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Partizipation in der Schule: Theoretische Perspektiven und empirische Analysen PDF

193 Pages·2001·3.739 MB·German
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Partizipation in der Schule Theoretische Perspektiven und empirische Analysen Studien zur Schul- und Bildungsforschung Band 11 Herausgegeben vom Zentrum für Schulforschung und Fragen der Lehrerbildung (ZSL) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Jeanette Böhme/ Rolf-Torsten Kramer (Hrsg.) Partizipation in der Schule Theoretische Perspektiven und empirische Analysen Leske + Budrich, Opladen 2001 Gedruckt auf säurefreiem und alterungs beständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN 978-3-8100-2942-3 ISBN 978-3-322-94982-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-94982-0 © 2001 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für VervieWiltigungen, Übersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt lose! Keuffer Partizipationsforschung am Zentrum für Schulforschung und Fragen der Lehrerbildung - Ein Vorwort .................................................. 7 leanette BöhmelRolf-Torsten Kramer Einleitung ..... ... ...... ... ........... ............ .............. ............. ... .................. ........... 9 I. Zugänge und Konzepte zur Partizipation in der Schule Hartmut Wenzel Lehrereinstellungen und Partizipationsmöglichkeiten - Voraussetzungen für die pädagogische Schulentwicklung in den Schulen der neuen Bundesländer .................................................... 15 Heinz-Hermann Krüger Wandel von Schulqualität und Partizipationsformen - Schulentwicklung in Sachsen-Anhalt ........................................................ 27 Werner Helsper Schülerpartizipation und Schulkultur - Bestimmungen im Horizont schulischer Anerkennungsverhältnisse .................................. 37 Meinert A. Meyer Schülermitbeteiligung im Fachunterricht - Schülerpartizipation im Horizont (fach-)didaktischer Überlegungen ......................................... 49 5 11. Projektergebnisse und Triangulation Gunhild GrundmannlRolf-Torsten Kramer Partizipation als schulische Dimension - Demokratische Reformhoffnungen zwischen schulischen Gestaltungsmöglichkeiten und strukturellen Brechungen.... ..................... 59 Catrin Kötters/Ralf Schmidt/Christine Ziegler Partizipation im Unterricht - Zur Differenz von Erfahrung und Ideal partizipativer Verhältnisse im Unterricht und deren Verarbeitung ............................................................................. 93 Angelika Lingkost/Gudrun Meister Partizipation und pädagogische Professionalität - Pädagogische Deutungsmuster von Lehrern und die Bedeutsamkeit der Biographie ............................................................ 123 111. Resümee - Methodische und theoretische Reflexionen Jeanette Böhme/Rolf-Torsten Kramer Zur Triangulation der empirischen Ergebnisse und Entwurf zu einer Theorie schulischer Partizipation .................................. 153 Verzeichnis der Autoren und der einbezogenen Forschungsprojekte ............................................... 