Stratoudakis: Organisation der Untemehmensführung Dr. Pan. Stratoudakis Organisation der Unternehmensführung Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiubaden ISBN 978-3-663-00894-1 ISBN 978-3-663-02807-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02807-9 Verlags Nr. 310 Copyright by Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1961 Vorwort In der vorliegenden Arbeit wird eine Untersuchung der Organisation der obersten Führung von Großunternehmungen in Deutschland und den USA unternommen. Die Großunternehmungen dieser beiden hoch.industrialisierten Länder sind nicht nur für die nationale Volkswirtschaft, sondern darüber hinaus für die Weltwirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung. Die Organisation der obersten Führung in Großunternehmungen ist in den beiden Ländern aufgrund der gesetzlichen Vorschriften unterschiedlich. Um das Problem besser verstehen und untersuchen zu können, halten wir es für notwendig, ganz kurz auf die gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Bildung der Führungsorgane einzugehen. Mit den Aufgaben der Unternehmungsführung und der Aufgaben verteilung zwischen den Leitungskräften befassen wir uns im dritten Teil dieser Arbeit. Eine richtige Zuweisung der Aufgaben an die Führungsspitze und eine richtige Aufgabenverteilung zwischen den obersten Führungskräften sind die Mindestvoraussetzungen für ein gutes und reibungsloses Funktio nieren der Unternehmung. Sowohl die amerikanischen als auch die deutschen Autoren und Praktiker haben diesem Problem größte Auf merksamkeit gewidmet. Schließlich wird eine kurze Behandlung der Organisation der Unter nehmungsführung in anderen europäischen Staaten dem Leser einen ge samten Überblick über die Zusammensetzung der Führungsspitze ver mitteln. An dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, meinem sehr verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Dr. h. c. E. Gut e n b erg, meinen beson deren Dank auszusprechen für die Anregung zum Studium dieses Pro blemkreises und für die vielen wertvollen Hinweise während der Diskus sionen im Seminar und bei Privatunterhaltungen. Ebenfalls Herrn Dr. H. Alb ach bin ich zu herzlichstem Dank verpflichtet für seine stetige und sehr freundliche Bereitschaft, mir bei meinen Stu dienbemühungen in Deutschland zu helfen. P. StTatoudakis Inhaltsverzeichnis Seite A. Grundsätze der Organisation I. Allgemeines zum Organisationsbegriff 11 II. Die Abteilungsbildung im Unternehmen 17 1. Die Arbeitsteilung als Grundprinzip für die Abteilungs- bildung im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Andere Faktoren, die auf die Abteilungsbildung wirken 19 3. Die Verkehrswege ......... . 21 4. Die Struktur der einzelnen Abteilungen Die Organisationssysteme 22 a) Das Liniensystem . . 23 b) Das Stabliniensystem . 24 c) Das Funktionssystem . 25 B. Die oberste Untemehmungsführung deutscher und amerikanischer GroBuntemehmungen I. Allgemeines zu den Begriffen Großunternehmen - Führung - Leitung . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Faktoren, die den Begriff "Großunternehmen" bestimmen 27 3. Ein Vergleich deutscher und amerikanischer Großunternehmungen .......... 29 4. Abgrenzung der Begriffe Führung und Leitung 29 11. Die organisatorische Struktur der obersten Führung von Großunternehmungen in Deutschland 34 1. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Die Willensbildung im Aufsichtsrat . . . . . 34 b) Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat 35 2. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . .. . . 37 3. Das zweigeteilte Verwaltungssystem in Deutschland 38 Seite III. Top management organization in den Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Einleitendes zum Korporationsbegriff . . . . . 41 2. Die oberste Unternehmungsführung in den USA 42 3. Der board of directors . . . . . . . . . . . 44 a) Die innere Struktur des board of directors 44 b) Die Aufgaben des board of directors . . . 47 4. Das gener.al management . . . . . . . . . . 