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Organisation der Content-Produktion PDF

235 Pages·2004·40.976 MB·German
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Jorg Sydow· Arnold Windeler (Hrsg.) Organisation der Content-Produktion Jorg Sydow · Arnold Windeler (Hrsg.) Organisation der Content -Produktion I VS VERLAG FOR SOZIALWISSENSCHAFTEN - + I I VS VERLAQ FOR SOlIAlwIS$EN$CHA"EN VS Verlag fOr Sozialwissenschaften Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Hausern Leske+Budrich und Westdeutscher Verlag. Die breite Basis fOr sozialwissenschaftliches Publizieren Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber <http://dnb.ddb.de> abrufbar. ISBN-13: 978-3-531-13784-1 e-ISBN-13: 978-3-322-80413-6 DOl: 10.1007/978-3-322-80413-6 1. Auflage Marz 2004 Aile Rechte vorbehalten © VS Verlag fOr Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 Lektorat: Barbara Emig-Roller I Nadine Kinne Der VS Verlag fOr Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fOr vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. umschlaggestaltung: KunkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem papier Inhalt Organisationsformen der Content-Produktion 1 Vernetzte Content-Produktion und die Vielfalt moglicher Organisationsformen ....... ......................... ......... .......... .............................. ..................... 1 Arnold Winde!er und prg Sydow 2 Organisation der Contentproduktion: Strategische Alternativen aus okonomischer Sicht ....................................................................................................... 18 Insa Sjurts Content-Produktion fur das Fernsehen 3 Projektnetzwerke: Management von (mehr als) temporaren Systemen ......................................................................................................................... 37 prg Sydow lind Arnold Willdeler 4 Organisation der TV-Produktion in Projektnetzwerken: Zur Bedeutung von Produkt-und Industriespezifika ............................................. 55 Arnold WimMer 5 Netzwerksteuerung durch Selektion - Die Produktion von Fernsehserien in Projektnetzwerken ....................................... ................. ........... ....... 77 Arnold Windeler, Arifa Lutz lind Carsten Wirth 6 Produktionsformen von Mediendienstleistungen im Wandel - Von einer Variante der Netzwerkorganisation zur anderen ................................. 103 jiirg Sydow lJnd Carsten Wirth 7 Hierarchische Heterarchien - heterarchische Hierarchien: Zur Differenz von Konzern- und Netzwerksteuerung in der Fernsehproduktion 125 Carsten Wirth lind prg Sydow VI Inhalt Content-Produktion fUr das Internet 8 Content-Produktion fur den Internetauftritt von Fernsehsendern: Experimente mit verscruedenen Organisationsformen 148 At!Ja Lutz 9 Integriertes Content Management in der digitalen Nachrichtenproduktion .............................................................................................. 161 Sven Page! 10 Substitution von Intermediiiren im Syndikationsprozess durch Peer-to-Peer-Systeme .................................................................................................. 187 Markus Anding, Peggy Lynn S teichler und Thomas Hess 11 Connectivity is King - Organisation der Entwicklung von Regionalportalen ... ................... ......... ........... ........... ........... ......... ................... .............. 209 Stephan Manning Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 227 N achweise .................................................. ..................... ................... .................... ............. 