189 6 Josef Keuffer Partizipationsforschung am Zentrum für Schulforschung und Fragen der Lehrerbildung - Ein Vorwort Das "Zentrum für Schulforschung und Fragen der Lehrerbildung" (ZSL) wurde 1994 als eines der interdisziplinären Zentren der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg gegründet. Neben einer beratenden und mode rierenden Funktion in den bildungspolitischen Diskussionen um die Schul entwicklung in Sachsen-Anhalt bestand eine zentrale Aufgabe des ZSL in der Planung und Durchführung von Forschungsprojekten im Bereich der Schul und Unterrichtsforschung. Die Aufgabe der Bildungsforschung wurde vom ZSL an regionale, überregionale und internationale Kooperationen und Dis kurse gekoppelt. Die Publikationen und Veranstaltungen des ZSL sind das Ergebnis dieser breit angelegten Diskussionskultur. So steht auch der vorlie gende Band zum Thema Partizipation im Bereich von Schule und Unterricht in dieser Tradition und ist beredter Ausdruck der Forschungs- und Koopera tionsbemühungen des ZSL. Der Arbeitsschwerpunkt "Partizipation" resultiert aus der Gründungszeit des ZSL und der historischen Nähe zur politischen Wende der Jahre 1989/90. Mit der spezifischen Konzentration auf schulische Transformation nach der politischen Wende und auf die Thematik der Beteiligung von schulischen Akteuren an diesen Prozessen hat das ZSL sein erstes großes Forschungspro gramm aufgelegt. Dieses Schwerpunktthema wurde in den von der Deut schen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekten zur Grundlagenfor schung umgesetzt. Darüber hinaus wurden vergleichbare Fragestellungen auch in eher praxisnahen und anderweitig finanzierten Projekten bearbeitet. In diesem Sinne beziehen sich die in diesem Band vorgestellten Ergebnisse der Projektarbeit nun unter verschiedenen theoretischen und methodischen Gesichtspunkten auf das Thema Partizipation. Das Organisationsprinzip des ZSL zielt auf eine breite Beteiligung im Diskurs von Wissenschaft, Lehrerbildung, Schule sowie Verwaltung und steht unter dem Anspruch, verschiedene Disziplinen und Perspektiven in Forschung und Lehrerbildung an einem Standort zu vernetzen und somit eine Plattform für den übergreifenden Austausch zu schaffen. Diese Arbeits struktur ermöglicht es dem ZSL, auf verschiedenen Ebenen und in unter schiedlichen Diskussionszusammenhängen präsent zu sein. Die Zusammen führung der Vertreter der Allgemeinen Didaktik und der Fachdidaktik, der Erziehungswissenschaft und der Pädagogischen Psychologie ist ein Verdienst des ZSL, das sich als ein Ort der Lehrerbildung etabliert hat. 7 Mit dem Anspruch des ZSL, ein Ort der Forschung und der Lehrerbil dung zu sein, sind selbstverständlich große Anstrengungen und auch Schwie rigkeiten verbunden: Erstens bedarf es der Vermittlung zwischen Disziplinen und methodologischen Richtungen, die während der Festveranstaltung zum fünfj ährigen Bestehen des ZSL im Jahre 1999 von Professor Reinhard Kreckel, dem damaligen Rektor der Universität, als "harte Grenzgängerar beit" bezeichnet wurde. Zweitens sind dafür Kommunikationsräume ganz eigener Art zu schaffen, die Disziplingrenzen in einer diskursiven Atmosphä re überwinden helfen, um ein Zusammenwirken besonders von Didaktikern und Erziehungswissenschaftlern zu ermöglichen. Das ZSL hat dazu nationale und internationale Fachtagungen sowie Workshops durchgeführt und Ar beitskreise eingerichtet. Darüber hinaus hat die laufende Vortragsreihe "Kröllwitzer Kamingespräche" die wichtige Funktion, wissenschaftlich und bildungspolitisch bedeutsame Themen aus verschiedenen Blickrichtungen zu präsentieren und zu diskutieren. Im Sommersemester 1998 stand in diesem Rahmen die Präsentation der Forschungsergebnisse des ZSL zum Schwer punkt Partizipation im Mittelpunkt. Die Ergebnisse aus den Diskussionen bildeten den Ausgangspunkt dieser Publikation. Die damaligen Vorträge sind zu Aufsätzen weiterentwickelt worden. Dabei haben die Herausgeber ein Experiment gewagt, indem sie im Sinne einer noch intensiveren Vernetzung der Forschungstätigkeit Autorenteams vorstellen, die sich aus unterschiedli chen Projekten