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Parker schießt den Vogel ab PDF

115 Pages·2010·0.58 MB·German
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Parker schießt den Vogel ab Butler Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges Josuah Parker stand konzentriert und federnd, aber dennoch beherrscht und würdevoll hinter der stabilen Schutzwand und visierte sein Ziel an. In seiner rechten Hand befand sich ein pralles, rundliches Wurfgeschoß, das einen gefährlichen Eindruck machte. Nachdem der Butler die neue Wurfrichtung fest‐ gelegt hatte, hob er entschlossen den Arm und schleuderte das Geschoß durch die Luft. Es gab einen dumpfen Aufschlag, der von einem berstenden Geräusch unter‐ malt wurde. Parker hob vorsichtig den Kopf und informierte sich über seine Treffsicherheit. Einige dunkelrote Tropfen, die sich hinter ihm an der Wand bildeten, übersah er. Der Butler bückte sich, nahm ein neues Geschoß in die Hand und schleuderte es auf sein Ziel. In Deckung der stabilen Schutzwand bleibend, bewaffnete er sich dann mit einem Luftdruckgewehr und ließ eine kleine, dem Kaliber entsprechende Gelatinekapsel in den Lauf gleiten. Seine Augen verengten sich kritisch. Vorsichtig schob er den Kopf seitlich an der Schutzwand vorbei, zielte schnell und löste den Schuß. Mit einem giftigen Bersten zerplatzte die Gelatinekapsel im Zentrum. Josuah Parker schien enthemmt zu sein. Hastig lud er-das Luftgewehr, ver‐ schoß eine weitere Kapsel und krönte sein Dauerfeuer mit einem weiteren Wurfgeschoß. Hinter ihm an der Wand zeichneten sich weitere, rote Tropfen ab. Parker, der sich mit frischer Munition bewaffnen wollte, drehte sich halb um und entdeckte sie. Betroffen, überrascht, vielleicht auch entsetzt, sah er sich die Spuren seines Kampfes an. Angesichts dieser Überraschung gestattete er sich sogar den Luxus eines leichten Kopfschüttelns. Nein, das hatte er nun wirklich nicht gewollt...! Rechts von ihm befand sich eine Tür, deren Klinke sich zögernd und vorsichtig senkte. Parker sah diese Bewegung und reagierte augenblicklich. Blitzschnell riß er das Luftdruckgewehr hoch und schob mit dem linken Fuß den Behälter mit den vorbereiteten Wurfgeschossen unter einen alten, ausgedienten Tisch. Sekunden später wurde die Tür aufgestoßen. Parker ließ den Gewehrlauf sinken und verbeugte sich stumm vor Mike Rander, dem jungen Strafverteidiger, dessen Butler er war. „Parker, was geht denn hier vor?" erkundigte sich der junge Anwalt und blieb jäh stehen. Erstaunt sah er sich um und wußte nicht, was er von dieser Szene halten sollte. Einige Meter vor dem Schutzschild, hinter dem sein Butler sich aufgebaut hatte, stand ein großer, breiter Rahmen, der an der Kellerwand befestigt war. In diesem seltsamen Rahmen hingen gut und gern zehn große, breite und rechteckige Leinwandgebilde, die mit allen Farben der Regenbogenskala be‐ spritzt waren. „Sir, ich erlaubte mir, im Schnellverfahren einige moderne, surrealistische Gemälde herzustellen", antwortete Josuah Parker, der zu seiner gewohnten Ruhe zurückgefunden hatte. „Wie war das ...?" Mike Rander trat vor die riesige Staffelei und musterte die seltsamen Gebilde. Die Farbkompositionen waren mehr als modern. Sie sprangen dem Betrachter förmlich ins Auge und stellten eine einzige Beleidigung dar. Die von Parker auf die Leinwand geschmetterten und geschossenen Farben liefen wirr durcheinander und schufen skurrile Formen, die dem Hirn eines Irren entsprun‐ gen zu sein schienen. „Verblüffend echt", stellte Mike Rander lächelnd fest. „Ist das Ihr neues Hobby, Parker?" „In etwa, Sir, würde ich sagen." Parker richtete sich auf und stellte das Luftgewehr behutsam in eine Kellerecke. „Besitzen Sie noch mehr davon?" wollte Rander wissen. „Wenn Sie gestatten, zeige ich Ihnen meine Picasso-Abteilung, Sir!" „Wie bitte?" Rander