228 Vernetzte Content-Produktion und die Vielfalt moglicher Organisationsformen Arnold Windeler und Jorg Sydow 1 Einleitung: Content, Konvergenz, Konnektivitiit In der traditionellen, und vermehrt nun auch in der so genannten neuen Medienin dustrie gilt: "Content is king". Trotz der herausragenden Bedeutung der Soft- und Hardware neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, gerade auch in der Form des Internet, ist und bleibt die Medienindustrie alier Voraussicht nach strate gisch auf die Produktion und Distribution medial zu vermittelnder Inhalte ausgerich tet. Bei diesen Inhalten oder neudeutsch: Content kann es sich um Filme oder Film beitrage, um Audio- oder Videoclips, um konventionelle oder elektronische Bucher und Zeitschriften oder im Internet verfugbare Dienste (z.B. Archive, Spiele, Nachrich ten) handeln. Content ist insofern deutlich mehr als nur eine notwendige Erganzung von Hard- und Software: "Inhalte und nicht die Technik sind der Grund, warum Menschen mediale Infrastrukturen nutzen und Unternehmen Wertschopfungsketten im Mediensektor uberhaupt aufbauen konnen. Content bleibt deshalb Trumpf; nicht nur fur die Medien, sondern fur den gesamten Medien- und Kommunikationssektor" (Zerdick et al. 1999, S. 36). Inhalte aber sind nicht einfach gegeben. Sie entstehen auch keineswegs eher zufal lig und unkoordiniert, sondern werden in und mit Organisationen generiert und perfektioniert. In das Blickfeld rucken damit notwendig individuelie und korporative Akteure, die mit der Produktion von Content befasst sind, aber auch die verfugbaren Produktionstechnologien sowie die (staatlichen) Regulationen und (konkreten) Prakti ken der Produktion (vgl. Leblebici et al. 1991; Peterson 2000) - das heillt, die Organisa tion der Content-Produktion. Diese ist bislang wissenschaftlich aber kaum untersucht worden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass vorwiegend die Kultur-, Medien- und Politikwissenschaften mit dem Gegenstandbereich befasst sind (Cottle 2003) - und damit Wissenschaften, in denen die Untersuchung der Organisation der Content Produktion nicht im Zentrum des Interesses steht. Medieninhalte werden auf der einen Seite uber die Organisation der Produktion geformt, gleichzeitig pr:igen (Qualitatsmerkmale der) Inhalte die Form der Produkti onsorganisation. Medieninhalte zeichnen sich durch einige technische, kulturelle und insbesondere okonomische Speziflka aus. Sie besitzen nicht nur im Zusarnmenhang der Nutzung der so genannten Neuen Medien, sondern auch gerade fur die Organisa tion der Content-Produktion, um die es in diesem Band geht, eine herausragende Bedeutung. Aus technischer Perspektive ist vor allem die Tatsache erwahnenswert, dass durch die Digitalisierung des Content eine zunehmend groBere Unabhangigkeit yom Distributionsmedium gewahrleistet ist. Die entscheidende Konsequenz ist, dass bei der Produktion des Content immer seltener das Medium feststehen muss, fur das ein Text, ein Bild, ein Film oder ein Tondokument produziert wird. Eine spatere Vetwer- Organisation der Content-Produktion hrsg. von J. Sydow und A. Windeler - Wiesbaden 2004, S. 1-17. 2 A. Windeler und J. Sydow tung in anderen Medien ist technisch - entscheidende Anbieter und Nachfrager nach Content vorausgesetzt - immer moglich. Allerdings ist zu erwarten, claSs eine an das jeweilige Medium angepasste Pdisentation und Rahmung der Contents (un Sinne ihrer kontextuellen Einbettung in z.B. bestimmte Sendeformate wie Fernsehnachrichten, oder den "Spielfilm der Woche", oder auch in bestimmte Werbekontexte) notwendig wird, um eine Pas sung mit den Interessen und Nutzungspraktiken der jeweiligen Nutzergruppen des jeweiligen Mediums zu gewiihrleisten; diese werden allerdings - umgekehrt - durch die Prlisentation der Inhalte und deren Kontextualisierung und wechselseitige Verkniipfung gleichzeitig mit geprligt. Aus ku/tureJler Perspektive ist vor allem erwahnenswert, dass es sich bei Content oftmals um Kulturgiiter handelt, deren Nutzung in anderen Zielgruppen und anderen kulturellen Kontexten prinzipiell Beschrankungen - etwa in Form eines "cultural discount" (Hoskins/Mtrus 1988) - unterliegt. Entsprechend erfordert eine Produktion solcher Giiter - etwa Un internati onalen Rahmen - einen gewissen Grad an kultureller Angepasstheit, der Un Wesentli chen durch die Produktionsorganisation sichergestellt werden muss (vgl. dazu Sydow et al. 2002, 2003). Aus iikonomischer Perspektive, die Un Folgenden Un Vordergrund steht, muss