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Pädagogik der Menschenrechte PDF

187 Pages·2003·4.159 MB·German
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Volker Lenhart Pädagogik der Menschenrechte Volker Lenhart Pädagogik der Menschenrechte Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2003 Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek-Cl?-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN 978-3-8100-3726-8 ISBN 978-3-663-10985-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-10985-3 © 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienin bei Leske + Budrich, Opladen in 2003 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfliltigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt Vorwort.................................................................................................. 9 1. Der Menschenrechtskanon und seine Institutionalisierung seit 1948 ..................................................................................... . 11 1.1 Die Entwicklung des Menschenrechtskanons in den letzten fünfzig Jahren ............................................................................. . 11 1.2 Die universale Geltung der Menschenrechte .............................. . 13 1.2.1 Argumente gegen die universale Geltung ................................... . 13 1.2.2 Menschenrechtsskepsis und begrenzte Funktionszuschreibung .. . 15 1.2.3 Begründungen der universalen Geltung ...................................... . 18 2. Die Menschenrechtspädagogik in der Systematik der Erziehungswissenschaft ..................................................... . 29 3. Die internationalen Dokumente der Menschenrechtsbildung ..................................................... . 31 3.1 World PlanofAction ( 1993) ....................................................... . 32 3.2 Declaration and Integrated Framework ( 199415) ....................... . 33 3.3 International PlanofAction ( 1998) ........................................... .. 35 3.4 Guidelines for National Plans ( 1998) .......................................... . 39 3.5 Amnesty 1ntemational's Human Rights Education Strategy 41 ( 1996) ··························································································· 3.6 Regionale Handlungspläne der Menschenrechtsbildung ............ . 43 6 Inhalt 4. Menschenrechtsbildung in formalen Lehr-Lernsituationen, der schulpädagogische Aspekt ................................................. . 45 4.1 Analyse von Menschenrechtsbildungsmaterialien ...................... . 45 4.1.1 Analyseraster ............................................... .' .............................. . 45 4.1.2 United Nations High Commissioner for Human Rights: ABC, teaching human rights (1998) .................................................... .. 47 4.1.3 All human beings ... Manual for human rights education (1998) . 52 4.1.4 Thementag Menschenrechte (1995) ............................................ . 57 4.1.5 Reardon, Educating for Human Dignity (1995) .......................... . 59 4.1.6 Amnesty International-Unterrichtspraxis Menschenrechte (1995-1998) ................................................................................. 66 4.2 Menschenrechtsdidaktik ............................................................... 70 4.2.1 Lernziele ...................................................................................... 71 4.2.2 Lerninhalte ................................................................................... 72 4.2.3 Vermittlungsverfahren ................................................................. 80 4.2.4 Begründungen der Methodenvorgaben ........................................ 82 4.2.5 Entwicklungsorientierte Werteerziehung ..................................... 83 4.2.6 Lernevaluation ............................................................................. 88 5. Bildung als Menschenrecht und Menschenrechte in der Bildung . .. ... .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. ... .. .. ... .. .. .... ... .. . .. ... 89 5.1 Bildung als Menschenrecht.......................................................... 89 5.1.1 Das Menschenrecht auf Bildung im Völkerrecht ......................... 89 5 .1.2 Die Realisierung des Menschenrechtes auf Grundbildung .... .. .. .. 95 5.2 Menschenrechte in der Bildung .................................................. . 100 5.2.1 Förder-und Schutzmaßnahmen nach der Konvention gegen Diskriminierung in der Bildung .................................................. . 100 5.2.2 Die Europäische Menschenrechtskonvention und der Bildungsartikel ............................................................................ . 100 5.2.3 Menschenrechtssicherung im Bildungskontext .......................... .. 102 5.2.4 Fallbeispiele ............................................................................... . 104 Inhalt 7 6. Ausbildung von Personal in menschenrechtsrelevanten Berufsfeldern . .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. . .. .. . . .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. . 