards Global Partnerships« (TGP). Den Resolutionsentwurf reicht die Bundesrepublik üblicherweise zusammen mit der Europäischen Union und anderen Sponsoring Countries ein. Turnusgemäß standen die Verhandlungen über den Entwurf im Herbst 2017 an. Nun wurden sie nach schwierigen Debatten auf 2018 verschoben. Dies zum einen, weil sich die Mitgliedstaaten nicht einig waren, ob sie die im dazugehörigen TGP-Bericht des Generalsekretärs unterbreiteten Vorschläge unterstützen wollen; zum anderen, weil sie sich mehr Klarheit über die weiteren Reformvorhaben des Generalsekretärs wünschen. Deutschland sollte die 2018 anstehenden Verhand- lungen nutzen, um auf eine kohärenter umgesetzte Strategie für transformative, inklusive und verant- wortliche Partnerschaften im UN-System zu drängen. Dazu formulieren wir konkrete Vorschläge. Das Gele- genheitsfenster für eine solche Politik wird noch größer durch die aktuellen Reformbemühungen, die Generalsekretär António Guterres mit Blick auf das UN-Entwicklungssystem unternimmt. SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 6 Partnerschaften für die 2030-Agenda Partnerschaften für die 2030-Agenda Partnerschaften zwischen staatlichen und nichtstaat- lichen (Regierungen oder internationalen Organisa- lichen Akteuren werden in der Politik als ein effekti- tionen) und nichtstaatlichen Akteuren (aus Wirt- ves und innovatives Instrument zur Realisierung von schaftsunternehmen oder -verbänden, Stiftungen außen- und entwicklungspolitischen Zielen gehan- oder Nichtregierungsorganisationen) – mit dem delt.1 Im September 2015 benannten die UN-Mitglied- erklärten Ziel, Gemeinschaftsgüter bereitzustellen.5 staaten sie erneut in der Agenda 2030 für nachhaltige Gemäß SDG 17.16 sollen Multi-Stakeholder-Partner- Entwicklung als ein wichtiges »Mittel zur Umsetzung« schaften die Globale Partnerschaft »ergänzen«, »zur (means of implementation) für die in der Agenda Mobilisierung und zum Austausch von Wissen, Fach- festgelegten 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung kenntnissen, Technologie und finanziellen Ressour- (SDGs).2 cen, um die Erreichung der Ziele für nachhaltige Bereits bei den Verhandlungen über die Agenda Entwicklung in allen Ländern und insbesondere in forderten viele Staaten Partnerschaften – oftmals ohne den Entwicklungsländern zu unterstützen«.6 MSPs dass ganz klar gewesen wäre, was damit genau ge- zielen also darauf ab, verschiedene Ressourcen unter- meint ist. Einige sprechen von Partnerschaften, wenn schiedlicher Akteure zu mobilisieren und zu »poolen« sie bi- und multilaterale Vereinbarungen »auf Augen- (Wissen, Finanzmittel, technologisches Knowhow, höhe« zwischen Regierungen meinen. Entsprechend Entscheidungskompetenzen etc.). SDG 17.17 enthält bekräftigt SDG 17 die »Globale Partnerschaft« im die Forderung, die »Bildung wirksamer öffentlicher, »Geist einer verstärkten globalen Solidarität« und im öffentlich-privater und zivilgesellschaftlicher Partner- Sinne einer insgesamt verbesserten Zusammenarbeit schaften aufbauend auf den Erfahrungen und Mittel- bei der Finanzierung sowie beim Kapazitätsausbau. beschaffungsstrategien bestehender Partnerschaften« Andere meinen öffentlich-private Partnerschaften (public- zu unterstützen und zu fördern. private partnerships, PPP), die mit einer (Teil-) Privati- Die von den UN-Mitgliedstaaten im Jahr 2015 sierung öffentlichen Eigentums oder öffentlicher beschlossene Addis-Abeba-Aktionsagenda (AAAA) Dienstleistungen einhergehen. PPPs