zu nachst das fUr Kulturgiiter jedweder Art charakteristische Spannungsverhaltnis von Kunst und Kommerz erwahnt werden. Die Verwertung der erstellten Inhalte ist mit sehr hohen Kosten der Content-Generierung bei gleichzeitig sehr niedrigen Kosten der VervieWiltigung der Inhalte konfrontiert sowie mit oftmals extrem hohen Risiken kommerziellen Scheiterns (z.B. die 1:7-Regel, nach der das Gelingen eines Films das Scheitern von sieben anderen ausgleichen muss) und der Schwierigkeit der insbeson dere Un Erfolgsfall wichtigen Sicherung von Eigentumsrechten. Zudem geht es oftmals um die Produktion von Unikaten, von denen in der Praxis dann allerdings zum Teil vielfache Varianten abgeleitet werden (man denke beispielsweise an einen Featurefilm und die daraus abgeleitete Fernsehserie). Hinzu tritt der extreme Projekt charakter der Produktionen, der sich durch dessen prinzipielle Zeitgebundenheit (aufgrund des zumeist vorgegebenen Sendetermins) sowie der.Un Prozess sich oft erst noch spezifizierenden Orientierung am Kundenprofll ergibt. In diesen 6konomischen Produktionsbedingungen spiegelt sich nicht nur die enge Bezogenheit der Produktion von Content auf dessen Verwertung Un Allgemeinen, sondern - in immer mehr Fallen - auf sowohl die Zielgruppe der unmittelbaren Rezipienten als auch auf den Werbe markt Un Speziellen wider (vgl. z.B. Zerdick et al. 1999; Heinrich 1999; Hesmondhalgh 2002). Eine technische Konvergenz der Medien, die durch die voranschreitende Digitali sierung der Schliisseltechnologien und damit auch der Inhalte und ihrer Produktion getrieben wird, erwarten Experten seit vielen Jahren (vgl. z.B. Yoffie 1999). Digitales Fernsehen bzw. Webcasting sind dazu zwei einschliigige Stichworte, die zugleich angeben, aus welcher Technikwelt die Konvergenz vorangetrieben wird. Unfreiwillig annoncieren diese Begriffe gleichzeitig, aus welchen Quellen sich die immer noch vorhandenen Divergenzen speisen, auch wenn fur manche Fernsehsender bereits eine durchgangige Digitalisierung der Content-Produktion konstatiert wird (z.B. von Vierling 2003 fur den MDR; zu einer eher skeptischen Einschatzung s. Franz 2003). Nicht nur die prognostizierte Konvergenz der Technologie (die sich auBer auf die Produktionstechnik auf die Netzinfrastruktur, die Dienste und die Endgerate bezieht), Vemetzte Content-Produktion 3 sondern auch der Inhalte (die vor allem die Kombination von Ton, Bild, Text und Grafik anspricht), vor allem aber ganzer Branchen (die das Verschrnelzen der Techno logie-, Informations-, Medien- und Entertainmentbranche zur T-I-M-E-Industrie prognostiziert) und auch ausgewiihlter Institutionen (etwa jene, die die Angleichung staatlicher Regulationen und Politiken im Content-Bereich), stellt sich allerdings, wenn iiberhaupt, deutlich langsamer ein als von Vielen erwartet. Vor aIlem aber kommt es mit diesen Konvergenzen noch lange nicht zu einer Konvergenz der Organisations formen, sei es auf der Ebene der Arbeitsorganisation, beispielsweise in Form durch gehend integrierter Arbeitsplatze, auf der Ebene der Unternehrnungsorganisation, zum Beispiel in Form des vertikal integrierten, multimedialen Konzerns, oder aber auf der Ebene der Netzwerkorganisation. 1m Gegenteil diirften sich mit der Digitalisierung nicht nur die Nutzungsmoglich keiten der Technik, sondern auch die Formen der Produktionsorganisation pluralisie ren. Das gilt unseres Erachtens auch fur den Fall, dass es gelingt, Content gegen direktes Entgelt (sog. Paid Content) anzubieten und die sich gerade durchsetzende Breitbandtechnologie fur ein so genannte Rich Media zu nutzen. Denn diese Entwick lung wird nicht nur den Bedarf an Inhalten steigern, sondern auch die Notwendigkeit der Produktion von Content und damit deren Organisation. In Folge wird es etwa verstarkt zu "contentgetriebenen Online-Kooperationen" (Hess/Anding 2003) kom men und sich im Internet eine Entwicklung wiederholen, die im Fernsehen spatestens seit dem Aufkommen des privaten Fernsehens zu oeobachten ist: die kollaborative Produktion von Inhalten. In Publikationen