10 9 6.1 Professionsübergreifende Anleitung ............................................ 109 6.2 Polizistenl-innen .......................................................................... 112 6.3 Soldaten ....................................................................................... 116 6.4 Sozialarbeiterl-innen ................................................................... 120 6.5 Naturwissenschaftlerl-innen ........................................................ 123 6.6 Medizinisches Personal ............................................................... 129 6.7 Lehrerl-innen ............................................................................... 132 6.8 Weitere Professionsgruppen ........................................................ 135 7. Kinderrechte ............................................................................... 137 7.1 Die Kinderrechtekonvention- Überblick .................................... 137 7.2 Kindheitsdefinition und Grundsätze............................................. 137 7.3 Rechte beim Aufwachsen ................ .............................. ............ ... 138 7.4 Zivile Rechte ................................................................................ 139 7.5 Rechte auf Schutz in besonderen Lebenssituationen und vor Misshandlung und Ausbeutung .................................................... 142 7.5.1 Überblick ..................................................................................... 142 7.5.2 Flüchtlingskinder ......................................................................... 143 7.5.3 Gesundheitsgefahrdete Kinder ..................................................... 150 7.5.4 Arbeitende Kinder........................................................................ 157 7.5.5 Sexuell missbrauchte und ausgebeutete Kinder ........................... 163 7.5.6 Kriegskinder ................................................................................ 165 7.6 Prozedurale Vorschriften............................................................. 178 Literatur . .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. . 181 Vorwort Mit der vorliegenden Studie wird der Versuch unternommen, den Gegenstand der "human rights education" über die Menschenrechtserziehung und -bil dung im engeren Sinne, also die Bildung über die und zu den Menschen rechten, hinaus zu erweitern. Nach der Klärung der gegenwärtigen Institutio nalisierung der Menschenrechte war daher gewiss die Menschenrechtsbil dung in der Schule zu thematisieren. In der Untersuchung konkreter men schenrechtsbezogener Lehr- Lernmaterialien wird die theoretische Einord nung an die Unterrichtspraxis zurückgebunden. Dann aber werden die Siche rung des Menschenrechtes auf Bildung und der Menschenrechte in der Bil dung, die Ausbildung von Personal in menschenrechtsrelevanten Berufsfeldern (wieder mit didaktischer Konkretion) und die- gerade auch für sozialpädago gisches Handeln richtungweisenden - Rechte des Kindes in den Blick genom men. Die Strukturierung ist dieselbe, die auch dem Themenheft Human Rights Education der International Review of Education 2002 (UNESCO-Institut Hamburg) zugrunde liegt, das der Verfasser gemeinsam mit der zuständigen Direktorin in der UNESCO-Zentrale Kaisa Savolainen edierte. Der Thematik ist Aktualität nicht abzusprechen. Nach den Menschen rechtsverletzungen in den Bürgerkriegen der 90er Jahre und nach den An schlägen des elften September 2001 sind die Menschenrechte zwar nicht - wie manche übersteigernd propagieren- als säkulare Heilsperspektive, aber als nüchterner Orientierungspunkt für ein freiheitliches, gerechtes, solidari sches und friedliches Zusammenleben von Individuen, staatlich verfassten Gesellschaften, Staatenbünden, Weltregionen und Kulturen in den Fokus weltgesellschaftlicher Aufmerksamkeit gerückt. Die Abhandlung fügt sich in die Tradition der verständigungsorientierten Heidelberger International und Interkulturell Vergleichenden Erziehungswis senschaft ein, die von Hermann Röhrs gerade auch mit seinen Studien zur Friedenspädagogik begründet worden ist. Der Verfasser knüpft an seine eige nen empirischen und theoretischen Arbeiten der letzten zwei Jahrzehnte zur Evolution des erzieherischen Handelns, der Pädagogik der Dritten Welt und der Versöhnungspädagogik nach Bürgerkriegssituationen an. 10 Vorwort Zu danken hat der Autor den Studierenden, die an seinen thematisch ein schlägigen Lehrveranstaltungen an der Universität Heidelberg und der Hum boldt- Universität Berlin seit Mitte der 90er Jahre teilgenommen haben. Ihre Seminarbeiträge und verschiedene im Kontext der Veranstaltungen entstan dene Qualifizierungsarbeiten haben nicht nur auf Problemdokumentationen und Materialien hingewiesen. Für Mithilfe bei der Erstellung der Druckfas sung des Manuskripts ist der Verfasser dankbar den Heidelberger Mitarbei terlinnen Katarina Batarilo MA, Gürkan Ergen MA, Özkan Ergen MA, Nos rat Kazemi-Trensch MA, Stefanie LeBmann MA, Sonja Gerdes und der Se kretärin Gabriele Huber. Heidelberg, im Mai 2002 VolkerLenhart 1. Der Menschenrechtskanon und seine Institutionalisierung seit 1948 1.1 Die Entwicklung des Menschenrechtskanons