Ingenieurwissenschaftliche Bibliothek Engineering Science Library Herausgeber IEditor: Istvan Szab6, Berlin Henning Tolle Optimierungsverfahren fur Variationsaufgaben mit gewohnlichen Differentialgleichungen als Nebenbedingungen Springer -Verlag Berlin Heidelberg New York 1971 Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. HENNING TOLLE ERNO Raumfahrttechnik GmbH, Bremen Mit 88 Abbildungen ISBN 978-3-642-51637-5 ISBN 978-3-642-51636-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-51636-8 Das Werk ist urheherrechtlich geschiitzt. Die dadurch begrundeten Rechte, insbesondere die cler Ubersetzung, des Nachdruckes, cler Entnahme von Abbildungen, cler Funksendung, die Wiedergabe auf photomechanischem oder ahnlichem Wege und cler Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei Vervielfiiltigungen fUr gewerblicbe Zwecke ist gemiifi § 54 UrhG eine Vergutung an den Verlag zu zahlen, cleren Hohe mit clem Verlag zu vereinbaren ist. © by Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1971. Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1971 Library of Congress Catalog Card Number 79-140561 Vorwort Die vorliegende Einfuhrung in Optimierungsverfahren mit Differen tialgleichungen als Nebenbedingungen ist aus einem Vorlesungszyklus entstanden, den ich gemeinsam mit S. Reg e n b erg im Oktober 1966 im "Brennpunkt fur Navigation" der Technischen Universiti:it Ber lin auf Anregung von Professor Dr.-Ing. E. R 0 ~ g e r und Privat Dozent Dr.-Ing. H. Z e hIe gehalten und spater im Rahmen eines Lehrauftrages der Technischen Universitat Berlin fortgesetzt habe [75] . Der Band bildet eine gewisse Erganzung zu der sehr ausfuhrlichen und schonen Behandlung der klassischen Variationsrechnung durch P. Fun k [11] und der Darstellung der linearen und nichtlinearen Programmierung durch L. Colla t z und W. Wet t e r 1 i n g [7], die in den letzten Jahren im Springer-Verlag erschienen sind. Es werden ausgehend von dem in den drei~iger Jahren dieses Jahrhun derts gegebenen Zugang zur Variationsrechnung von C. Car a t h e o d 0 r y [6] im wesentlichen Verfahren behandelt, die erst nach 1950 entstanden sind. Grundsatzlich sind physikalisch-technisch interessanten Variations aufgaben durch die Newtonschen Bewegungsgleichungen haufig gewohn liche Differentialgleichungen als Nebenbedingungen zugeordnet. Da nur in Ausnahmefallen analytische Losungen fUr solche Problems tel lungen moglich sind und die numerische Behandlung umfangreicher Diffe rentialgleichungssysteme frUher rechentechnische Schwierigkei ten berei tet hat, ist dieser Aufgabenkreis in der klassischen Variationsrechnung i. a. nur bezUglich seiner theoretischen Aspekte betrachtet worden. IV Vorwort Das Aufkommen der Digitalrechenanlagen gestattete nun ab ca. 1950 die durch die Variationsrechnung gelieferten Formeln auch praktisch zu benutzen und auch von mehr numerisch als analytisch orientierten Ansatzen auszugehen. Dies wirkte sich sehr befruchtend aus, zumal insbesondere in der Regelungstechnik und Raumfahrtechnik Anwendungs gebiete vorliegen, fUr die mitunter bereits relativ kleine Optimie rungsgewinne interessant sind. Hat man bei einer Optimierungsaufgabe eine freie Zeitfunktion, die man moglichst glinstig fUr die zu losende Aufgabe wahlen kann, so erscheint im Ubrigen stets eine Bestimmung des absolut optimal en Verlaufs dieser Funktion, selbst wenn er evtl. technisch kaum reali sierbar ist, aus zwei GrUnden angebracht: 1. Man mu~ sowieso irgendeinen Verlauf fUr freie Funktionen wahlen. Ein Anhaltspunkt durch einen Optimal verI auf ist dafUr sehr praktisch. 