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Parmenides und die Geschichte der griechischen Philosophie PDF

275 Pages·1916·39.172 MB·German
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PARM.ENIDES UND DIE GESCHICHTE DER GRIECHISCHEN PHILOSOPHIE VON KARL REINHARDT ''t .. 1916 VE-RLAG VON FRIEDRICH COHEN IN BONN ESEL. PARMENIDES UND DIE GESCHICHTE DER GRIECHISCHEN PH I LOS O PH I Et~~ ---·.~/. · ,:. ::- ~ / _VON KARL REINHARDT 1916 VERLAG VON FRIEDRICH COHEN IN BONN Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1916 by Friedrich Cohen, Bonn. Ohlenrothsche Buchdruckerei Georg Richters Erfurt.· ,· (} 'J INHALT Seite Einleitung ................................ _. . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Parmenides 1. Das Verbindungsglied zwischen den beiden Teilen des Gedichts .............................. •.... 6 2. Der zweite Teil. ............................ .". . . . . . 10 3. Der erste Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4. Archaische Komposition . .. .. . . .. . . .. . . . .. . .. . . . . . . 61 6. Verhältnis .der beiden Teile .. .. .. . . .. . .. .. . . . . . . .. . 64 Il. Xenophanes . 1. Die doxographische Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Die Fragmente.................................... 112 3. Epicharm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Xenophanes in Elegien und Sillen . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6. Xenophanes im Lehrgedicht .. .. . . .. . .. .. . . .. . .. . .. 145 6. Verhältnis zu Parmenides......................... 162 III. Heraklit 1. Die überlieferte Chronologie . .. .. . . .. .. .. . . . .. . . . . . 1ö5 2. Die Quelle des Hippolytos . . .. . .. . . .. . . . .. .. .. .. . .. 158 3. Weltbrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Weltperioden und Kreislauf der Geburten.......... 183 5. Verhältnis zu den Eleaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 6. Relative Chronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 IV. Schulzusammenhänge 1. Der Philosoph Pythagoras . . .. . . .. . . . .. . .. . .. .. .. .. 231 2. Heraklit, Alkmaion, Pythagoreer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Protagoras und die Herakliteer ........ : . . . . . . . . . . . 241 V. Logik und Mystik ................................... 260 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 • • Seitdem die historische Forschung mit dem Klassizismus aufgeräumt, die "Q~eile des Alte~ums beis._eiteg elegt und selbst das Fragen und Prüfen in die Hand genommen hat, hat sie zum alten Ruhme des Parmenides wenig hinzugefügt und viel von ihm genommen. Die Ehrwürdigkeit der Person, die ihm durch Platons Dichtung zugesprochen war, der Glanz, der ihn als ältesten Verkünder der Ideenlehre zu umgeben schien, erwiesen sich, je.länger je mehr, als seinem Wesen fremd, und seit am Ende auch die klassizistische Wertung seiner Kunst, die sich am längsten noch gehalten hatte, durch Diels glücklich umgestoßen ist, gestehen wir uns, daß nicht einmal der Dichter an ihm echt sei, daß der feierliche Mantel allzu fadenscheinig sei, um über die Dürftig keit und Nüchternheit seines poetischen Gebarens auf die Dauer zu täuschen. Was man ihm für diese Einbußen zu geben hatte, war eine feste Stellung und Bedeutung in der philosophischen Entwicklung. Was man ihm nicht nehmen konnte, war der Name des ersten Metaphysikers. Freilich nur eines halben und noch dazu nicht einmal ganz originellen. Aus dem Pantheismus oder Monotheismus des Xenophanes, so stellte man fest, habe er den reinen $einsbegriff heraus gezogen, mehr gesondert und gereinigt als gefunden oder geschaffen. Dabei sei es ihm nicht übel gelungen, .G ott aus diesem Begriffe hinauszubringen, aber die Materie sei ihm unversehens daringeblieben, habe das reine Sein erdrückt und in der Gestalt der alles umfassenden Weltkugel sich selber an dessen Stelle gesetzt. So sei das Werk auf halbem Wege stecken geblieben, über die Entseelung des ursprüng- Rei n hardt, Parmenides, 1 . . . . . . - ~ • • 0 : :A : • 0 .. . . 2 (·.: :l i~ i~~~Jc~~i:iii~~inen sei es nicht hinausgediehen. Rechne man außerdem die fruchtbare Bekanntschaft mit dem Pythagoreertum und die nicht minder fruchtbare (½gne! schaft mit Heraklit hinzu, so habe man der Voraussetzungen übergenug, um dies System historisch zu erklären; aller dings ein seltsam eigensinniges, eckiges, einförmiges System, für seine Starrheit und Begrenztheit unbegreiflich schlecht gewachsen; und als ob es mit der bloßen Seinslehre, trotz all ihrer unverbrüchlichen Gewißheit, doch noch nicht genug sei, wird dem Leser oder Schiller noch zu guter Letzt ein über langer Anhang dreingegeben,. wo denn der Philosoph, des trocknen Deduzierens endlich müde, aus seiner engen Wahr heit in die weite Welt des Scheins hinausspaziert, als habe er, über dem All-Einen spekulierend, dem Versucher Menschen wahn nicht widerstehen können, der ihm rings umher die schöne grüne Weide zeigte. Gibt man so zu ver