49 a) Die Zusammensetzung des general management 49 b) Die Aufgaben des general management . . . 50 5. Gibt es in den amerikanischen Unternehmungen ein Überwachungsorgan? . . . . . . . . . . . 51 6. Gleicht der deutsche Aufsichtsrat dem amerikanischen. board of directors? . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c. Die Aufgaben der Untemehmungsführung I. Allgemeines über Planung - Kontrolle - Organisation und Disposition - Koordination 55 H. Die Planung. . . . . . . . . . . . . 56 1. Sinn und Wichtigkeit der Planung 56 2. Die innere Struktur der Planung . 58 3. Die Planungsarten . . . . . . . . 58 4. Die Planungsträger - Wer soll plan,en? 60 5. Die Planung als Voraussetzung für die Herstellung des inner betrieblichen Gleichgewichts und für die Koordinierung der Abteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . 63 6. Die Planung in den USA . . . . . . . . . . . . 65 a) Die Absatzplanung als Grundlage der Planung auch in Amerika . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Die Gewinnplanung als Grundlage der Absatzplanung 68 IH. Die Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Allgemeines zum Kontrollbegriff . . . . . . 69 2. Der "controller", eine leitende Persönlichkeit in den amerikanischen Großunternehmungen . 72 3. Die Aufgaben des controller . . . . . . . . .'. . . . . . . 74 4. Der controller inder Praxis amerikanischer Unternehmungen 78 a) Westinghouse Electric Corporation (Pittsburgh) . . . .. 78 Seite b) Vendo Company (Kansas City) 78 c) Pacific Mills Co. (Boston) 80 IV. Die Koordination ...... . 81 1. Allgemeines zum Begriff der Koordination 81 2. Dezentralisation der Koordinationsaufgabe . . . . . . . . . 82 3. Nähere Untersuchung des Koordinationsphänomens 83 4. Der Koordinationsmechanismus . . . . . . . . . 84 5. Die Ausschüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Die Ausschüsse als Instrument der Koordination 86 b) Die Organisation der Ausschüsse . . . . . 90 c) Unterscheidung der Ausschüsse nach ihren Aufgaben (Funktionen). . . . . . . . . . 93 d) Die Vor- und Nachteile der Ausschüsse als Instrument der Unternehmungsführung . . . . . . . 93 V. Einige weitere Fragen der Unternehmungsführung 96 1. Kollegiale und direktoriale Führung 96 a) Direktoriale Führung . . . . . . 97 b) Kollegiale Führung . . . . . . . 98 c) Vor- und Nachteile beider Systeme 99 2. Die Frage der Stellvertretung . . . 100 3. Die Frage des Führungsnachwuchses 102 4. Die Delegation und ihre Bedeutung für die Entlastung der Führungskräfte . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Die Elemente des Delegationsprozesses . . . 106 b) Die Autorität, ihre Natur und ihre Bedeutung innerhalb der Organisation . . . . . . . . 108 5. Zentralisation oder Dezentralisation der Führungsaufgaben? 109 a) Begriff und Wesen der Dezentralisation . . . 109 b) Der Grad der Dezentralisation . . . . . . . 110 c) Soziologische und organisatorische Probleme 112 D. Die Organisation der Unternehmungsführung in anderen europäischen Staaten - Vberblick I. Einheitliche oberste Untemehmungsführung 116 1. Belgien 116 2. Frankreich 119 3. Italien .. 121 Seite 4. Schweiz . . . . 122 5. Großbritannien. 126 6. Griechenland. . 128 H. Die geteilte und einheitliche Unternehmungsführung in euro- päischen Staaten und in den USA - Ein Vergleich . . . .. 136 E. Zusammenfassung . 140 Abkürzungsverzeichnis 147 Literaturverzeichnis . . 149 A. Grundsätze der Organisation I. Allgemeines zum Organisation.begriff Einleitung Die Betriebswirtschaftslehre ist eine junge Wissenschaft, deren Gegen stand der Betrieb ist; sie ist also die Wirtschaftswissenschaft der Betriebe. Wenn der Betrieb von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet wird, wie uns die Methodik der Mikroökonomik lehrt, wird man die Mannigfaltigkeit der Probleme erkennen, die in diesen Wirtschafts einheiten vorhanden sind. Da der Betrieb jedoch dynamischer Natur ist - ähnlich der Gesamtwirtschaft -, wird der Betrieb der Betriebswirt schaftslehre auch immer wieder neue Probleme