unterdrückte ein Grinsen und hielt sich nur mühsam ernst. Er folgte Parker hinter die Schutzwand und ließ sich Bilder zeigen, die Picasso recht ähnlich waren. „Sehr begabt...!" meinte der junge Anwalt, der seinen Butler und Vertrauten nicht kränken wollte. „Das war auch meine bescheidene Ansicht, Sir." Parker nickte zustimmend. „Ich ließ diese Bilder nach Picasso- Vorlagen von dem 10jährigen Jungen unserer Aufwartefrau herstellen." „Jetzt verstehe ich kein Wort mehr." Mike Rander zündete sich eine Zigarette an und nahm sicherheitshalber auf einem wackligen Stuhl Platz. „Ich möchte betonen, Sir, daß ich mich auf die moderne Kunst spezialisierte", redete Josuah Parker weiter. „Ich denke, daß ich mit dieser Sammelherstellung das Ziel erreicht habe." „Von welchem Ziel reden Sie eigentlich?" „Ich werde diese Werke ausstellen, Sir. Ihre Erlaubnis allerdings vorausgesetzt, wie ich in aller Bescheidenheit betonen möchte." „Parker, jetzt mal ganz ruhig...!" Rander stand auf und sah seinen Butler besorgt an. „Sie wollen diese Machwerke ausstellen? Das ist doch ein Witz, oder?" „Sir, über den Wert dieser Arbeiten bin ich mir vollständig klar." „Ja, aber warum wollen sie dann .'.'.?" Rander unterbrach sich und warf einen prüfenden Blick in Parkers Gesicht. „Sir, ich möchte mit diesen Gemälden das Interesse gewisser Personen erregen, die sich auf den Diebstahl von Gemälden spezialisiert haben." „Sie wünschen sich, daß diese Gebilde gestohlen werden? Parker, dazu wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen viel Glück. Ich fürchte nur, daß sie hän‐ gen bleiben werden. Was bezwecken Sie eigentlich?" „Sir, seit einigen Wochen wird die Öffentlichkeit über den Diebstahl wertvoller moderner Gemälde alarmiert." Parker wischte sich seine Hände an einem terpentingetränkten Lappen ab. „Ich verweise auf die betreffenden Meldungen. In New York kam es während eines Diebstahls zu einer heftigen Schießerei, in deren Verlauf zwei Hausangestellte erschossen wurden. Vor genau drei Tagen wurde hier in Chikago der erste Diebstahl dieser Art ausgeführt. Die Täter gingen sowohl fachmännisch als auch brutal vor. Zwei schwer verletzte Wächter einer Privatgalerie blieben zurück." „Jetzt geht mir endlich ein Licht auf." Mike Rander wischte sich den Angst‐ schweiß von der Stirn und konnte befreit auflachen. „Und ich dachte schon, unser ungewöhnlich heißer Sommer hätte Ihnen geschadet." „Mitnichten, Sir, ich fühle mich im Vollbesitz meiner körperlichen und gei‐ stigen Kräfte. Ich beabsichtige, die Gemälde-Gangster auf meine Ausstellung aufmerksam zu machen." „Und Sie glauben, diese Fachleute ließen sich täuschen?" „Ich kann Ihre Skepsis durchaus verstehen, Sir." Parker begutachtete seine Serienherstellung. Die Farben auf der Leinwand hatten sich nun endgültig ge‐ mischt. „Erfahrungsgemäß wissen selbst kompetente Kritiker kaum etwas mit modernen surrealistischen Gemälden anzufangen. Sie erschöpfen sich in einem Schwall unverständlicher Fremdwörter. Ich möchte betonen, Sir, daß dies meine ganz private Meinung ist." „Schön, und weiter ...?" „Falls diese Bilder hier ausgestellt werden, Sir, falls Kritiker darüber berichten und die Zeitungen sich einschalten, müßte das Interesse dieser Gemälde- Gangster geweckt werden. Sie werden meiner bescheidenen Ansicht nach versuchen, diese Sammlung zu dezimieren." „Sie wollen sich also auf die Fährte dieser Gangster heften?" ; „Das ist meine Absicht, Sir." „Parker, Sie werden es mit sehr hart gesottenen Burschen zu tun haben." „Gewiß, Sir, doch diese Personen sind recht uninteressant. Mich interessiert der Personenkreis, der die Bilder stehlen läßt. Ich möchte herausfinden, wohin sie wandern und wer horrende Summen zahlt, um die gestohlenen Bilder zu kaufen." „Parker, ich weiß, Sie besitzen recht viel Phantasie." Mike Rander lächelte. „Hier