werden von der benennt Partnerschaften als einen Weg, um die be- Wirtschaft eher begrüßt, jedoch von Teilen der Zivil- nötigte Finanzierung der SDGs aufzubringen. Neben gesellschaft heftig kritisiert.3 In dieser Studie fokus- staatlichen Steuereinnahmen, staatlichen Kreditauf- sieren wir uns vor allem auf Multi-Stakeholder-Partner- nahmen und öffentlichen Entwicklungsgeldern wer- schaften (MSPs). Gemeint sind damit dauerhafte Koope- den staatliche und private Investitionen und soge- rationen verschiedener Stakeholder4 – zwischen staat- nannte »blended financing«-Modelle als Finanzierungs- quelle genannt. Letztere stellen meist das Finanzie- 1 Marianne Beisheim, Innovative Governance durch Entwicklungs- rungsmodell von Partnerschaften dar. Experten ver- partnerschaften? Chancen und Grenzen am Beispiel transnationaler weisen auf die beachtlichen Erfolge etwa des Global Wasserpartnerschaften, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria und Politik, August 2011 (SWP-Studie 20/2011). 2 United Nations General Assembly (UNGA), Transformation empfehlen nach diesem Vorbild sogenannte »goal- unserer Welt: Die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung, New York 2015 (UN-Dok. A/RES/69/315 und A/RES/70/1). 3 Barbara Adams/Jens Martens, Fit for Whose Purpose? Private Funding and Corporate Influence in the United Nations, New York: Personen, Gruppen oder Institutionen bezeichnet, die gege- Global Policy Forum, 2015; Jens Martens/Karolin Seitz, Globale benenfalls Anspruch auf Beteiligung an Entscheidungs- Partnerschaften. Wundermittel zur Umsetzung der 2030-Agenda?, verfahren erheben. Vgl. Andrew L. Friedman/Samantha Miles, Bonn: Global Policy Forum, 2017; Mathieu Vervynckt/Maria Stakeholders. Theory and Practice, New York: Oxford University José Romero, »Gefährliche Täuschung. Öffentlich-private Press, 2006. Partnerschaften sind riskante Finanzierungsinstrumente«, 5 Marco Schäferhoff/Sabine Campe/Christopher Kaan, »Trans- in: Brot für die Welt u.a. (Hg.), Partnerschaften mit Risiken. Über national Public-Private Partnerships in International Rela- die Chancen, Gefahren und Nebenwirkungen von Multi-Akteur- tions. Making Sense of Concepts, Research Frameworks, and Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung, 2017, S. 16f. Results«, in: International Studies Review, 11 (2009) 3, S. 451–474. 4 Als Stakeholder werden die von einem Problem betroffenen 6 UNGA, Transformation unserer Welt [wie Fn. 2]. SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 7 Partnerschaften für die 2030-Agenda based investment partnerships«.7 Allerdings konnten sollen den politischen Entscheidungsträgern der Mit- ähnliche Ansätze in anderen Bereichen bisher noch gliedsländer als Information für die weitere Umset- keine vergleichbaren Ergebnisse erzielen.8 zung der SDGs dienen (im Sinne einer »evidence-based Die Ansprüche an MSPs sind mit der Agenda 2030 political guidance«). noch gestiegen, denn nun ist das Ziel die »Transforma- Ein solcher Review von MSPs ist sinnvoll, denn sie tion unserer Welt« (so der Titel der Agenda) – entspre- hatten, wie bisherige Untersuchungen zeigen, nicht chend sollen Partnerschaften transformativ wirken. Das unbedingt mehr Erfolg als andere Instrumente der bedeutet, Partnerschaften sollen nicht nur Symptome Zusammenarbeit.12 Gleichzeitig gelten einige MSPs als bearbeiten, sondern für strukturelle und systemische sehr erfolgreich, wie etwa die Impf-Partnerschaft GAVI Probleme Lösungen