stehen, daß es mit der absoluten künstlerischen und philo sophischen Leistung des Parmenides nicht allzu weit her sei, so ist man um so bereitwilliger im Anerkennen seiner ge schichtlichen Bedeutung: daß er als Gegner der Herakliteer, im Kampfe für das unbedingte Sein gegen das unbedingte ·werden, eine Spa~ung. und Dissonanz in die Naturphilo sophie gebrac~t habe, aus der als Lösungen nacheinander die drei größten Schöpfungen ionischer . Wissenschaft hervor gegangen seien: die Systeme des Empedokles, Anaxagoras und Leukipp. So scheint Parmenides augenblicklich außer halb der Fragen, jedenfalls der großen Fragen in der Wissen schaft zu stehen, denn das einzige, was bei ihm noch proble matisch scheint, sein schattenhaftes Pythagoreertum, würde. auch wenn es wirklich einmal greifbare Gestalt gewinnen sollte, doch an seiner Einschätzung nichts ändern und ihn jedenfalls nicht aus dem historischen Rahmen lösen, worein die Forschung ihn von oben und unten eingespannt ~t. Und doch gäbe es noch Fragen genug zu stellen, Fragen freilich, die man zu allererst an diese Forschung selbst zu richten hätte; als zum Beispiel: ob diese historischen Ver bindungen und Verknüpfungen, an sich betrac~tet, so natür- 3 lieh und von selbst gegeben seien, wie die Philosophiegeschichte es uns gerne glauben machen möchte? Ob man sich, zum 1' ; Beispiel, je genügend klar darüber geworden sei, was es heiße, in Xenophanes den Lehrer des Parmenides zu er blicken ? Müßte nicht der Meister wenig Freude an ihm erlebt haben, der Schüler einen sonderbaren Eigensinn gehabt haben, sich die Gedanken seines Lehrers alle einzeln anzueignen und dabei den Ausgangspunkt, den Zweck de~ Ganzen hartnäckig zu leugnen, ja nicht einmal zu bekämpfen, sondern sich zu stellen, als habe er sein Lebtag nichts der"1 gleichen je gehört ? 1 Man mag sich mancherlei Möglichkeiten ausdenken, ein theistisches oder pantheistisches Weltgefühl mit dem begrifflichen Denken zu be~ältigen: daß aus einem solchen Denkprozeß die Philosophie der Eleaten hervor gehen konnte, müßte unbedingt als Rätsel empfunden werden, 1 Hier die bisherigen Antworten auf diese Frage: .,Wir brauchen daher nicht anzunehmen, daß ihn religiöse Scheu oder Vorsicht ab gehalten habe, sich über das Verhältnis seines Seienden zu der Gott heit zu erklären (Brandis comm. el., S. 178). Die Antwort liegt näher: er tat es nicht, weil er ein ganzer, plastischer Philosoph war, seine Philosophie aber zur Aufstellung theologischer Bestimmungen keinen Anlaß gab", Zeller l', S. 616,3. .,Bei ::,{enqp}_li,wedse, r mit nn.. Recht als sein Vor~ Dich~ und_ Denk~ betrachtet wird, ist Gottheit und.Welt eins, das Theologische herrscht in seinem etwas engen Pantheismu.<1s ogar vor. Bei Pannenides fällt mit der irffischen auch Welt, deren Wirklichkeit er leugnet, -d~ transzendente Gegen stück die Gottheit fort. Es ist doch offenbar Absicht, d;:ß er in seiner ermüdend vorgetragenen Charakteristik des All-Einen den Namen qottea.'_V er!Jle!det. Er fürchtete durch Einmischung des den Men schen nie rein faßbaren Gottesbegriffes die hehre Majestät seines -ewigen ~ zu gefährden. Daher wohl auch die bei einem Hellenen unbegreifliche Schemenhaftigkeit seiner göttlichen Gestalten." Diels Parmenides, S. 8 . .,Was von Xenophanes mehr nur als ein religiöses Postnlat hingestellt worden war, die Einheit und Einzigkeit der mit der Welt identischen Gottheit, wird von Pannenides als eine me taphysische Theorie aus rein begrifflichen Untersuchungen ent. wickelt. Derjenige Begriff aber, welcher dabei in den Mittelpunkt gerückt wird und schließlich den Umkreis aller übrigen verschlingt. ist der des Seins." Windelband-Bonhöffer, S. 4 7. Mir scheint diese Erklärung eher die Schwierigkeiten zu verschleiern als zu lösen. Ebenso wenig zu folgen vermag ich Gomperz, Griech. I Denker, S. 146. l"' 4 hätte man nicht allzu sehr schon sich an die historische Kon struktion gewöhnt; um von noch ganz anderen Rätseln vor der Hand zu schweigen. Aber solche allgemeinen Betrach tungen haben ein starkes und begründetes Mißtrauen gegen sich, denn die historische Notwendigkeit hat sich, wie billig, immer erst aus der Zufälligkeit der Tatsachen zu ergeben. Also beginne ich lieber mit diesen. Und um es gleich vorweg zu bekennen: es liegt mir auch gar nicht so viel an einer neuen historischen Einreihung als vielmehr daran, daß Parmenides einmal zu Worte komme, daß ich ihn zum Reden bringe Ich gestehe, eine Vorliebe für ihn zu haben und zu glauben, ihm zu seinem Rechte yerhelfen zu müssen. Und vielleicht hat er auch wirklich ein besonderes Recht darauf, einmal für sich allein gehört zu werden, ohne Rücksicht auf den Streit der Schulen und den Fortschritt des Gedankens. Denn er erklärt sich schwer, und manches, was in seine Verse nicht hinüberkonnte, was in seinen Gedanken stumm zurückblieb, will noch zwischen den Worten und Zeilen und selbst zwischen den Teilen seines Gedichtes gelesen sein.

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