werden Sie sich aber die Zähne ausbeißen, verlassen Sie sich darauf. Sie werden nichts als Hohn und Spott ernten. Ich gehe mit Ihnen jede Wette ein, daß nicht ein einziges Bild gestohlen wird." „Sir, ich würde die Wette halten, doch möchte ich Sie nicht unfair verlieren lassen." „Sie glauben also an den Erfolg Ihrer Tricks?" „Gewiß, Sir, schließlich handelt es sich ja um moderne Gemälde. Die Serie meiner Cavella-Gemälde wird die Gangster magnetisch anziehen." Josuah Parker drehte sich zu seinen Bildern um und griff nach kurzem Nach‐ denken nach dem Luftdruckgewehr. „Was haben Sie vor?" fragte der junge Anwalt. „Nur noch eine kleine Farbkorrektur, Sir." Parker lud die Waffe diesmal mit drei Gelatinekapseln. „Die Komposition bedarf noch einer Ladung Kobaltblau!" Mike Rander ging schleunigst in Deckung. Er zwinkerte mit den Augen, als die drei Gelatinekapseln auf der riesigen Leinwand zerplatzten und ihre Farbe verspritzten. „Ausgezeichnet", meinte er dann. „Aber vielleicht sollte ich noch' einen Hauch Orange beimischen, Parker." Er griff nach einer Pergament-Bombe, in der Farbe gluckerte. Mit voller Wucht warf er sie gegen die Staffelei. Das Pergament zerriß und gab die Farbe frei, die sich hemmungslos ausbreitete. „Ausgezeichnet, Sir", stellte Josuah Parker fest. „Ein erstaunlicher Effekt." Mike Rander trat aus der Deckung hervor und blieb hingerissen vor den Seriengemälden stehen. „Donnerwetter", meinte er schließlich und lächelte ironisch. „Ich denke, Parker, wir werden umsatteln. In Zukunft produzieren wir nur noch moderne, sur‐ realistische Bilder. Mit diesem Fließbandverfahren werden wir uns bestimmt eine goldene Nase verdienen." *** Der schwarze Cadillac hielt genau vor dem weiß-roten Baldachin, der die Straße mit dem eleganten Apartmenthaus verband. Der Fahrer stieg aus, lief eilfertig um den Wagen herum und öffnete die hintere Wagentür. „Danke, James", sagte der seriös aussehende Herr, der etwa 40 Jahre alt sein mochte. Er trug einen dunklen Anzug und einen schwarzen Homburger. Er ließ sich einen Strauß wunderschöner Rosen herausreichen und nahm sie in die Hand. Der Fahrer griff nach einer gewichtig aussehenden Ledertasche und schloß sich seinem Herrn an. Der Portier in der Halle riß die beiden Glastüren weit auf und verbeugte sich. Mit einem einzigen, schnellen Blick schätzte er den Besucher ein. Er kam zu dem Schluß, es mit einem sehr einflußreichen, daher auch geldschweren Be‐ sucher zu tun zu haben. „Zu Mr. Horace T. Trumble", sagte der Besucher mit befehlsgewohnter Stimme. „Wen darf ich melden, Sir?" Der dunkel gekleidete Besucher schien nichts gehört zu haben. Ohne sich weiter um den Hauswart zu kümmern, schritt er tiefer in die angenehm kühle Halle Und blieb dann vor dem kleinen Pult mit dem Haustelefon stehen. „Ich überhörte Ihren Namen, Sir", brachte der Portier sich diskret in Er‐ innerung. Der seriöse Besucher lächelte und roch an den Rosen. Er schien eine ro‐ mantisch-poetische Natur zu besitzen. Sein Chauffeur blieb neben ihm stehen und sah ihn erwartungsvoll an. „Mr. Trumble zu Hause?" erkundigte sich der Besucher. „Gewiß, Sir, doch er möchte ohne Voranmeldung nicht gestört werden. Sie werden verstehen, daß ich keine Ausnahmen machen kann." „Du wirst eine Ausnahme machen, mein Junge." Der Chauffeur grinste und hielt plötzlich einen kurzläufigen Colt in der Hand, der zur Straße hin von der Aktentasche verdeckt wurde. „Nur keine Aufregung, mein Junge, dann passiert dir auch nichts...!" „Was ist das...?" stieß der Portier entsetzt hervor. Er stierte auf den Lauf der Waffe, die auf seinen Magen gerichtet war. „Erkläre ich dir später...! Los, wir gehen jetzt 'rein in deine Bude, und werden uns unterhalten. Denk' dran, daß die Kanone entsichert ist!" Der Portier nickte willenlos und schritt auf weichen Beinen zur Tür, hinter der