finden, etwa indem sie Märkte Alliance.13 Die Forschung ist sich daher einig, dass die transformieren.9 Den Prinzipien der Agenda 2030 beteiligten Akteure je nach Ausgangslage und Auf- folgend, sollen MSPs zudem inklusiv gestaltet sein, da- gabenprofil unterschiedliche Erfolgsbedingungen beach- bei niemanden zurücklassen und »diejenigen zuerst ten müssen.14 Wollen Partnerschaften zum Beispiel erreichen, die am weitesten zurückliegen«.10 Inklusi- freiwillige Standards etablieren, so sollten sie diese vität bezieht sich dabei sowohl auf das Ausmaß der über inklusive Prozesse erarbeiten und diejenigen gesellschaftlichen Partizipation an MSPs als auch auf einbinden, die sich später freiwillig an die Standards die Frage, wer von ihrer Arbeit profitiert. Schließlich halten bzw. von ihnen profitieren sollen.15 Sind die sollen MSPs über ihre Aktivitäten Rechenschaft ablegen. Anreize hoch, die Standards zu verletzen, sollten die In den Artikeln 84 und 89 der Agenda 2030 werden Beteiligten ein unabhängiges Monitoring vereinbaren. Partnerschaften und alle anderen maßgeblichen Service-Partnerschaften, bei denen Gelder und andere nichtstaatlichen Akteure aufgefordert, über ihre Akti- Ressourcen fließen, müssen gut organisiert sein, um vitäten zu berichten. Diesen Anspruch begründeten schlechte Allokation oder gar Missbrauch von Mitteln Entwicklungsländer während der Verhandlungen zu vermeiden.16 Verantwortlichkeiten müssen präzise unter anderem damit, dass sie oft den Eindruck hät- abgesprochen, Anpassungen an lokale Bedingungen ten, weder über die Aktivitäten nichtstaatlicher und Interessenlagen früh geklärt werden. Insbeson- Akteure in ihrem Land informiert zu sein, noch diese dere in fragilen Räumen sind eine vorgeschaltete Son- steuern oder kontrollieren zu können. dierung der Sicherheitslage, intensive Kommunika- Die »Weiterverfolgungs- und Überprüfungsprozes- se« (follow-up and review) für die Agenda 2030 und die Wissenschaft und Politik, Mai 2016 (Working Paper FG 8, SDGs sind auf UN-Ebene beim jährlichen Hochrangi- 2016/02). gen Politischen Forum zu nachhaltiger Entwicklung 12 Siehe für einen Überblick: Beisheim, Innovative Governance durch Entwicklungspartnerschaften? [wie Fn. 1]; Marianne Beis- (High-level Political Forum on Sustainable Develop- heim/Andrea Liese (Hg.), Transnational Partnerships: Effectively ment, HLPF) angesiedelt. Im Rahmen der HLPF-Reviews Providing for Sustainable Development?, Houndmills 2014; Philipp soll eine »Plattform für Partnerschaften« bereitgestellt Pattberg/Frank Biermann/Sander Chan u.a. (Hg.), Public-Private werden.11 Die Ergebnisse der diversen Review-Prozesse Partnerships for Sustainable Development. Emergence, Influence and Legitimacy, Cheltenham 2012. 7 Guido Schmidt-Traub/Jeffrey D. Sachs, Financing Sustainable 13 Marco Schäferhoff, »Partnerships for Health«, in: Beis- Development. Implementing the SDGs through Effective Investment heim/Liese (Hg.), Transnational Partnerships [wie Fn. 12], S. 45– Strategies and Partnerships, Sustainable Development Solutions 62. Network (SDSN), 2015. 14 Beisheim/Liese (Hg.), Transnational Partnerships [wie Fn. 12]; 8 Vgl. etwa im Bereich Bildung: Karen Mundy/Caroline Philipp Pattberg/Oscar Widerberg, Transnational Multi-Stake- Manion, »The Education for All Initiative. History and Pro- holder Partnerships for Sustainable Development. Building Blocks for spects Post-2015«, in: Tristan McCowan u.a. (Hg.), Education Success, Amsterdam: Institute for Environmental Studies and International Development. An Introduction, London/New York (IVM), 2014 (IVM Report, R-14/31). 