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Padagogische Zukunftsentwurfe: Festschrift zum siebzigsten Geburtstag von Wolfgang Klafki PDF

242 Pages·1997·7.595 MB·German
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BraunlKrüger Pädagogische Zukunftsentwürfe Karl-Heinz BraunlHeinz-Hermann Krüger (Hrsg.) Pädagogische Zukunfts entwürfe Festschrift zum siebzigsten Geburtstag von Wolfgang Klafki Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1997 ISBN 978-3-322-95106-9 ISBN 978-3-322-95105-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95105-2 © 1997 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 1997 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfaltigungen, Übersetzungen, Mi kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt Karl-Heinz BraunIHeinz-Hermann Krüger Erziehungswissenschaft und pädagogisches Handeln vor den Herausforderungen der reflexiven Modeme Einleitende Überlegungen ................... ......................... ............................. 7 Erster Teil: Traditionen und Perspektiven pädagogischer Zukunftsentwürfe....... 15 OskarNegt Erlöserkinder und der pädagogische Sisyphosmythos ............................. 17 Jürgen Oelkers Oeffentlichkeit und Bildung: Zur historischen Genesis eines europäischen Konzepts..................................................................... 29 Wolfgang Bonß Zwischen Utopie und Politik. Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Problemgeschichte kritischer Theorie ............................................. 51 Heinz-Hermann Krüger Von der pädagogischen Handlungsforschung zur kritischen Bildungsforschung - Oder hat empirische Forschung einen Zukunftsbezug? .. .............................................................................. 71 Zweiter Teil: Themenfelder pädagogischer Zukunftsentwürfe .................................. 85 Gerold Becker Die Allgemeinbildung und die allgemeinbildende Schule. Oder: "Die proportionierliehe Entfaltung aller Kräfte des Individuums in Wechselwirkung mit der Welt" im Jahre 1997..................................... 87 Hartmut von Hentig Kinder und Politik ..................................................................................... 105 Annedore Prengel Schulanfang - ohne Auslese? Für eine Pädagogik der egalitären Vielfalt 115 Dagmar Hänsel Zukunft für die Refonn der geschlechtersegregierten Lehrerbildung ....... 129 Thomas Rauschenbach Der Sozialstaat und seine Sozialpädagogik. Ambivalente Zukunftsoptionen einer nachhaltigen "Erfolgsgeschichte" ....................... 153 Peter Alheit Politische Utopien. Erwachsenenbildung und Individualisierungsschub .. 175 Dritter Teil: Zukunftsentwürfe institutionalisierter Erziehung ................................ 193 Klaus-Jürgen Tillmann Schulautonomie: eine pädagogische Utopie in der bildungspolitischen Debatte .... ............. ..................................................... 195 JanHofmann Die Selbständigkeit der Schule liegt im Speckpolster des Staates. Plädoyer für eine selbständige Schule in einem schlanken Staat .............. 211 Karl-Heinz Braun Regionale Bildungslandschaften in komplexen Gesellschaften? .............. 225 Hinweise zu den Autorinnen und Autoren .............................................. 