2. Man mochte bei der Wahl irgendeines technisch glinstigen Verlaufs zumeist wissen, inwieweit sich die Leistung des Systems durch Verbesserung des Zeitverlaufes der freien Funktion weiter anheben la~t oder nicht. Der Wunsch, die Systemleistung moglichst gro~ zu machen, ist also nicht der einzige ~rund fUr die Frage nach der Optimallosung. Das Buch wendet sich an Ingenieure aller Fachrichtungen und den technisch oder an der Entwicklung der Methoden interessierten Mathe matiker. Urn einfach einen Uberblick zu geben, wurden nur die wesent lichen Hilfsmittel (notwendige Bedingungen) betrachtet und mathema tische Beweise und tieferliegende Fragen, wie die Betrachtung der zweiten Variation etc., weitgehend Ubergangen. Statt dessen wurde versucht, die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren und ihre Zusammenhange mit zu erlautern. Dies ist auch der wesentliche Unter schied zu den entsprechenden amerikanischen BUchern, wie "Optimiza tion Techniques" [16], in den en von Spezialisten fUr die Einzelver fahren die Methoden unabhangig in Einzelkapiteln geschildert werden. Vorwort v Urn die Fragen der Auswahl und Anwendung der Verfahren zu vertiefen, wurde jeweils ein systematisches Beispiel eingehend erortert. Da~ diese Beispiele fast ausschlie~lich der Raumfahrttechnik entstam men, liegt daran, da~ S. Reg e n b erg fUr die Vorlesung im Brennpunkt fUr Navigation so ausfUhrliche Beispielrechnungen durch gefUhrt hat, da~ die Hauptbeispiele direkt daher Ubernommen werden konnten; es bedeutet aber nicht, da~ die hier beschriebenen Verfah ren nur fUr die Raumfahrttechnik interessant sind. Bei den Bezeichnungen wurde versucht, die Ublichen Bezeichnungen der grundlegenden Arbeiten weitgehend zu simulieren, wobei evtl. Zusatzkennzeichnungen, wie ein (-) bei H beim Pontryaginschen Maxi mumprinzip, dafUr benutzt werden, da~ nicht zweimal dieselbe Bezeich nung fUr verschiedene oder nur im Prinzip abnliche Gro~en Verwendung finden. Die Formeln sind in den einzelnen Abschnitten durchnumeriert und werden aus demselben Abschnitt direkt - z.B. (75) - zitiert, wahrend sie aus anderen Abschnitten mit Voranstellung des Kapitels - z. B. (1.75) - angeflihrt werden. Die einzelnen Kapitel sind so gehalten, da~ sie im Prinzip unabhangig gelesen werden konnen, wobei in Kauf genommen wurde, da~ mitunter geringfUgige Wiederholungen bzw. Uberschneidungen auftreten. Flir eine Reihe von Anregungen habe ich Herrn Dr. rer. nat. D. We del, Bremen, zu danken. Der GeschaftsfUhrung der ERNO Raumfahrt technik GmbH bin ich fUr das entgegenkommende Verstandnis fUr die Arbeit an diesem Buch verpflichtet. Besonders mochte ich aber die UnterstUtzung durch Herrn Dr.-Ing. E. D. D i c k man n s, Ober pfaffenhofen, hervorheben, der sich liebenswlirdigerweise der MUhe einer sorgfaltigen Durchsicht des Manuskriptes unterzogen und viele wertvolle Verbesserungsvorschlage gemacht hat. Bremen, Herbst 1970 Henning Tolle In haltsverzeichnis I. Grundlagen .••.............................................. 1 1. Dbersicht liber die zu erorternden Verfahren und ihre Zusammenhange ..........................................•••.. 1 1.1. Aufgabenstellung •...............•..................•.. 1 1.2. Charakterisierung der verschiedenen Optimierungs- verfahren ........................•..................•. 2 1.3. Schematische Verknlipfung und zeitliche Einordnung der Verfahren •........................................ 11 2. Allgemeine Skizzierung der Variationsrechnung .......••••..• 11 2.1. Erlauterung der Hauptbegriffe liber den Zugang von Caratheodory •...........•......................... 11 2.1.1. Der Zugang von Caratheodory .................... 11 2.1.2. Eulersche und Hamilton-Jacobische Differentialgleichungen •....................... 15 2.1.3. Transversalitat ................................ 18 2.1.4. Regularitat .................................... 21 2.1.5. Berechnung der Extremalen aus Kurven gleichen Extremwerts und umgekehrt ........•.... 22 2.1.6. Beispiel flir die Behandlung einer Minimal- aufgabe mit der Eulerschen und der Hamilton- Jacobischen Differentialgleichung .............. 23 2.1.7. Die Erdman-Weierstra~schen Eckenbedingungen .... 28 2.2. Theorie der in y' linearen Integranden •........•...•.. 29 2.2.1. Problemstellung •.....•........•..........•..... 