in den letzten fünfzig Jahren Die Menschenrechte haben ihre für die Gegenwart grundlegende Ausformu lierung in der "Allgemeinen Erklärung" erfahren, die die Generalversamm lung der Vereinten Nationen im Dezember 1948 beschloss. Das Dokument hat den Charakter einer Deklaration, es ist kein völkerrechtlicher Vertrag. Entspre chend der damaligen weltpolitischen Situation ist die Erklärung von den Rechtsvorstellungen der dominierenden Staaten der nördlichen Hemisphäre geprägt. Zahlreiche heutige UN-Mitgliedsstaaten waren an der Erklärung noch nicht beteiligt, da sie ihre politische Unabhängigkeit erst in den folgenden Jahr zehnten erlangten. Der in der Erklärung fixierte Katalog umfasst Freiheits- und Schutz- sowie politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhaberechte. Er reicht von der Proklamation der Prinzipien von Freiheit, Gleichheit, Brüder lichkeit (Artikel 1), über das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Per son (Artikel 3), die Anerkennung als Rechtspersönlichkeit (Artikel 6), die Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 7), den Schutz vor Verhaftung und Auswei sung (Artikel 10), ferner über Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit (Arti kel 13), Asylsuche (Artikel 14), Freiheit der Eheschließung und Schutz der Familie (Artikel 16) bis zur Religions-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit (Artikel 18-20). Die Teilhaberechte beginnen mit dem allgemeinen und glei chen Wahlrecht (Artikel 21), setzen sich fort mit Ansprüchen auf soziale Si cherheit, Arbeit und gleichen Lohn sowie Koalitionsfreiheit, Erholung und Freizeit, soziale Betreuung, auf Bildung und die Gewährleistung des Eltern rechts (Artikel 22-26) und schließen die ungehinderte Ausübung kultureller und wissenschaftlicher Aktivitäten (Artikel 27) sowie das Recht auf eine an gemessene einzel- und zwischenstaatliche Sozialordnung (Artikel 28) ein. Die Erklärung definiert in ihren letzten Passagen Grundpflichten, zu denen insbe sondere die Unterlassung jeder Handlung gehört, die auf die Abschaffung der zuvor genannten Rechte und Freiheiten gerichtet ist (Artikel 29-30). Auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung wurden verschiedene in ternationale Konventionen geschlossen, die als Pakte hohe Rechtsverbind lichkeit besitzen und in die - meist in Form eines internationalen Ausschus ses und einer Berichtspflicht der Unterzeichnerstaaten - Kontrollmechanis- 12 Der Menschenrechtskanon und seine Institutionalisierung seit 1948 men zur Einhaltung der jeweiligen Vereinbarung eingebaut sind. Solche Ab kommen sind z.B. der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Ras sendiskriminierung die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge die Konvention über die Rechte des Kindes. Die jüngste Standard-Setzung hat auf der Wiener Weltkonferenz für Men schenrechte 1993 stattgefunden. In dem Abschlussdokument wird die Uni versalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte herausgestellt. Kulturelle Sonderperspektiven erhalten nur eine untergeordnete Bedeutung (Ziffer 1). Zwar wird in klassischer Tradition das Individuum als Träger der Rechte und Grundfreiheiten herausgestellt (bes. Ziffer 10), aber das Dokument verstärkt doch den Gedanken der Gruppenrechte, wobei die Verbindung zu Individual rechten mit der eher Salvatorischen Formel "Personen, die zu ... gehören" (z.B. Ziffer 25), hergestellt wird. Gruppen, die als Rechteträger besonders angesprochen werden, sind: Frauen, Kinder, Flüchtlinge, Behinderte, "beson ders verwundbar Gemachte" (Ziffer 24), genannt ausdrücklich: Wanderar beiter, schließlich indigene Völker und nationale und ethnische, religiöse und kulturelle Minoritäten. Der bisherige Menschenrechtskatalog wird ergänzt. Neben einem Recht auf ökologisch intakte Umwelt (Ziffer 11) erscheinen ein Gebot auf Schutz vor extremer Armut (Ziffer 25) und - mehrfach unterstri chen-das Recht auf Entwicklung (u.a. Ziffer 9). Man hat die Menschenrechte einerseits in negative und positive, anderer seits in verschiedene Generationen eingeteilt. Negative Menschenrechte sind die klassischen Grundfreiheiten und Schutzrechte, deren Gewährung die Staaten im wesentlichen durch bloßes Unterlassen sichern können, indem sie eben niemandem die Eigenschaft einer Rechtspersönlichkeit absprechen, niemandem die Staatsbürgerschaft entziehen, nicht ungerechtfertigte Ver haftungen vornehmen, nicht foltern. Die Gewährung der positiven Menschen rechte, im wesentlichen der politischen, ökonomischen, sozialen und kultu rellen Teilhaberechte, setzt aktives Staatshandeln einschließlich der Bereit stellung der entsprechenden Ressourcen voraus. Das kann man am Recht auf Bildung verdeutlichen. Es bedeutet nicht nur, dass niemand willkürlich vom Besuch von Bildungseinrichtungen ausgeschlossen werden darf, sondern dass Staaten verpflichtet sind, Schulen in eigener oder fremder Trägerschaft einzu richten und zu unterhalten. Menschenrechte der ersten Generation sind die Freiheiten und Schutz rechte, der zweiten Generation die positiven Teilhaberechte, wie sie z.B. als

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