sich seine kleine Wohnung befand. Der Fahrer des Cadillac blieb ihm dicht auf den Fersen. Wenig später verschwanden sie hinter der Tür. Der Mann aus dem Cadillac zündete sich mit eleganten und ruhigen Bewe‐ gungen eine Zigarette an und sah zur Straße hinaus. Dort blieb alles vollkommen ruhig. Das Apartmenthaus stand in einem vornehmen Viertel, hart am Michigan- See. Mit neugierigen Besuchern war hier nicht zu rechnen. Mit einem schnellen Blick informierte sich der Besucher anhand des Tele‐ fonverzeichnisses, wo Horace T. Trumble wohnte. Es war der 6. Stock im rech‐ ten Flügel des Hauses. Und bevor sich an der Spitze seiner Zigarette ein Aschekegel bilden konnte, tauchte der Fahrer wieder in der Halle auf. „Alles in Ordnung", meldete er knapp. „Der Mann wird für ein paar Stunden schlafen'." „Dann wollen wir unseren Besuch zu Ende führen", antwortete der korrekte Besucher und grinste seinen Fahrer beifällig an. Die strenge Fahreruniform konnte nicht verdecken, daß es ein abgetakelter Boxer war. Schon an der Art, wie er seine Füße über die Ballen abrollen ließ, war das deutlich zu erkennen. Eine eingedrückte Nase und ein eingerissenes, jetzt vernarbtes Ohr unterstrichen diesen Eindruck. Der Selbstbedienungslift brachte sie hinauf in den 6. Stock. Der Besucher schritt über den mit Veloursteppichen ausgelegten Korridor und blieb vor der Tür zu Mr. Trumbles Apartment stehen. Nachdrücklich klingelte er und nahm seinen Rosenstrauß hoch. „Die Sonnenbrille, Chef", mahnte der Fahrer, doch es war bereits zu spät, sie aufzusetzen. Die Tür öffnete sich augenblicklich. Ein älteres Fräulein, das eine weiße Spitzenschürze trug, sah den Besucher fragend an. „Mr. Trumble erwartet mich", erklärte der seriös gekleidete Herr. Gleichzeitig ließ er den Blumenstrauß etwas sinken, damit die Hausdame auf keinen Fall den automatischen Revolver unter den Rosen übersehen konnte. „Nicht schreien...!" knurrte der Chauffeur, als die Lippen der Frau sich öffneten. „Ich kann Frauen nicht schreien hören...!" Die beiden Männer drängten in den Flur des Apartments und dirigierten die entsetzte Frau in eine Ecke hinein. „Los, Puppe, wo ist die Küche...?" Der Fahrer fletschte die Zähne, worauf die Frau fast in Ohnmacht fiel. Mit letzter Kraft deutete sie auf eine Tür. „Beeil' dich", rief der Besucher seinem Fahrer nach. Er sog an der Zigarette und schritt dann auf eine nur angelehnte Tür zu. Er blieb knapp vor ihr stehen und warf' einen Blick in den großen Salon, an den sich ein Dachgarten anschloß. Vor der Brüstung dieses Dachgartens stand ein untersetzter, etwas dicklicher Herr, der knielange Bermuda-Shorts und ein ärmelloses Hemd trug. Die Sonne spiegelte sich fast auf seiner Glatze. Erst als der Fahrer aus der Küche kam und wieder nickte, betrat der Mann mit den Rosen den Salon. Mit schnellen Blicken orientierte er sich. Neben dem Salon; getrennt durch eine Falttür, befand sich das Arbeitszimmer des Bankiers und Kunstmäzens Trumble. An den Wänden hingen Gemälde. In der einfallenden Sonne schienen die Farben zu glühen. Ohne sich um Mr. Trumble zu kümmern, der von seinen Besuchern noch gar nichts wußte, betrat der Mann mit den Rosen das Arbeitszimmer, warf die Blumen achtlos zu Boden und holte ein Klappmesser aus der Tasche. Fachmännisch nahm er die Bilder von der Wand und schnitt sie aus. ihren Rahmen. Er rollte sie ein und verstaute sie in der großen Ledertasche. Es kam ihm nicht darauf an, eine besonders große Rolle einfach in der Mitte zu knicken und zu falten. Der Fahrer stand knapp hinter der Falttür und ließ Trumble nicht aus den Augen. Der Bankier verließ nämlich den Dachgarten, strich sich mit der flachen Hand über die Glatze und seufzte. Vor dem Arbeitszimmer blieb er entsetzt stehen. Er faßte sich an den Hals und keuchte.

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