29 2.2.2. Feststellung des Charakters der Extremalen bei fehlender Abhangigkeit von y' ............•. 30 2.2.3. Die Mielesche Problemstellung ......•.......•... 31 2.2.4. Maximale Steighohe einer Hohenrakete als Beispiel zur Mieleschen Theorie .•...•.....• 35 VIII Inhaltsverzeichnis 2.3. Variationsprobleme mit Differentialgleichungen als Nebenbedingungen •.••..•..••.....•••.•..••..•.•••.. 41 2.3.1. Verallgemeinerung der Grundbegriffe der Variationsrechnung ••.•.••••••.•••••.•••••••••.• 41 2.3.2. Besonderheiten der Differentialgleichungen als Nebenbedingungen •.•.....•.•....••••....•.•• 43 2.3.3. Lagrangesches, Mayersches und Bolzasches Problem •••...••...•...••.••.••••.•..•••••....•• 46 II. Indirekte Verfahren ••.•.••...••••••.••.•......•.......•••.. 49 1. Das Pontryaginsche Maximumprinzip •••.••...••.••..•••..•..•• 49 1.1. Das Grundtheorem ••...•....•....•....•••.••.••.•.....•• 49 1.1.1. Aufgabenstellung •.•..••.....•.......••.•.••••.• 49 1.1.2. Notwendige Bedingungen fUr 1.1.1 ............... 51 1.1.3. Erganzende Erlauterungen •...•••....•••••..••.•. 53 1.2. Die Satze der Pontryaginschen Theorie •••.....•.•••••.• 57 1.2.1. Grundlagen •.•.•...•.•..•....•.•.•••..••.••••••• 57 1.2.2. Zusammenstellung der Hauptsatze der Pontryaginsche Theorie •••••...••....•...•.•...• 60 1.2.3. Behandlung der maximal en Steighohe einer Hohenrakete mit der Pontryaginschen Theorie •••• 65 1.3. Lineare schnelligkeitsoptimale Systeme •..•••....•.•..• 70 1.3.1. Besonderheiten der linearen Systeme •........... 70 1.3.2. Zwei charakteristische Beispiele •..••....•.•..• 73 1.3.3. Allgemeine Zusammenhange •.....................• 77 1.4. Das Syntheseproblem ..........••......•..•.....•.•....• 78 1.4.1. Erlauterungen zur Problemstellung ...........•.• 78 1.4.2. Allgemeine Aussagen zum Syntheseproblem .......• 82 2. Anpassung der Variationsrechnung an die neueren Aufgabenstellungen ••.•....................•........•••..•.• 85 2.1. Das Mayersche und das Lagrangesche Problem mit der Pontryaginschen Unterscheidung zwischen Lagekoordinaten und Steuerfunktionen •.....••...•••..•• 85 2. L L Umformulierung des Mayerschen und des Lagrangeschen Problems •............••....•••.•. 85 Inhaltsverzeichnis IX 2.1.2. Vergleich der sich ergebenden Bedingungs gleichungen mit dem Pontryaginschen Maximumprinzip •.•...••••...••.....••.•..•.•..• 86 2.1.3. Das Prinzip der Vereinfachung der Auf gabenstellung durch Erweiterung der Nebenbedingungen •••••.......•....•.•..•••.•••• 89 2.1.4. Beispiel: Optimaler Flug im Vakuum •...••..•..• 91 2.2. Einfache Herleitung fUr die durch Nebenbe dingungen induzierten Forderungen fUr das Vorliegen eines Optimums .....•.•...•........•.•.•...• 96 2.2.1. Die Lagrangesche Herleitung der Eulerschen Gleichung .•..•....•.....•......•... 96 2.2.2. Anwendung der Lagrangeschen Herleitung auf allgemeinere Aufgabenstellungen durch formale Erwei terung ...........••..•.......•••• 98 2.2.3. Einfache Beschrankungen fUr die Steuerfunktionen •............•...............• 101 2.3. Allgemeine Behandlung von Ungleichungen als Nebenbedingungen ••...•........................•.•.... 103 2.3.1. Formulierung der Einschrankung durch Ungleichungen •...................•.•..••••.... 103 2.3.2. Die Optimierungsbedingungen bei Vorliegen von Ungleichungen als Nebenbedingungen 106 2.3.3. Eine identische Losung der Eulerschen Gleichungen fUr das eingeschrankte TeilstUck •..................................•. 111 2.3.4. Ein Beispiel fUr Optimierungsaufgaben mit Ungleichungen als Nebenbedingungen ...........• 112 2.4. SprUnge in den Lagekoordinaten •.•..................•• 117 2.4.1. Problemstellung 117 2.4.2. Bedingungen fUr SprUnge in den Lagekoordinaten 118 3. Numerische LOsung des Randwertproblems ;";.;;c Systeme gewohnlicher, nichtlinearer Differentia:gleichungen 120 3.1. Grundlagen ..................•..................••.•.• 120 3.1.1. Problemstellung ....•...........•..........•... 120 3 . 1.2. Ausgangsgle i chungen ••.............•........... 