aufgeben. Die Betriebswirtschaftslehre hat trotz ihrer "Jugend" wichtigste Pro bleme, wie z. B. das Rechnungswesen der Unternehmung, fast gelöst, wäh rend sie bei anderen ebenso bedeutenden Problemen, wie z. B. der Unter nehmungsbewertung, der Investitionen usw., bedeutende Fortschritte in den letzten Jahren gemacht hat. Ohne zu übertreiben, kann man dagegen sagen, daß im Bereich der Unternehmungsorganisation bis zum Ende des zweiten Weltkrieges völlige Unklarheit herrschte. Auf die Frage nach den Ursachen dieses Zurückbleibens kann man nicht leicht eine Antwort ge ben. Das Organisationsproblem ist genauso alt wie der Mensch selbst, da als sicher anzunehmen ist, daß der Mensch aus Sicherheitsgründen zuerst in Gruppen Und später als Individuum lebte; diese Gruppen aber mußten organisiert sein. Der Staat, die Armee, die Kirche sind Institutionen, die eine Mindestorganisation seit jeher benötigen; man darf also nicht zu dem Schluß kommen, daß das Organisationsphänomen einfach unbetrachtet blieb. Deshalb muß die Schwierigkeit der Lösung des Organisations problems auf einer anderen Ebene liegen. Schließlich hat der Mensch schon früh bemerkt, wie erstaunlich voll kommen die vom großen Organisator "Natur" organisierten Organismen 11 sind. Der Mensch versucht nun seit jeher, diese Vollkommenheit der natür lichen Organismen1) nachzuahmen, was ihm aber nur zum Teil und meistens sehr schlecht gelingt. Dagegen konstruiert er sehr komplizierte Mechanismen, denen aber - als menschliche Leistungen - die Fähigkeit zur Selbstneubildung und Selbsterneuerung, das Wunder bei den natür lichen Organismen, fehlt. Die Organisation in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung Der Mensch macht Pläne, die er dann zu realisieren versucht. Durch diese Durchführung d~s .Geplanten will er gesetzte Ziele erreichen. Guten berg sagt2): " ••• Diese Realisierungsaufgabe ist das charakteristische Merkmal des Phänomens ,Organisation'." Also zuerst und normalerweise planen wir (setzen wir bestimmte Ziele), d. h. entwerfen wir eine Ordnung, und dann versuchen wir, das Geplante zu realisieren. Der Organisationsprozeß schließt also den Entwurf und die Durchführung der geplanten Ordnung ein. Wir halten es nicht für richtig, wenn Schnutenhaus sagt3): " ••• wenn man die Organisation als einen formalen Ausdruck betrachtet" (sie ist nach der Meinung des Verfassers "eine formale Erscheinung"), "können ... Aufgaben, gleichgültig aus welchen Kulturgebieten, auch 0 h n e <;> r g a n isa t ion oder mit s chI e c h t e r o r g a n isa t ion gelöst werden." Wenn die Organisation schlecht ist oder überh~upt fehlt, bedeutet das auch, daß der Entwurf (die Planung) der Ordnung schlecht ist oder fehlt, also nur das Ziel gesetzt und der Weg, der uns zum Ziel führen wird, nicht bestimmt ist; das ist aber aus verschiedenen Gründen sehr gefährlich. Z. B. wenn der Weg keine Gerade ist, also gewissermaßen kompliziert ist, ist es wohl möglich, das Ziel ein mal zu erreichen, aber unter Umständen vollkommen unwirtschaftlich; streng wissenschaftlich gesprochen darf man in diesem Falle nicht behaup ten, daß das Ziel erreicht worden ist. Schließlich ist Mellerowicz der Ansicht4): " ••• Die Lösung spontan auf tretender Aufgaben kann im allgemeinen überhaupt nicht vorausplanend organisiert werden, sondern bleibt der dispositiven Entscheidung des zu ständigen Aufgabenträgers überlassen." Unseres Erachtens ist eine solche Organisation aber doch möglich, unter der Voraussetzung nämlich, daß der zuständige Aufgabenträger schon über eine Mindesterfahrung ver fügt, jetzt also ähnlich handelt, wie er in gleichen Fällen in der Ver gangenheit schon gehandelt hat. Aufgrund einer solchen Mindesterfah- 1) Das Wort "Organisation" stammt von dem griechischen Wort "Organon-, das das Glied eines lebenden Organismus ist. ') Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd., 4. Aufl., a. a. 0., S. 169. I) Schnutenhaus, 0., Allgem. Organisationslehre, a. a. 0., S. 19. ') Mellerowlcz, K., Bd. I, a. a.O., S. 1111. 12