247 Karl-Heinz Braun / Heinz Hermann Krüger Erziehungswissenschaft und pädagogisches Handeln vor den Herausforderungen der reflexiven Modeme Einleitende Überlegungen "Das ist ja die Natur der pädagogischen Einwirkung, auf die Zukunft gerich tet zu sein; sowie wir diese Richtung verringern wollten, würden wir die päd agogische Einwirkung als solche aufheben." (Schleiermacher 1983, S.48) In diesem Zusammenhang verknüpfte Schleiermacher das entwicklungspädago gisch begründete biographische Eigenrecht der Kindheit und Jugend mit dem Wissen um die epochale Kontextgebundenheit des pädagogischen Denkens und Handeins. Diese für die Erziehungswissenschaft verantwortlich nicht mehr hinterschreitbare Argumentationsfigur ist Ausdruck und Element des spezifisch modernen Verständnisses von Zeit, in dem Vergangenheit, Ge genwart und Zukunft als historische Entwicklungsprozesse mit sich ablösen den epochaltypischen Strukturen in der Abfolge von Entstehung, Blüte, Krise und Untergang begriffen werden (vgI. Schleiermacher 1839, S.16f; ders. 1977, S.95ff). Für diese Denkweise öffnet sich die Zukunft und wird sich als Moment des Zeitgeistes ihrer eigenen Vergangenheit gegenwärtig. Die Zu kunftsentwürfe sind also immanente Fortsetzungen der Gegenwart auf neuem Niveau und zugleich Bruch mit ihr. Die Art der Begründungen zukunftsoffe ner Gesellschaftsentwürfe und Bildungsperspektiven waren vor und nach Schleiermacher unterschiedlich. Ein wesentlicher Begründungsstrang waren und sind utopische Entwürfe, die als spekulative Wirklichkeitsüberschreitun gen zugleich von historischem Bewußtsein getragen wurden und werden und - gerade bei Bloch - die Unabgegoltenheit emanzipatorischer Erwartungen tradieren und zu Bewußtsein bringen. Die andere Form der Zukunftsbegrün dungen waren und sind wissenschaftlich fundierte Erwägungen und Pro gramme, welche den inneren Entwicklungszusammenhang von Erkenntnis zuwachs und sozialer sowie pädagogischer Gestaltbarkeit voraussetzen. Beide Ansätze waren über sehr lange Zeit in der Modeme tragend für viele gesellschaftliche und pädagogische Projekte, weil mit ihnen im wesentlichen und trotz aller Schwankungen positive Zukunftserwartungen verbunden wa ren. 8 Karl-Heinz BraunlHeinz-Hermann Krüger Genau diese erodierten aber seit den späten siebziger Jahren dieses Jahr hunderts immer mehr und führten schließlich zu dem, was Habermas als Neue Unübersichtlichkeit diagnostizierte: ,,Der Horizont der Zukunft hat sich zusammengezogen und den Zeitgeist wie die Politik gründlich verändert. Die Zukunft ist negativ besetzt; an der Schwelle zum 21. Jahrhundert zeichnet sich das Schreckenspanorama der weltweiten Gefährdung allgemeiner Le bensinteressen ab ( ... ). Es ist keineswegs nur Realismus, wenn eine forsch akzeptierte Ratlosigkeit mehr und mehr an die Stelle von zukunfts gerichteten Orientierungsversuchen tritt. Die Lage mag objektiv unübersichtlich sein. Unübersichtlichkeit ist indessen auch eine Funktion der Handlungsbereit schaft, die sich eine Gesellschaft zutraut. Es geht um das Vertrauen der west lichen Kultur in sich selbst." (Habermas 1985, S.143) Und er fügte präzisie rend hinzu, "daß die Neue Unübersichtlichkeit zu einer Situation gehört, in der eine immer noch von der arbeitsgesellschaftlichen Utopie zehrende So zialstaatsprogrammatik die Kraft verliert, künftige Möglichkeiten eines kol lektiv besseren und weniger gefährdeten Lebens zu erschließen." (ebd., S.147) Diese Diagnose traf die Pädagogik nicht nur wegen ihres normativ (kontra)faktisch unausweichlichen Zukunftsbezuges so hart, sondern auch wegen der Anbindung der meisten Bildungsreformprojekte an direktes oder indirektes staatliches Handeln. Von daher wird das intensive Interesse ver ständlich, welches Becks ein Jahr später veröffentlichtes Buch "Risikogesell schaft" mit dem programmatischen Untertitel ,,Auf dem Weg in eine andere Modeme" auch (und gerade) in den Erziehungswissenschaften, bei den päd agogisch Tätigen und bildungspolitisch Engagierten gefunden hatte und hat. Beck schrieb über die Spezifik seines Denkansatzes: "In Zeiten strukturellen Wandels geht Repräsentativität ein Bündnis mit der Vergangenheit ein und verstellt den Blick auf die Spitzen der Zukunft, die von allen Seiten in den Horizont der Gegenwart hineinragen. Insofern beinhaltet dieses Buch ein Stück empirisch orientierter, projektiver Gesellschaftstheorie - ohne alle methodischen Sicherungen. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, daß wir Augenzeugen - Subjekt und Objekt - eines Bruches innerhalb der Modeme sind, die sich aus den Konturen der klassischen Industriegesellschaft heraus löst und eine neue Gestalt - die hier sogenannte (industrielle) ,Risikogesell schaft' - ausprägt. Dies erfordert eine schwierige Balance zwischen den Wi dersprüchen von Kontinuität und Zäsur in der Modeme, die sich noch einmal in dem Gegensatz von Modeme und Industriegesellschaft, Industriegesell schaft und Risikogesellschaft spiegeln. Daß diese epochalen Unterscheidun gen durch die Wirklichkeit selbst heute getroffen werden, beanspruche ich in diesem Buch zu zeigen. Wie sie im einzelnen zu differenzieren sind, dazu werden Vorschläge der gesellschaftlichen Entwicklung abgeschaut. Bevor hier Klarheit gewonnen werden kann, muß allerdings ein Stück mehr Zu kunft sichtbar werden." (Beck 1986, S.13) Es kann hier nicht darum gehen, die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes für die Wiedergewinnung einer zukunftsoffenen Politik im allgemeinen (vgl. dazu et wa Beck 1991) oder für die Analyse pädagogischer Verhältnisse und bildungs- Erziehungswissenschaft und pädagogisches Handeln 9 politischer Rahmenbedingungen genauer zu diskutieren (vgl. dazu etwa Klafki 1991, S. 51 und 64; RauschenbachlGängler 1992). Wir haben aber die begrün dete Vermutung, daß eine ganze Reihe von tiefgreifenden Veränderungen, die wir in den Erziehungswirklichkeiten zu konstatieren haben, hier einen an spruchsvollen Interpretationsrahmen finden (vgl. dazu ausführlich Krüger 1997, Teil ID). Wir wollen exemplarisch einige dieser Problemlagen benennen, die zugleich einen erheblichen Forschungs-und Reformbedarf implizieren: die durch die Globalisierung der Finanz- und Arbeitsmärkte verursachte Massenarbeitslosigkeit sowie die damit einhergehenden Armutsentwick lungen mit ihren Auswirkungen auf Lebenslagen, Lebensentwürfe, die Familienerziehung, das Verhältnis von Bildungs- und Beschäftigungssy stem sowie die sozialpädagogischen Dienste; die durch die mikroelektronische Revolution sowie die neuen Informati ons- und Kommunikationstechnologien bedingten Veränderungen im Hinblick auf neue Qualifikationsprofile, neue Aneignungsmodi und Orte des Lernens sowie auf die Entstehung neuer sozialer Ungleichheiten bei der Nutzung der weltweiten Kommunikationsnetze; die aus den vielfältigen Migrationsbewegungen in Europa resultierenden Herausforderungen für den Umgang zwischen Angehörigen verschiede ner Kulturen und das interkulturelle Lernen; die Folgen einer Entstrukturierung, Individualisierung und Reststandar disierung des Lebenslaufs, die alle Lebensalter von der Kindheit bis zum Alter mit neuen Ungewißheitsrisiken belasten; die Veränderungen in den familialen und pädagogischen Generationsbezie hungen, die zu einer Informalisierung und zu Verschiebungen der Macht balancen zwischen Jüngeren und Älteren geführt haben, und gleichzeitig durch ein kriterienloses Verhandeln und Kommunizieren auch neue emo tionale Belastungssyndrome bei Heranwachsenden zur Folge haben kön nen; die Veränderungstendenzen von Familie und Geschlechterverhältnissen, die zugleich einen fundamentalen Umbau der gesellschaftlichen Sozial formen, des Verhältnisses von privater und öffentlicher Erziehung und eine Umformatierung der Geschlechterbeziehungen erforderlich machen; die Auswirkungen eines zweiten Modernisierungsschubes im Bildungs wesen, die zwar einerseits zu einer Verallgemeinerung