und Forschungsrichtungen zusammensetzen. Dies bedeutet, dass jeweils differente Zugänge, Forschungsmethoden und Ergebnisse auf einander treffen und in den Aufsätzen vermittelt werden. Der Anspruch der Vernetzung, das Ziel der Erreichung von Synergieeffekten im Forschungs prozess und die damit verbundene Grenzgängerarbeit waren auch eine große Herausforderung für die beteiligten Autoren. Die Herausgeber haben die Chance genutzt, die Triangulation von theoretischen Perspektiven, Methoden und Ergebnissen nicht bloß additiv vorzustellen, vielmehr haben sie es ver standen, den thematischen Zusammenhang von schulischen Entwicklungs prozessen und Partizipationsmöglichkeiten oder -hindernissen aus unter schiedlichen Perspektiven zusammenzuführen. Die Frage der Ergebniskopp lung erkennen die Herausgeber auch als Problematik der Anerkennung des jeweils anderen Zugangs. Die Aufklärung der Ambivalenzen von Partizipation können auch als ei ne Wiederaufnahme und kritische Fortführung der schon 1973 vom Deut schen Bildungsrat geforderten verstärkten Selbständigkeit der Schule und Partizipation der Lehrer, Schüler und Eltern gedeutet werden. Dass dieses Thema gerade in den letzten Jahren wieder an Aufmerksamkeit gewonnen hat, weist auf die aktuelle Bedeutung von Partizipation im Bildungswesen hin. Ich wünsche dem Band eine breite Aufmerksamkeit, da er in besonderer Weise auf den herausragenden Stellenwert von Partizipation für das Zusam menleben in einer demokratischen Gesellschaft verweist. 8 Jeanette Böhme/Rolf-Torsten Kramer Einleitung Mit und nach dem gesellschaftlichen Umbruch in der DDR Ende der 80er Jahre wurde der Handlungsbedarf nach einer Demokratisierung des ostdeut schen Schulwesens betont. Das westdeutsche Schulsystem wurde dabei diffi zil zum Orientierungspunkt erhoben und so unter der Hand die kritische Auseinandersetzung damit zurückgenommen. Davon ist auch dieser Band ein Ausdruck, insofern die ostdeutsche Fokussierung und die ausbleibende Kon trastierung mit dem westdeutschen Schulsystem eine Begrenzung der ange legten Forschungsperspektiven bedingt. Denn Behauptungen sowohl von "typisch ostdeutschen" Besonderheiten als auch der Generalisierbarkeit von Ergebnissen für die gesamtdeutsche Schullandschaft bleiben weitgehend riskant und markieren eher Forschungsdesiderate. Dennoch zeigen nun die vorliegenden Beiträge, dass sich durch die Demokratisierungsbemühungen des ostdeutschen Schulwesens wie im Zeitraffer Strukturprobleme entfaltet haben, deren Bearbeitung in den deutsch-deutschen Überlegungen zu einer Schule mit Zukunft ein zentraler Stellenwert zugesprochen werden muss. Die erneute Aktualität der Thematik ,,Partizipation in der Schule" lässt sich da rüber hinaus auf weitere Aspekte zurückführen: So werden Partizipationsver sprechen im Rahmen der Diskussion um die Autonomie von Schule zuneh mend durch Partizipations verpflichtungen der Einzelschulen abgelöst. Was sich also auf der Ebene konkreter schulischer Beziehungen als "verordnete Autonomie" rekonstruieren ließ (vgl. Helsper 1995), spiegelt sich nun in den bildungspolitischen Orientierungen sowie in den Schulqualitätsdiskussionen wieder. Auch ist durch das Scheitern von Schulreformen, in denen die Aus gestaltungsfrage partizipativer Verhältnisse ein kontinuierliches Brenn punktthema ist, auch die Grenze der Umsetzbarkeit partizipativer Modelle im Rahmen der Schule aufgezeigt, die zunehmend mit einer Problematisierung der Schulpflicht verbunden wird (vgl. Oevermann 1996). Der vorliegende Band verdeutlicht, dass sich ,,Partizipation in der Schule" auf differenten Ebenen diskutieren lässt: Erstens