zum Medienmanagement im Allgemeinen und zum Content-Management im Besonderen wird denn auch immer hauftger und mit aus unserer Sicht zunehrnender Selbstverstiindlichkeit auf die schon heute heraus ragende Existenz von interorganisationalen Netzwerken Bezug genommen (vgl. z.B. Zerdick et al. 1999; Schumann/Hess 2002; Hess/Anding 2003; Biittgen/Liicke 2003; Keuper/Hans 2003 sowie die meisten Beitriige in diesem Band). Netzwerkartige Organisationsformen scheinen den vielfliltigen Anforderungen der heute hoch arbeits teilig arbeitenden und gerade deshalb auf intensive Koordination angewiesenen Fernsehindustrie ebenso wie der Internetokonomie am Besten zu entsprechen. Erfor derlich fur eine Vernetzung ist selbstredend nicht nur technische, sondern auch und sogar vor allem soziale Konnektivitat: Zwischen den Akteuren gilt es Beziehungen, in der "economic sphere" (Giddens 1984) vor allem Geschaftsbeziehungen, zu entwi ckeln und diese fur das okonomische Handeln, nicht zuletzt auch fur die (vernetzte) Produktion von Content, zu nutzen. Wahrend manche Autoren heute behaupten, Netzwerke seien die "Future.org" (Miles et al. 2000), wollen wir dieser These in diesem .Einleitungsbeitrag - und in diesem Band - nicht folgen, sondern der Behauptung der Verbreitung vernetzter Content-Produktion die These der Vielfalt moglicher Organisationsfqrmen gegen iiberstellen. Konnektivitat Hisst sich schliefilich sehr unterscruedlich organisieren. Mit dieser These korrespondiert die Tatsache, dass nicht nur (oft parallel) verscruedene Formen genutzt werden, sondern dass die praktizierten Formen der Koordination, auch die des Netzwerks, zunehrnend weniger als selbstverstiindlich hingenommen werden. Die durch Beobachtung und Analyse der Praxis - auch in Netzwerken - gewonnenen Erkenntnisse werden zunehrnend reflexiv zur Auslegung der jeweiligen Koordinationspraktiken genutzt. Dies schliefit die Moglichkeit der Wahl einer Organi- 4 A. Windeler und J. Sydow sationsform wie des Netzwerks sowie des Wechsels von einer Form zu ciner anderen mit ein (vgl. auch Windeler 2001, S. 334 ff.). Bevor wir jedoch cinen ersten Oberblick uber diese Vielfalt im Spektrum von "Markt und Hierarchie" (Willliamson 1985) bzw. jenseits dieses Spektrums geben, um im Anschluss daran einige grundlegende Fragen der Wahl und Ausgestaltung der entsprechenden Organisations form skizzieren und, diesen Einleitungsbeitrag beschlieBend, cinen knappen Oberblick uber die Beitrage dieses Bandes bieten, wollen wir den besonderen Stellenwert erliiutern, der der Orga nisation der Content-Produktion zukommt. 2 Zum Stellenwert der Organisation flir die Content-Produktion Die Einfi.ihrung des Privatfernsehens und der Durchbruch des Internets haben zu ciner Vervielfaltigung von Orten der Produktion und Prasentation von Medieninhal ten gefiihrt. Wie die im Fernsehen oder im Internet medial prasentierten Inhalte produziert werden und wie die Produktion koordiniert wird, bleibt den Rezipienten in der Regel verdeckt. Gleichwohl wissen Rezipienten, zurnindest im Prinzip, dass selbst die Unmittelbarkeit einer Live-Obertragung im Fernsehen oder einer Kommunikation im Internet nicht zuletzt Medium und Resultat der Selektion bzw. Produktion von Inhalten und deren Rahmung bzw. Einbettung (etwa in einen bestimmten Programm ablauf) ist. Aufgeworfen wird damit die Frage, von wem soIche Inhalte unter Bezug auf weIche Orientierungen oder SteuerungsgroBen und unter weIchen Bedingungen produziert werden. Dass okonomische Gesichtspunkte bei diesen Organisationsfra gen, insbesondere auch bei Arbeitsteilung und Koordination, eine herausragende Rolle spielen, diirfte unstrittig sein. 2.1 Bedingungen der Organisation der Content-Produktion: Anhaltende Unterschiede bei Fernsehen und Internet Die Bedingungen der Organisation der Content-Produktion sind im Fernsehen und im Internet noch immer recht verschieden. Das verdeutlicht eine Gegenuberstellung grundlegender Strukturmerkmale der beiden Medien (s. Tabelle 1).1 Das Fernsehen und das Internet arbeiten (zurnindest heute noch) mit cinem