der Bildungsbe teiligung und zu einer Verbesserung der Bildungschancen für Mädchen und junge Frauen sowie zu einer Informalisierung der Schulkultur, ande rerseits aber auch zu einer ökonomischen Entwertung des gesellschaftli chen Gratifikationspotentials der Bildungsabschlüsse und zu einem in strumentell-strategischen Umgang der Schülerinnen und Schüler mit den Lehrinhalten geführt hat; die Erosion gewachsener, traditioneller Lebenszusammenhänge, die es not wendig macht, Gemeinschaft, Solidarität und sozialen Bedarfsausgleich in pädagogischen und sozialen Diensten subsidiär zu "inszenieren"; 10 Karl-Heinz BraunlHeinz-Hermann Krüger die Konsequenzen einer Universalisierung der Erwachsenenbildung, die als Tendenzen einer Entgrenzung der Erwachsenenbildungsinstitutionen, einer Individualisierung des Umgangs mit Bildungsangeboten und einer Pädagogisierung der Lebensführung sichtbar werden; schließlich stellt die enorme Expansion pädagogischer Berufe in den letzten beiden Jahrzehnten sowie die damit einhergehende Ausdifferen zierung pädagogischer Handlungssektoren und die Veralltäglichung päd agogischer Wissensbestände und Deutungsrepertoires die erziehungswis senschaftliche Professionalisierungsforschung vor neue empirische Her ausforderungen. Vor dem Hintergrund der hier noch gar nicht vollständig aufgelisteten Pro bleme sehen wir die Notwendigkeit, eine öffentliche Diskussion darüber an zuregen und zu fördern, die den möglichen Stellenwert einer nachhaltigen Neustrukturierung der erziehungswissenschaftlichen Theorie- und Forschungs felder, der pädagogischen Handlungsansätze, der institutionalisierten päd agogischen Ordnungsmodelle und der bildungs- und sozialpolitischen Steue rungsverfahren erörtert. Die damit zu klärende Frage, was im Bereich der Erziehungswissenschaften und des pädagogischen Handeins und seiner Be dingungen Modemisierung der Modeme heißen kann bzw. sollte, ist in je dem Fall jenseits von Verabsolutierungen der Kontinuität oder des Bruches zu diskutieren. Zu Recht vermerkte kürzlich Giddens( 1997, S.11): "Bei den, direkten oder indirekten, Behauptungen vom Zuendegehen handelt es sich in Wirklichkeit in den meisten Fällen um einen Hinweis auf sich eröffnende Möglichkeiten und nicht um einen diagnostizierten Zusammenbruch oder eine konstatierbare Auflösung." Die besondere Pointe dieser Überlegung liegt darin, daß diese neuen Möglichkeiten nicht nur das Ergebnis der exter nen, sondern auch der internen Nebenfolgen der Nebenfolgen der industrie gesellschaftlichen Modernisierung sind; von daher "öffnen sich meist unfrei willig, oft ungesehen und ungewollt, neue Handlungschancen in den schein bar unpolitischen Zentren und Agenturen des Modernisierungsprozesses. Diese bleiben allerdings mehrdeutig und mehrwertig, können also gegensätz lichen Interessen und Akteuren den Weg bereiten." (Beck/Giddensl Lash 1996, S.lO) Zu Klärung der damit umrissenen theoretischen, empirischen, prakti schen und politischen Fragen wollen die Autorinnen und Autoren dieses Bandes aus je unterschiedlicher Sicht mit je spezifischen Schwerpunkten ei nen Betrag leisten. Der ERSTE TEIL dient der reflexiven historischen Selbst verwisserung angesichts der Enttraditionalisierung der sozialen Verhältnisse und Orientierungen (einschließlich der Wissenschaften). Zunächst spannt Oskar Negt einen weiten Bogen von dem Befreiungsmythos der Erlöserkin der (Siegfried, Emile und den Kindern von Summerhill) zu den strukturellen Widersprüchen des pädagogischen Handeins, wie sie im Sisyphosmythos aufbewahrt sind und als Lösungserwartung unabgegolten thematisiert wer den. Jürgen Oelkers rekonstruiert die Vor- und Nachgeschichte des liberalen

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