2015, S. 49–68. 15 Marianne Beisheim/Christopher Kaan, »Transnational 9 Jane Nelson, Partnerships for Sustainable Development. Collective Standard-Setting Partnerships in the Field of Social Rights. Action by Business, Governments and Civil Society to Achieve Scale and The Interplay of Legitimacy, Institutional Design, and Process Transform Markets, Cambridge: Harvard Kennedy School/ Management«, in: Magdalena Bexell u.a. (Hg.), Democracy and London: Business and Sustainable Development Commission, Public-Private Partnerships in Global Governance, Basingstoke 2010, 2017. S. 122–144. 10 UNGA, Transformation unserer Welt [wie Fn. 2], Paragraph 4. 16 Marianne Beisheim/Sabine Campe, »Transnational Public- 11 Marianne Beisheim, Follow-up and Review. Developing the Private Partnerships’ Performance in Water Governance. Institutional Framework for Implementing and Reviewing the Sus- Institutional Design Matters«, in: Environment and Planning C: tainable Development Goals and Partnerships, Berlin: Stiftung Government and Policy, 30 (2012) 4, S. 627–642. SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 8 Fragestellung: Meta-Governance tion mit lokalen Akteuren und der Ausbau von Kapa- Fragestellung: Meta-Governance zitäten ratsam.17 Viele dieser Erfolgsfaktoren sind für Entwicklungs- Wie lässt sich nun erreichen, dass aus den bisherigen projekte allgemein relevant. Sie gelten aber vor allem Erfahrungen mit Partnerschaften gelernt wird?21 Wir für MSPs, die von mehreren Akteuren getragen wer- nehmen die oben genannten Erkenntnisse zu Erfolgs- den, deren jeweilige Stärken es zu mobilisieren gilt. bedingungen von MSPs als Ausgangspunkt und fragen In unseren Fallstudien stellte sich etwa heraus, dass danach, inwiefern verantwortliche Akteure auf ihnen MSPs in fragilen Räumen dann besonders erfolgreich aufbauen, wenn nun MSPs noch höhere Ansprüche Projekte umsetzen konnten, wenn sie mit fähigen erfüllen sollen. Konkret lautet unsere Fragestellung: lokalen Brokern zusammenarbeiteten und mit diesen Was fordern oder tun relevante Akteure, wie etwa die Verein- auch vorab und begleitend Beteiligungsprozesse orga- ten Nationen, Regierungen, Geber oder private Initiativen, um nisierten.18 Allzu oft fehlen MSPs jedoch die erforder- Multi-Stakeholder-Partnerschaften für die SDGs zu gestalten? lichen Kenntnisse, um Projekte vor Ort zielgruppen- Wir untersuchen, wie die von uns befragten Akteu- gerecht umsetzen zu können. Einige MSPs unter Be- re die Arbeit von Partnerschaften für die SDGs unter- teiligung der Wirtschaft waren besonders gut darin, stützen und/oder überprüfen wollen. Mit Blick auf die intelligente Geschäftsideen (business cases) für lokale Anforderungen der Agenda 2030 interessiert uns be- Partner zu erarbeiten. Diese hatten dann einen Anreiz, sonders, inwieweit diese Maßnahmen darauf abzielen Projekte nach Auslaufen der externen Finanzierung sollen, MSPs künftig transformativer, inklusiver und ver- selbständig weiterzubetreiben. Ein großes Problem antwortlicher zu machen, und wie die Akteure diese vieler Partnerschaften besteht gerade darin, dass sie Begriffe verstehen und operationalisieren. Dabei oft gute Pilotprojekte umsetzen, ihnen aber keine fokussieren wir uns auf institutionalisierte Rahmen- Breiten- und Langzeitwirkung verschaffen können. setzungen, wie etwa Prinzipien, Kriterien, Leitlinien Häufig