unterschiedlichen Kon zept des Adressaten - was sich jedoch im Zuge weiterer Digitalisierung des Fernsehens und der Durchsetzung der Breitbandtechnologie im Internet iindern kann. Richtet sich das Fernsehen heute in der Regel auf nicht interaktive Nutzer und deren - wie auch immer eingeschriinkte - Einbeziehung in die Produktion von Content, so bietet gerade das Internet bereits heute vielfaltige Moglichkeiten interaktiver Produktion. Die okonomischen Folgen sind offensichtlich, wenn auch noch schwer abzuschiitzen. Unterschiedlich sind im Fernsehen und im Internet auch die Geschwindigkeiten und Rf?ythmen der Produktion, Distribution und Rezeption. 1m Internet erfolgt die Generierung und Distribution des Content sowie des sen Rezeption orts- und zeitungebunden. Es gibt dort vielfach keinen strukturell (etwa durch den Wechsel von Produktions- und Verschiedene Anregungen zu den im Folgenden diskutierten Aspekten finden sich im Gesprach zwischen Jacques Derrida und Bernard Stiegler (2002). Vemetzte Content-Produktion 5 Sendeort sowie zeitversetzter Ausstrahlung) ausgebildeten Aufschub zwischen Pro duktion, Distribution und Rezeption. 1m Bereich der Fernsehproduktion fallen Produktion und Distribution hingegen zeitlich und ortlich auseinander. Das gilt selbst im Nachrichtenbereich, sieht man einmal von so genannten Live-Schaltungen abo Ferner unterliegt das Internet nicht per se den Begrenzungen von Sendeminuten, wie wir das aus dem Fernsehen kennen. Dies setzt eine starke Verdichtung von Inhalten und damit einhergehende Selektivitat voraus, ohne dass jedoch selbstredend damit Zeit und Raum fur die Internetproduktion ohne Bedeutung waren; sie werden nur in anderer Form wichtig. Als Medium und Resultat orts- und zeitungebundener Produk tion, Distribution und Rezeption gewiihrt das Internet im Gegensatz zum Fernsehen zumindest die Moglichkeit einer kontinuierlichen Aktualisierung der Inhalte - und erfordert das nicht selten zugleich. Strukturmerkmal Fernsehen Internet Adressaten passive Rezipienten interak;tive Rezipienten Geschwindigkeit ort-und zeitgebunden, in der orts-und zeiwngebunden, oft und Rhythmen Regel zeitlicher Abstand zwischen kein zeitlichet Abstand zwischen Produktion und Rezeption Produktion und Rezeption, Moglichkeit der kontinuierlichen Aktualisierung Selekrivitat und hochgradige Vorselektion durch individuelle Selektion durch Rahmung Sender, relativ homogene Qualitat; Nutzer, extrem hetetogene explizites institutionelles "Gate- Qualitiit; explizites, abet auch keeping" fehlendes institutionelles "Gatekeeping" Regulation hochgradige Regulation durch kaum staatlich oder suprastaatlich nationalstaatliche Institutionen reguliert Produzenten Femsehsender, Produktionsfir- Portalbetreiber bzw. entsprechen- men de Diensdeister, aber auch und gerade Privatpersonen Tab. 1: Unterschiedliche Strukturmerkmale von Fernsehen und Internet Das Internet gestattet ferner prinzipiell eine wiederholte, vom ,Sender' unabhiingige, autonome Rezeption der Contents, die via der Nutzung verlinkter Querverweise au13erdem recht individuell gestaltet werden kann (aber eben auch realisiert werden muss) und gegebenenfalls gar eine eigene Weiterbearbeitung vorsieht. Zumindest erOffnet das Internet den Nutzern die Moglichkeit, das Medium in einem ziemlich eigenen Rezeptionsrhythmus und in einer nicht durch das Medium oder den Produ zenten bzw. den Distributeur der Inhalte vorgegebenen Linearitiit der Abfolge zu nutzen, obgleich selbstredend die Prasentation der Inhalte und der Aufbau der Struk tur der Verweise das Rezeptionsverhalten mit priigen und Moment der Produktion der Internetinhalte sind. 1m Fernsehen ist eine wiederholte Rezeption bekanntlich zwar auch moglich; sie ist aber an entsprechend wiederholte Ausstrahlungen der Pro gramminhalte durch den Sender gebunden oder hiingt von der Nutzung erganzender Speichermedien ab, die zumindest in Form der heute noch iiblichen Videogeriite zum Bei8piel keine eigenstandige Weiterverarbeitung unterstUtzen.

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