122 3.2. Iterative ErfUllung der Randbedingungen bei ErfUllung der Differentialgleichungen ••••..........•. 124 x Inhaltsverzeichnis 3.2.1. Systematische Variation der Anfangswerte .•... 124 3.2.2. Beispiel: Optimaler Flug im Vakuum •......•.•. 126 3.2.3. Exakte Berechnung der partiellen Ableitungen nach den freien Anfangswerten ........•.....•. 134 3.2.4. Weitere Methoden 137 3.3. Iterative ErfUllung der Differentialgleichungen ....• 140 3.3.1. Darstellung des Grundprinzips ...........•..•• 140 3.3.2. Ahnlichkeiten des Verfahrens mit dem Newtonschen Verfahren zur Bestimmung der Wurzeln einer Funktion fez) = 0 ........•.•... 144 3.3.3. Erganzende Bemerkungen 146 III. Direkte Verfahren •..................................•.... 148 1. Gradientenverfahren 1. Ordnung ................•.......... 150 1.1. Das Gradientenverfahren fUr gewohnliche Extremalaufgaben ........•........................•.. 150 1.1.1. Grundgleichungen •...........................• 150 1.1.2. Stufenoptimierung als Beispiel zum Gradientenverfahren •......................... 155 1.1.3. Gewohnliche Extremalaufgaben mit Neben- bedingungen 161 1.1.4. Grenzen des Gradientenverfahrens 163 1.2. Das Gradientenverfahren fUr einfache Variationsprobleme ................................•. 164 1.3. Das Gradientenverfahren fUr Optimierungsprobleme mit Differentialgleichungen als Nebenbedingungen .... 166 1.3.1. Die SchlUsselgleichung fUr Optimierungs- probleme mit Differentialgleichungen als Nebenbedingungen ..•.......................... 166 1.3.2. Diskussion verschiedener einfacher Aufgaben- stellungen ••..............•................•. 171 1.3.3. Einschrankungen fUr Steuerfunktionen und Lagekoordinaten .........•......•............• 176 1.3.4. Behandlung der maximalen Steighohe einer Hohenrakete mit dem Gradientenverfahren ....•. 179 1.3.5. Erorterung der allgemeinen Aufgabenstellung 186 1.3.6. Approximationsgrad der Originaltrajektorien 194 Inhaltsverzeichnis XI 2. Verallgemeinerungen des Gradientenverfahrens 1. Ord- nung und verwandte Verfahren •.....•.••••.••....•••....•••• 196 2.1. Das Gradientenverfahren 2. Ordnung •.•..•.......••...• 196 2.1.1. Definition des Gradientenverfahrens 2. Ordnung ..•......•............•........•...• 196 2.1.2. Herleitung der Formeln ....................•.•• 197 2.2. Verfahren teilweiser Entwicklung bis zur 2. Ordnung ..................•.....•................•• 206 2.2.1. Grundformeln der Teilentwicklung .............• 206 2.2.2. LOsung der allgemeinen Aufgabenstellung gema~ der Teilentwicklung .•......•........•..• 208 2.2.3. Das einfache Extr.-H-Verfahren ••.....•....•••• 211 2.2.4. Verallgemeinerungen des einfachen Extr.-H-Verfahrens •........................... 217 2.3. Zusammenhange zwischen der numerischen LOsung der Bedingungsgleichungen und dem Gradientenverfahren 219 2.3.1. Systematische Querverbindungen ...............• 219 2.3.2. Vergleich der Gute der verschiedenen beschriebenen Verfahren ....................••• 221 3. Das Bellmansche Verfahren des "dynamischen Programmierens" 224 3.1. Das Bellmansche Verfahren fur gewohnliche Extremal- aufgaben ...................................•.•....... 224 3.1.1. Vorbemerkungen •.....•..........•.............. 224 3.1.2. Das Bellmansche Verfahren in seiner ein- fachsten Form ................••.........•.•••. 227 3.1.3. LOsung eines elementaren Beispiels ...••......• 230 3.1.4. Allgemeine Vorteile des Bellmanschen Ver- fahrens und Vergleich mit dem systematischen Absuchen eines Punktgitters ...........•....... 234 3.2. Das Bellmansche Verfahren fur einfache Variations- probleme •..........•....•..................••........ 236 3.2.1. Das Bellmansche Vorgehen •......•............•. 236 3.2.2. Die Hamilton-Jacobische partielle Differen- tialgleichung als Grenzwert des Bellmanschen Verfahrens ........•.........•......•.•.•...... 240 3.3. Das ~ellmansche Verfahren fUr Optimierungsprobleme mit Differentialgleichungen als Nebenbedingungen •...• 242