gelingt es MSPs nicht, entsprechende Mehr- oder sonstige Vorgaben und Regularien und konzep- werte zu realisieren. Unsere Untersuchungen zeigen tualisieren dies als Meta-Governance für Partnerschaf- sogar, dass sich die Beteiligten vielfach in Konflikten ten.22 Hier beziehen wir uns auf wissenschaftliche verlieren, noch bevor die eigentliche Arbeit begonnen Konzepte, nach denen Meta-Governance definiert hat.19 So erweist sich auch eine professionell mode- wird als »governing of governing« oder »organization rierte Anfangsphase des »Partnerings«, inklusive guten of self-organization«.23 Unserem Verständnis nach Konfliktmanagements, als wichtige Erfolgsbedingung erbringen Partnerschaften als nichtstaatliche Institu- für MSPs.20 tionen Governance-Leistungen – sei es etwa in Form freiwilliger Standards, sei es als Service-Leistungen 21 Marianne Beisheim, »›Das Rad nicht neu erfinden‹«, in: 17 Andrea Liese/Hannah Janetschek/Johanna Sarre, »Can PPPs E+Z: Entwicklung und Zusammenarbeit, (2014) 10, S. 392; Stama- Make It Anywhere? How Limited Statehood and Other Area tios Christopoulus/Balazs Horvath/Michael Kull, »Advancing Factors Influence PPP Effectiveness«, in: Beisheim/Liese (Hg.), the Governance of Cross-Sectoral Policies for Sustainable Transnational Partnerships [wie Fn. 12], S. 131–160; Marianne Development. A Metagovernance Perspective«, in: Public Beisheim/Andrea Liese/Hannah Janetschek u.a., »Transnation- Administration and Development, 32 (2012) 3, S. 305–323. al Partnerships. Conditions for Successful Service Provision 22 Marianne Beisheim/Nils Simon, Meta-Governance of Partner- in Areas of Limited Statehood«, in: Governance, 27 (2014) 4, ships for Sustainable Development – Actors’ Perspectives on How the S. 655–673; Marianne Beisheim/Anne Ellersiek/Jasmin Lorch, UN Could Improve Partnerships’ Governance Services in Areas of »INGOs and Multi-Stakeholder Partnerships«, in: Tanja A. Limited Statehood, Berlin: SFB700, 2015 (SFB-Governance Börzel u.a. (Hg.), The Oxford Handbook of Governance and Limited Working Paper Series Nr. 68). Statehood, Oxford: Oxford University Press, 2018, S. 211–230. 23 Vgl. Jan Kooiman, Governing as Governance, London 2003, 18 Beisheim/Liese (Hg.), Transnational Partnerships [wie Fn. 12]; S. 170; Eva Sørensen, »Metagovernance. The Changing Role Jana Hönke/Markus-Michael Müller, »Brokerage, Intermedia- of Politicians in Processes of Democratic Governance«, in: tion, Translation«, in: Börzel u.a. (Hg.), The Oxford Handbook of The American Review of Public Administration, 36 (2006) 1, S. 98– Governance and Limited Statehood [wie Fn. 17], S. 333–352. 114 (98); Bob Jessop, »From Governance to Governance Failure 19 Siehe auch Pamela Sloan/David Oliver, »Building Trust and from Multi-Level Governance to Multi-Scalar Meta-Gover- in Multi-stakeholder Partnerships. Critical Emotional Inci- nance«, in: Bas Arts u.a. (Hg.), The Disoriented State. Shifts in dents and Practices of Engagement«, in: Organization Studies, Governmentality, Territoriality and Governance, Heidelberg 2009, 34 (2013) 12, S. 1835–1868. S. 79–98; Christopoulus u.a., »Advancing the Governance 20 Pattberg/Widerberg, Transnational Multi-Stakeholder Partner- of Cross-Sectoral Policies for Sustainable Development« [wie ships for Sustainable Development [wie Fn. 14]. Fn. 21], S. 306. SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 9 Partnerschaften für die 2030-Agenda beispielsweise in den Bereichen Gesundheit oder Er- besserer