hinsichtlich der grundlegen den Struktur des Schulsystems, auf die vielfältige Aspekte Einfluss haben, wie schulgeschichtliche Traditionen, gesellschafts- und bildungspolitische Ausgangslagen, administrative Rahmungen, bildungsökonomische und de mographische Konstellationen. Zweitens lässt sich Anfang des 20. Jahrhunderts angestoßen wurde die Thematik als Ideengeschichte diskutieren, die im schulpädagogischen Dis kurs insbesondere durch die Schulgemeindekonzepte reformpädagogischer 9 Nischen. Daran anschließend war die Wiederaufnahme dieser schulre formerischen Traditionslinien in den fünfziger Jahren untersetzt durch einen gesamtgesellschaftlichen Demokratisierungsprozess und eine Entauratisie rung pädagogischer Generationsbeziehungen. Partizipationsverhältnisse wurden damit schulintern zur potentiellen Verhandlungssache und aus exter ner Perspektive zum Fokus mehr oder weniger deutlich explizierter Schul kritik - und das sowohl in West- als auch in Ostdeutschland. Diese bezieht sich im Kern auf die Differenz von Partizipationsversprechen und erfahrba ren Entscheidungs- und Verantwortungshierarchien im Schulalltag. Damit lassen sich drittens partizipative Verhältnisse im Hinblick auf die konkrete schulische Handlungs- und Interaktionsebene diskutieren. Kontras tierungen des schulalltäglichen Erfahrungszusammenhanges und der Ideen geschichte liefern dabei Beiträge zu einer ,Enttäuschungs- und Defizitge schichte " die sich um den Entwurf einer offenen Partizipationskultur rankt. Betrachtet man nun das Anspruchs- und Erwartungsprofil, auf dem eine solche Erweiterung schulischer Partizipationsräume aufruht, lässt sich durch aus ein Wandel skizzieren: Standen am Anfang des 20. Jahrhunderts reform orientierte schulische Zusammenhänge in dem Bemühen, als Miniaturfiguren Gegenentwürfe zu den gesellschaftlich kritisierten Verhältnissen zu verwirk lichen, wurde nach der Anknüpfung an diese Traditionslinien in den 50er und 60er Jahren der damit verbundene gesellschaftliche, schulische und pädago gische Machbarkeitsglaube zunehmend relativiert. Sowohl die Diskussion um den "heimlichen Lehrplan" (vgl. Zinnecker 1975), als auch die Herausar beitung des strukturellen Technologiedefizits der Pädagogik (vgl. LuhmanniSchorr 1982) und der Verweis auf die Bedeutung latenter Sinnebe nen schulischer Interaktionen (vgl. Combe/Helsper 1994) zeigten die konsti tutiven Ungewissheitspotentiale schulisch initiierter Bildungsprozesse auf. An die Stelle trat die Betonung der sozialisatorischen Bedeutsamkeit, schü lerseitige Partizipationsmöglichkeiten einzurichten (vgl. BaackeIBrücher 1982). Damit etablierte sich schließlich eine vierte Ebene, auf der ,,Partizipation in der Schule" aus sozialisationstheoretischer Perspektive diskutiert wird. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurden nun schuladministrative und -politische Bemühungen um eine Demokratisierung der Schule in den 50er und 60er Jahren, die sich besonders auf eine Neudefinition der Schülerl im schulischen Zusammenhang konzentrierten, einer scharfen Problematisierung ausgesetzt. So wird zum Beispiel in Hinblick auf die Schülermitverantwor tung (SMV) von Holtmann und Reinhardt (1971) das ,,Ende einer Ideologie" konstatiert und damit die Kritik von Furck, der die SMV ein "demokratisches Feigenblatt" nannte, systematisch weitergeführt (vgl. ebd., S. 99). Diese Kritik wird dabei derart untermauert, dass durch die schuladministrative Aus Gründen der Lesbarkeit wird sich in diesem Band an dieser Stelle und im Weiteren auf die Nennung der männlichen Form beschränkt. 10

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