Partnerschaften zur Realisierung der SDGs nährung. Meta-Governance umfasst dann all die über- bedürfe (mit Ausnahme jener Akteure, die Partner- geordneten Regeln, die diese Governance-Arbeit von schaften an sich ablehnen). Sie bestätigten auch, dass Partnerschaften anleiten, begleiten oder auswerten die Erfahrungen mit Partnerschaften und die spezifi- sollen. Dabei kann Meta-Governance auf der nationa- schen Erfolgsbedingungen zu berücksichtigen seien. len oder internationalen Ebene sowohl von (zwischen-) Allerdings hatten nur wenige Interviewpartner kon- staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren krete Vorstellungen davon, wie solche Vorgaben betrieben werden – wobei nur staatliche Akteure über umgesetzt werden sollten. Gleichzeitig fanden wir sanktionsbewehrte ordnungsrechtliche Maßnahmen einige Bausteine, die im Sinne von Meta-Governance verfügen. relevant für Partnerschaften sind. Deren Inhalte be- Wir untersuchen die Aktivitäten und Ansichten von ziehen sich meist auf Umstände der Einbeziehung Akteuren in vier Politik-Arenen: (1) Vereinte Nationen, von Unternehmen in PPPs, mitunter aber auch auf (2) Geber-Institutionen, (3) Kenia als Fallbeispiel für die bestimmte sektorale Partnerschaften oder allgemein nationalstaatliche Ebene und (4) private Formen von die Zusammenarbeit staatlicher Organisationen mit Meta-Governance für Partnerschaften. Empirisch gibt privatwirtschaftlichen oder zivilgesellschaftlichen es dabei durchaus Überschneidungen, beispielsweise Akteuren. Oft jedoch handelte es sich eher um ein- wenn private Geber-Institutionen (Stiftungen) natio- zelne Bruchstücke von Meta-Governance für Partner- nale Plattformen für Partnerschaften unterstützen, schaften; solche Elemente können keine große oder so etwa die SDG Philanthropy Platform in Kenia, die gar transformative Wirkung entfalten, wenn sie nicht vom lokalen UNDP-Büro koordiniert wird. in eine kohärente und effektive Umsetzungsstrategie, mitsamt hinreichenden Ressourcen, eingebettet werden. Empirische Grundlage Diese Studie basiert auf einer breiten empirischen Grundlage. Erstens wurden Dokumente ausgewertet – Vereinbarungen, Absichtserklärungen, Projektinfor- mationen und -publikationen von Partnerschaften wie beteiligten Akteuren oder (unabhängige) Evaluierun- gen von Partnerschaften und dazugehörigen Program- men. Zweitens haben wir an relevanten Konferenzen und Verhandlungen zum Thema beobachtend teil- genommen. Auf UN-Ebene betraf dies etwa Experten- treffen und Partnerschaftsforen bzw. Verhandlungen zum Thema Partnerschaften und nachhaltige Ent- wicklung. Bei einigen dieser Treffen haben wir eigene Veranstaltungen zum Thema organisiert, beispiels- weise Side Events beim HLPF 2016 sowie 2017 im Rahmen des Hochrangigen Treffen der GPEDC in Nairobi und während der Global Partnership Week in Washington D.C., die jährlich von USAID und dem amerikanischen Außenministerium ausgerichtet wird. Darüber hinaus haben wir Interviews mit rund 60 institutionellen Akteuren geführt. Diese wurden so ausgewählt, dass internationale, nationale und lokale Akteure vertreten waren – staatliche wie nichtstaat- liche, zivilgesellschaftliche wie privatwirtschaftliche – sowie Unterstützer und Kritiker des Partnerschafts- ansatzes. Leider waren die Interviews teils wenig ergiebig. Die Befragten stimmten zwar meist zu, dass es (noch) SWP Berlin Partnerschaften im Dienst der Agenda 2030 Dezember 2017 10

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